Spielschleim für Kinder im Test: Schädliches Bor in allen Produkten

Jahrbuch Kinder und Familie für 2020 | | Kategorie: Kinder und Familie | 12.12.2019

Spielschleim für Kinder im Test: Schädliches Bor in allen Produkten
Foto: jarabee123/getty images

Wir haben Spielschleim untersucht – und unser Test zeigt: Alle elf Wabbelmassen enthalten schädliches Bor. Viele sind sogar hoch belastet.

Aktualisiert am 12.12.2019; Einkauf Testprodukte Sep 2018 | Glibber- und Wabbelmassen üben besonders auf Kinder und Jugendliche eine unwiderstehliche Anziehungskraft aus. Das bezeugen Tausende von verrückten Anleitungsclips auf Youtube, in denen Schleimfans allerlei Zutaten zu Glibber kneten. Ebenso gibt es Bücher voller Schleimrezepte und Tipps zum Selbermachen auf Webseiten für Kinder von Kika, Geolino, Toggo und Co. Die erste kommerzielle Wabbelmasse kam bereits in den 70er-Jahren auf den Markt: der Slime (engl. Schleim) des amerikanischen Spielzeugherstellers Mattel – eine giftgrüne, zähflüssige Masse.

Doch inzwischen rücken Warnmeldungen die beliebten Schleimmassen in ein schlechtes Licht. In diesem Jahr war Spielschleim bereits bis Mitte August 44-mal Gegenstand im europäischen Schnellwarnsystem Rapex. Schon im Juli 2018 warnte die britische Testorganisation Which? vor etlichen Produkten, weil sie nicht die Sicherheitsvorgaben der Europäischen Union erfüllten; sie enthielten verbotene Gehalte an Bor.

Spielschleim im Test: Schädliches Bor als Problem 

Das Bor stammt aus schädlicher Borsäure, und das Problem ist den Behörden schon länger bekannt. Die Vorläuferinstitution des Bundesinstituts für Risikobewertung (BfR) warnte bereits 1995 vor dem Einsatz von Borsäure in Spielzeug in Form von Schleimeiern. Auch andere Produkte, etwa die beliebte Hüpfknete, gerieten wegen ihrer Borgehalte in die Kritik. Doch selbst nachdem im Jahr 2009 der Gesetzgeber endlich Grenzwerte für Bor in Spielzeug eingeführt hatte, stößt die amtliche Überwachung immer wieder auf belasteten Schleim.

Warum bekommen die Hersteller das Problem mit dem Glibber nicht in den Griff? Zwar empfahl in den 90er-Jahren der Vorläufer des BfR, eine Alternative zu Borsäure in den Schwabbelmaterialien einzusetzen. Aber bis heute mischen die Hersteller weiterhin Borsäure in den Schleim. Denn erst diese Substanz verleiht dem Material seine schleimige und dehnbare Konsistenz. Daher basieren auch viele Do-it-yourself-Rezepte auf borhaltigen Reinigungsmitteln wie etwa Kontaktlinsenpflegemitteln. Aus dem Angebot an fertigen Wabbelmassen auf dem deutschen Markt haben wir eine Stichprobe von elf Produkten auf lösliches Bor untersuchen lassen.

Slime für Kinder: Viele Produkte fallen durch 

Das Ergebnis: Nur vier Produkte erhalten das Gesamturteil "befriedigend". Die restlichen Spielzeuge rasseln mit "mangelhaft" durch den Test. Sieben Wabbelmassen schöpften den gesetzlichen Grenzwert für lösliches Bor in flüssigen und haftenden Spielzeugmaterialien zu mehr als 50 Prozent aus. Auch aus allen restlichen Produkten löste sich Bor. Das werten wir ab.

