Kinder-Jeans im Test: Anilin in knapp der Hälfte der Hosen

Jahrbuch Kleinkinder 2018 | | Kategorie: Kinder und Familie | 18.01.2018

Kinder-Jeans im Test: Anilin in knapp der Hälfte der Hosen

Unser Kinderjeans-Test zeigt: Viele Anbieter geben sich bedeckt, wenn es um Lieferanten und soziale Bedingungen in den Produktionsbetrieben geht. Auch in Sachen Schadstoffen liegt einiges im Argen. Knapp die Hälfte der getesteten Jeans-Hosen für Kinder enthält Anilin.

ÖKO-TEST hat nachgefragt, wie gut die Anbieter von Jeans für Kinder über ihre Lieferketten Bescheid wissen und welche Bemühungen es gibt, um ein Mindestmaß an Sozial- und Sicherheitsstandards in den Zulieferbetrieben zu gewährleisten. Außerdem haben wir überprüft, ob die Kinderhaut Schadstoffen ausgesetzt ist, wenn sie mit einer der 21 gekauften Hosen in Kontakt kommt.

Kinderjeans im Test: Produktion und Inhaltsstoffe untersucht

"Blue", also betrübt, zu sein - dafür gibt in puncto Inhaltsstoffen vor allem ein vermutlich krebserregender Stoff Anlass, der in zehn der Bluejeans steckt. Es gibt aber auch gute Nachrichten: Zehn andere Kinderjeans können wir, zumindest was die Inhaltsstoffe betrifft, empfehlen. Sie schneiden hier mit "gut" ab, ein Produkt sogar mit "sehr gut".

In zehn Kinder-Jeans steckt Anilin - das ist knapp die Hälfte aller untersuchten Produkte. Anilin ist ein aromatisches Amin, das als Farbbaustein verwendet wird. Obwohl es unter Krebsverdacht steht, gibt es derzeit weder einen deutschen noch einen europäischen Grenzwert für Anilin in Bedarfsgegenständen oder Kinderprodukten.

Bluejeans, besonders die dunklen, verlieren mit der Zeit an Farbe. Das liegt an dem Farbstoff Indigo, der sich nur außen um das Garn legt. Allerdings schnitten in diesem Test alle Kinderhosen hinsichtlich ihrer Reibechtheit im nassen Zustand sehr schlecht ab.

Keine Transparenz bei allen Anbietern von Jeans für Kinder

Einige können nicht, andere wollen nicht. Ähnlich wie in unserem letzten Kinderjeans-Test antworteten nur wenige Anbieter zufriedenstellend auf unseren umfangreichen Fragebogen zur Lieferkette, sozialen Verantwortung und Arbeitssicherheit. Vielfach bekamen wir Statements, Verhaltenskodizes und Richtlinien zugeschickt, aber keine stichhaltigen Belege, dass die aufgestellten Leitsätze auch tatsächlich kontrolliert werden; Mexx, Next Retail, Takko, Levi's und Benetton antworteten gar nicht. Transparenz sieht anders aus, weshalb die Note in diesem Testergebnis in allen Fällen "ungenügend" heißt.

Eine Kette ist nur so stark wie ihr schwächstes Glied. Leider kennen viele Anbieter vor allem die ersten Stufen ihrer Lieferketten nicht. So schrieb uns H & M: "Rohmaterialien wie Baumwolle sind heute noch nicht vollständig nachvollziehbar." Ein grundsätzliches Problem. Nur wenige Anbieter schickten Erklärungen oder Transaktionsprotokolle mit Angaben zur Baumwollherkunft, einzig C & A nannte uns aber den Baumwollproduzenten.

Kinderjeans-Test: Sicherheit in Textilfabriken nicht belegt

Mehr Kenntnis herrscht in Bezug auf die Produktionskette. Rund die Hälfte der Anbieter legte uns Geschäftsbeziehungen zu mindestens einem Betrieb glaubhaft dar.

So gut wie alle Anbieter beziehen sich in ihren Regelwerken auf die ILO-Kernarbeitsnormen und gesetzliche Mindestlöhne. Auch verweisen die meisten auf Betriebskontrollen, Initiativ- und Bündnismitgliedschaften. Ohne Prüfnachweise belegen die Aussagen aber nicht viel mehr als eine funktionierende Pressearbeit.

Wir wollten von den Anbietern ebenso wissen, wie sie die Arbeitssicherheit und den Brandschutz in den Zulieferbetrieben kontrollieren. Auch diesbezüglich speisten uns viele mit Verhaltenskodizes oder Stellungnahmen ab.

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Wir haben diese Produkte für Sie getestet

Testverfahren

Der Einkauf

21 blaue Jeans für Kinder in den Größen 116 bis 122 sind in unserem Einkaufskorb gelandet. Darunter: bekannte Marken sowie günstige Hosen von Textildiscountern. Auch Jeans von Versandhändlern und zertifizierte Naturtextilien sind dabei. Preislich liegen die Hosen zwischen 5,99 und 69,95 Euro.

Die Inhaltsstoffe

Weil Jeans in der Regel mit dem unproblematischen Farbstoff Indigo gefärbt werden, dürften gefährliche Farbstoffbestandteile eigentlich keine große Rolle spielen. Dennoch hat das von uns beauftragte Labor etwa auf problematische aromatische Amine untersucht - einige von ihnen sind krebserregend, andere zumindest krebsverdächtig. Auch auf allergieauslösende Dispersionsfarbstoffe hat das Labor getestet. Formaldehyd ist krebserregend und in der Textilindustrie immer noch weit verbreitet. Außerdem auf der Prüfliste: halogenorganische Verbindungen, die etwa aus der Bleiche mit Chlor stammen können, überflüssige optische Aufheller und Nonylphenolethoxylate, die zum Beispiel als Tensid eingesetzt werden.

Die Materialeigenschaften

Wie stark geben die Jeans Farbe ab? Weil Bluejeans leicht Spuren auf hellen Sofas hinterlassen können, hat ein Labor die Hosen auf ihre Reibechtheit getestet. Auch haben wir die Waschechtheit der Jeans überprüfen lassen.

Transparenz

Viele Textilien entstehen nach wie vor unter katastrophalen Arbeitsbedingungen. Transparenz und soziale Verantwortung sind unerlässlich, um daran langfristig etwas zu ändern. Deswegen sollten uns die Jeansanbieter glaubhaft darlegen, wo sie die von uns getesteten Artikel produzieren und wie sie die Sozial- und Sicherheitsstandards in den jeweiligen Betrieben überprüfen. Mit einem umfangreichen Fragebogen haben wir stichhaltige Nachweise zur Lieferkette und ihren Bemühungen um gute Arbeitsbedingungen angefordert. Den Unternehmen sicherten wir eine streng vertrauliche Behandlung geschäftsinterner Unterlagen zu.

Die Bewertung

Farbstoffbestandteile, die unter Krebsverdacht stehen, haben nichts in Kinderkleidung verloren. Deswegen werten wir Anilin rigoros ab. Zu weniger strengen Abzügen führen Stoffe, die etwa Allergien auslösen oder die Haut reizen können wie halogenorganische Verbindungen oder optische Aufheller. Auch unzureichende Antworten auf unsere Fragen zur Transparenz wirken negativ auf das Gesamtergebnis. Am deutlichsten dann, wenn Unternehmen nicht geantwortet oder uns keine Belege für ihre Angaben geschickt haben.