Regenbekleidung für Kinder im Test: Schadstoffe in vielen Regenjacken

Jahrbuch Kleinkinder 2015 | | Kategorie: Kinder und Familie | 09.01.2015

Regenbekleidung für Kinder im Test: Schadstoffe in vielen Regenjacken

Regenbekleidung hängt in nahezu jedem Kleiderschrank für Kinder. Wir haben zwölf Regenjacken getestet. Das Ergebnis: Viele fallen aufgrund von enthaltenen Schadstoffen durch den Test. 

Die Auswahl an Regenjacken für Kinder ist groß. Da fällt es Eltern nicht leicht, eine Entscheidung zu fallen. Sollen sie auf Nummer sicher gehen und die teure Regenjacke kaufen? Oder das Kind selbst nach Farbe oder Muster entscheiden lassen? Müssen Kinder bei Regen wirklich auf den Spielplatz? Eins nach dem anderen.

Nach den Ergebnissen all unserer bisherigen Tests von Regenjacken für Kinder ist es offenbar schwer, eine Regenjacke herzustellen, die frei von Schadstoffen ist. Das liegt an den Produktionsmethoden und an den Materialien, die eingesetzt werden, um die erwarteten Eigenschaften zu liefern: Wasserdicht und atmungsaktiv soll die Kinderregenjacke sein, thermoregulierend, hellleuchtend, schmutzabweisend, flammhemmend und möglichst auch noch strapazierfähig und leicht.

Regenbekleidung für Kinder im Test: Zwölf Jacken überprüft 

Im Bestreben das zu ermöglichen, werden von den Herstellern die Materialien chemisch so behandelt, dass sich letztlich viele Rückstände in den Jacken wiederfinden. Denn alle diese Funktionen gleichzeitig konnte die frühere traditionelle Regenkleidung nicht bieten, weder der seit Jahrhunderten als Regenschutz genutzte gewalkte Lodenstoff, noch das von Seeleuten erfundene Ölzeug oder die später weitverbreitete vulkanisierte Kautschukkleidung. Erst mit dem PVC ging es richtig los, weg von den Naturfasern hin zur heutigen chemischen Funktionstextilie. Und es kamen immer mehr Substanzen im Produktionsprozess dazu, die die Umwelt und den Menschen gleichermaßen belasten.

Die letzte große Innovation liegt inzwischen auch schon ein paar Jahre zurück. Sie kam vor fast 40 Jahren mit der Markteinführung der ersten wasser- und winddichten Bekleidungstextilien, die gleichzeitig auch dampfdurchlässig sind und so den Abtransport des verdunsteten Schweißes ermöglichen. Heute gehören die atmungsaktiven Membranen in den Textilien zur Standardausrüstung vieler Regenjacken.

Doch auch die Atmungsaktivität hat Grenzen: Bei intensiver körperlicher Tätigkeit schwitzt ein Kind bis zu zehn Mal mehr, als selbst die Regenjacken mit bester Atmungsaktivität entweichen lassen. Hinzu kommt, dass bei feuchtwarmen Wetter ab 15 Grad die Fähigkeit der Membranen, Wasserdampf durchzulassen, stark abnimmt. In Zukunft soll die Freizeit und Regenkleidung deswegen "intelligent" werden.

Viele Regenjacken für Kinder fallen durch den Test 

Wir wollten wissen, wie es aktuell um die Qualität von Kinderregenjacken steht und haben zwölf Produkte in die Labore geschickt. Auf dem Testprogramm standen nicht nur Schadstoffe, sondern auch Materialeigenschaften wie Atmungsaktivität und Wasserdichtigkeit.

Das Ergebnis: Wenn man mit der Lupe hinschaut, war es diesmal etwas besser als beim letzten großen Test vor vier Jahren. Ein "sehr gutes" und sieben "gute" Ergebnisse der Regenbekleidung für Kinder im Praxistest zur Atmungsaktivität und Wasserdichtigkeit, die Optimismus verbreiten könnten.

Wenn da nicht immer noch viel zu viele Schadstoffe in den untersuchten Jacken wären: Von zwölf Kleidungsstücken fallen am Ende zehn im Gesamturteil mit "mangelhaft" oder "ungenügend" durch. Dass auch noch eine der drei Jacken, die beim Test Inhaltsstoffe immerhin ein "ausreichend" geschafft hat, nur sehr beschränkt wasserdicht ist, zügelt den Optimismus zusätzlich.

Kritik an Problemstoffen in Etiketten 

Ein Cadmiumgehalt von 250 Milligramm pro Kilogramm (mg/kg) im Etikett einer getesteten Regenjacke für Kinder, die im Praxistest mit "sehr gut" abschneidet, führt zu einem saftigen Punktabzug von vier Noten. Ein Cadmiumverbot gilt für 16 Kunststoffe, aber nicht für Polyamid, aus dem das belastete Etikett nach Herstellerangabe besteht. Bei der Entscheidung über die Ausweitung des Cadmiumverbots auf alle anderen Kunststoffe hat die ECHA (European Chemicals Agency), die Europäische Behörde für Chemikalien, Anfang 2014 einen Rückzieher gemacht. Zuvor hatten Industrieverbände bereits gerichtlich eine Aufweichung der Restriktionen der EU in der Anwendung des Schwermetalls erwirkt.

