32 Mandarinen im Test

Süße Früchtchen

ÖKO-TEST Dezember 2009 | | Kategorie: Essen und Trinken | 27.11.2009

32 Mandarinen im Test

Jetzt sind sie wieder da - und schmecken herrlich frisch und aromatisch. Wir haben aber noch eine gute Nachricht: Mandarinen werden - wie unser Test zeigt - weniger gespritzt als vor zwei Jahren.

Schlechte ÖKO-TEST-Ergebnisse verdarben vielen Anbietern im Jahre 2007 das Geschäft: Discounter stornierten die Aufträge, und die Ware vergammelte teilweise auf den Lastwagen, die die Früchte eigentlich in den Laden bringen sollten. "Ungenügend" hieß das Urteil in unserem damaligen ÖKO-TEST für die Hälfte der Supermarktketten; "sehr gute" Bio-Ware war restlos ausverkauft.

Für die Verbraucher waren das keine guten Zeiten, denn neben ihrem leckeren süß-sauren Geschmack und dem betörenden Duft haben die kleinen Zitrusfrüchte einen sensationellen Vitamin-C-Gehalt zu bieten. Schon eine Frucht deckt zirka die Hälfte des Tagesbedarfs, außerdem stecken nennenswerte Mengen an gesunden Carotinoiden und Ballaststoffen in den Früchtchen. Mandarinen sind leicht zu schälen, eine ideale und ganz natürlich verpackte Zwischenmahlzeit, die auch Kinder besonders gerne mögen.

Echte Mandarinen gibt es übrigens streng genommen nur noch sehr selten zu kaufen. Ihr Nachteil trotz des feinen Geschmacks: viele Kerne. Der Ausdruck Mandarine hat sich aber bei Verbrauchern als Überbegriff für die verschiedenen Sorten und Kreuzungen der Früchte wie Clementinen, Clauselinas, Satsumas oder Ellendales entwickelt.

Nach unserem Test im Jahre 2007 hatten die Supermarktketten versprochen, noch strenger zu kontrollieren, um die Rückstandssituation zu verbessern. Wir wollten wissen, ob das geklappt hat und kauften jeweils drei unterschiedliche Proben von zwölf Supermarktketten und Discountern - darunter auch zwei Bio-Märkte - ein. Die Früchte wurden auf über 500 verschiedene Pestizidwirkstoffe untersucht.

Das Testergebnis

Die Rückstandssituation hat sich im Vergleich zu 2007 enorm verbessert. Nur Penny fällt mit "ungenügend" durch, ansonsten gibt es viele "gute" und "befriedigende" Noten. Aldi Süd ist die einzige konventionelle Kette, die mit "sehr gut" abschneidet. Auch die Bio-Supermärkte Alnatura und Basic bekommen die Bestnote. Diese Ergebnisse sprechen für eine gute Qualitätskontrolle der Handelsketten, die inzwischen für Erzeuger klare Anforderungen definiert haben. Zum Beispiel dürfen gesetzliche Höchstmengen nur bis maximal 70 Prozent ausgeschöpft werden, maximal vier Rückstände in einer Probe sein, zudem wurden Negativlisten von Stoffen erstellt, die nicht eingesetzt werden dürfen.

Eine der Happy Tree Satsumas von Penny überschreitet die gesetzlich festgelegte Höchstmenge für den Wirkstoff Malathion, der gegen Insektenfraß wirkt. Ende Januar änderte sich die Höchstmenge von einem sehr hohen Wert von sieben Milligramm pro Kilogramm (mg/kg) auf einen sehr niedrigen von 0,02 mg/kg. Der Grund war nicht, dass Malathion als unakzeptabel angesehen wurde. Die für Malathion vorhandenen Daten reichten der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit im Rahmen einer Neubewertung nicht aus, um den Stoff in eine Positivliste aufzunehmen. Automatisch verlor das Mittel damit seine Zulassung, die Höchstmenge sank nach einer Übergangsfrist auf den niedrigen Wert. Industrievertreter versuchen derzeit die Bedenken durch zusätzliche Studien aus dem Weg zu räumen. Möglicherweise wird Malathion in Zukunft wieder zugelassen und bekommt wieder eine neue Höchstmenge. Bis dahin gilt der vorbeugende Verbraucherschutz.

In je einer Probe von Lidl und Real sowie in zwei von Netto wird die gesetzliche Höchstmenge eines Wirkstoffes zu mehr als 50 Prozent ausgeschöpft. In den Capri Mandarinen Clausellina von Lidl ist gleichzeitig die sogenannte Akute Referenzdosis (ARfD) zu mehr als 50 Prozent ausgeschöpft. Sie wird erhoben für Stoffe, die schon nach einmaliger oder kurzzeitiger Aufnahme die Gesundheit schädigen können. Die Berechnung des ARfD-Wertes erfolgt am Beispiel eines Kleinkindes, wenn es eine große Portion Mandarinen essen würde.

