Potenzmittel im Test: Wie gut Viagra & Co. bei Erektionsstörung helfen

ÖKO-TEST Kompakt Sex | | Kategorie: Gesundheit und Medikamente | 06.07.2012

Potenzmittel im Test: Wie gut Viagra & Co. bei Erektionsstörung helfen

Bei Potenzschwäche greift Mann gerne zur Pille. Wir haben 15 Potenzmittel aus Apotheke und Erotikshops begutachten lassen. Ergebnis: Häufig sind Wirksamkeit oder Nutzen fraglich.

Erektionsstörungen gelten inzwischen als klassische Zivilisationskrankheit, deren Häufigkeit mit zunehmendem Alter steigt: Gut zwei Prozent der 20- bis 30-Jährigen bis hin zu jedem zweiten 70-Jährigen dürften in unterschiedlichem Ausmaß davon betroffen sein. Herzerkrankungen, Diabetes und Bluthochdruck erhöhen die Wahrscheinlichkeit einer Erektionsstörung.

Potenzmittel im Test: Viagra & Co. auf Wirksamkeit und Nutzen bei Erektionsstörung geprüft

Bis vor einigen Jahren ging man in der Mehrzahl der Fälle von psychischen Ursachen für die Erkrankung aus. Davon sind nach der Einführung neuer diagnostischer Methoden nur noch bis zu 30 Prozent übrig geblieben - die meisten Erektionsstörungen haben nach Lesart der Mediziner organische Ursachen. Dementsprechend unterscheiden sich auch die Behandlungsmöglichkeiten, die von der Psychotherapie über Erektionshilfesysteme wie Vakuumpumpen bis hin zu operativen Therapien reichen. Vorwiegend wird mit Medikamenten behandelt, was jedoch nur dann möglich ist, wenn sich die glatte Muskulatur der Schwellkörper noch nicht zurückgebildet hat oder deren Gefäße noch nicht degeneriert sind.

Wir haben 15 Potenzmittel eingekauft und begutachten lassen: in Apotheken acht rezeptpflichtige Arzneimittel und eine ergänzend bilanzierte Diät gegen Erektionsstörungen sowie in Erotikshops sechs Nahrungsergänzungsmittel, die eine Bereicherung des Liebeslebens versprechen. Bei den Arzneimitteln haben wir nach Wirksamkeits-, bei den anderen Produkten nach Nutzenbelegen gesucht. Zudem hat unser wissenschaftlicher Berater einen kritischen Blick auf die Deklaration geworfen.

Rezeptpflichtige Potenzmittel bei Erektionsproblemen meist empfehlenswert

Das Ergebnis: Die meisten rezeptpflichtigen Arzneimittel im Test können wir empfehlen. Die Präparate aus dem Sexshop taugen bestenfalls als Gag, da es an Belegen für ihren Nutzen mangelt.

Die Arzneimittel im Test sind alle rezeptpflichtig und zur Anwendung bei Männern vorgesehen. Häufig eingesetzt: die Wirkstoffe Sildenafil, Tadalafil und Vardenafil. Sie zählen zur Gruppe der sogenannten PDE-5-Inhibitoren und hemmen ein Enzym, das den Penis wieder abschwellen lässt.

Drei Anbieter im Test setzen auf den Wirkstoff Alprostadil. Dabei handelt es sich um ein körpereigenes Prostaglandin. Dieser Botenstoff wirkt stark entspannend auf die glatte Muskulatur der Schwellkörper im Penis. In der Folge steigt dessen Durchblutung. In zwei Produkten im Test steckt zudem Yohimbin, ein natürlicherweise in der Rinde des Yohimbebaums vorkommendes Alkaloid. Es wurde in der Vergangenheit häufig als Aphrodisiakum verwendet.

Wirksamkeit von Arginin als Aphrodisiakum bei Impotenz fraglich

Die ergänzend bilanzierte Diät im Test eignet sich laut Anbieter zur Behandlung von Gefäßverengungen und Erektionsstörungen. Maßgeblicher Inhaltsstoff ist die Aminosäure Arginin. Der Körper setzt aus Arginin Stickstoffmonoxid (NO) frei, das eine wesentliche Rolle bei der Blutdruckregulation spielt, indem es die Gefäße erweitert. Bislang liegen jedoch nur kleinere Studien vor, die zwar tendenziell positive Effekte bei leichten Erektionsstörungen zeigen, aber nach Auffassung unseres wissenschaftlichen Beraters die Wirksamkeit noch nicht belegen.

