Mittel gegen Durchfall im Test: Viele Präparate überzeugen

Handbuch Gesundheit | Autor: Jürgen Steinert | Kategorie: Gesundheit und Medikamente | 15.06.2012

Mittel gegen Durchfall im Test: Wir haben 29 Produkte getestet.
Foto: bigshot01/Shutterstock

Durchfallmittel gehören zu den Standardpräparaten in der Hausapotheke. Doch längst nicht alle sind sinnvoll. Wir haben 29 Mittel gegen Durchfall getestet. Immerhin: Gut die Hälfte können wir Erwachsenen und Kindern für den Notfall empfehlen.

Aktualisiert am 5.6.2012 | Über Durchfall spricht man nicht. Und das, obgleich sich zirka 30 Prozent der Deutschen einmal im Jahr damit herumplagen. Die Weltgesundheitsorganisation WHO definiert drei und mehr weiche oder wässrige Stühle innerhalb von 24 Stunden als Diarrhö.

Die Ursachen sind vielfältig: Stress, Angst, größere Mengen Alkohol, Milch- und Fruchtzucker können den Darm auf Trab bringen. Häufiger jedoch lassen uns Bakterien oder Viren zum Klo rennen. Gerade auf Reisen sind verunreinigte Lebensmittel oft der Auslöser. Der Körper will diese Störenfriede möglichst schnell wieder loswerden und schaltet auf Durchfall.

Meist hört der Spuk nach drei bis vier Tagen von allein wieder auf. Viele Durchfälle müssten also gar nicht behandelt werden. Es genügt, wenn der Patient sich schont und reichlich trinkt, um den Verlust von Wasser und wichtigen Salzen, den Elektrolyten, auszugleichen.

Durchfall kann bei Säuglingen und Kleinkindern gefährlich sein

Bei Säuglingen und Kleinkindern sind Durchfälle besonders häufig. Zum einen muss ihre Darmflora lernen, sich auf neue Nahrung einzustellen. Zum anderen können auch Infektionen mit Viren, vor allem Rotaviren, schuld sein. Wegen des hohen Flüssigkeitsverlusts können Durchfallepisoden gefährlich für die Kleinen werden.

Ab einem Gewichtsverlust von fünf Prozent des Körpergewichts sind sie innerlich schon so weit ausgetrocknet, dass sie müde und apathisch werden, zu Krampfanfällen neigen und ins Koma fallen können. Der Ausgleich der verloren gegangenen Flüssigkeit ist für sie also besonders wichtig und vordringlich.

Um die Krankheit nicht aussitzen zu müssen, bieten die Apotheken eine große Palette an Medikamenten an, die den Durchfall bekämpfen oder zumindest verkürzen sollen.

Mittel gegen Durchfall im Test: Viele Präparate überzeugen

Im ÖKO-TEST: 29 Mittel, die bei Durchfall Abhilfe versprechen, und zwei Elektrolytmischungen zum Ausgleich eines Flüssigkeitsverlusts bei Diarrhö. Das Testergebnis ist passabel. Mehr als die Hälfte der Produkte schneidet mit "gut" oder "sehr gut" ab.

Viele Durchfallmittel im Test enthalten Loperamid

Was ist in diesem Test aufgefallen? Die beiden Elektrolytmischungen eignen sich bestens für den Elektrolyt- und Flüssigkeitsausgleich bei Durchfallerkrankungen. Aber: Sie beeinflussen nicht die Dauer eines Durchfalls.

Jedes dritte Präparat im Test enthält Loperamidhydrochlorid, kurz Loperamid. Dieser Wirkstoff wird zur Behandlung akuter Durchfälle bei Erwachsenen und Kindern ab zwölf Jahren eingesetzt. Er hemmt die Darmbewegungen und hat daher einen stopfenden Effekt. Die Wirksamkeit ist in Studien belegt. Säuglinge und Kleinkinder dürfen wegen der Gefahr einer Atemlähmung aber auf keinen Fall mit Loperamid behandelt werden.

Trockenhefen können bei Durchfall helfen

Ebenfalls sehr gut in Studien belegt ist die Wirksamkeit der Trockenhefe aus Saccharomyces cerevisiae Hansen CBS 5926 (Saccharomyces boulardii) und von Lactobacillus rhamnosus GG. Sie können die Dauer eines Durchfalls etwas verkürzen und stören die Vermehrung schädlicher Keime im Darm. Auch die Wirksamkeit der Diarrhoesan, Flüssigkeit, einer Kombination aus Pektin und einem Fluidextrakt aus Kamillenblüten, ist inzwischen sehr gut belegt.

