Spieluhren im Test: Fünf fallen durch

Jahrbuch Kleinkinder 2017 | Autor: Kai Thomas | Kategorie: Kinder und Familie | 19.01.2017

Die Hälfte der Spieluhren in unserem Test ist empfehlenswert.
Foto: Ermolaev Alexander/Shutterstock

Während sie ihnen lauschen, kuscheln und knutschen Kinder ihre Spieluhren. Allerdings weisen viele getestete Einschlafhilfen Sicherheitsmängel auf. Fünf Uhren erhalten das schlechteste Testurteil. Doch es gibt Alternativen: Jeweils vier Spieluhren sind "sehr gut" und "gut".

Die ersten knuffigen Stofffreunde sind oft Spieluhren. Am Gitter befestigt oder direkt im Bettchen begleiten sie die Jüngsten mitunter jeden Abend in den Schlaf.

ÖKO-TEST hat nachgeforscht, wie sicher Spieluhren derzeit sind. Wir haben 19 einem intensiven Praxistest unterziehen und auf Schadstoffe checken lassen.

Spieluhren im Test: So lautet das Testergebnis

  • Vier Spieluhren erhalten die Bestnote. Weitere vier der flauschigen Einschlafhilfen schneiden mit "gut", vier noch mit "befriedigend" ab. Fünf Uhren fallen mit "ungenügend" durch.


  • Bei den schlechtesten Uhren rissen im Praxislabor während der Zugprüfung Stoffe und Nähte ein. Unter leichter Kraftanwendung wird so die Faserfüllung zugänglich. Kinder könnten etwas davon herauspulen und sich in den Mund stopfen. Ein klarer Verstoß gegen die Spielzeugnorm EN 71. Diese Spieluhren hätten so nicht verkauft werden dürfen. Sie sind nach unserer Meinung nicht verkehrsfähig.


    • Nach Auskunft des Deutschen Instituts für Normung (DIN) ist die heutige kritische Betrachtung faserartigen Füllmaterials seit 2011 Teil der Norm, nachdem es in Frankreich einen dokumentierten Todesfall gegeben hatte. Für die Beurteilung der möglichen Risiken durch die Spieluhren aus unserem Test sind die Landesuntersuchungsämter zuständig. Unabhängig davon wissen ÖKO-TEST-Leser aber schon einmal, dass sie die schlecht verarbeiteten Produkte für Babys nicht zu kaufen brauchen.


    • Unseren vergangenen Spieluhrentest aus dem Jahr 2009 betitelten wir mit "Ruhe bitte!" Nicht ohne Grund. Fünf Spieluhren dudelten damals lauter, als es die Spielzeugnorm erlaubt. Seitdem haben die Anbieter offenbar dazugelernt. Diesmal tönte keines der eingenähten Spielwerke über dem gesetzlichen Schalldruckgrenzwert. Er liegt derzeit für sogenanntes ohrnahes Spielzeug bei 60 Dezibel, gemessen auf einen halben Meter Abstand. Leise sind die meisten Dudeltiere damit trotzdem nicht. 17 Uhren schallten mit Werten zwischen 50 und 60 Dezibel etwas lauter als ein normales Gespräch. Wir haben die Lautstärke deshalb sicherheitshalber auch in Ohrnähe nachmessen lassen. Auch auf 2,5-Zentimeter-Abstand spielte keine Uhr so laut, dass Kinderohren Schaden nehmen könnten.
    • Kleinkinder gehen mit ihren Spieluhren oft innige Beziehungen ein. Mit den flauschigen Freunden wird intensiv gekuschelt, dabei auch mal kräftig hineingebissen. Ihr textiles Gewebe sollte daher nicht krank machen. Ganz auszuschließen ist das bei vielen der getesteten Spieluhren leider nicht. Im Plüsch von drei Produkten wies das von uns beauftragte Labor das hautreizende Halbmetall Antimon nach. Gelangt es ins Blut, wirkt es giftig. 13 Anbieter bringen die Weißanteile in den vernähten Textilien mit optischen Aufhellern zum Strahlen. Sie werden in der Natur kaum abgebaut und belasten dort Böden, Pflanzen und Tiere. Über den Schweiß gelangen sie auf die Haut und können dann im Sonnenlicht für Rötungen sorgen.


