Spielbälle für Kinder im Test: Nur 7 von 18 sind empfehlenswert

Jahrbuch Kleinkinder 2016 | Autor: Miguel Szymanski | Kategorie: Kinder und Familie | 14.01.2016

Spielbälle für Kinder im Test: Wir haben 18 Spielbälle aus Textil und Kunststoff getestet.
Foto: Pixel-Shot/Shutterstock

Mit Bällen spielen bereits die Kleinsten. Anfangs knuddeln sie die Bälle und erforschen sie mit dem Mund, später werden die Bälle getreten und geworfen. Umso wichtiger also, dass die Bälle frei von Schadstoffen sind. Leider können wir nach unserem Test nur sieben von 18 Spielbällen empfehlen.

Aktualisiert am 14.01.2016 | Am Anfang war der Ball. Chinesische, altägyptische, klassisch-griechische, römische oder mittelalterliche und mittelamerikanische Darstellungen beweisen: Seit Jahrhunderten – und in manchen Regionen seit Jahrtausenden – rollen Bälle über die Erdkugel.

Heute zählen Ballspiele, von denen es Hunderte gibt, zu den fundamentalen Lernprogrammen zur Schulung der koordinativen Fähigkeiten von Kindern. Auch komplexe motorische Bewegungsabläufe werden von klein auf mit Ballspielen gelernt und spielerisch trainiert. Wer mit Bällen spielt, trainiert Gleichgewichtssinn, Reaktionsfähigkeit, Ausdauer, Herz und Kreislauf. Muskeln werden gekräftigt, die Haltung verbessert und der Spieler entwickelt ein Gefühl für Rhythmus.

Ideal ist es, wenn Kindern das Ballspielen nicht von vornherein als komplexes und starres Regelwerk aufgezwungen wird, sondern sie den Umgang frei und intuitiv erlernen können. Unnötig ist es also, einem Fünfjährigen die korrekte Schrittfolge beim Basketball oder die Abseitsregeln im Fußball zu erklären. Besser: ihn zwanglos den Ball hin und her werfen und treten zu lassen.

Kinderspielbälle aus Stoff und Plastik im Test

Unsere Leserinnen und Leser haben immer wieder gefragt, ob wir dieses zeitlose, klassische Spielzeug nicht einmal testen können. Können wir: 18 Modelle aus Textil und Kunststoff kamen in die Labore und wurden gründlich untersucht. Das Ergebnis: Viele Textilbälle in unserem Test sind empfehlenswert. Dagegen bekommen die meisten untersuchten Plastikbälle die Rote Karte.

Kinderball verstößt gegen Normanforderungen

Die umfangreiche praktische Sicherheitsprüfung nach Spielzeugnorm bestanden fast alle Spielbälle im Test mit Bestnoten – mit einer Ausnahme. Schon im Auslieferungszustand war beim betroffenen Produkt etwas Füllmaterial zugänglich, das Kleinkinder herausziehen und verschlucken könnten. Damit verstößt das Produkt gegen die speziellen Normanforderungen für Spielzeug für Kinder unter 36 Monaten.

Problemstoffe in Spielbällen für Kinder im Test

Was ist noch aufgefallen?

  • In zwei Plastik-Spielbällen für Kinder wurden erhebliche Mengen an Phthalaten nachgewiesen, dabei stecken in einem dieser Produkte weit mehr als 1.000 mg/kg des Phthalats DINP. Dieser Weichmacher ist in Spielzeug und Babyartikeln, die dazu geeignet sind, von Kindern in den Mund genommen zu werden, in Konzentrationen von mehr als 0,1 Massenprozent verboten.
  • In acht der neun Plastikbälle im Test befinden sich Ersatzweichmacher. Diese machen in den meisten betroffenen Produkten über die Hälfte des Ballgesamtgewichts aus. Auch Ersatzweichmacher können aus dem Material entweichen und gelangen in den menschlichen Körper. Ob Ersatzweichmacher keinerlei Risiko für die Gesundheit darstellen, ist ohne Langzeitstudien kaum seriös einzuschätzen. Für den Verbraucher bedeutet das viel zu viel Unsicherheit.
  • In sieben Bällen aus Plastik wurden PAK-Verbindungen in "erhöhten" oder sogar "stark erhöhten" Mengen nachgewiesen.
  • In fünf Bällen ist das von uns beauftragte Labor auf das Element Antimon gestoßen, das sich über den Schweiß aus den Produkten lösen und möglicherweise die Haut reizen kann. In zwei anderen Produkten stecken wiederum giftige zinnorganische Verbindungen.