In einer anderen Regenjacke für Kinder im Test wurden 7.000 Milligramm pro Kilogramm (mg/kg) Blei und 3.000 mg/kg Chrom im Etikett nachgewiesen. Möglicherweise dient diese Verbindung zweier giftiger Schwermetalle als Farbpigment.

PAK in allen Regenbekleidungen für Kinder 

Anders als die Schwermetalle, die vor allem die Umwelt belasten, gelangen die polyzyklischen aromatischen Kohlenwasserstoffe (PAK), von denen einige krebserzeugend sind, über Haut und Atemwege in den Organismus. Sie finden sich in allen Kinderjacken und führen aufgrund der nachgewiesenen Gehalte bei neun Produkten zur Abwertung.

Eine getestete Kinderregenjacke enthält fortpflanzungsgefährdende Phthalate als Weichmacher. Und bis auf eine Regenbekleidung für Kinder im Test enthalten alle anderen elf Regenjacken phosphororganische Verbindungen im Material, sie wirken in Kunststoffen als Weichmacher und Flammschutzmittel, aber vor allem wirken sie im Körper als Nervengift. Phosphororganische Verbindungen werden von der Haut in der Regel gut aufgenommen und stehen weit oben auf der Verdächtigenliste krebserregender Substanzen.

Eine Kinderregenjacke nicht wasserdicht genug 

Was bringt es, wenn das Kind problemlos in einer sehr gut atmungsaktiven Regenjacke schwitzen kann, aber nach wenigen Minuten im Regen klatschnass ist? Nicht viel. Deswegen werteten wir eine Regenjacke für Kinder wegen ihrer besonders schwachen Wasserdichtigkeit um vier Noten ab. Ebenfalls "mangelhaft" sind die Jacken, deren Nähte im Praxistest nach einiger Zeit das Wasser durchließen wie ein Sieb. Selbst die Atmungsaktivität, eine seit Langem etablierte Textiltechnologie, war in neun Fällen "mangelhaft".

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Wir haben diese Produkte für Sie getestet

Testverfahren

So haben wir getestet

Der Einkauf

Kinder sollen nicht als Stubenhocker aufwachsen: Damit sie auch bei Wind und Wetter raus können, gehören Regenjacken zur Standardausrüstung. Deswegen haben wir Kinderregenjacken in den Größen 104 bis 128 eingekauft, passend für Kinder zwischen vier und acht Jahren. Unsere Einkäufer waren in Outdoor- und Sportfachgeschäften und bei Modeketten unterwegs und haben sich auch im Internet auf den Seiten der Versandhändler umgeschaut. Bei der Produktauswahl haben wir darauf geachtet, dass sowohl für Jungen als auch für Mädchen etwas dabei ist, was Farbe und Design betrifft. Die Preisspanne reicht dabei von 10 bis bis 90 Euro.

Die Inhaltsstoffe

Es zeigt sich immer wieder, dass die chemische Keule eine Hauptrolle in der Herstellung von Funktionstextilien spielt. Deshalb haben wir besonders auf Verbindungen geachtet, die in wasserdichten Kunststoffen vorkommen, also auf nervengiftige und möglicherweise krebserregende Flammschutzmittel, hormonwirksame Weichmacher, zinnorganische Verbindungen und polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe. Aber auch auf hochgiftige Schwermetalle wurden die Kleidungstücke für Kinder untersucht.

Die Praxisprüfung

Regenjacken müssen wasserdicht sein. Aber sie sollten heute, das erwarten viele Verbraucher, auch verstärkt atmungsaktiv sein, damit die Kinder nicht nach zehn Minuten Spielen schweißgebadet sind. Erfüllen Kinderregenjacken diese Erwartungen? Wir ließen im Prüflabor alle Jacken inklusive Nahtstellen auf Wasserdichtigkeit und erstmalig auch auf Atmungsaktivität testen. Bei der Wasserdichtheit wird im Labor in einem Wasserdruckversuch getestet, ab wann das gespannte Material in direktem Kontakt mit Wasser anfängt, durchlässig zu werden. Bei der Atmungsaktivität misst das Labor die Wasserdampfdurchlässigkeit des Materials im Laufe von 24 Stunden.

Die Bewertung

Bei einer Kinderjacke, die schwer mit Schadstoffen belastet ist, tröstet es nicht, dass sie hochgradig wasserdicht ist oder "sehr gut" atmet. Da aber eine Regenjacke nicht einmal ihrem Namen gerecht wird, wenn sie keinen Regen abhält, kann das Gesamturteil nicht besser sein als das schlechteste Einzelergebnis.

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