Kürbiskernöl, Leinöl & Co. im Test: Knapp die Hälfte fällt durch

Jahrbuch für 2015 | Autor: Birgit Hinsch | Kategorie: Essen und Trinken | 10.10.2014

Knapp die Hälfte der Kürbiskernöle, Leinöle & Co. im Test fallen durch.
Foto: Olena Rudo/Shutterstock

Traubenkernöl, Arganöl, Lein- oder Kürbiskernöl gelten als edel, naturbelassen und gesund. Zu Recht?, wollten wir wissen. Das Ergebnis ist ernüchternd.

Aktualisiert am 10.10.2014 | In jüngster Zeit stehen Öle mit Feinschmeckerqualitäten hoch im Kurs. Wir haben 20 dieser hochwertigen Öle eingekauft und einer umfangreichen Prüfung unterzogen. Gecheckt wurden Schadstoffe, die Ölqualität sowie die geschmacklichen Eigenschaften.

Kürbiskernöl, Leinöl & Co. im Test: Das Fazit

Weichmacher, PAK und Mineralöl – das führte bei fast allen Ölen zu mehr oder weniger satten Abzügen. Insgesamt fällt knapp die Hälfte mit einem "mangelhaft" oder "ungenügend" durch.

Kritik an Pestiziden und Mineralöl

Zwei Bio-Traubenkernöle sind derart mit Pestizidrückständen belastet, wie wir es selbst in konventionellen Produkten selten gefunden haben. Ein Kürbiskern-Öl enthält mehr Dieldrin als gesetzlich erlaubt. Das Mittel gehört zu den Organochlorpestiziden, die aufgrund ihrer Langlebigkeit und der Bedenken für Mensch und Umwelt nur noch in begrenztem Maße angewendet werden dürfen.

Nur vier Produkte enthalten kein Mineralöl. Ansonsten sind alle belastet, einige sogar erheblich. Wie Mineralöle in Speiseöle gelangen, ist noch weitgehend unklar, erklärt Dr. Konrad Grob vom Kantonalen Labor Zürich.

Weichmacher in vielen hochwertigen Ölen im Test

Was ist noch aufgefallen?

  • Auch in diesem Test verhageln Weichmacher vielen Ölen ein besseres Testergebnis. Dabei sind erneut Bio-Produkte überdurchschnittlich oft betroffen. Die Gehalte bleiben bei den üblichen Verzehrsmengen zwar weit unterhalb der Toleranzwerte. Trotzdem bewerten wir streng, da Phthalat-Weichmacher hormonelle Wirkungen entfalten können und einige als fortpflanzungsgefährdend eingestuft sind.
  • In einem Leinöl wurde mehr Benzo(a)pyren nachgewiesen als erlaubt. Die Verbindung gehört zu den polyzyklischen aromatischen Kohlenwasserstoffen (PAK) und steht im Verdacht, beim Menschen Krebs auszulösen. Sie gilt zudem als erbgutschädigend und fortpflanzungsgefährdend.
  • Ein Walnussöl wurde offensichtlich erhitzt oder mit einem hitzebehandelten Walnussöl gemischt. Laut Etikett soll das Öl "nach alter traditioneller Art in Handarbeit hergestellt" worden sein.
  • Als "sehr ausgewogen" wurden ausgerechnet drei der schlechtesten Produkte im Test beurteilt. Negativ aufgefallen ist den Sensorikexperten vor allem ein Traubenkernöl – sie bemängelten deutlich wahrnehmbare Fehltöne.

Diesen Test haben wir zuletzt im Spezial Vegetarisch & Vegan für 2014 veröffentlicht. Aktualisierung der Testergebnisse/Angaben für das ÖKO-TEST Jahrbuch für 2015 sofern die Anbieter Produktänderungen mitgeteilt haben oder sich aufgrund neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse die Bewertung von Mängeln geändert oder wir neue/zusätzliche Untersuchungen durchgeführt haben.

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Wir haben diese Produkte für Sie getestet

Testverfahren

Der Einkauf: Im Test: 20 hochwertige Öle der Sorten Argan, Kürbiskern, Leinsaat, Walnuss und Traubenkern. Die Öle sollten kaltgepresst sein - wir achteten daher auf entsprechende Hinweise auf den Produkten. In den Test aufgenommen wurden nur Öle von Markenherstellern, darunter zwölf Bio-Produkte.

Die Inhaltsstoffe: Im Fokus der Untersuchungen standen Weichmacher und polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe (PAK), aber auch neuere Parameter wie Mineralöl. Dass Öle mit Mineralöl verunreinigt sein können, weiß man seit dem Fall eines gepanschten ukrainischen Sonnenblumenöls aus dem Jahr 2008. Zum Testprogramm gehörten weiterhin Pestizidanalysen, zumal in Kürbiskernöl Rückstände von Altlasten-Pestiziden wie Hexachlorbenzol (HCB) auftreten können. Kaltgepresst oder erhitzt? Authentisch oder gepanscht? Das prüften wir anhand der Leitsätze für Speisefette und Speiseöle. Kürbiskernöl wurde zudem auf die Herkunft der Kürbiskerne geprüft.

