Gartenschläuche im Test: Keiner kann vollständig überzeugen

Jahrbuch für 2016 | Autor: Anna Mai | Kategorie: Bauen und Wohnen | 09.10.2015

Wir haben 15 Gartenschläuche im Labor auf schädliche Inhaltsstoffe untersuchen lassen.
Foto: Mariia Boiko/Shutterstock

Die weichen Materialien von Gartenschläuchen sind meist ordentlich mit Schadstoffen gespickt. Auch in der Praxisprüfung konnten viele nicht überzeugen: Die Schläuche bildeten Schlaufen, verdrehten sich – da war kein Durchkommen für das kühle Nass.

Wir wollten wissen, wie es heute um die Schadstoffbelastung von Gartenschläuchen bestellt ist. Neben zwölf Produkten aus PVC ließen wir auch drei Alternativen aus Gummi (synthetischem Kautschuk) untersuchen. Dabei interessierte uns auch, ob hohe Schadstoffkonzentrationen ins Wasser übergehen können. Und für die Gartenfreunde wurde auch die praktische Handhabung geprüft.

Das Testergebnis: So schneiden die Gartenschläuche ab

  • Wenige Hersteller zeigen, dass es möglich ist, im Weich-PVC zumindest einige bedenkliche Schadstoffe zu vermeiden. Fünf Schläuche bekamen im Testergebnis Inhaltsstoffe ein "befriedigend", vier Produkte auch im Gesamturteil. Drei PVC-Schläuche fallen mit "ungenügend" komplett durch. Leider kommen die alternativen Gummischläuche nicht über ein "mangelhaft" hinaus.
  • In den "ungenügenden" Schläuchen werden immer noch Phthalat-Weichmacher eingesetzt, die im Verdacht stehen, wie ein Hormon zu wirken und die Fortpflanzung zu gefährden. Die als besonders gefährlich angesehene Verbindung DEHP wurde in einem Gartenschlauch nachgewiesen.
  • Etliche Hersteller haben ihre Produktion auf Ersatzweichmacher, vor allem auf DEHT (Diethylhexylterephthalat), umgestellt. Die Schläuche bestehen oft zu 30 bis 40 Prozent aus diesen leider noch nicht ausreichend erforschten Weichmachern. DEHT baut sich zu Ethylhexansäure ab und diese Verbindung steht nach Auskunft des Umweltbundesamtes ebenfalls im Verdacht, fruchtbarkeitsschädigend zu sein. Eine abschließende Bewertung steht noch aus.
  • Auch wer sich einen teuren Gartenschlauch aus Kautschuk als Alternative zu PVC leistet, kann sich nicht in Sicherheit wiegen. Drei Produkte enthalten stark erhöhte Gehalte an PAK-Verbindungen, die vermutlich aus Weichmacherölen oder Ruß stammen. "Erhöhte" Gehalte fanden sich in fünf PVC-Schläuchen.
  • Die stark mit Schadstoffen belasteten Gartenschläuche waren vier Stunden lang mit 60 Grad warmem Wasser gefüllt, so wie es im Sommer im Garten durchaus passieren kann: Phthalate, PAK, zinnorganische Verbindungen und Ersatzweichmacher gingen ins Wasser über, wenn auch in relativ geringen Mengen. Aus den Kautschukmaterialien lösten sich Spuren von Nitrosaminen, die wir aber noch nicht abwerten. Auffallend war jedoch, dass die Schläuche von Dehner und Rehau deutliche Mengen an Bisphenol A abgaben, das ebenfalls hormonelle Veränderungen hervorruft.
  • Jeder dritte Gartenschlauch bildete beim lockeren Auslegen vom Wandhalter starke Schlaufen, sodass kein Wasser mehr durchfloss - ein gravierender Mangel, fanden unsere Tester. Beim Abrollen vom Schlauchwagen funktionierte es etwas besser. Auch beim Aufrollen zeigten sich einige Gartenschläuche widerspenstig und verdrehten sich. Insgesamt bescheinigten die Prüfer den Gartenschläuchen überwiegend eine ordentliche Qualität. An immerhin sechs Produkten hatten sie gar nichts zu bemängeln.

Diesen Test haben wir bereits im ÖKO-TEST Magazin Juni 2015 veröffentlicht. Aktualisierung der Testergebnisse/Angaben für das Jahrbuch für 2016 sofern die Anbieter Produktänderungen mitgeteilt haben oder sich aufgrund neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse die Bewertung von Mängeln geändert oder wir neue/zusätzliche Untersuchungen durchgeführt haben.

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Wir haben diese Produkte für Sie getestet

Testverfahren

Der Einkauf: In Bau- und Gartenmärkten erstanden unsere Einkäufer zwölf PVC-Schläuche mittlerer bis guter Qualität von Markenherstellern wie Hozelock, Gardena, Kärcher sowie Eigenmarken der jeweiligen Märkte. Keine Billigprodukte, die Preise lagen bei etwa 22 bis 43 Euro für 20 Meter Länge. Deutlich teurer waren die drei Kautschukschläuche, die wir als Alternative zu PVC testen wollten: Unsere Einkäufer mussten im günstigsten Fall fast 100 und im teuersten Fall - dem Lux-Tools Gartenschlauch Gummi von Obi - fast 200 Euro für die 20 Meter zahlen.

