Raufaser-Tapeten im Test: Viele sind "gut"

Jahrbuch für 2016 | | Kategorie: Bauen und Wohnen | 09.10.2015

Wir haben Raufasertapeten im Labor untersuchen lassen.
Foto: akf ffm/Shutterstock

Sie erscheint schlicht und ist für jeden Farbton offen: In zwei von drei Haushalten kleben Raufasertapeten an den Wänden. Recht so: Sowohl im Praxistest als auch in der chemischen Analyse zeigten die getesteten Produkte nur kleinere Mängel.

Wir haben zehn Raufasertapeten und zwei Vliesraufasertapeten eingekauft und auf Schadstoffe untersuchen lassen. In einem Praxistest ließen wir die Handhabung beim Tapezieren prüfen.

Raufasertapeten im Test: Das Testergebnis

  • Viele Raufasertapeten im Test schnitten mit dem Gesamturteil "gut" ab, sie zeigten kaum Schwächen – sowohl im Test Inhaltsstoffe als auch während der Praxisprüfung. 
  • Alle zwölf Raufasern enthalten halogenorganische Verbindungen. Dabei handelt es sich um eine Gruppe von mehreren Tausend Stoffen, die Brom, Jod oder Chlor enthalten. Viele gelten als allergieauslösend. Einige erzeugen Krebs. Bei Tapeten mit einem Altpapieranteil von 80 oder 100 Prozent spricht einiges dafür, dass die halogenorganischen Verbindungen aus Altpapier stammen können, das noch mit Chlor gebleicht worden ist.
  • Wer nur alle paar Jahre zu Tapezierwischer und Kleister greift, freut sich über eine Verarbeitungsanleitung, die keine Fragen offenlässt. Solch eine ausführliche Anleitung liegt nur fünf der zwölf Produkte bei. Gelungen sind aus Sicht unseres Tapetenexperten die Anleitungen zu den vier Erfurt-Eigenprodukten sowie die Informationen, die der Tapete Qualitäts Raufaser, grobe Körnung vom Anbieter Hornbach beiliegen. Abgewertet haben wir dagegen die Verarbeitungsanleitungen von sieben Produkten. Hier hätten Piktogramme die Arbeitsschritte anschaulicher gemacht. Außerdem fehlte uns bei den sechs erstgenannten Tapeten eine ausführlichere Beschreibung der Schritte, die notwendig sind, um den Untergrund vorzubereiten. Solch eine Beschreibung enthält zwar die Anleitung der Tapete Atlantis Rauhfaser Nr. 5, grob weiss, allerdings fehlen hier hilfreiche Piktogramme.
  • Beim Tapezieren zeigten sich elf Produkte reißfest. Lediglich die Rauhfaser, mittel weiß riss bei der Verarbeitung teilweise ein.
  • Alle Hersteller der Raufasertapeten im Test legen sich bei der empfohlenen Weichzeit nicht auf eine exakte Angabe fest, sondern nennen einen Zeitraum, währenddessen die Tapete im Kleister einweichen soll. Die beiden Vliesraufasertapeten müssen nicht einweichen. Sie werden trocken auf das vorgekleisterte Wandstück tapeziert.
  • Im Praxistest stellte sich heraus, dass bei allen Raufasern die kürzere Weichzeit zu empfehlen ist. Denn dann ließ sich die Raufaser leichter an die Wand bringen. Gerade das Tapezieren per Moosgummirolle gestaltete sich nach längerer Weichzeit mit neun der zwölf Testtapeten immer schwieriger. Ein gleichmäßiges Andrücken war dann fast nicht mehr möglich, da sich Falten bildeten. Nur drei Produkte ließen sich auch mit Gummirolle problemlos an die Wand bringen. Mit dem Tapezierwischer gelang das Tapezieren dagegen bei elf der zwölf Produkte gut. Deshalb haben wir auch nicht abgewertet.
  • Der Versuch, die Tapetenüberstände mit der Schere abzuschneiden, gelang nur bei drei Raufasertapeten problemlos. Bei allen reinen Raufasertapeten sollten Verbraucher besser zum Tapetenabreißer greifen.
  • Zehn der zwölf Raufasertapeten weisen einen Altpapieranteil von 100 Prozent auf, die Vliesraufasertapeten von 80 Prozent. Und der Frischfaseranteil, also die eingesetzten, strukturbildenden Holzspäne, stammt von Bäumen aus kontrollierter Waldwirtschaft. Diese Angaben haben die Hersteller durch glaubwürdige Dokumente belegt, die wir zum Nachweis der Angaben zu Altpapieranteil und Holzherkunft von ihnen gefordert hatten.

