Montagekleber im Test: Nur 4 von 12 sind "sehr gut"

Jahrbuch für 2017 | Autor: Anna Mai | Kategorie: Bauen und Wohnen | 20.10.2016

Montagekleber im Test. Wir haben zwölf Produkte getestet.
Foto: Alisusha/Shutterstock

Statt zum Bohrer und Dübel greifen viele Handwerkerinnen und Handwerker zu Montagekleber, um Sockelleisten, Schränkchen und Spiegel an die Wand zu bringen. Vier Marken können wir ohne Abstriche empfehlen, eine Reihe von Produkten floppte allerdings in unserem Test.

Aktualisiert am 20.10.2016 | Wo früher noch gedübelt und geschraubt wurde, greifen Handwerker und Do-it-yourselfer heute gern zum Montageklebstoff in der Kartusche: Sockelleisten, ein Wandbord oder gar kleine Regale oder Schränkchen, Spiegel, Wandverkleidungen, Blenden und Dekorationselemente werden gern mal so einfach an Wand oder Decke gepappt.

Doch wie schon gesagt, ganz so einfach ist das Kleben nicht, weil je nach Untergrund, Material und Randbedingungen manche Kleber besser und andere weniger oder gar nicht geeignet sind. Und weil es vor allem auf die richtige Vorbereitung und Handhabung ankommt. Und weil eine Klebefläche möglicherweise so extrem beansprucht wird, zum Beispiel durch Scherkräfte, dass es ohne technisches Know-how schwierig, wenn nicht gar unmöglich ist, einen Gegenstand fest und dauerhaft zu kleben.

Deshalb empfehlen Experten auch, im Haushalt nur dort zu kleben, wo keine oder keine allzu großen Kräfte übertragen werden. Sonst ist das Risiko zu groß, dass es zu einem irgendwie gearteten Absturz kommt. Ein weiterer Nachteil: Die Klebeverbindung ist unlösbar. Sollte die Fuge doch versagen, so bleiben zudem Rückstände oder gar Beschädigungen an Wand, Decke oder Boden.

Pattex, Obi & Co.: Montagekleber im Test

ÖKO-TEST hat in Baumärkten zwölf Montagekleber eingekauft, von denen die Hersteller versprechen, dass sie für viele Materialien und Untergründe geeignet seien. Im Test sind sowohl dispersionsbasierte Kleber als auch sogenannte Hybridpolymere auf Basis von Silicium. Wir wollten wissen, ob sie wirklich lösemittelfrei sind, keine problematischen Stoffe ausgasen und den Heimwerker oder die Wohnung durch weitere bedenkliche Inhaltsstoffe belasten.

Das Ergebnis: Mit den Inhaltsstoffen sind wir meist nicht einverstanden. Ein Montagekleber im Test erreicht unterm Strich ein "ungenügend"", drei weitere sind kaum besser. Doch es gibt auch eine gute Nachricht: Vier Marken schneiden mit "sehr gut" ab.

Bedenkliche Stoffe in Montageklebern gefunden

In drei elastischen Hybridpolymerklebern setzen die Hersteller Diisononylphthalat (DINP) ein – eine Phthalatverbindung, die zumindest in Spielzeug und Babyartikeln, die in den Mund genommen werden können, verboten ist. Die Verbindung steht in begründetem Verdacht, wie ein Hormon zu wirken; zudem gibt es Hinweise auf weitere gesundheitliche Beeinträchtigungen.

Ebenfalls in drei derartigen Rezepturen hat das Labor deutliche Mengen an zinnorganischen Verbindungen nachgewiesen. Sie können allergische Reaktionen und Reizungen verursachen und in das Immun- und Hormonsystem des Menschen eingreifen, weshalb sie sogar als fortpflanzungsgefährdend und fruchtschädigend eingestuft sind. In zahlreichen Anwendungen sind sie deshalb in hohen Konzentrationen, die über den hier nachgewiesenen Mengen liegen, verboten.