Die Inhaltsstoffe: Das weiche elastische PVC kann nur mit Weichmachern erzielt werden. Dazu setzt man immer noch hormonell wirksame Phthalate ein, aufgrund immer stärkerer gesetzlicher Reglementierung weichen jedoch einige Hersteller mittlerweile auf Ersatzweichmacher aus. Außerdem können über billige Weichmacheröle oder schwarzen Ruß krebserregende oder -verdächtige PAK-Verbindungen eingetragen werden. Das betrifft vor allem die Produkte aus synthetischem Kautschuk. Neben diesen Stoffen ließen wir die Gartenschläuche auch auf bedenkliche Schwermetalle und zinnorganische Verbindungen untersuchen. Gab es auffällig hohe Gehalte einzelner Stoffe, wurde geprüft, inwieweit diese ins Wasser übergehen können, wenn der Schlauch mal einige Stunden in der Sonne liegt.

Die Praxisprüfung: Des Gartenliebhabers Freud und Leid: Wie lässt sich der Schlauch ausrollen? Verwindet er sich, bildet er Knoten oder Knicke, die den Wasserdurchfluss behindern oder gar stoppen? Wie ist die Handhabung? Wird das Auf- und Abrollen zur Plage und das Anschließen des Adapters zum Kampf? Kann ein scharfer Gegenstand am Boden dem Schlauch etwas anhaben? Unsere Tester wollten's wissen.

Die Bewertung: Besonders kritisch sehen wir gesundheitsschädliche Phthalate, zinnorganische Verbindungen sowie PAK-Verbindungen. Stark erhöhte Gehalte dieser Substanzen bedeuten, dass ein Produkt bestenfalls "mangelhaft" sein kann. Den Übergang ins Wasser bewerten wir nur bei Substanzen, die noch nicht als Inhaltsstoffe abgewertet wurden. Ein Gartenliebhaber wird eine leichte Handhabung schätzen, deshalb fließen auch die Ergebnisse unserer Praxistester ein. Da ÖKO-TEST einen starken Fokus auf die Inhaltsstoffe und ihre Auswirkungen auf Gesundheit und Umwelt legt, kann das Gesamturteil nicht besser sein als das Testergebnis Inhaltsstoffe.

Bewertungslegende

Bewertung Testergebnis Inhaltsstoffe: Unter dem Testergebnis Inhaltsstoffe führen zur Abwertung um jeweils vier Noten: a) ein stark erhöhter Gehalt von mehr als 10.000 mg/kg einer oder mehrerer in Spielzeug und Babyartikeln ab mehr als 0,1 Masseprozent verbotenen Phthalatverbindungen (hier: DEHP) bzw. ein stark erhöhter Gehalt von mehr als 10.000 mg/kg einer oder mehrerer in Spielzeug und Babyartikeln, die in den Mund genommen werden können, ab mehr als 0,1 Masseprozent verbotenen Phthalatverbindungen (hier: DINP); b) ein stark erhöhter Gehalt von in der Summe mehr als 1.000 µg/kg polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe (PAK); c) mehr als 1.000 µg/kg Dioctylzinn. Zur Abwertung um jeweils zwei Noten führen: a) ein erhöhter Gehalt von mehr als 1.000 bis 10.000 mg/kg einer in dieser Konzentration in Spielzeug und Babyartikeln, die in den Mund genommen werden können, ab mehr als 0,1 Masseprozent verbotenen Phthalatverbindungen (hier: DIDP); b) ein erhöhter Gehalt von mehr als 100 bis 1.000 µg/kg einer oder mehrerer PAK-Einzelverbindungen, sofern sie sich nicht auf über 1.000 µg/kg addieren. Zur Abwertung um jeweils eine Note führen: a) mehr als 1.000 mg/kg eines oder mehrerer Ersatzweichmacher (hier: DEHT = Diethylhexylterephthalat, DiNCH = Diisononylcyclohexan-1,2-dicarboxylat, DEHA = Diethylhexyladipat), wenn nicht schon Phthalate abgewertet wurden; b) PVC im Produkt; c) mehr als 10 bis 1.000 mg/kg einer phosphororganischen Verbindung (hier: TNPP); d) mehr als 1.000 µg/l Bisphenol A (Migration ins Wasser). Steht bei konkret benannten Analyseergebnissen "nein", bedeutet das "unterhalb der Bestimmungsgrenze" der jeweiligen Testmethode.