Jetzt kompletten Test mit allen Testergebnissen als ePaper kaufen

Das eingesetzte Bor stammt aus der enthaltenen Borsäure. Die Substanz ist als fortpflanzungsgefährdend eingestuft und gehört unserer Ansicht nach überhaupt nicht in Artikel für Kinder – auch wenn "das Risiko akuter und chronischer Effekte durch Aufnahme von Borsäure über Spielschleim als gering eingestuft wird", wie es in einer gesundheitlichen Bewertung des BfR vom 29. Mai 2019 heißt.

Fehlende Hinweise auf Verpackungen von Spielschleim 

Außerdem bemängeln wir die wenigen Infos für Verbraucher. Wer Schleimmassen kauft, erfährt nicht, woraus sie hergestellt sind, denn das müssen die Hersteller nicht auf der Verpackung angeben. Lediglich auf zwei der zwölf getesteten Wabbelmassen gibt es Hinweise zu problematischen Inhaltsstoffen. Beispielsweise steht auf einer Verpackung ein Aufdruck: "Achtung! Enthält Borsäure. Kontakt mit offenen Wunden vermeiden."

"Rechtlich vorgeschrieben ist dieser Warnhinweis nicht", erklärt Doris Schmissas vom Chemischen und Veterinäruntersuchungsamt Münsterland-Emscher-Lippe. Bevor Bor durch die Spielzeugrichtlinie geregelt war, hatten die amtlichen Kontrollbehörden einen solchen Hinweis empfohlen, denn das fortpflanzungsgefährdende Potenzial von Borsäure war lange bekannt.

Diesen Test haben wir bereits im Ratgeber Kinder und Familie 2019 veröffentlicht. Aktualisierung der  Testergebnisse/Angaben zuletzt für das Jahrbuch Kinder und Familie für 2020, sofern die Anbieter Produktänderungen mitgeteilt haben oder sich aufgrund neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse die Bewertung von Mängeln geändert oder wir neue/zusätzliche Untersuchungen durchgeführt haben.

Weiterlesen auf oekotest.de:

Wir haben diese Produkte für Sie getestet

Testverfahren

Wir haben 11 Spielschleime in Spielzeuggeschäften, Supermärkten, Kiosken und Dekoläden eingekauft. Darunter war auch einer mit Pulver zum Selbstanrühren. Alle Produkte haben wir im Labor auf die Migration von schädlichem Bor untersuchen lassen.

Bewertungslegende 

Unter dem Testergebnis Bor führt zur Abwertung um fünf Noten: mehr als 300 mg/kg lösliches Bor (Grenzwert in flüssigen und haftenden Spielzeugmaterialien gemäß Spielzeugrichtlinie). Zur Abwertung um vier Noten führt: mehr als 150 bis 300 mg/kg lösliches Bor (in der Tabelle "hoch"). Zur Abwertung um zwei Noten führt: bis zu 150 mg/kg lösliches Bor (in der Tabelle "gering"). Da nur ein Parameter untersucht wurde, haben wir kein Gesamturteil vergeben.

Testmethoden 

Testmethoden: Herstellen einer Probe und Durchführung der Extraktion gemäß EN 71-3-07/2013. Zugabe der internen Standards (Rhodium und Rhenium). Angabe der Ergebnisse in lösliches Element in mg/kg bezogen auf die Probensubstanz.

Einkauf der Produkte: September 2018. 

Diesen Test haben wir bereits im Ratgeber Kinder und Familie 2019 veröffentlicht. Aktualisierung der  Testergebnisse/Angaben zuletzt für das Jahrbuch Kinder und Familie für 2020, sofern die Anbieter Produktänderungen mitgeteilt haben oder sich aufgrund neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse die Bewertung von Mängeln geändert oder wir neue/zusätzliche Untersuchungen durchgeführt haben.

Tests und deren Ergebnisse sind urheberrechtlich geschützt. Ohne schriftliche Genehmigung des Verlags dürfen keine Nachdrucke, Kopien, Mikrofilme oder Einspielungen in elektronische Medien angefertigt und/oder verbreitet werden.