Matschhosen im Test: 7 von 13 fallen durch

Jahrbuch Kleinkinder 2018 | Autor: Stephan Kümmel | Kategorie: Kinder und Familie | 18.01.2018

Matschhosen im Test: Wir haben 13 Matschhosen für Kinder getestet.
Foto: JGA/Shutterstock

Matschhosen sparen Zeit und schonen Nerven: Raus aus der Überhose, rein in die gute Stube. Eltern wie auch Erzieherinnen und Erzieher schwören auf das wasserdichte Stück Stoff an Kindesbeinen. Dieses ist aber leider oft mit Schadstoffen belastet, wie unser Test zeigt. Sieben der 13 untersuchten Hosen fallen durch.

Aktualisiert am 8.01.2018 | Geschont werden praktische Textilien wie Regenjacke und Matschhose nicht. Auf dem Spielplatz oder bei Ausflügen in die Natur verbringen die Kleinen viel Zeit auf den Knien. Sie erklimmen Klettergerüste und fallen auch schon mal beim Toben hin.

Dabei kommen die Kinder meistens ordentlich ins Schwitzen was zu Problemen mit Inhaltsstoffen in den Hosen führen kann. Denn gerade wasserdichte Textilien mit Beschichtungen, Membranen und Imprägnierungen sind mit Chemikalien behandelt, die für optimale Materialeigenschaften sorgen sollen, die manchmal aber von der schwitzenden Haut absorbiert werden.

Die Eltern wünschen sich pflegeleichte Hosen, wollen ihre Kinder aber auch nicht in zweibeinige Schadstoffcocktails stecken. Wir haben uns gefragt, wie die Hersteller diesen schmalen Grat meistern. 13 Matschhosen gängiger Anbieter schickten wir entsprechend in die Labore zum Praxistest und zur Prüfung der Inhaltsstoffe

BMS, Kik & Co.: Matschhosen im Test

Das Testergebnis ist ernüchternd: Wir können keine der 13 Matschhosen empfehlen. Viele Produkte schneiden nur mittelmäßig ab, sieben Matschhosen für Kinder fallen mit "ungenügend" oder "mangelhaft" durch. Was sind die Gründe unserer Kritik?

Zwei Matschhosen sind nicht wasserdicht

In erster Linie sollen Matschhosen Kinder vor Wetterkapriolen bewahren. Dafür müssen sie wasserdicht sein. Zwei Matschhosen im Test erfüllen dieses Kriterium selbst im nagelneuen Zustand nicht. Daher bewerten wir sie unabhängig vom Schadstofftest nicht besser als "mangelhaft", denn unserer Ansicht nach haben sie klar das Thema verfehlt.

Labor findet krebserregende Stoffe

Ein anderer Kritikpunkt betrifft polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe, kurz PAK. Dahinter verbirgt sich eine Gruppe von Stoffen, von denen einige als krebserzeugend gelten. Sie können über die Nahrung, die Atemwege und die Haut in den Körper gelangen.

Kinder sind PAK gegenüber besonders stark ausgesetzt. Spuren von PAK haben wir in allen untersuchten Matschhosen gefunden. Eine Regenhose für Kinder hat es unserer Ansicht nach übertrieben. Nicht nur dass darin das als krebserregend eingestufte Chrysen stark erhöht ist, mit Benzo[a]anthracen ist zudem ein weiterer krebserregender PAK erhöht.

Kritik an optischen Aufhellern in den Etiketten

Warum müssen insbesondere Etiketten mittels umweltschädigender optischer Aufheller weiß leuchten? Eine Frage, die ÖKO-TEST seit Jahren stellt und der wir im ÖKO-TEST Magazin 2/2017 einen umfassenden Text gewidmet haben. Wir stellen sie auch diesmal und in Zukunft. Eine befriedigende Antwort gab uns noch kein Hersteller. Wir werten Aufheller in Produkten ab, wenn Hautkontakt besteht. Das betrifft die meisten Matschhosen in diesem Test.

Apropos Etiketten. Fünf Matschhosen ziert das Öko-Tex-Label. Also pochen die Hersteller darauf, dass ihre Hosen geprüft schadstofffrei sind. Wir aber bewerten viele Inhaltsstoffe deutlich strenger: So werten wir etwa Dibutylzinn bereits ab einer Konzentration von 0,1 Milligramm pro Kilogramm (mg/kg) ab, Öko-Tex legt 0,5 mg/kg für sein Label zugrunde – für unseren Anspruch deutlich zu hoch.