Die Bakterienkultur mit Escherichia coli Stamm Nissle 1917 verkürzt nachgewiesenermaßen die Dauer eines akuten oder chronischen Durchfalls. Damit ist die Wirksamkeit für das Anwendungsgebiet Durchfall belegt. Allerdings beansprucht das Präparat auch die Steigerung von körpereigenen Abwehrkräften bei Früh- und Reifgeborenen. Da aber für diese Indikation Wirksamkeitsbelege fehlen, stufen wir die Wirksamkeit insgesamt als nur teilweise belegt ein.

Wirksamkeit bei manchen Mitteln nicht belegt

Medizinische Kohle soll Bakterien und Gifte binden und so die Durchfallerscheinungen bessern. Dies ist für ein Durchfallmittel im Test durch eine Studie belegt. Allerdings fehlt bislang eine zweite Studie, die diese Ergebnisse bestätigt, sodass das Mittel in der pharmakologischen Bewertung nur mit "gut" abschneidet. Da die Wirksamkeit der Kohle stark herstellungsabhängig ist, lässt sich das Ergebnis nicht ohne Weiteres auf andere Produkte übertragen.

Bislang nur "wenig überzeugend" sind die Wirksamkeitsnachweise für Stoffwechselprodukte von Lactobacillus helveticus, Lyophilisate aus verschiedenen Lactobacillen und Bifidobakterien, Tannin-Eiweiß, Tanninalbuminat, dioktaedrischen Smektit (ein Tonerdemineral) sowie Extrakte aus der Uzarawurzel. Die Wirksamkeit des traditionellen Arzneimittels Aplona (Wirkstoff: getrocknetes Apfelpulver) ist nicht durch belastbare Daten aus publizierten klinischen Studien abgesichert.

Die Einnahme eines Desinfektionsmittels wie Ethacridinlactat-Monohydrat bei Durchfallerkrankungen gilt als überholt. Darüber hinaus kann die Substanz Allergien hervorrufen.

Diesen Test haben wir zuletzt ÖKO-TEST Jahrbuch Kleinkinder für 2012 veröffentlicht. Aktualisierung der Testergebnisse/Angaben für das Handbuch Gesundheit 2012 sofern die Anbieter Produktänderungen mitgeteilt haben oder sich aufgrund neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse die Bewertung von Mängeln geändert oder wir neue/zusätzliche Untersuchungen durchgeführt haben.

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Testverfahren

Bewertungslegende

Bewertung Testergebnis Pharmakologische Begutachtung: Unter dem Testergebnis Pharmakologische Begutachtung führen zur Abwertung um vier Noten: a) eine nicht nachgewiesene Wirksamkeit; b) Ethacridinlactat-Monohydrat. Zur Abwertung um drei Noten führen: wenig überzeugende Wirksamkeitsbelege.

Zur Abwertung um jeweils zwei Noten führen: a) eine nicht sinnvolle Kombination von Wirkstoffen; b) eine nur teilweise belegte Wirksamkeit. Zur Abwertung um jeweils eine Note führen: a) eine bislang nur anhand einer Studie belegte ("gute") Wirksamkeit; b) Deklarationsmangel: fehlender Hinweis auf ausreichende Flüssigkeitszufuhr bei Säuglingen und Kleinkindern.

Bewertung Testergebnis Hilfsstoffe: Unter dem Testergebnis Hilfsstoffe führen zur Abwertung um zwei Noten: a) 1 Vol.-% oder mehr Alkohol bei Medikamenten für Kinder; b) der halogenorganische Farbstoff Erythrosin (E 127). Zur Abwertung um eine Note führen: die Farbstoffe Chinolingelb (E 104) und/ oder Gelborange S (E 110).

Bewertung Testergebnis Sonstige Mängel: Unter dem Testergebnis Sonstige Mängel führt zur Abwertung um eine Note: PVC/PVDC/chlorierte Kunststoffe in der Verpackung.

Das Gesamturteil beruht auf dem Testergebnis Pharmakologische Begutachtung und dem Testergebnis Hilfsstoffe. Es kann nicht besser sein als das schlechteste Einzelergebnis. Ein Testergebnis Sonstige Mängel, das "befriedigend" ist, verschlechtert das Testergebnis Hilfsstoffe um eine Note.

Preisberechnung: basiert auf kleinstem Produktangebot und der mittleren Tagesdosis für Erwachsene.

Testmethoden

Wirkstoffe/Beipackzettel: Pharmakologische Begutachtung. PVC/PVDC/chlorierte Kunststoffe: Röntgenfluoreszenzanalyse.

Einkauf der Testprodukte: Februar 2008.

Diesen Test haben wir zuletzt ÖKO-TEST Jahrbuch Kleinkinder für 2012 veröffentlicht. Aktualisierung der Testergebnisse/Angaben für das Handbuch Gesundheit 2012 sofern die Anbieter Produktänderungen mitgeteilt haben oder sich aufgrund neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse die Bewertung von Mängeln geändert oder wir neue/zusätzliche Untersuchungen durchgeführt haben.

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