    • Völlig unnötig ist zudem das bromierte Flammschutzmittel Decabromdiphenylether in den Spielwerken von zwei Spieluhren. Die EU verbietet es seit 2008 in Elektro- und Elektronikgeräten ab mehr als 1.000 Miligramm pro Kilogramm. Auch in Spieluhren für Kleinkinder hat es aus unserer Sicht nichts zu suchen - selbst wenn die nachgewiesenen Gehalte in den beiden Testprodukten deutlich unter dem gesetzlichen Grenzwert liegen. In den geschlossenen Gehäusen gefährdet Decabromdiphenylether zwar nicht die Gesundheit. Doch spätestens wenn die Dudeltiere eines Tages im Müll landen, werden sie so zum Umweltproblem.

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    Wir haben diese Produkte für Sie getestet

    Testverfahren

    Der Einkauf: Fisch, Frosch, Hase und Co.: Wir haben 19 Spieluhren für Kleinkinder eingekauft. Die billigste für 6,99 Euro, die teuerste für 39,90. Unterwegs waren unsere Einkäufer dafür unter anderem in Kaufhäusern, Onlineshops, Drogerien sowie im Spielzeugfachhandel. Der Test umfasst sowohl Plüschspieluhren bekannter Marken als auch preiswerte Ware.

    Die Inhaltsstoffe: Spieluhren sind so liebevoll gestaltet, dass der Nachwuchs kaum von ihnen lassen kann. Wir wollten deshalb wissen, ob sie voller Schadstoffe stecken. Die von uns beauftragten Labore fahndeten nach krebserregenden Farbstoffen, PVC/PVDC/chlorierten Verbindungen, hautreizendem Antimon sowie optischen Aufhellern. Auch auf der Checkliste der Labore: verbotene Weichmacher, umweltschädliche bromierte Flammschutzmittel in den mechanischen Spielwerken sowie halogenorganische Verbindungen, von denen einige Allergien und Krebs verursachen können.

    Praxistest: Spieluhren fallen unter die europäische Spielzeugnorm EN 71. Sie legt genau definierte Tests fest, die Spielwaren bestehen müssen. Zentrale Frage daher: Halten die Uhren die EU-Vorgaben ein? Reißen die Nähte, wenn das Kuscheltier gedrückt, geschlagen, gedreht und gezogen wird? Möglicherweise lösen sich dabei Kleinteile, die Kinder verschlucken können. Kritisch sind auch zu lange Fäden oder Schnüre, von denen eine Strangulationsgefahr ausgeht. Wir haben ebenfalls nachmessen lassen, ob die eingesetzten Spielwerke lauter als erlaubt tönen. Sicher sind Kuscheltiere zudem nur dann, wenn sie nicht leicht entflammbar sind. Ferner ließen wir prüfen, ob die verarbeiteten Gewebe in Speichel- und Schweißsimulanzien abfärben.

    Die Bewertung: Geht es um die Gesundheit von Kleinkindern, gibt es keine Kompromisse. Sowohl im Praxistest als auch bei den Inhaltsstoffen legen wir die Messlatte deshalb teils höher als geltendes Recht. Für die Bestnote müssen die Spieluhren unseren hohen Ansprüchen in beiden Kategorien gleichermaßen genügen.

    Bewertungslegende

    Unter dem Testergebnis Praxisprüfung führen zur Abwertung um fünf Noten: nach Zugprüfung entsteht Nahtöffnung, Füllung zugänglich. Zur Abwertung um vier Noten führt: Etikett und/oder Ähnliches reißt beim Zugversuch ab und ist verschluckbar. Zur Abwertung um eine Note führt: eine Speichel- und Schweißechtheit von Note 4 und schlechter (in der Tabelle "nein") auf der Skala Note 5 (beste Note) bis Note 1 (schlechteste Note).