In allen konventionellen Proben stecken Rückstände, jedoch nur vier Mal in so geringen Mengen, dass wir nicht abwerten. Bis auf eine Ausnahme, die sehr kleine Pestizidspuren enthält, sind alle Bio-Mandarinen völlig rückstandsfrei. Unsere Labore untersuchten die Früchte, wie die amtliche Lebensmittelüberwachung: Schale und Frucht gemeinsam. Unter dieser Voraussetzung werden auch die Höchstmengen festgelegt. Sie liegen häufig höher als bei anderen Obstsorten, da erfahrungsgemäß ein Großteil der Rückstände auf der Schale verbleibt. Das haben wir auch bei der Berechnung der ARfD-Werte berücksichtigt.

Über die Finger können die Schadstoffe von der Schale in den Mund gelangen

Auf fast allen konventionellen Produkten steht der Hinweis, das sie nach der Ernte mit Antischimmelmitteln wie Imazalil, Thiabendazol und/ oder Orthophenylphenol konserviert worden sind. Nur auf der Verpackung von The Greenery Mandarinen Ellendale von Norma fehlt dieser Hinweis. Da Rückstände von zwei Mitteln darin gefunden wurden, werten wir ab.

Vier Fünftel der untersuchten Mandarinen enthalten gleich mehrere Rückstände von Pestizidwirkstoffen; bis zu sieben in einer Probe. Auch wenn es sich nur um Spuren handelt, die wahrscheinlich nicht gesundheitsschädlich sind, werten wir fünf und mehr Rückstände ab. Mögliche Wechselwirkungen einzelner Stoffe untereinander und die Auswirkung auf die Gesundheit sind noch viel zu wenig erforscht.

So reagierten die Hersteller

Der Erzeuger der mit "ungenügend" bewerteten Happy Tree Satsumas von Penny bestreitet, den Wirkstoff eingesetzt zu haben. Er liefert uns diverse Gutachten aus dem Untersuchungszeitraum, in denen zwar geringfügige Rückstände auftauchten, Malathion allerdings nicht. Auch von Penny erhielten wir viele solcher Gutachten und die Information, dass der Erzeuger mit sofortiger Wirkung auf unbegrenzte Zeit für die Anlieferung gesperrt wurde. Auch vom Zwischenhändler Univeg wurde der Erzeuger vorsorglich bis zur Klärung der Sache gesperrt.

Testverfahren

So haben wir getestet

Der Einkauf

Mandarinen sind typische Saisonware, bei der Einkauf und Untersuchung besonders zeitnah erfolgen. Mitte September wurden die ersten Satsumas von unserem Einkäufer im Supermarkt entdeckt. Bis Ende Oktober kaufte er dann jeweils drei Proben zu unterschiedlichen Zeiten in jeder der Ketten ein.

Kritische Inhaltsstoffe

Im konventionellen Anbau von Zitrusfrüchten werden Wirkstoffe zum Schutz vor Pilzbefall, Insektenfraß und gegen Unkräuter verwendet. Besonders häufig kommen Stoffe wie Chlorpyrifos-Ethyl, Lambda-Cyhalothrin und Pyriproxifen gegen Insekten zum Einsatz. Imazalil und Thiabendazol werden meistens als Nachbehandlungsmittel verwendet, um die Früchte länger haltbar zu machen. Orthophenylphenol ist nur zur Nachbehandlung erlaubt. Neben den bekannten "Verdächtigen" tauchen auch immer wieder neue Wirkstoffe auf. Unser Speziallabor passt das jeweilige Untersuchungsspektrum deshalb kontinuierlich den neuen Gegebenheiten an. Mit drei verschiedenen Screeningmethoden sind die Früchte auf über 500 verschiedene Wirkstoffe untersucht worden.

Bewertung

Zunächst wird jede Probe einzeln bewertet. Das Gesamtergebnis ergibt sich aus dem Mittelwert von drei unterschiedlichen Chargen jeder Supermarkt- und Discounterkette. So werden zum einen die Erzeuger überprüft, zum anderen die Qualitätssicherungsmaßnahmen der jeweiligen Handelskette. Die Überschreitung von einer Höchstmenge führt immer zu einem ungenügenden Endergebnis: sowohl für die Einzelprobe als auch für das Paket. ÖKO-TEST ist strenger als der Gesetzgeber und beginnt stufenweise abzuwerten, wenn zehn beziehungsweise 50 Prozent der Höchstmenge oder 50 Prozent der Akuten Referenzdosis ausgeschöpft sind.