Denn bereits sehr kleine Mengen genügen, um das Immun- und Hormonsystem von Tieren und vermutlich auch des Menschen zu beeinträchtigen.

Matschhosen enthalten weniger Problemstoffe als früher

Immerhin zeigt sich, dass sich die Branche bewegt: Im Vergleich zu unserem Matschhosen-Test vor neun Jahren sind die Gehalte an bedenklichen/umstrittenen Inhaltsstoffen zurückgegangen – bei den spezifischen Stoffen und insgesamt. So fanden unsere Tester weder Cadmium oder Blei noch PVC. Phthalatweichmacher spielen ebenfalls keine Rolle mehr. Einige abgewertete Hosen liegen außerdem meist nur knapp über den Grenzen, die ÖKO-TEST im Sinne eines vorbeugenden Verbraucherschutzes festgelegt hat.

Der Vergleich mit von ÖKO-TEST untersuchten Matschhosen des Jahrgangs 2008 zeigt aber auch: Die Materialeigenschaften haben gelitten. Damals waren von 13 Hosen immerhin vier auch nach dem Scheuertest noch wasserundurchlässig, heute keine einzige. Wegen ihrer hohen Schadstoffbelastung waren die dichten Hosen des Jahrgangs 2008 aber trotzdem "ungenügend".

Die Bewertung bleibt somit ein schmaler Grat. Die Branche zeigt deutliche Anzeichen, sich in die richtige Richtung zu bewegen. Der Weg hin zu schadstofffreien, wasserdichten Matschhosen ist noch weit.

Diesen Test haben wir zuletzt im ÖKO-TEST Ratgeber Kleinkinder 2017 veröffentlicht. Aktualisierung der Testergebnisse/Angaben für das Jahrbuch Kleinkinder für 2017 sofern die Anbieter Produktänderungen mitgeteilt haben oder sich aufgrund neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse die Bewertung von Mängeln geändert oder wir neue/zusätzliche Untersuchungen durchgeführt haben.

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Wir haben diese Produkte für Sie getestet

Testverfahren

Der Einkauf: Wir haben 13 Matschhosen gängiger Marken und günstige Produkte der Textildiscounter eingekauft. Gezahlt haben wir zwischen 7,99 Euro und 34,99 Euro für Hosen in den Größen von 98 bis 110, also für schon etwas größere Kleinkinder.

Die Praxisprüfung: Das erste und wichtigste Ziel einer Matschhose ist es, das Kind, das drinsteckt, trocken zu halten. Daher haben wir im Labor prüfen lassen, ob die Hosen wasserdicht sind. Da sie im Alltag stark strapaziert werden, haben wir diesen Test nach einer dreistufigen Scheuerprüfung wiederholen lassen: Den Hauptstoff, die Nähte und die Reflektorstreifen traktierten die Tester streng genormt mit Schmirgelpapier, anschließend schauten sie nach, ob sich die Materialeigenschaften verändert haben.

Die Inhaltsstoffe: Alle Matschhosen sind zum Großteil aus Polyester gefertigt. Das ist für uns ein Grund, auf das Halbmetall Antimon prüfen zu lassen. Halogenorganische, phosphororganische und zinnorganische Verbindungen sehen wir als problematisch an und lassen auch darauf testen. Optische Aufheller, polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe und Formaldehyd runden das Prüfspektrum ab.

Die Bewertung: Maßgeblich für das Gesamturteil ist das Testergebnis Inhaltsstoffe. Praxistests, die "befriedigend" oder "ausreichend" ausfallen, verschlechtern das Gesamturteil um eine Note. Matschhosen, die schon vor dem Scheuertest nicht wasserdicht sind, können am Ende nicht besser sein als "mangelhaft". Denn damit haben sie ganz klar ihren Zweck nicht erfüllt.

Bewertungslegende

Bewertung Testergebnis Praxisprüfung: Unter dem Testergebnis Praxisprüfung führt zur Abwertung um vier Noten: Hosen, die vor und nach dem Scheuertest nicht wasserdicht sind. Zur Abwertung um zwei Noten führt: Hosen, die vor dem Scheuertest, nicht aber danach wasserdicht sind. Mängel, die beim Scheuertest auftreten, werden angemerkt.

Bewertung Testergebnis Inhaltsstoffe: Unter dem Testergebnis Inhaltsstoffe führt zur Abwertung um vier Noten: ein stark erhöhter Gehalt von mehr als 200 μg/kg einer krebserregenden oder krebsverdächtigen Einzelverbindung an polyzyklischen aromatischen Kohlenwasserstoffen (PAK).

