Wechselduschen: Stärkt es wirklich das Immunsystem? Mythen im Check

Autor: Rebecca Welsch | Kategorie: Gesundheit und Medikamente | 11.11.2025

Was bringt Wechselduschen?
Foto: Dmytro Buianskyi/Shutterstock

Einige schwören drauf, andere hassen es: Wechselduschen. Das Duschen mit warmem und kaltem Wasser soll das Immunsystem in Schwung bringen. Doch bringt es dem Körper wirklich gesundheitliche Vorteile? Wir haben mit einem Experten gesprochen. 

"Warmduscher" ist ein scherzhafter Ausdruck für Menschen, die als schwächlich gelten. Wer insbesondere in der kalten Jahreszeit wortwörtlich nicht schwächlich sein möchte, braucht ein starkes Abwehrsystem – und das bekommt man nicht mit Warm- sondern mit Wechselduschen. 

ÖKO-TEST erklärt, was das abwechselndes Duschen mit kaltem und warmem Wasser im Körper bewirkt, welche positiven Effekte dem Wechselduschen zugeschrieben werden – und für wen die Methode weniger sinnvoll ist.

Wie funktioniert Wechselduschen? 

Die Hydrotherapie, die mit heißem und kaltem Wasser arbeitet, ist seit dem 19. Jahrhundert ein fester Bestandteil der Naturheilkunde. Sebastian Kneipp hat die Methode entwickelt. Nach Kneipp geht man beim Wechselduschen folgendermaßen vor: 

  1. Zunächst mit einem kräftigen Strahl warm bis heiß duschen – bis der Körper erwärmt ist.
  2. Strahlkraft verringern und Wasser kalt einstellen (für Ungeübte genügt lauwarm; 19 - 23 Grad) 
  3. Wichtig: Zuerst das rechte, dann das linke Bein abduschen. Man startet am Fuß und führt den Strahl außen entlang des Beines bis zur Hüfte. Anschließend geht's an der Innenseite des Beins zurück zum Fuß.
  4. Danach zuerst den rechten, dann den linken Arm abduschen. Man startet am Handrücken, führt den Strahl außen bis zur Schulter und von der Achselhöhle zurück zur Hand. 
  5. Zuletzt Brust, Bauch, Nacken und Gesicht kalt abduschen.
  6. Erneut warm duschen.

Anschließend sollte das Vorgehen noch zweimal wiederholt werden. Dabei ist es wichtig, dass das Duschen mit kaltem Wasser beendet wird. 

Welche potenziellen Gesundheitsvorteile hat Wechselduschen? 

Laut des Kneipp-Bunds bietet Wechselduschen eine Menge Vorteile für die Gesundheit. So soll die Methode unter anderem:

  • das Herz entlasten
  • den Kreislauf und den Blutdruck stabilisieren
  • Infektionen und andere Krankheiten vorbeugen
  • den Stoffwechsel anregen
  • den Schlaf verbessern

Nach einiger Zeit soll die Duschroutine auch dazu beitragen, die Wärmeregulierung des Körpers zu verbessern – der Organismus reagiert nicht mehr so empfindlich darauf, wenn es mal wärmer oder kälter ist.

Doch was ist wirklich dran an den vermeintlichen Gesundheitsvorteilen? Eindeutige wissenschaftliche Belege für den Nutzen des Wechselduschens gibt es (noch) nicht. "Das liegt aber auch daran, dass es schwierig ist, eine Doppelblindstudie zu der Thematik durchzuführen", erklärt Dr. Norman Best, Vizepräsident der Deutschen Gesellschaft für Physikalische und Rehabilitative Medizin e. V..

Der Grund dafür: Es ist nicht möglich, den Studienteilnehmenden zu verheimlichen, ob sie in der Wechselduschen- oder in der Placebo-Gruppe sind. 

Warum Wechselduschen gut für den Blutdruck ist

Trotz der fehlenden Studienlage sieht auch Dr. Best die Vorteile des Wechselduschens für den Körper: "Wechselduschen sind eine einfache Möglichkeit, um dem Körper etwas Gutes zu tun."

Denn durch die Kälte in den kalten Duschphasen zögen sich die Blutgefäße zusammen, beim warmen Duschen würden sie sich anschließend wieder weiten. Das habe zur Folge, dass der Blutdruck kurzfristig steigt. Auch der Kreislauf komme in Schwung, da das Herz besser mit Blut versorgt werde.

