Faire Kosmetik im Test: Mehr als die Hälfte ist "sehr gut"

ÖKO-TEST Jahrbuch für 2019 | | Kategorie: Kosmetik und Mode | 18.10.2018

Faire Kosmetik im Test: Mehr als die Hälfte ist "sehr gut"

Verbraucher wollen mitbestimmen, welchen Einfluss ihr Konsum auf Umwelt, Mensch und Tier hat. Da liegt der Griff zu "fairer Kosmetik" nahe. Unser Test zeigt: Es gibt einige gute Ansätze, aber auch viele offene Fragen.

Aktualisiert am 18.10.2018; Einkauf Testprodukte Jul 2017 | Natürlich, vegan, fair: Das sind Kaufargumente, wenn Verbraucher zu einer besseren Welt beitragen wollen. Naturkosmetik und vegane Kosmetik sind längst feste Größen. Nach fair gehandelten Produkten muss man bisweilen länger suchen.

Das Beispiel des Fairtrade- Siegels zeigt, wie klein die Nische ist: Wurden 2016 rund 416 Millionen Euro Umsatz mit Fairtrade-Kaffee gemacht, waren es bei Kosmetika gerade einmal 530.000 Euro. Man sollte meinen, dass sich da leicht die Spreu vom Weizen trennen lässt. Doch ein Grundsatzproblem macht auch vor der Kosmetik nicht Halt: Der Begriff "fair" ist nicht rechtlich geschützt. Das führt zur Verunsicherung der Verbraucher, die wirklich faire Produkte suchen.

Faire Kosmetik im Test: 19 Produkte im Labor überprüft 

Wir haben die Inhaltsstoffe von 19 Kosmetikprodukten im Labor prüfen lassen. Zusätzlich haben wir den Herstellern einen Fragebogen geschickt und um Nachweise für ihre Auslobungen und Aussagen zum Thema fairer Handel gebeten. Wir haben die Bemühungen der Anbieter um faire Produkte in diesem Test nicht im Gesamturteil bewertet, weil die Ansätze der einzelnen Unternehmen zu unterschiedlich sind.

Die Daten, die sie uns zur Verfügung gestellt haben, lassen aber drei grundsätzliche Herangehensweisen erkennen, mit denen sie das Konzept eines fairen Handels umsetzen wollen. Alle bieten Verbrauchern, die nach fairen Produkten suchen, Vorteile. Aber auch Nachteile.

Viele faire Kosmetikprodukte empfehlenswert 

Das Ergebnis: Alles in allem können sich die Produkte sehen lassen: Von insgesamt 19 schneiden 15 mit einem "sehr guten" Gesamturteil ab. Nur ein Produkt fällt mit "ungenügend" komplett durch, dazu gibt es ein "mangelhaftes" und ein "ausreichendes" Produkt.

Fair ist nicht gleich Naturkosmetik. Ein Kosmetikprodukt im Test enthält den Duftstoff Lilial, der sich in Tierversuchen als fortpflanzungsgefährdend erwiesen hat, und Diethylphthalat, das den Schutzmechanismus der Haut stören kann.

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Zu allem Überfluss hat das Labor auch noch halogenorganische Verbindungen nachgewiesen. Welcher Stoff sich hinter dem Ergebnis verbirgt, lässt sich mit der angewandten Methode zwar nicht sagen. Allerdings handelt es sich bei den halogenorganischen Verbindungen um eine Gruppe von Stoffen, von denen viele als allergieauslösend gelten.

Der Anbieter hat nach unserem Test die Parfümierung geändert. Die Gehalte an Lilial und Diethylphthalat sind geringer, liegen aber immer noch über unseren Abwertungsgrenzen. Die ursprünglich vorhandenen Moschusverbindungen sind aber nicht mehr nachweisbar.

Kritik an problematischen Inhaltsstoffen 

Außerdem kritisieren wir PEG/ PEG-Derivate, die die Haut durchlässiger für Fremdstoffe machen können, und ebenfalls halogenorganische Verbindungen in einem anderen Produkt im Test. Hier lässt sich der Nachweis halogenorganischer Verbindungen auf den deklarierten Inhaltsstoff Chlorphenesin zurückführen, wie auch der Hersteller einräumt. Chlorphenesin gehört zu den Vertretern der Gruppe der halogenorganischen Verbindungen, die als allergieauslösend gelten.

Bei einem weiteren getesteten Kosmetikprodukt monieren wir neben PEG/PEG-Derivaten auch Silikone, die sich nicht so gut ins Hautgleichgewicht einfügen wie natürliche Wachse und Öle.