    Unter dem Testergebnis Inhaltsstoffe führen zur Abwertung um jeweils eine Note: a) mehr als 1 mg/kg Antimon im Eluat; b) optische Aufheller mit Hautkontakt; c) halogenorganische Verbindungen. Unter dem Testergebnis Weitere Mängel führt zur Abwertung um zwei Noten: polybromierte Flammschutzmittel (hier: Decabromdiphenylether). Zur Abwertung um eine Note führt: optische Aufheller ohne Hautkontakt am Produkt, sofern nicht schon optische Aufheller bei den Inhaltsstoffen abgewertet wurden. Das Gesamturteil beruht auf den Testergebnissen Praxisprüfung und Inhaltsstoffe. Es kann nicht besser sein als das schlechteste dieser beiden Einzelergebnisse.

    Ein Testergebnis Weitere Mängel, das "befriedigend" ist, verschlechtert das Testergebnis Inhaltsstoffe um eine Note.

    Testmethoden

    Inhaltsstoffe (je nach Zusammensetzung der Produkte): Aromatische Amine: Prüfung von qualifizierter Mischprobe nach § 64 LFGB 82.02-2. Prüfung mit und ohne vorherige Extraktion DIN EN 14362-1 (Januar 2013). Bei Hinweisen auf 4-Aminoazobenzol zusätzliche Prüfung entsprechend § 64 LFGB 82.02-15 DIN EN 14362-3 (Sept. 2012). Bestimmungsgrenze 5 mg/kg. GC/MS, Dünnschichtchromatografie. Zusätzliche Prüfung auf Anilin und Xylidine. Allergisierende Dispersionsfarbstoffe: nach § 64 LFGB 82.02-10 Norm DIN 54231 (Nov. 2005). Dünnschichtchromatografie, HPLC mit DAD (UV/Vis-Detector). Halogenorganische Verbindungen: Elution mit Reinstwasser in der Soxhlet-Apparatur, Binden der organischen Halogene an Aktivkohle, Verbrennung der Aktivkohle im Sauerstoffstrom, microcoulometrische Bestimmung des Halogengehalts. Antimikrobiell wirksame Substanzen, Phthalate, Ersatzweichmacher, Insektizide, phenolische Verbindungen: GC/MS nach Extraktion und Derivatisierung. Optische Aufheller: qualitativer Nachweis (UV-Licht). Elemente: Elution mittels saurer Schweißlösung, Bestimmung mittels ICP-MS. PVC/PVDC/chlorierte Verbindungen: Röntgenfluoreszenzanalyse. Praxistest nach DIN EN 71: Teil 1 Sicherheit von Spielzeug, mechanische und physikalische Tests (auch Etiketten in Anlehnung an DIN EN 71-1) sowie Teil 2 Entflammbarkeit, mechanische und physikalische Tests. Speichel-/Schweißechtheit: Nach DIN 53160-1,2: 2010-10, LFBG § 64, B82.10-1,2, Bewertung unter festgelegten Normbedingungen mittels Graumaßstab (Lichtechtheit mittels Blaumaßstab), wobei Note 5 die beste Note darstellt und Note 1 die schlechteste. Lautstärkemessung des Spielwerks: Ermittlung des A-bewerteten, zeitlich gemittelten Emissions-Schalldruckpegels (LpA) mit 50 Zentimetern Abstand zwischen Mikrofon und Spieluhr (der Messabstand gemäß EN 71-1 für ohrnahes Spielzeug der Expositionskategorie 1 beträgt 50 Zentimeter); Messmikrofon Cirrus Optimus Red CR 161B; 15 Sekunden Messzeit. Polybromierte Flammschutzmittel: GC-MS nach Extraktion.

    Einkauf der Testprodukte: September 2015.

    Tests und deren Ergebnisse sind urheberrechtlich geschützt. Ohne schriftliche Genehmigung des Verlags dürfen keine Nachdrucke, Kopien, Mikrofilme oder Einspielungen in elektronische Medien angefertigt und/oder verbreitet werden.

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