Die Sensorik: Weil der Geschmack bei diesen Ölen besonders wichtig ist, ließen wir die Proben von fünf ausgebildeten und erfahrenen Testern verkosten. Sie beurteilten das Vorkommen und die Intensität arteigener Merkmale sowie abweichender und störender Fehltöne. Der sensorische Gesamteindruck fasst diese Beurteilungen zusammen.

Die Weiteren Mängel: Hier prüften wir vor allem die Stimmigkeit der Laboranalysen mit den Angaben auf dem Etikett. Dazu gehörte der Abgleich mit den Orientierungswerten des Bundesverbandes Naturkost Naturwaren (BNN) für Bio-Produkte.

Die Bewertung: Klar ist: Wenn ein Öl mit Rückständen über den gesetzlichen Grenzwerten (direkt oder auf die entsprechenden Saaten bezogen) belastet ist, dann lautet das Urteil "ungenügend". Für Weichmacher und Mineralöl sind keine Höchstgehalte in Lebensmitteln geregelt. Teilweise existieren aber Migrationsgrenzwerte, die festlegen, wie viel aus Kunststoffen oder Verpackungen übergehen darf. Daran haben wir uns bei der Bewertung - soweit möglich - orientiert. Der Sensorik kommt im Vergleich zu den Schadstoffbelastungen eine untergeordnete Bedeutung zu - dieses Ergebnis geht nur zu 40 Prozent in die Gesamtbewertung ein. Bei einigen Bio-Ölen führte die fehlende Übereinstimmung mit Bio-Kriterien zu weiteren Abzügen.

Bewertungslegende

Bewertung Testergebnis Inhaltsstoffe: Unter dem Testergebnis Inhaltsstoffe führen zur Abwertung um jeweils fünf Noten: a) ein Pestizidgehalt in Traubenkernöl, der nach Berücksichtigung eines Verarbeitungsfaktors von 7 die gesetzliche Rückstandshöchstmenge für "sonstige Ölsaaten" überschreitet; b) ein Pestizidgehalt in Kürbiskernöl, der nach Berücksichtigung eines Verarbeitungsfaktors von 2,3 die gesetzliche Rückstandshöchstmenge für Kürbiskerne überschreitet; c) ein Gehalt an Benzo(a)pyren über dem gesetzlichen Höchstgehalt von 2 μg/kg für Öle. Zur Abwertung um vier Noten führt: ein Gehalt an gesättigten Kohlenwasserstoffen (MOSH) der Kettenlängen C17 bis C24 von mehr als 4 mg/kg ("MOSH sehr stark erhöht").

Zur Abwertung um jeweils zwei Noten führen: a) ein "stark erhöhter" Pestizidgehalt in Traubenkernöl, der nach Berücksichtigung eines Verarbeitungsfaktors von 7 mehr als 50 Prozent der Rückstandshöchstmenge für "sonstige Ölsaaten" erreicht, wenn diese bei 0,02 mg/kg oder höher liegt; b) ein Gehalt an Benzo(a)pyren und/oder an Benzo(a)pyren plus Cyclopenta(c,d)pyren (berechnet mit einem Äquivalenzfaktor von 0,1; in Anl. an die MAK-Liste, 45. Lieferung, Deutsche Forschungsgemeinschaft, 2008), der mehr als 50 Prozent des gesetzlichen Höchstgehalts für Öle erreicht ("Polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe erhöht"); c) Phthalatgehalte über den spezifischen Migrationslimits (1,5 mg Diethylhexylphthalat (DEHP)/kg Lebensmittel bzw. Lebensmittelsimulanz und/oder 0,3 mg Dibutylphthalat (DBP)/kg Lebensmittel bzw. Lebensmittelsimulanz ) bzw. 0,3 mg Diisobutylphthalat (DiBP)/kg Lebensmittel bzw. Lebensmittelsimulanz und/oder 0,3 mg DBP plus DiBP/kg Lebensmittel bzw. Lebensmittelsimulanz; Letzteres in Anl. an Empfehlungen des Bundesinstituts für Risikobewertung (BfR) für Bedarfsgegenstände; d) der Nachweis aromatischer Kohlenwasserstoffe (MOAH), wenn nicht bereits wegen MOSH um vier Noten abgewertet wurde; e) ein Gehalt an MOSH C17 bis C24 von mehr als 2 mg/kg bis 4 mg/kg und/oder MOSH C25 bis C35 über 10 mg/kg ("MOSH stark erhöht"); f) ein Gehalt an polymeren Triglyceriden von mehr als 0,1 Prozent und/oder ein Gehalt an Transfettsäuren (Summe) von mehr als 0,2 Prozent in einem Walnussöl, das auf dem Etikett als "nach alter traditioneller Art in Handarbeit hergestellt" beworben wird ("Hinweise auf Erhitzung").