Diesen Test haben wir zuletzt im ÖKO-TEST Ratgeber Kosmetik 2018 veröffentlicht. Aktualisierung der Testergebnisse/Angaben für das Jahrbuch 2019, sofern die Anbieter Produktänderungen mitgeteilt haben oder sich aufgrund neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse die Bewertung von Mängeln geändert oder wir neue/zusätzliche Untersuchungen durchgeführt haben.

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Wir haben diese Produkte für Sie getestet

Testverfahren

Die Versprechen: Was steckt hinter der versprochenen Fairness? Wir haben die Hersteller gebeten, einen umfangreichen Fragebogen zu beantworten und sie außerdem nach Belegen für ihre Aussagen gefragt. Um die verschiedenen Konzepte zum Thema fairer Handel in der Kosmetik gegenüberzustellen, haben wir die Vor- und Nachteile in Form dreier Gruppenporträts beleuchtet.

Die Inhaltsstoffe: Häufig, aber nicht immer, ist faire Kosmetik gleichzeitig zertifizierte Naturkosmetik. Doch auch das ist nicht zwingend ein Garant für einwandfreie Inhaltsstoffe. Wir wollten es genauer wissen und haben die Produkte in den Laboren auf problematische Duftkomponenten, bedenkliche Konservierungsmittel und andere Substanzen prüfen lassen.

Die Bewertung: Das Gesamturteil ergibt sich aus dem Testergebnis Inhaltsstoffe und möglichen Abzügen durch das Testergebnis Weitere Mängel. Je mehr problematische Stoffe nachgewiesen wurden, desto schlechter das Ergebnis.

Bewertungslegende 

Bewertung Testergebnis Inhaltsstoffe: Unter dem Testergebnis Inhaltsstoffe führen zur Abwertung um jeweils zwei Noten: a) Lilial (Butylphenyl Methylpropional); b) PEG/PEG-Derivate; c) halogenorganische Verbindungen. Zur Abwertung um jeweils eine Note führen: a) mehr als 10 bis 1.000 mg/kg Diethylphthalat; b) mehr als ein Prozent apolare Silikonverbindungen.

Bewertung Testergebnis Weitere Mängel: Unter dem Testergebnis Weitere Mängel führt zur Abwertung um zwei Noten: Vorteil des Antifaltenprodukts gegenüber einem herkömmlichen Pflegeprodukt aus Sicht von ÖKO-TEST nicht belegt. Zur Abwertung um eine Note führt: ein Umkarton, der kein Glas schützt und nicht als einziger Produktschutz dient.

Das Gesamturteil basiert auf dem Testergebnis Inhaltsstoffe. Aus rechtlichen Gründen weisen wir darauf hin, dass wir nicht alle (vom Hersteller versprochenen) Wirkungen der Produkte überprüft haben. Ein Testergebnis Weitere Mängel, das "befriedigend" oder "ausreichend" ist, verschlechtert das Gesamturteil um eine Note.

Testmethoden 

Testmethoden(je nach Zusammensetzung des Produkts): Diethylphthalat, deklara­tionspflichtige Duftstoffe, Moschusverbindungen, Cashmeran: Extraktion mit TBME, GC-MS. Formaldehyd/-abspalter: saure Wasserdampfdestillation, Derivatisierung mit Acetylaceton, Ausschütteln mit n-Butanol, Bestimmung mittels Fotometrie. Halogenorganische Verbindungen: a) Heißwasserextraktion mit anschließender Zentrifugation und Membranfiltration, Binden der organischen Halogene an Aktivkohle, Verbrennung der Aktivkohle im Sauerstoffstrom, microcoulometrische Bestimmung des Halogengehalts; b) Extraktion mit Essigester, Verbrennung des Extrakts im Sauer­stoffstrom, microcoulometrische Bestimmung des Halogengehalts. Nitrosamine: LC-MS/MS und Wasserdampfdestillation, Extraktion mit Dichlormethan, GC-MS/MS. Paraffine/Erdölprodukte/Silikone: NPLC/RI. PVC/PVDC/chlorierte Verbindungen: Röntgenfluoreszenzanalyse.

Einkauf der Testprodukte: Juli 2017 

Diesen Test haben wir zuletzt im ÖKO-TEST Ratgeber Kosmetik 2018 veröffentlicht. Aktualisierung der Testergebnisse/Angaben für das Jahrbuch 2019, sofern die Anbieter Produktänderungen mitgeteilt haben oder sich aufgrund neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse die Bewertung von Mängeln geändert oder wir neue/zusätzliche Untersuchungen durchgeführt haben.

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