Vegetarische Fertiggerichte im Test: Nur ein Gericht ist "sehr gut"

ÖKO-TEST Jahrbuch für 2012 | Autor: Birgit Hinsch | Kategorie: Essen und Trinken | 14.10.2011

Vegetarische Fertiggerichte im Test: Wir haben 22 Produkte getestet.
Foto: Piotr Krzeslak/Shutterstock

Wenn es schnell gehen muss, sind Fertiggerichte eine praktische Sache. Nicht nur Vegetarierinnen und Vegetarier bevorzugen dabei gern fleischlose Varianten. Schade aber, dass wir nach unserem Test nur fünf von 22 Produkten empfehlen können.

Aktualisiert am 14.10.2011 | Wäre ein frischer Salat doch besser gewesen? Es ist schon komisch, wie schnell man zu einem Fertiggericht greift und doch skeptisch beäugt, was da wohl in der Verpackung steckt.

Frosta, Edeka & Co.: Vegetarische Fertiggerichte im Test

In unserem Test von 22 Fertiggerichten ohne Fleisch ging es vorrangig um das "Innenleben" von Dosen, Beuteln und Schachteln, sprich um Schadstoffe, den Salzgehalt oder Zusätze. Außerdem ließen wir den Geschmack untersuchen und prüften, ob der Inhalt hält, was die Verpackung verspricht.

Das Ergebnis: Nur ein Produkt – eine vegetarische Lasagne – schneidet mit einem "sehr guten" Gesamturteil ab. Weitere vier vegetarische Fertiggerichte erhalten immerhin die Note "gut". Die meisten Marken sind jedoch "befriedigend" oder "ausreichend". Drei Nudelgerichte fallen dagegen mit "mangelhaft" beziehungsweise "ungenügend" durch. 

Fertiggerichte mit zu viel Salz und überfüssigen Zusätzen

Was ist im Test aufgefallen? Auch in vegetarischen Fertigmahlzeiten steckt viel Salz – allerdings weniger als beispielsweise in Tiefkühl-Salamipizzen. Reichlich Salz, nämlich mehr als sechs Gramm pro Teller, liefern zwei Dosengerichte. Das ist mehr, als man täglich maximal insgesamt zu sich nehmen sollte.

In vielen vegetarischen Fertiggerichten im Test stecken außerdem überflüssige Zusätze, nämlich glutamathaltige Geschmacksverstärker. Die geschmacksverstärkende Substanz Glutamat wird dabei meist als Bestandteil von Hefeextrakt oder Würze in das Produkt eingebracht.

Synthetisch gewonnenes Mononatriumglutamat findet sich nur in zwei Produkten. Glutamat gilt als umstritten, da Empfindliche darauf mit Schläfendruck, Kopfschmerzen oder einem steifen Nacken reagieren können.

Problematische Stoffe in vegetarischen Fertiggerichten

Fünfmal werten wir wiederum ab, weil die beauftragten Labore Schadstoffe in erhöhter Menge entdeckten. In zwei Fällen handelt es sich um den Fettschadstoff 3-MCPD-Ester, in einem weiteren um den möglicherweise noch problematischeren Stoff Glycidyl-Ester. Beide Substanzen entstehen bei der Raffination von Ölen und Fetten.

In zwei Spinat-Nudel-Gerichten stecken hingegen erhöhte Werte des Schwermetalls Cadmium – das ist kein Zufall. Denn das Schwermetall reichert sich besonders in Weizen, Spinat, Salat und einigen Wildpilzen an.

Schmelzkäse muss nicht sein

Drei vegetarische Fertiggerichte im Test sind mit Schmelzkäse zubereitet, in einem Produkt stecken sogar zwei Schmelzkäsezubereitungen. Wir meinen, dass man die Gerichte besser mit "echten" Zutaten wie Käse, Sahne, Milch, eventuell einem guten Pflanzenöl und einem natürlichen Dickungsmittel wie Stärke oder Mehl zubereiten sollte.

Schmelzkäse wird zudem oft mit vielen Zusatzstoffen wie Citraten oder Phosphaten hergestellt. Und wenn diese Schmelzsalze nicht zugesetzt wurden, dann sind in der Regel Zutaten wie Milcheiweiß oder Molkeneiweiß enthalten, die sich besser anhören, im Produkt aber vor allem bestimmte Funktionen erfüllen sollen.