Diesen Test haben wir zuletzt im ÖKO-TEST Ratgeber Kleinkinder für 2015 veröffentlicht. Aktualisierung der Testergebnisse/Angaben für das Jahrbuch Kleinkinder für 2016, sofern die Anbieter Produktänderungen mitgeteilt haben oder sich aufgrund neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse die Bewertung von Mängeln geändert oder wir neue/zusätzliche Untersuchungen durchgeführt haben.

Weiterlesen auf oekotest.de:

Wir haben diese Produkte für Sie getestet

Testverfahren

Der Einkauf: Eingekauft haben wir 18 Spielbälle für Kinder. Die Preise reichen von 1,49 Euro bis 27,90 Euro, die Materialien von Vinyl bis Baumwolle aus kontrolliert biologischem Anbau.

Die Inhaltsstoffe: In verschiedenen Laboren wurden die Bälle, je nach ihrer Zusammensetzung auf verbreitete problematische und umstrittene Inhaltsstoffe wie Antimon, optische Aufheller, PAK, chlorierte, zinnorganische und halogenorganische Verbindungen analysiert.

Die Praxisprüfung: Hier wurden die Spielbälle den Tests der Spielzeugnorm EN 71-1 unterzogen: Lösen sich Kleinteile? Sind die Produkte, wie gesetzlich vorgeschrieben, gekennzeichnet?

Die Bewertung: Für uns sind die Inhaltsstoffe genauso wichtig wie die Praxisprüfung. "Sehr gute" Bälle müssen daher in beiden Teilbereichen "sehr gut" sein. Unsere Maßstäbe sind manchmal strenger als die gesetzlichen Vorgaben. Beispiel: Der bedenkliche Phthalat-Weichmacher DINP ist zwar in Spielzeug und Babyartikeln, die dazu geeignet sind, von Kindern in den Mund genommen zu werden, gesetzlich reglementiert. Bälle fallen aber ab einer bestimmten Größe nicht darunter, obwohl sie natürlich oft von Kleinkindern belutscht werden. Auch durch die anderen festgestellten Schadstoffgehalte werden wohl keine Gesetze gebrochen – aber Kinder unnötig belastet.

Bewertunglegende

Bewertung Testergebnis Praxisprüfung: Unter dem Testergebnis Praxisprüfung führt zur Abwertung um vier Noten: Füllmaterial ist im Auslieferungszustand zugänglich und kann abgerissen werden; Ball laut ÖKO-TEST geeignet für Kinder unter 36 Monaten. Zur Abwertung um zwei Noten führt: Aufdrucke färben stark ab.

Bewertung Testergebnis Inhaltsstoffe: Unter dem Testergebnis Inhaltsstoffe führen zur Abwertung um jeweils vier Noten: a)  ein Gehalt von mehr als 1.000 mg/kg DPHP (hier: im Hudora Fußball Gr. 0, schwarz-silber) oder des in Babyartikeln und Kinderspielzeug, die von Kindern in den Mund genommen werden können, verbotenen Phthalates DINP (hier: im Haba Ball Punkti, rot); b) ein stark erhöhter Gehalt an polyzyklischen aromatischen Kohlenwasserstoffen (PAK) von mehr als 200 μg/kg einer PAK-Einzelverbindung.

Zur Abwertung um jeweils zwei Noten führen: a) ein Gehalt von mehr als 100 bis 1.000 μg/kg der zinnorganischen Verbindungen Dibutylzinn oder Dioktylzinn; b) ein erhöhter Gehalt von mehr als 100 bis 200 μg/kg einer PAK-Einzelverbindung.