Zur Abwertung um jeweils zwei Noten führen: a) ein erhöhter Gehalt von mehr als 200 μg/kg PAK in Summe weiterer, derzeit nicht als krebserregend oder krebsverdächtig eingestufter Einzelverbindungen über 100 μg/kg; b) mehr als 16 mg/kg freies Formaldehyd; c) ein erhöhter Gehalt von mehr als 100 bis 1.000 μg/kg Dibutylzinn (DBT).

Zur Abwertung um jeweils eine Stufe führen: a) optische Aufheller in Etiketten/Namensschildern mit möglichem Hautkontakt; b) mehr als 10 und bis 1.000 mg/kg Triphenylphosphat; c) mehr als 100 mg/kg Chrom; d) halogenorganische Verbindungen; e) mehr als 1 bis 5 mg/ kg Antimon im Eluat.

Das Gesamtergebnis beruht auf dem Testergebnis Inhaltsstoffe. Ein Testergebnis Praxisprüfung, das "befriedigend" oder "ausreichend" ist, verschlechtert das Gesamturteil um eine Note. Hosen, die vor und nach dem Scheuertest nicht wasserdicht sind, werden im Gesamturteil nicht besser bewertet als "mangelhaft"

Testmethoden

Testmethoden (je nach Zusammensetzung der Produkte):
Phthalate, Ersatzweichmacher, phosphororganische Verbindungen sowie weitere Substanzen: GC/MS nach Extraktion und Derivatisierung.
Elemente: Röntgenfluoreszenzanalyse.
Antimon im Eluat von Polyesteranteilen: Elution mittels saurer Schweißlösung. Elementbestimmung mittels ICP-MS.
Lösliches Nickel aus Metallteilen: Elution der Proben mittels saurer Schweißlösung; Elutionsdauer eine Woche; Elementbestimmung mittels ICP-MS.
Halogenorganische Verbindungen: Probe wird mit Reinstwasser in der Soxhlet-Apparatur eluiert. Binden der organischen Halogene an Aktivkohle, Verbrennung der Aktivkohle im Sauerstoffstrom, microcoulometrische Bestimmung des Halogengehalts.
Zinnorganische Verbindungen: NaDDTC, EtOH, Hexan, NaBEt4, GC-AED auf Monobutylzinn (MBT), Dibutylzinn (DBT), Tributylzinn (TBT), Tetrabutylzinn (TTBT), Monoktylzinn (MOT), Dioktylzinn (DOT), Tricyclohexylzinn (TcyT), Triphenylzinn (TPT).
Halogenorganische Verbindungen: Elution mit Reinstwasser in der Soxhlet-Apparatur. Binden der organischen Halogene an Aktivkohle. Verbrennung der Aktivkohle im Sauerstoffstrom. Microcoulometrische Bestimmung des Halogengehalts.
Polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe: GC-MS/MS.
Azo-Farbstoffe: Prüfung auf Amine nach reduktiver Spaltung, Analytik entsprechend § 64 LFGB 82.02-2 (Januar 2013) entspricht DIN EN 14362-1 (April 2012). Bei Hinweisen auf 4-Aminoazobenzol zusätzliche Prüfung entsprechend § 64 LFGB 82.02-15 (Januar 2013), entspricht DIN EN 14362-3 (September 2012); GC/MS.
Dispersionsfarbstoffe: Analytik entsprechend § 64 LFGB 82.02-10 Norm DIN 54231 (November 2005). Dünnschichtchromatografie, TLC, HPLC mit DAD (UV/Vis-Detektor).
Optische Aufheller (qualitativer Nachweis): UV-Licht.
Freies Formaldehyd: Quantitativ nach DIN EN ISO 14184-1 (Dezember 2012).
Wasserdicht vor/nach Scheuertest: Wasserdruckversuch gemäß DIN EN 20811 (August 1992).
Scheuertest: Scheuerbeständigkeitsprüfung nach DIN EN ISO 12947-2:2007-04 (Martindale): Fläche 320er-Schmirgel, 1.000 Touren; Naht und Reflektorstreifen 600er-Schmirgel, 100 Touren.

Einkauf der Testprodukte: Dezember 2016.

Diesen Test haben wir zuletzt im ÖKO-TEST Ratgeber Kleinkinder 2017 veröffentlicht. Aktualisierung der Testergebnisse/Angaben für das Jahrbuch Kleinkinder für 2017 sofern die Anbieter Produktänderungen mitgeteilt haben oder sich aufgrund neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse die Bewertung von Mängeln geändert oder wir neue/zusätzliche Untersuchungen durchgeführt haben.

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