Diesen Test haben wir zuletzt im ÖKO-TEST Magazin 2/2015 veröffentlicht. Aktualisierung der Testergebnisse/Angaben für das Jahrbuch für 2016 sofern die Anbieter Produktänderungen mitgeteilt haben oder sich aufgrund neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse die Bewertung von Mängeln geändert oder wir neue/zusätzliche Untersuchungen durchgeführt haben.

Weiterlesen auf oekotest.de: 

Wir haben diese Produkte für Sie getestet

Testverfahren

Der Einkauf: Wir haben zwölf Raufasertapeten  mit dabei auch zwei Vliesraufasertapeten mit Textilanteilen – in den bekannten Baumärkten sowie in Möbel- und Einrichtungshäusern gekauft. Ausgewählt haben wir Eigenmarken der Baumärkte und Möbelhäuser sowie Produkte des europäischen Marktführers für Raufaser, Erfurt & Sohn aus Wuppertal. Es spiegelt das Marktangebot wider, dass wir mehrere Produkte von Erfurt & Sohn für den Test auswählten. Eingekauft haben wir die Rollenmaße 25 mal 0,53 Meter sowie 15 mal 0,53 Meter.

Der Praxistest: Wie sich die einzelnen Tapeten verarbeiten lassen, prüfte ein Berufsschulfachlehrer und Malermeister mit seinem Team. Sie studierten die Verarbeitungsanleitung der Produkte sowie deren Handhabung beim Tapezieren.

Verarbeitungsanleitung: Welche Kleisterart wird empfohlen? Sind die Weichzeiten angegeben? Was verrät die Anleitung über die entscheidende Vorbereitung des Untergrundes? Helfen Piktogramme und narrensichere Erläuterungen auch "Gelegenheitshandwerkern" zum Ziel? Antworten auf diese Fragen suchte der Praxisprüfer in den Verarbeitungsanleitungen der Tapeten.

Handhabung beim Tapezieren: Der Tapezier-Super-GAU? Wenn die Tapete reißt. Und Blasen zwischen Untergrund und Wandbekleidung will auch niemand. Bahn um Bahn klebten die Praxisprüfer die Tapeten auf den schulmäßig vorbereiteten Untergrund. Dabei prüften sie, ob etwas reißt, sich Blasen bilden. Die Handwerker arbeiteten sowohl mit dem Tapezierwischer als auch mit der Gummirolle, trennten Überstände mit Schere und Tapetenabreißer.

Die Inhaltsstoffe: Wir ließen die Tapeten auf giftige flüchtige organische Verbindungen untersuchen, die oft in Wandmaterialien enthalten sind, ausdünsten und in die Raumluft gelangen. Zum Prüfprogramm gehörte auch der Nachweis halogenorganischer Verbindungen. Das ist eine Gruppe von Verbindungen, zu der auch krebserregende und allergieauslösende Stoffe gehören.

Die Weiteren Mängel: Ein Entsorgungshinweis in der Verarbeitungsanleitung sollte aus Gründen des Umweltschutzes und des Verbraucherservices Standard sein. Wo dieser Hinweis fehlt, werten wir ab.