Montagekleber im Test sind nahezu lösemittelfrei

Die positive Nachricht ist, dass alle Montagekleber im Test nahezu lösemittelfrei sind und nichts oder fast nichts ausgast. Nur in einem Produkt fanden sich problematische Ethylenglykole, die möglicherweise die Raumluft belasten und Schleimhäute reizen können.

Mehrfach handelt es sich bei den eingesetzten Konservierern um eine Mischung aus mehreren Isothiazolinonen, darunter der halogenorganischen Verbindung Chlorisothiazolinon (CIT). Zwar wirken alle sensibilisierend; ein besonders hohes Potenzial hat jedoch CIT, das bestätigen die Daten des Informationsverbunds Dermatologischer Kliniken. Eine solche Substanz sollte deshalb nicht mehr verwendet werden.

Die Hybridpolymere müssen aufgrund ihrer Rezeptur in der Regel nicht konserviert werden. Unter den wasserbasierten Dispersionsklebstoffen enthalten lediglich zwei Produkte keine Konservierungsstoffe. Das schaffen die Hersteller durch ausgewählte Rohstoffe und ein spezielles Vakuumverarbeitungsverfahren.

Diesen Test haben wir zuletzt im ÖKO-TEST Ratgeber Bauen und Wohnen 2016 veröffentlicht. Aktualisierung der Testergebnisse/Angaben für das Jahrbuch für 2017, sofern die Anbieter Produktänderungen mitgeteilt haben oder sich aufgrund neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse die Bewertung von Mängeln geändert oder wir neue/zusätzliche Untersuchungen durchgeführt haben. 

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Wir haben diese Produkte für Sie getestet

Testverfahren

Der Einkauf: erfolgte in Baumärkten. Unsere Einkäufer wählten Montagekleber für eine möglichst breite Anwendung aus, also solche, die viele Materialien auf unterschiedlichen Untergründen zum Halten bringen. Fast alle sind als lösemittelfrei ausgelobt. Die Preise für eine Kartusche der Klebstoffe schwanken zwischen 5 und 13 Euro.

Die Inhaltsstoffe: Beim Verarbeiten können Lösemittel ausgasen und eingeatmet werden. Die meisten Klebstoffe sind wasserbasiert und müssen deshalb meist mit Konservierungsmitteln haltbar gemacht werden. Deshalb ließen wir die Produkte auf flüchtige organische Verbindungen (VOC) und problematische Konservierungsmittel wie Formaldehyd/-abspalter und Isothiazolinone untersuchen. Auch bedenkliche Phthalat-Weichmacher, die den Klebstoff elastisch und flexibel halten sollen, sowie zinnorganische Verbindungen, die möglicherweise als Katalysator oder Stabilisator eingesetzt werden, standen auf dem Prüfprogramm.

Die Weiteren Mängel: Wir prüften die Deklarationen, denn die Hersteller von Bauprodukten sollten den Heimwerker umfassend über das Produkt und seine Inhaltsstoffe - vor allem über die Konservierungsmittel - informieren und für Allergiker eine Hotline anbieten, sofern sensibilisierende Isothiazolinone eingesetzt werden.

Die Bewertung: Phthalate und zinnorganische Verbindungen, die in begründetem Verdacht stehen, wie ein Hormon zu wirken, werten wir besonders streng ab, aber auch Formaldehyd/-abspalter führen dazu, dass ein Produkt bestenfalls im Mittelfeld landet. Weitere bedenkliche Inhaltsstoffe und deutliche Weitere Mängel bringen zusätzliche Minuspunkte.