Zur Abwertung um jeweils eine Note führen: a) mehr als 1.000 mg/kg Ersatzweichmacher (DiNCH, DEHT, TXIB, Diethylhexyladipat, Acetyltributylcitrat, Diethylenglycoldibenzoat, Dipropylenglycoldibenzoat), sofern nicht bereits wegen Phthalaten abgewertet wurde; b) PVC/PVDC/ chlorierte Verbindungen im Produkt; c) halogenorganische Verbindungen; d)  mehr als 1  mg/kg Antimon; e) optische Aufheller; f)  mehr als 10 mg/kg phosphor organische Verbindungen.

Das Gesamturteil beruht auf dem Testergebnis Inhaltsstoffe und auf dem Testergebnis Praxisprüfung. Es kann nicht besser sein als das schlechteste Einzelergebnis.

Testmethoden

Inhaltsstoffe: Untersucht wurden repräsentative Mischproben, wenn nicht anders aufgeführt. Halogenorganische Verbindungen (in Stoffbällen): Probe wird mit Reinstwasser in der Soxhlet-Apparatur eluiert, Binden der organischen Halogene an Aktivkohle, Verbrennung der Aktivkohle im Sauerstoffstrom, microcoulometrische Bestimmung des Halogengehalts. Phthalate, weitere Weichmacher und phosphororganische Verbindungen (in Plastikbällen): GC/MS nach Extraktion und Derivatisierung. Antimon im Eluat (in Stoffbällen mit Füllung Mischproben mit jeweils 50 % Hülle und 50 % Füllung): Elution von Schwermetallen mittels saurer Schweißlösung, Elementbestimmung mittels ICP-MS. PVC/PVDC/chlorierte Verbindungen (in Plastikbällen): Röntgenfluoreszenzanalyse. Aromatische Amine (in Stoffbällen): Analytik entsprechend § 64 LFGB 82.02-2, Prüfung mit und ohne vorherige Extraktion DIN EN 14362-1 (Januar 2013). Analytik entsprechend § 64 LFGB 82.02-3, Prüfung nach DIN ISO/TS17234 für Leder. Bei Hinweisen auf 4-Aminoazobenzol zusätzliche Prüfung entsprechend § 64 LFGB 82.02-15 DIN EN 14362-3 (September 2012). GC/MS, Dünnschichtchromatografie. Bestimmungsgrenze 5 mg/kg. Zusätzliche Prüfung auf Anilin und Xylidine. Allergisierende Dispersionsfarbstoffe (in Stoffbällen): Analytik entsprechend § 64 LFGB 82.02-10 Norm DIN 54231 (November 2005); Dünnschichtchromatografie, HPLC mit DAD (UV-/Vis-Detector). Optische Aufheller: UV-Licht (qualitativ). Nonylphenolethoxylate, qualitativ (in Stoffbällen): LC-MS/MS nach Extraktion, bei Positivbefund: HPLC-FLD-Messung. Polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe (PAK; in Plastikbällen): GC-MSD, getestet auf 25 PAK nach EU/EPA/JECFA. Elemente: Röntgenfluoreszenzanalyse (in Plastikbällen). Zinnorganische Verbindungen (in Plastikbällen): NaDDTC, EtOH, Hexan, NaBEt4, GC-AED. Praxistest: Sicherheit von Spielzeug: nach Spielzeugnorm DIN EN 71-1, mechanische und physikalische Tests, mechanische und physikalische Eigenschaften sowie nach DIN EN 71-2 mechanische und physikalische Tests, Entflammbarkeit. Speichel- und Schweißechtheit: nach DIN 53160-1,2 Speichel-/Schweißechtheit; die Bewertung der Echtheitsprüfungen erfolgt unter den in der Norm festgelegten Bedingungen mittels Graumaßstab (Lichtechtheit mittels Blaumaßstab), wobei Note 5 die beste Note darstellt und Note 1 die schlechteste.

Einkauf der Testprodukte: November und Dezember 2014.

Diesen Test haben wir zuletzt im ÖKO-TEST Ratgeber Kleinkinder für 2015 veröffentlicht. Aktualisierung der Testergebnisse/Angaben für das Jahrbuch Kleinkinder für 2016, sofern die Anbieter Produktänderungen mitgeteilt haben oder sich aufgrund neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse die Bewertung von Mängeln geändert oder wir neue/zusätzliche Untersuchungen durchgeführt haben.

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