Die Bewertung: Tapeten müssen schadstofffrei sein, da wir uns ständig in ihrer Nähe aufhalten und sie die Qualität der Raumluft etwa durch flüchtige organische Verbindungen belasten können. Genau so wichtig wie ein sauberes Produkt ist aber auch eines, dessen Verarbeitungsanleitung keine Fragen offen und das sich gut verarbeiten lässt. Deshalb kann das Gesamturteil nicht besser sein als das schlechteste Einzelergebnis beim Praxistest beziehungsweise dem Test Inhaltsstoffe.

Bewertungslegende

Unter dem Testergebnis Inhaltsstoffe führt zur Abwertung um eine Note: halogenorganische Verbindungen. Unter dem Testergebnis Anleitung sowie Handhabung beim Tapezieren führt zu Abwertung um zwei Noten: Tapete reißt teilweise (in Tabelle: Reißfestigkeit: reißt teilweise). Zur Abwertung um jeweils eine Note führen: a) ein bis zwei Mängel in der Verarbeitungsanleitung (hier: 1. weist keine Piktogramme auf, die den Arbeitsablauf darstellen, 2. Beschreibung der Untergrundvorbereitung ist nicht ausführlich); b) Anbringen der Tapete mit dem Tapezierwischer teilweise instabil und mit der Gummirolle in der Handhabung schwierig.

Unter dem Testergebnis Weitere Mängel führt zur Abwertung um eine Note: Angaben zur Entsorgung fehlen. Das Gesamturteil beruht auf dem Testergebnis Inhaltsstoffe und dem Testergebnis Anleitung sowie Handhabung beim Tapezieren. Es kann nicht besser sein als das schlechteste Einzelergebnis. Ein Testergebnis Weitere Mängel, das "befriedigend" ist, verschlechtert das Testergebnis Inhaltsstoffe um eine Note.

Testmethoden

Testmethoden Inhaltsstoffe:
Halogenorganische Verbindungen: Probe wird mit Reinstwasser in der Soxhlet-Apparatur eluiert. Binden der organischen Halogene an Aktivkohle, Verbrennung der Aktivkohle im Sauerstoffstrom, microcoulometrische Bestimmung des Halogengehaltes.
PVC/PVDC/chlorierte Verbindungen (in ausgewählten Produkten sowie in der Verpackung): Röntgenfluoreszenzanalyse.
Formaldehyd und weitere flüchtige organische Verbindungen (VOC): Auslüften der Proben (24 h). Emissionsprüfzellenmessung mit GC/MS nach Thermodesorption, HPLC-DAD nach Desorption.

Testmethode Praxisprüfung:
Verarbeitungsanleitung: Begutachtung durch einen Experten. Handhabung beim Tapezieren (Reißfestigkeit, Anbringen mit Tapezierwischer bzw. mit Gummirolle, Abtrennen mit Schere bzw. mit Tapetenabreißer, Blasenbildung): Verarbeiten bzw. Tapezieren nach Herstellerangaben. Gleichmäßiger Untergrund mit handelsüblicher Makulatur (Stripofix von Erfurt) geschaffen. Nach der vom Hersteller angegebenen Weichzeit wurden die Bahnen auf den vorbereiteten Untergrund tapeziert. Raufasertapeten gleichmäßig mit einem handelsüblichen Kleister (Metylan) eingekleistert und zusammengelegt. Vliesraufasertapeten trocken in das vorgekleisterte Wandstück eingelegt. Es wurden jeweils vier Bahnen Tapete mit dem Tapezierwischer sowie vier weitere Bahnen mit der Moosgummiwalze angebracht. Die Überstände wurden mit der Schere bzw. mit dem Tapetenabreißer abgetrennt.

Einkauf der Testprodukte: Oktober 2014

Diesen Test haben wir zuletzt im ÖKO-TEST Magazin 2/2015 veröffentlicht. Aktualisierung der Testergebnisse/Angaben für das Jahrbuch für 2016 sofern die Anbieter Produktänderungen mitgeteilt haben oder sich aufgrund neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse die Bewertung von Mängeln geändert oder wir neue/zusätzliche Untersuchungen durchgeführt haben.

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