Bewertungslegende

Bewertung Testergebnis Inhaltsstoffe: Unter dem Testergebnis Inhaltsstoffe führen zur Abwertung um jeweils vier Noten: a) mehr als 10.000 mg/kg einer Phthalatverbindung (hier: DINP), die in Spielzeug und Babyartikeln, die in den Mund genommen werden können, über einem Gehalt von 0,1 Prozent verboten ist; b) ein stark erhöhter Gehalt von mehr als 1.000 µg/kg Dibutylzinn (DBT) und/oder Dioktylzinn (DOT).

Zur Abwertung um drei Noten führt: ein stark erhöhter Gehalt von mehr als 200 mg/kg Formaldehyd/-abspalter. Zur Abwertung um jeweils zwei Noten führen: a) ein erhöhter Gehalt von mehr als 20 bis 200 mg/kg Formaldehyd/-abspalter; b) ein erhöhter Gehalt von mehr als 100 bis 1.000 µg/kg Dibutylzinn (DBT), falls nicht bereits ein stark erhöhter Gehalt von Dioktylzinn abgewertet wurde; c) ein erhöhter Gehalt von mehr als 1.000 bis 10.000 µg/kg anderer zinnorganischer Verbindungen, falls nicht bereits Dibutylzinn und/oder Dioktylzinn abgewertet wurden.

Zur Abwertung um jeweils eine Note führen: a) Chlorisothiazolinon (CIT); b) mehr als 1.000 mg/kg Ersatzweichmacher (hier: DiNCH); c) mehr als 1.000 mg/kg problematische Glykole (Ethylenglykole). Steht bei konkret benannten Analyseergebnissen "nein", bedeutet das "unterhalb der Bestimmungsgrenze" der jeweiligen Testmethode. "Spuren" von Isothiazolinonen bedeuten ein Analyseergebnis von weniger als 15 mg/kg, "ja" 15 bis 200 mg/ kg, wobei Methylisothiazolinon (MIT) bei maximal 100 mg/kg liegt.

Bewertung Testergebnis Weitere Mängel: Unter dem Testergebnis Weitere Mängel führt zur Abwertung um zwei Noten: keine Angabe des Konservierungsmittels, falls ein solches enthalten ist. Zur Abwertung um jeweils eine Note führen: a) keine Allergikerhotline, falls Isothiazolinone enthalten sind (Ausnahme: Spuren durch Verunreinigung); b) keine Angabe eines Mindesthaltbarkeitsdatums (MHD).

Das Gesamturteil beruht auf dem Testergebnis Inhaltsstoffe. Ein Testergebnis Weitere Mängel, das "befriedigend" oder "ausreichend" ist, verschlechtert das Gesamturteil um eine Note. Ein Testergebnis Weitere Mängel, das "mangelhaft" ist, verschlechtert das Gesamturteil um zwei Noten

Testmethoden

Isothiazolinone, Zinkpyrithion: HPLC/DAD nach Extraktion. Formaldehyd/-abspalter: GC/MS nach Wasserdampfdestillation und Derivatisierung. Flüchtige organische Verbindungen (TVOC): GC/MS nach Extraktion mit Dichlormethan; alle nicht näher identifizierbaren Verbindungen wurden als Toluol- oder Tetradecan-Äquivalent berechnet. Glykole, Weichmacher: GC/MS nach Extraktion und Derivatisierung. Ausgewählte leichtflüchtige Verbindungen (VVOC): Headspace-GC/MS. Zinnorganische Verbindungen: NaDDTC, EtOH, Hexan, NaBEt4, GC-AED. PVC/PVDC/chlorierte Verbindungen: Röntgenfluoreszenzanalyse.

Einkauf der Testprodukte: Juni 2015

Diesen Test haben wir zuletzt im ÖKO-TEST Ratgeber Bauen und Wohnen 2016 veröffentlicht. Aktualisierung der Testergebnisse/Angaben für das Jahrbuch für 2017, sofern die Anbieter Produktänderungen mitgeteilt haben oder sich aufgrund neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse die Bewertung von Mängeln geändert oder wir neue/zusätzliche Untersuchungen durchgeführt haben. 

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