Die Nahrungsergänzungsmittel im Test setzen auf anregendes Koffein aus Guarana, auf verschiedene Pflanzenextrakte, Vitamine, Mineralstoffe und Rinderhodenextrakt. Die Versprechungen sind überaus blumig und reichen vom "Elixier zur Entfaltung Eurer Leidenschaft"bis zum "Geheimnis des Spanischen Feuers: Gebratene Stierhoden". Nur: Nutzenbelege gibt es für all diese Aussagen nicht. Zudem ist fraglich, warum man seine Nahrung mit Rinderhoden ergänzen sollte - Hirn zu essen macht schließlich auch nicht schlauer.

Nahrungsergänzungsmittel bei erektiler Dysfunktion nicht hilfreich

Wie so häufig wurden den Produkten Vitamine und Mineralstoffe mal wieder nach dem Gießkannenprinzip beigegeben. Bei drei Präparaten ist zudem die Deklaration zu bemängeln. Ein Mittel enthält etwa laut Zutatenliste Nicotinamid und Kupfersulfat, allerdings sind die Mengen in der Nährwertliste nicht angegeben. Ein weiteres Produkt nennt einige Zusatzstoffe nicht mit ihrer Verkehrsbezeichnung, sondern mit unverständlichen Handelsnamen.

Die Testsieger, die Testtabelle sowie das gesamte Ergebnis inklusive Bewertung von Wirksamkeit und Nutzen aller Präparate lesen Sie im ePaper.

Wir haben diese Produkte für Sie getestet

Testverfahren

Der Einkauf: Beim Einkauf sind wir den seriösen Weg gegangen, um von vornherein Produkte von zweifelhafter Herkunft auszuschließen. Daher haben wir auf den Versandhandel via Internet verzichtet. Die Arzneimittel und ergänzend bilanzierten Diäten stammen aus einer Apotheke vor Ort. Dann haben wir in Erotikshops geschaut, was hier zur Bereicherung des Liebeslebens angeboten wird. Heraus kam eine überschaubare Reihe von Nahrungsergänzungsmitteln in mehr oder weniger ansprechender wie anregender Aufmachung. 

Die Begutachtung: Zur pharmakologischen Begutachtung der Arzneimittel hat unser wissenschaftlicher Berater, Professor Manfred Schubert-Zsilavecz, in medizinischen Datenbanken nach Studien gesucht, die für die Beurteilung der Wirksamkeit und Sicherheit relevant sind. Während Arzneimittel ein Zulassungsverfahren durchlaufen, müssen ergänzend bilanzierte Diäten und Nahrungsergänzungsmittel beim ersten Inverkehrbringen lediglich bei den zuständigen Behörden gemeldet werden. Um trotzdem prüfen zu können, auf welchem Fundament die ausgelobten Ansprüche stehen, haben wir die Anbieter gebeten, uns Nutzenbelege für ihre Produkte zuzuschicken. Für die Nahrungsergänzungsmittel war die Ausbeute null. 

Inhaltsstoffe und Deklaration: Auf aufwendige - und teure - chemische Untersuchungen, beispielsweise auf Pestizide oder Schimmelpilzgifte in Produkten mit Zutaten pflanzlicher Herkunft, haben wir bewusst verzichtet. Denn Hilfe für das Liebesleben ist von solchen Produkten ohnehin nicht zu erwarten. Sie können in unserem Test also nicht besser als mit "mangelhaft" abschneiden. Daher erachten wir weitergehende Analysen für überflüssig. Per Deklaration haben wir bei Nahrungsergänzungsmitteln überprüft, ob die Mengen an zugesetzten Vitaminen und Mineralstoffen den Höchstmengenempfehlungen des Bundesinstituts für Risikobewertung entsprechen - was oft genug nicht der Fall war. 

Die Bewertung: Das vergebene Gesamturteil beruht bei den Arzneimitteln im Wesentlichen auf der pharmakologischen Begutachtung, da es an den Hilfsstoffen nichts zu kritisieren gibt. Bei den beiden anderen Produktkategorien tragen vor allem Nutzenbelege und Deklarationsmängel zum Testergebnis maßgebliche Inhaltsstoffe bei. Fehlende Nutzenbelege führen hier bereits zu einem "mangelhaft", Deklarationsmängel und erhöhte Mengen an Vitaminen und Mineralstoffen gar zu einem "ungenügend". Da fällt das Testergebnis Weitere Inhaltsstoffe, unter dem hier zugesetzter Alkohol oder ein problematischer Farbstoff zu Notenabzug führen, fast nicht ins Gewicht.