Bewertung Testergebnis Praxisprüfung: Unter dem Testergebnis Praxisprüfung werden die Einzelprüfungen wie folgt bewertet: Verdrehsicherheit beim Auslegen vom Wandhalter bzw. beim Abrollen vom Rollwagen: in Ordnung = Note 1; wenig Schlaufen, Durchfluss etwas behindert = Note 2; Schlaufenbildung, Durchfluss verringert = Note 3; starke Schlaufenbildung, kein Durchfl uss = Note 4. Aufhängen in Wandhalter: in Ordnung = Note 1; mit leichten Verdrehungen = Note 2; mit Verdrehungen = Note 3; mit starken Verdrehungen = Note 4. Auf- und Abrollen am Schlauchwaagen: in Ordnung = Note 1; noch gut = Note 2. In das Testergebnis Praxisprüfung gehen die vier Teilnoten Verdrehsicherheit beim Auslegen vom Wandhalter, Verdrehsicherheit beim Abrollen vom Rollwagen, Aufhängen in Wandhalter und Auf- und Abrollen am Schlauchwagen zu gleichen Teilen ein, es wird kaufmännisch gerundet. Ein Produkt mit einer Einzelnote 4 in Verdrehsicherheit (starke Schlaufenbildung,
kein Durchfluss) kann aber im Testergebnis Praxisprüfung nicht besser sein als "ausreichend".

Bewertung Testergebnis Weitere Mängel: Unter dem Testergebnis Weitere Mängel führen zur Abwertung um jeweils zwei Noten: a) eine irreführende Auslobung "kein Verdrehen", wenn in der Praxisprüfung eine "starke Schlaufenbildung, kein Durchfluss" festgestellt worden war; b) eine irreführende Auslobung "phthalatfrei", wenn Phthalate in erhöhter Konzentration nachgewiesen wurden.

Das Gesamturteil beruht zu gleichen Teilen auf dem Testergebnis Inhaltsstoffe und dem Testergebnis Praxisprüfung und wird kaufmännisch gerundet. Es kann aber nicht besser sein als das Testergebnis Inhaltsstoffe. Ein Testergebnis Weitere Mängel, das "befriedigend" ist, verschlechtert das Testergebnis Inhaltsstoffe (Auslobung "phthalatfrei") bzw. das Testergebnis Praxisprüfung (Auslobung "kein Verdrehen") um eine Note.

Testmethoden

Testmethoden Inhaltsstoffe: PVC/PVDC/chlorierte Verbindungen: Röntgenfluoreszenzanalyse. Phthalate, Ersatzweichmacher, phosphororganische und phenolische Verbindungen: a) GC/MS nach Extraktion und Derivatisierung; b) Migration: 4 Stunden bei 60 °C in Wasser; GC/MS nach Extraktion und Derivatisierung. TNPP (phosphororganische Verbindung): HPLC-DAD nach Extraktion. Polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe (PAK): a) GC-MSD, 25 PAK nach EU/EPA/JECFA; b) Migration: 4 Stunden bei 60 °C in Wasser; GC-MSD, 25 PAK nach EU/EPA/JECFA. Zinnorganische Verbindungen: NaDDTC, EtOH, Hexan, NaBEt4, GC-AED. Elemente: Röntgenfluoreszenzanalyse. Antimon (Eluat): Elution von Schwermetallen mittels saurer Schweißlösung; Elementbestimmung mittles ICP-MS. Migrierbare Nitrosamine, migrierbare Vorstufen: Analog DIN EN 12868, abweichend 4 Stunden bei 60 °C in Wasser, Werte beziehen sich ausschließlich auf die Schlauchinnenfläche; bei Umrechnung auf das Schlauchmaterial wurde die Hälfte der Schlauchmasse berücksichtigt (da Migration auf der Innenfläche des Schlauchs).

Testmethoden Praxisprüfung: Verdrehsicherheit beim Auslegen vom Wandhalter: Aufgerollten Schlauch auf Boden gelegt und an einem Ende auseinander gezogen; Prüfung auf Schlaufenbildung und Veränderung des Wasserdurchflusses (Wasserdruck < 3 bar). Verdrehsicherheit beim Auslegen vom Rollwagen: Ausgelegten Schlauch auf Rollhalter aufgerollt und dann abgerollt; Prüfung auf Schlaufenbildung und Veränderung des Wasserdurchflusses (Wasserdruck < 3 bar). Knicken beim Verlegen um Ecken: Ecken 90° / 135° / 180°; Prüfung, ob Wasserdruck unterbrochen bzw. verringert wird (Wasserdruck < 3 bar). Aufhängen in Wandhalter: Schlauch wird von Hand vom Boden aufgenommen und auf Wandhalter gelegt. Anschluss an Verbindungsadapter/Dichtigkeit der Verbindung: Anbringen von Gardena-Kupplungen. Einschneidsicherheit: Unter Druck stehender Schlauch (< 3 bar) an fünf nebeneinanderliegenden Stellen über 10 cm lange Cuttermesserklinge gezogen, danach Schlauch um 90° geknickt; Prüfung auf Leck.

Einkauf der Testprodukte: Februar 2015.

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Diesen Test haben wir bereits im ÖKO-TEST Magazin Juni 2015 veröffentlicht. Aktualisierung der Testergebnisse/Angaben für das Jahrbuch für 2016 sofern die Anbieter Produktänderungen mitgeteilt haben oder sich aufgrund neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse die Bewertung von Mängeln geändert oder wir neue/zusätzliche Untersuchungen durchgeführt haben.

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