Zur Abwertung um jeweils eine Note führen: a) ein Gehalt an MOSH C17 bis C24 von 1 mg/kg bis 2 mg/kg und/oder an MOSH C25 bis C35 von mehr als 4 mg/kg bis 10 mg/kg ("MOSH erhöht"), falls nicht schon für MOSH C25 bis C35 um zwei Noten abgewertet wurde; b) ein "erhöhter" Pestizidgehalt in Traubenkernöl, der nach Berücksichtigung eines Verarbeitungsfaktors von 7 mehr als 10 bis 50 Prozent der Rückstandshöchstmenge für "sonstige Ölsaaten" erreicht, wenn diese bei 0,02 mg/kg oder höher liegt; d) fünf bis zehn in Spuren nachgewiesene Pestizide.

Bewertung Testergebnis Sensorik: Unter dem Testergebnis Sensorik führt zur Abwertung um vier Noten: ein unausgewogener sensorischer Gesamteindruck. Zur Abwertung um drei Noten führt: ein wenig ausgewogener sensorischer Gesamteindruck. Zur Abwertung um zwei Noten führt: ein ausgewogener oder noch ausgewogener sensorischer Gesamteindruck. Zur Abwertung um eine Note führt: ein gut ausgewogener und bei Arganöl mittelintensiver und ausgewogener sensorischer Gesamteindruck. In den sensorischen Gesamteindruck gingen Fehltöne, störende Noten und/oder positive produkttypische Attribute in unterschiedlichen Intensitäten ein.

Bewertung Testergebnis Weitere Mängel: Unter dem Testergebnis Weitere Mängel führen zur Abwertung um jeweils zwei Noten: a) ein oder mehrere Pestizide in Gehalten über dem BNN-Orientierungswert für Pestizide, wenn es sich um Bio-Ware handelt; b) Gehalte der Weichmacher DEHP und/oder Diisononyl-Phthalat (DINP) über den BNN-Orientierungswerten für Weichmacher, wenn es sich um Bio-Ware handelt. Zur Abwertung um eine Note führen: PVC/ PVDC/chlorierte Verbindungen in der Verpackung.

In das Gesamturteil gehen das Testergebnis Inhaltsstoff e zu 60 Prozent und das Testergebnis Sensorik zu 40 Prozent ein. Es kann nicht besser sein als das Testergebnis Inhaltsstoffe. Ein Testergebnis Weitere Mängel, das "ausreichend" ist, verschlechtert das Gesamturteil um eine Note. Ein Testergebnis Weitere Mängel, das "ungenügend" ist, verschlechtert das Gesamturteil um zwei Noten.

Testmethoden

Testmethoden: Weichmacher: GC-MSD (Untersuchung auf Adipate, Phthalate, DINCH). Polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe: GC-MSD, 25 PAK nach EU/EPA/JECFA. Pestizide: Pestizidscreening für Lebensmittel mit hohem Fettgehalt, Extraktion, GPC, GC/MS, ASU § 64 LFGB L00.00-34. Mineralöl: LC-GC/FID. Säurezahl: ASU L 13.00-5. Freie Fettsäuren: berechnet. Peroxidzahl: ASU L 13.00-37. Anisidinzahl: DGF C-VI 6e. Totox-Zahl: berechnet. Polymere Triglyceride: DGF CIII 3d (mit Vorreinigung). Fettsäureverteilung: DGF C-VI 10/11d. Herkunftsanalyse Kürbiskernöl auf Basis von Elementspuren insbes. der Seltenen Erden: Probenvorbereitung: Ein Gramm Öl wurde in konz. HNO3 in einem HPA-S bei 280 °C und 130 bar aufgeschlossen; die Aufschlusslösungen wurden eingedampft und mit 1% HNO3 verdünnt. Messung: mittels ICP-MS. Statistische Auswertung: mittels PLS-Modellen. Hierbei wurde nur zwischen österreichischer und ausländischer Herkunft unterschieden, wobei im Modell für ausländische Proben nur russische und chinesische Proben enthalten sind. Sensorische Untersuchung: Professionelle Verkostung der anonymisierten Proben durch fünf ausgebildete und in der Verkostung von Speiseölen erfahrene Tester. Beurteilt wurden Farbe, Transparenz (außer Kürbiskernöl; die Transparenz war hier aufgrund der dunklen Farbe nicht bewertbar), Geruch, Geschmack und Gesamteindruck auf der Grundlage gattungsspezifischer Testbögen - beschreibend und in Hinblick auf die Intensitäten. Jeder Prüfer bewertete zunächst für sich, anschließend folgten Konsensrunden je Gattung bzw. Probe. PVC/PVDC/chlorierte Verbindungen in der Verpackung: Röntgenfluoreszenzanalyse.

Einkauf der Testprodukte: Januar/Februar 2014.

Diesen Test haben wir zuletzt im Spezial Vegetarisch & Vegan für 2014 veröffentlicht. Aktualisierung der Testergebnisse/Angaben für das ÖKO-TEST Jahrbuch für 2015 sofern die Anbieter Produktänderungen mitgeteilt haben oder sich aufgrund neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse die Bewertung von Mängeln geändert oder wir neue/zusätzliche Untersuchungen durchgeführt haben.

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