Schuld an der Beliebheit von Omega-3-Fettsäuren sind die arktischen Völker. Bereits in den frühen 70er-Jahren hatten dänische Forscher festgestellt, dass in Grönland lebende Inuit seltener an Herzinfarkt als eine vergleichbare Gruppe Dänen erkrankten. Verantwortlich für die vorbeugende Wirkung machten sie den reichlichen Verzehr von fettreichen Meeresfischen und deren hohen Anteil an Omega-3-Fettsäuren- Eicosapentaensäure (EPA) und Docosahexaensäure (DHA).
Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) hält den Zusammenhang zwischen dem Verzehr von DHA und EPA und einer vorbeugenden Wirkung vor Herz- und Gefäßerkrankungen für bewiesen. Wirksam ist demnach die Aufnahme von 250 Milligramm DHA und EPA pro Tag.
Keine offizielle Empfehlung für Omega-3-Fettsäuren
Doch so eindeutig ist die Sache nicht: Eine Auswertung von knapp 90 Studien hat ergeben, dass es keinen klaren wissenschaftlichen Beweis dafür gibt, dass Omega-3-Fettsäuren aus Nahrung oder Nahrungsergänzungsmitteln die Zahl der Erkrankungen von Herz und Gefäßen senken. Und Forscher aus Südkorea vermochten, nachdem sie Daten von 20.000 Studienteilnehmern mit Herzproblemen ausgewertet hatten, Fischölkapseln keine Schutzwirkung zusprechen.
Laut Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) gibt es in Deutschland keine offizielle Empfehlung für eine Nahrungsergänzung mit Omega-3-Fettsäuren. Gesunde Menschen brauchen also nicht zusätzlich Fischölkonzentrate einzunehmen.
Ein Mangel an Omega-3-Fettsäuren ist sehr selten, da das Fettgewebe des gesunden Erwachsenen diese speichern kann. Allenfalls bei chronischen Fettverdauungsstörungen oder bei fettfreier künstlicher Ernährung ist ein Mangel möglich. Für Patienten, die bereits an Herzerkrankungen leiden oder bei denen bestimmte Blutfette - die Triglyceride - erhöht sind, kann eine Behandlung mit Omega-3-Fettsäure-haltigen Arzneimitteln unter ärztlicher Kontrolle angebracht sein.
Gesunden Menschen rät das BfR sogar davon ab, Omega-3-Fettsäuren in hohen Dosen zu konsumieren, denn ab einer Aufnahme von 700 Milligramm EPA und DHA pro Tag steige der Cholesterinspiegel. Außerdem schädigen die Stoffe bei älteren Menschen die Immunabwehr. Und schließlich gibt es Hinweise auf eine erhöhte Blutungsneigung durch hohe Dosen EPA und DHA.
Im ÖKO-TEST: 25 Blutfettsenker (Triglyceridsenker), davon drei Medikamente mit Fischöl. Ein weiteres Arzneimittel mit Phospholipiden aus Sojabohnen soll gegen einen leicht erhöhten Cholesterinspiegel im Blut wirken. Die Mehrzahl der 21 Nahrungsergänzungsmittel enthält Fischöle mit den Omega-3-Fettsäuren EPA und DHA. In den pflanzlichen Präparaten steckt Alpha-Linolensäure aus Leinöl- oder Perillaöl.
Das Testergebnis: So schneiden die Blutfettsenker ab
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Nahrungsergänzungsmittel fallen durch: Keines kommt über ein "Befriedigend" hinaus. Deutlich besser schneiden die Arzneimittel ab.
- Dem Gesunden nützen die Omega-3-Kapseln nichts. Ob Fisch-, Lein- oder Perillaöl: Eine zusätzliche Aufnahme der Omega-3-Fettsäuren DHA, EPA und Alpha-Linolensäure mit Nahrungsergänzungsmitteln ist für gesunde Menschen unnötig. Und auch Schwangere und Stillende, denen die DGE zu einer Zufuhr von mindestens 200 Milligramm DHA pro Tag rät, sind nicht auf die Kapseln angewiesen. Ein bis zwei Seefischmahlzeiten pro Woche liefern genug DHA.
- Keine ökologische Alternative zur Fischmahlzeit: Die Überfischung der Weltmeere nimmt nicht ab. Im Gegenteil: Auch das Futter der Zuchtlachse in den Aquakulturen der norwegischen Fjorde oder in den Netzkäfigen vor der Küste Chiles besteht zum großen Teil aus Fischmehl und -öl. Da das keine ökologische Alternative zu den wünschenswerten ein bis zwei Fischmahlzeiten pro Woche ist, werten wir Nahrungsergänzungsmittel ab, die Fischöl enthalten. In den wirksamen Arzneimitteln mit ihrem klar umrissenen Anwendungsgebiet kritisieren wir den Einsatz von Fischöl nicht.
- Ohne Vitamin E wird's ranzig: Öl mit einem sehr hohen Anteil an mehrfach ungesättigten Fettsäuren ist besonders oxidationsanfällig. Vitamin E schützt vor dem schädlichen Einfluss des Sauerstoffs. Im Körper werden die mehrfach ungesättigten Fettsäuren in Zellmembranen eingebaut und auch hier bedürfen sie eines Schutzes vor Oxidation. Ein Mehr an mehrfach ungesättigten Fettsäuren in der Nahrung sollte daher mit einem Mehr an Antioxidantien wie Vitamin E einhergehen. Deshalb sollten Omega-3-Präparate Vitamin E enthalten. Zwei Produkten fehlt dieser Oxidationsschutz.
- "Frei" formuliert oder schlicht falsch: Etliche Narungsergänzungsmittel fallen mit fragwürdigen Auslobungen auf ihren Verpackungen negativ auf. Formulierungen wie "herzgesunde Ernährung", "gesundes Herzkreislaufsystem" oder in Bezug auf DHA/EPA "Regulierung des Cholesterinspiegels" zielen auf die Gesundheit oder die Gesunderhaltung von Organen oder -funktionen. Viele gesundheitsbezogene Angaben sind nicht durch wissenschaftliche Stellungnahmen der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit gedeckt.
- Wirksamkeit nicht belegt: Das pflanzliche Arzneimittel Lipopharm enthält Phospholipide aus Sojabohnen und soll gegen leicht erhöhte Cholesterinwerte wirken. Allerdings fehlen belastbare, klinische Daten für das Produkt. Außerdem liegt keine Empfehlung einer medizinisch-internistischen Fachgesellschaft vor, die den Einsatz von Sojabohnenphospholipiden zur Therapie von Fettstoffwechselstörungen rechtfertigen würde. Die drei Arzneimittel mit Fischöl hingegen eignen sich zur Senkung stark erhöhter Triglyceridspiegel. Eingenommen werden sollten sie zusätzlich nur, wenn Diät allein den Blutfettspiegel nicht ausreichend senkt.
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