Wärmflaschen und Kirschkernkissen für Kinder im Test: Welche sind empfehlenswert?

Jahrbuch Kleinkinder 2015 | Autor: Mirko Kaiser | Kategorie: Kinder und Familie | 09.01.2015

Wärmflaschen und Kirschkernkissen für Kinder im Test: Welche Produkte sind empfehlenswert?
Foto: stockcreations/Shutterstock

Offensichtlich sind viele Anbieter damit überfordert, eine schadstofffreie Kinderwärmflasche zu produzieren. Aber auch in Kirschkernkissen stecken problematische Inhaltsstoffe, wie unser Test zeigt.

Aktualisiert am 9.1.2015 | Eine unschlagbare Kombination: Die Füllung verbreitet wohlige Wärme im Kampf gegen die blöden Bauchschmerzen oder das Fieber, das den ganzen Körper schlottern lässt.

Und die Stoffhülle, die Wärmflaschen oder Kirschkernkissen umgibt, spendet Trost. Denn Kinderwärmflaschen und -kirschkernkissen liegen im "Bauch" von Bärchen, Schäfchen, Elefanten oder Nashörnern. Stecken sie nicht in flauschig weichen Stofftieren, tragen immerhin die Hüllen der Wärmespender Bärchen, Schäfchen und Co. als Stickerei oder Applikation.

Dank der zahlreichen Kinderausstatter auf dem Markt muss heutzutage kein Mädchen, kein Junge mit einer schnöden Gummiwärmflasche oder einem banal-beigefarbenen Kirschkernkissen ins Bett.

Neben dem Design passen die Anbieter auch die Größe der Wärmflaschen und Kirschkernkissen an den kleinen Kunden an. Anstatt eineinhalb bis zwei oder sogar drei Liter nehmen die Flaschen einen halben bis 0,8 Liter Wasser auf. Auch die Kirschkernkissen fallen kleiner aus als die Modelle für Mama und Papa.

Warum hilft eine Wärmflasche bei Bauchschmerzen?

Dass die Wärmespender in Plüsch oder Baumwolle die kommenden kalten Herbsttage nicht nur behaglicher machen, sondern auch gegen manche Schmerzen wirken, haben britische Forscher vom University College London unlängst wissenschaftlich nachgewiesen: Schmerzen bei Bauchkrämpfen oder auch Blasenentzündungen entstehen durch verminderte Durchblutung und durch Dehnung der inneren Organe, weiß Physiologe Brian King.

Dabei werden Schmerzrezeptoren aktiviert. Wenn aber die Haut in der Nähe des Schmerzherdes auf mehr als 40 Grad Celsius erwärmt wird, springen bestimmte Wärmerezeptoren an. Das konnten die britischen Forscher um King nachweisen.

Die Sensoren für Wärme können jene für Schmerzen auf molekularer Ebene blockieren – so wird der Bauchschmerz nicht mehr wahrgenommen. Der Haken an der Sache: Die Hemmung der Schmerzrezeptoren wirkt laut King und Kollegen nur vorübergehend.

Dauerhaft ungünstig ist es dagegen, wenn man dem geliebten Nachwuchs Wärmflaschen oder Kirschkernkissen ins Bett legt, die voll von problematischen Inhaltsstoffen sind, welche nichts in der Nähe von Kindern zu suchen haben. Wie man erkennt, ob es sich beim wärmenden Bärchen um einen Giftzwerg handelt? Hier helfen nur Schadstoffanalysen weiter.

Kirschkernkissen und Wärmflaschen für Kinder im Test

Wir haben sieben Kirschkernkissen und zwei Wärmflaschen für Kinder in die Labore geschickt und auf bedenkliche Inhaltsstoffe untersuchen lassen. Das Ergebnis: Punktsieg für die Kirschkernkissen! Sucht man nach empfehlenswerten Wärmespendern für Kinder, liegen die Kirschkernprodukte im Test klar vorn.

Nachsitzen müssen dagegen die Anbieter der Kinderwärmflaschen im Test: Die beiden getesteten Produkte fallen mit "mangelhaft" durch.

Labor stößt auf unerwünschte Stoffe 

Was ist im Test aufgefallen? In den Stoffhüllen von einer Kinderwärmflasche und von drei Kirschkernkissen steckten umstrittene halogenorganische Verbindungen. Viele dieser Verbindungen sind allergieauslösend.

Darüber hinaus hat ein Labor zweimal Nonylphenolethoxylate (NPE) nachgewiesen: im Bezug einer Kinderwärmflasche und im Stoff eines Kirschkernkissens. Das Problem: NPE werden in der Textilherstellung etwa als Tensid eingesetzt. In Abwässern kann daraus hormonell wirksames Nonylphenol entstehen. Wir werten NPE daher unter den Weiteren Mängeln ab.

Tipps zu Kinderwärmflaschen

Das rät ÖKO-TEST:

  • Produkte aus weichen Kunststoffen enthalten oft problematische Inhaltsstoffe. Wer auf Nummer sicher gehen will, sollte Kleinkindern, die Gegenstände noch in den Mund nehmen, deshalb keine Wärmflaschen ohne Stoffbezug mit ins Bett geben.
  • Sollten Sie schon ein belastetes Produkt gekauft und in Benutzung haben: Waschen Sie – wenn möglich – den Bezug. Andere Möglichkeit: Reklamieren Sie das Produkt im Geschäft, allerdings haben Sie kein Recht auf Rücknahme

Diesen Test haben wir zuletzt im ÖKO-TEST Magazin 11/2013 veröffentlicht. Aktualisierung der Testergebnisse/Angaben für das Jahrbuch Kleinkinder für 2015, sofern die Anbieter Produktänderungen mitgeteilt haben oder sich aufgrund neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse die Bewertung von Mängeln geändert oder wir neue/zusätzliche Untersuchungen durchgeführt haben.