Der Berufsverband Deutscher Internistinnen und Internisten e.V. rät deshalb Menschen mit niedrigem Blutdruck zum Wechselduschen, um ihren Blutkreislauf zu stabilisieren. Doch nicht nur Menschen mit niedrigem, auch solche mit einem hohen Blutdruck könnten vom Wechselduschen profitieren, erklärt Dr. Best.

"Die Abwechslung zwischen heiß und kalt trainiert die Reaktionsfähigkeit der Blutgefäße, vor allem der Venen und kleinen arteriellen Gefäße. Das könnte dafür sorgen, dass dann mittelfristig der Blutdruck sinkt." Denn die Gefäße werden durch die Verengung und Weitung elastisch gehalten – bei hohem Blutdruck hingegen seien die arteriellen Gefäße oft eng und wenig beweglich. 

Insgesamt helfe die Anwendung zusätzlich dabei, das vegetative Nervensystem, das die Regulation der Blutgefäße (mit) steuert, zu harmonisieren. 

Kann Wechselduschen Infektionen und Krankheiten vorbeugen?

Kann Wechselduschen auch helfen, Infektionen und anderen Krankheiten vorzubeugen? "Es kann auf jeden Fall helfen, den Körper widerstandsfähiger zu machen", so Dr. Best.

Wenn der Körper jeden Tag mit dem schnellen Wechsel von heiß zu kalt umgehen muss, lerne er mit der Zeit, besser darin zu werden. Das könne beispielsweise hilfreich sein, wenn man im Winter einige Zeit in der Kälte überstehen muss – der Körper sei tatsächlich besser auf den Temperaturwechsel vorbereitet.  

Überdies könne Wechselduschen die zelluläre Abwehr unterstützen. "Wechselduschen sind ein gutes Venentraining, es stärkt diese und fördert die Durchblutung", erklärt Dr. Best. Eine optimierte Durchblutung wiederum könnte dafür sorgen, dass reflektorisch die Versorgung der Schleimhäute mit Immunzellen verbessert werde, was den Organismus widerstandsfähiger mache. 

Kann man mit Wechselduschen abnehmen? 

"Der Stoffwechsel wird durch die kalten Duschen angeregt", so Dr. Best. Denn durch die verbesserte Durchblutung wird der Körper besser mit Nährstoffen und Sauerstoff versorgt. Das helfe den Zellen, sich besser zu regenerieren. Auch unerwünschte Abfallstoffe könnten besser ausgeschieden werden.

Wer aber nun hofft, mit Wechselduschen abnehmen zu können, wird enttäuscht sein: Dafür ist ein Kaloriendefizit notwendig, das nur durch bewusste Ernährung entstehen kann. 

Verbessert Wechselduschen den Schlaf? 

"Der Mechanismus dahinter ist eigentlich ganz einfach", sagt Dr. Best. Das Wechselduschen wecke den Körper zwar grundsätzlich auf und sorge dafür, dass der Kreislauf in Schwung komme, sei aber auch mit Anstrengung verbunden. "Der Körper muss die Wärme regulieren, was viel Energie und Regulationsaufwand braucht". Deshalb könne Wechselduschen grundsätzlich bei der Verbesserung des Schlafs helfen. Ein müder Körper schlafe besser. Allerdings sei zu berücksichtigen, dass die Wechseldusche mit dem kalten Part beendet werde, was eher aktivierend wirke. 

Deshalb sollte man den Zeitpunkt des Wechselduschens berücksichtigen. Wer direkt vor dem zu Bett gehen wechselduscht, wird wohl eher einen gegenteiligen Effekt bemerken. Der Mechanismus ist also: Morgens wechselduschen, Energie verbrauchen und dadurch abends müder sein. 

Für wen ist Wechselduschen nicht geeignet?

Menschen mit Thromboseanfälligkeit, chronischen Venenentzündungen sowie Venenschädigungen sollten aufpassen: Generell können Wechselduschen zwar helfen, die Thrombosewahrscheinlichkeit zu vermindern, bei akuten Thrombosen seien sie jedoch nicht empfehlenswert, da Wärme das Gerinnselwachstum fördern könne.

Eine Rücksprache mit dem Arzt ist hier sinnvoll. "Eventuell ist es in solchen Fällen besser, die warmen Einheiten wegzulassen und nur kalt zu duschen", so Dr. Best. 

Auch wichtig: "Personen mit Medikamenten gegen Bluthochdruck sollten diese nicht absetzen, nur weil sie mit dem Wechselduschen begonnen haben." Als zusätzliche Maßnahme und nach Rücksprache mit dem Arzt könne die Methode aber durchaus nützlich sein. 

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