Fertiggerichte sehen auf der Verpackung oft besser aus als in der Realität

Der Kauf eines Produkts hängt auch von der Aufmachung der Verpackung ab. Kritisch finden wir Abbildungen, die das Gericht auf der Packung deutlich ansprechender präsentieren, als es auf dem Teller tatsächlich aussieht. Das kommt relativ oft vor, führte aber erst zur Abwertung, wenn der Unterschied aus unserer Sicht gravierend war.

Diesen Test haben wir zuletzt im ÖKO-TEST Ratgeber Essen, Trinken & Genießen 11:2011 veröffentlicht. Aktualisierung der Testergebnisse/Angaben für das Jahrbuch für 2012 sofern die Anbieter Produktänderungen mitgeteilt haben oder sich aufgrund neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse die Bewertung von Mängeln geändert oder wir neue/zusätzliche Untersuchungen durchgeführt haben.

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Wir haben diese Produkte für Sie getestet

Testverfahren

Der Einkauf: Manchmal muss es eben schnell gehen. Dann sind Fertiggerichte eine prima Sache. Nicht nur überzeugte Vegetarier bevorzugen dabei gerne fleischlose Varianten. Damit es aber wirklich vegetarisch ist, muss man im Laden ganz schön aufpassen: In so mancher Gemüse-Minestrone steckt Hühnerbrühe, im Kartoffelgratin Gelatine und in den Ravioli Schweinefleisch. Unsere Einkäufer haben also in die Auswahl der Gerichte zum Teil mehr Zeit investiert, als ihre Zubereitung benötigt. Im Einkaufswagen landeten schließlich sowohl Konserveneintöpfe, Nudelgerichte aus der Tiefkühltruhe sowie einige Kartoffelmahlzeiten. Angebote, die es sowohl in Bio-Qualität als auch aus konventioneller Produktion gibt.

Die Inhaltsstoffe: So unterschiedlich die Produkte, so unterschiedlich war auch das Prüfprogramm: Produkte mit einem hohen Gemüseanteil wurden auf mehr als 500 Pestizide hin überprüft. Steckt viel pflanzliches Öl im Fertiggericht, haben die Labore auf gesundheitsgefährdende Fettschadstoffe untersucht. Mahlzeiten aus der Tiefkühltruhe oder dem Kühlregal mussten eine Keimprüfung über sich ergehen lassen. Gerichte, die direkt in ihren Verpackungen zubereitet werden, wurden auf mögliche Übergänge von Weichmachern gecheckt. Der Salzgehalt interessierte uns wiederum bei allen Produkten, und auch, ob Schwermetalle die Lebensmittel belasten oder die Gerichte mit geschmacksverstärkenden Stoffen aufgepeppt werden.

Die Sensorik: Mit fünf Prozent Zucchini – wer solch detaillierte Angaben in seiner Zutatenliste macht, der muss sie auch einhalten. Wir ließen im Labor nicht nur auswiegen, ob der deklarierte Gehalt an Käse, Gemüse oder Nudeln tatsächlich stimmt. Vielmehr wollten wir auch wissen, wie es denn nun schmeckt. Eine solche Prüfung hat nichts mit einer Versuchsküche zu tun – es gibt ganz strenge Vorgaben, die dabei eingehalten werden müssen. Selbst wenn an der Sensorik nichts auszusetzen war – manchmal wunderten sich die professionellen Verkoster schon darüber, wie das auf der Verpackung so appetitlich anmutende Gericht dann schließlich auf dem Teller aussieht.

Die Bewertung: Schmeckt lecker! Ob das an den Zutaten oder am Aromazusatz liegt? Klar ist, dass ein Fertiggericht nur dann "sehr gut" sein kann, wenn die Zutaten stimmen und sich keine Schadstoffe nachweisen lassen. Daher legen wir den Schwerpunkt der Bewertung auf die Inhaltsstoffe, die Sensorik fließt zu 40 Prozent noch ins Gesamturteil ein. Doch wer meint, mit vollmundigen Ankündigungen auf der Verpackung den Appetit der Verbraucher schüren zu können, der muss seine Versprechen auch einhalten. Sonst gibt es Punktabzug unter Weitere Mängel. Summiert sich hier einiges, kann auch das die Gesamtnote noch mal drücken.

Bewertungslegende

Abwertungen von Gehalten pro Portion beziehen sich auf die nach unserer Auffassung realistische Verzehrmenge.