Weiterlesen auf oekotest.de:

Wir haben diese Produkte für Sie getestet

Testverfahren

Der Einkauf: Wir haben sieben Kirschkernkissen und zwei Wärmflaschen für Kinder eingekauft. Mit dabei sind Produkte von den bekannten Kinderausstattern. Der günstigste Wärmespender kostet 4,99 Euro, der teuerste 27,95 Euro.

Die Inhaltsstoffe: Aus Erfahrung wissen wir, dass gefärbte Stoffe – vielleicht auch noch mit bunten Stickereien versehen – immer wieder problematische Farbstoffe enthalten. Deshalb haben wir die Stoffhüllen aller Wärmflaschen und Kirschkernkissen auf diese zum Teil krebserregenden Substanzen untersuchen lassen. Für Gummi- und Kunststoffwärmflaschen wiederum war ein spezielles Prüfprogramm nötig: Die Labore untersuchten das Material auf hormonell wirksame Weichmacher und auf krebserregende polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe, die bei fahrlässiger Produktion noch in eingesetzten Weichmacherölen enthalten sein können. Krebserregende Nitrosamine können entstehen, wenn Naturkautschuk vulkanisiert wird. Es gab also jede Menge Arbeit für die Labore.

Die Bewertung: Was Kinder mit ins Bett nehmen und woran sie sich ankuscheln, muss frei von problematischen Inhaltsstoffen sein. Deshalb werten wir Schadstoffe, die nichts in der Nähe von Kindern zu suchen haben, streng ab.

Bewertungslegende

Bewertung Testergebnis Inhaltsstoffe: Unter dem Testergebnis Inhaltsstoffe führt zur Abwertung um zwei Noten: der als allergisierend eingestufte Dispersionsfarbstoff Dispers-Rot 1. Zur Abwertung um jeweils eine Note führen: a) mehr als 1 mg/kg Antimon im Eluat; b) optische Aufheller mit Hautkontakt; c) halogenorganische Verbindungen; d) eine mäßige mikrobielle Belastung, die vom Labor nach mikroskopischer Analyse als auffällig angegeben wurde.

Bewertung Testergebnis Weitere Mängel: Unter dem Testergebnis Weitere Mängel führen zur Abwertung um eine Note: optische Aufheller ohne Hautkontakt, wenn nicht bereits wegen optischer Aufheller mit Hautkontakt unter dem Testergebnis Inhaltsstoffe um eine Note abgewertet wurde.

Das Gesamturteil beruht auf dem Testergebnis Inhaltsstoffe. Ein Testergebnis Weitere Mängel, das "befriedigend" oder "ausreichend" ist, verschlechtert das Gesamturteil um eine Note

Testmethoden

Probenzusammensetzung: repräsentative Mischprobe, sofern nicht anders aufgeführt.

Antimon (bei ausgewählten Produkten, in Textilhüllen): Elution mittels saurer Schweißlösung; Elementbestimmung mittels ICP-MS.

Halogenorganische Verbindungen (in Textilhüllen): Elution mit Reinstwasser in der Soxhlet-Apparatur, Binden der organischen Halogene an Aktivkohle, Verbrennung der Aktivkohle im Sauerstoffstrom, microcoulometrische Bestimmung des Halogengehalts.

Nonylphenolethoxylate (in Textilhüllen): LC-MS/MS nach Extraktion.

Weichmacher (in Wärmflaschen): GC/MS nach Extraktion und Derivatisierung.

Aromatische Amine: Analyse ohne Innenkirschkernsack, separate Untersuchung von Applikationen und Emblemen; Prüfung auf Amine nach reduktiver Spaltung; a) Analytik entsprechend § 64 LFGB 82.02-2 Prüfung mit und ohne vorherige Extraktion DIN EN 14362-1 (April 2012); b) bei Hinweisen auf 4-Aminoazobenzol zusätzliche Prüfung entsprechend § 64 LFGB 82.02-15 DIN EN 14362-3 (September 2012), Bestimmungsgrenze 5 mg/kg; GC/MS und TLC; zusätzliche Prüfung auf Anilin und Xylidine.

Dispersionsfarbstoffe: Analyse ohne Innenkirschkernsack, separate Untersuchung von Applikationen und Emblemen; Analytik entsprechend § 64 LFGB 82.02-10 Norm DIN 54231 (November 2005); Dünnschichtchromatografie, TLC und HPLC mit DAD (UV/Vis-Detektor).

Optische Aufheller: qualitativer Nachweis in Einzelteilen (UV-Licht).

PVC/PVDC/chlorierte Verbindungen, Schwermetalle: Röntgenfluoreszenzanalyse.

Zinnorganische Verbindungen (in Wärmflaschen): NaDDTC, EtOH, Hexan, NaBEt4, GC-AED.

Polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe (in Wärmflaschen): GC-MSD (getestet auf 25 polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe nach EU/EPA/JECFA).

Nitrosamine, nitrosierbare Verbindungen (Vorstufen) [in ausgewählten Produkten]: EDIN 12868 1999-12. 24-h-Migration 40 °C, kein Auskochen.

Einkauf der Testprodukte: August 2013.

Diesen Test haben wir zuletzt im ÖKO-TEST Magazin 11/2013 veröffentlicht. Aktualisierung der Testergebnisse/Angaben für das Jahrbuch Kleinkinder für 2015, sofern die Anbieter Produktänderungen mitgeteilt haben oder sich aufgrund neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse die Bewertung von Mängeln geändert oder wir neue/zusätzliche Untersuchungen durchgeführt haben.

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