Bewertung Testergebnis Inhaltsstoffe: Unter dem Testergebnis Inhaltsstoffe führen zur Abwertung um jeweils zwei Noten: a) 3-MCPD-Ester erhöht: eine Summe der Fettschadstoffe 3-MCPD-Fettsäureester und Glycidyl-Fettsäureester (berechnet als 3-MCPD) von mehr als 60 μg je Portion. Diese Menge entspricht mehr als 50 % des TDI für freies 3-MCPD, bezogen auf einen Erwachsenen mit einem Körpergewicht von 60 kg; b) Glycidyl-Ester erhöht: Gehalt von 13,6 μg pro Portion des Fettschadstoffs Glycidyl-Fettsäureester; c) ein erhöhter Cadmiumgehalt von mehr als 10,7 μg pro Portion. Mit dieser Menge wird ein Wert ausgeschöpft, der mehr als 50 % einer Tagesaufnahmemenge entspricht, die sich aus einem Siebtel der wöchentlich tolerierbaren Menge (TWI, EFSA, 2009) für einen 60 kg schweren Erwachsenen ableitet.

Zur Abwertung um jeweils eine Note führen: a) ein erhöhter Salzgehalt von mehr als 3 g pro Portion; b)  Zusatz von Aroma und/oder Mononatriumglutamat und/oder Hefeextakt und/oder Würze; c) mit Schmelzkäse oder Schmelzkäsezubereitung. Unter dem Testergebnis Sensorik führt zur Abwertung um eine Note: geringe Mängel, die zu einer DLG-Punktzahl von 4,5 bis 4,9 führen.

Bewertung Testergebnis Weitere Mängel: Unter dem Testergebnis Weitere Mängel führen zur Abwertung um jeweils zwei Noten: a) eine Werbung "ohne Zusatz von Geschmacksverstärkern" oder "ohne geschmacksverstärkende Zusatzstoffe", wenn Hefeextrakt oder Würze enthalten sind; b) wenn trotz Werbung "ohne künstliche Farbstoffe" ein färbender Extrakt eingesetzt wurde.

Zur Abwertung um jeweils eine Note führen: a) das abgebildete Gericht auf der Verpackung weicht deutlich vom Aussehen des tatsächlich zubereiteten Gerichts ab; b) Angabe einer unrealistisch kleinen Portionsgröße als Basis zur Kalorien- und Nährwertberechnung; c) hervorgehobene Werbung "mit Vitamin A", obwohl das Gericht nicht mehr Vitamin A enthält als ein vergleichbares Produkt; d) Werbung mit Selbstverständlichkeiten: "ohne Zusatz von künstlichen Aromen und künstlichen Farbstoffen", wenn der Einsatz bei Fertiggerichten gar nicht erlaubt ist.

Das Gesamturteil beruht zu 60 % auf dem Testergebnis Inhaltsstoffe und zu 40 % auf dem Testergebnis Sensorik. Es kann nicht besser sein als das Testergebnis Inhaltsstoffe. Ein Testergebnis Weitere Mängel, das "befriedigend" oder "ausreichend" ist, verschlechtert das Gesamturteil um eine Note. Ein Testergebnis Weitere Mängel, das "mangelhaft" ist, verschlechtert das Gesamturteil um zwei Noten.

Testmethoden

Kochsalz: in Anl. An ASU L07.00-5/1.

Gesamtfett: in Anl. An ASU L07.00-6.

3-MCPD- und Glycidyl-Ester: DGF C-III 18 (09).

Schwermetalle: Elementbestimmung mittels ICP-MS.

Pestizide: GC-MS-Screening: ASU § 64 LFGB L00.00-34; LC/MS/MS-Sreening: ASU § 64 LFGB L00.00-113. Präparative Untersuchungen: gravimetrisch.

Sensorik: a) einfach beschreibende Sensorik nach L00.90-6; b) DLG-Qualitätszahl: gemäß der entsprechenden DLG-Prüfschemata.

Einkauf der Testprodukte: November–Dezember 2010.

Diesen Test haben wir zuletzt im ÖKO-TEST Ratgeber Essen, Trinken & Genießen 11:2011 veröffentlicht. Aktualisierung der Testergebnisse/Angaben für das Jahrbuch für 2012 sofern die Anbieter Produktänderungen mitgeteilt haben oder sich aufgrund neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse die Bewertung von Mängeln geändert oder wir neue/zusätzliche Untersuchungen durchgeführt haben.

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