Die alternativen elastischen Bodenbeläge kosten bis zu 70 Euro pro Quadratmeter - für das Geld könnte man auch Parkett- und Fliesenbeläge bekommen. Warum Verbraucher trotzdem zum Kunststoffbelag greifen? Der geringe Pflegeaufwand und die Unempfindlichkeit sind zum Beispiel für unseren Leser Leo Meis entscheidend, außerdem sind ihm Fliesen zu kalt und stoßempfindlich.
Ähnlich argumentiert Axelle Bouteille - auf der Suche nach einem Belag für den Flur, der feuchteunempfindlich und angenehm beim Barfußgehen sein soll. Ihr Favorit aus Polyurethan sei weich, fühle sich gut an, sei strapazierfähig und sehe dabei auch noch gut aus.
Daraus bestehen elastische Bodenbelägen
Bodenbeläge aus Kautschuk werden überwiegend aus synthetischem Kautschuk hergestellt - teilweise mit Anteilen von natürlichem Latex, gewonnen aus dem Milchsaft des Kautschukbaums. Das Material ist sehr elastisch, rutschfest, geräuscharm und leicht federnd beim Begehen. Daher wird es - vor allem als Noppenmaterial - selbst in stark frequentierten öffentlichen Bereichen wie Bahnhöfen und Flughäfen eingesetzt. Die Oberfläche ist sehr dicht, sodass sich kein Schmutz in Poren setzen kann.
Daneben werden Bodenbeläge aus den Kunststoffen Polyurethan (PU) und Polyolefin angeboten. Polyurethane entstehen aus Reaktionen mit Isocyanaten. Diese Ausgangsstoffe sind krebsverdächtig; wenn die Reaktion jedoch abgeschlossen ist, sind die problematischen Verbindungen nicht mehr im Material nachzuweisen. Katalysatoren und Stabilisatoren geben dem Material die notwendigen Eigenschaften wie Licht- und Farbechtheit. Polyurethan kann hart und spröde, aber auch weich und elastisch sein.
Die Bodenbelagshersteller Windmöller und Vorwerk setzen nach eigenen Aussagen zu 80 bis 90 Prozent nachwachsende Rohstoffe wie Rizinus- und Rapsöl ein und bezeichnen ihre Bodenbeläge als "Bio-Boden" oder "Bio-Polyurethan". Auf Isocyanate als Ausgangsstoff könnten sie jedoch nicht verzichten, dazu gebe es bislang noch keine Alternative; laut Windmöller werde jedoch daran gearbeitet. Polyolefine wiederum sind ein Sammelbegriff für Kunststoffe, die Polyethylen und Polypropylen enthalten und die das Polyvinyl im PVC ersetzen. Zum Teil sind die Oberflächen noch beschichtet, zum Beispiel mit PU.
Um zu prüfen, ob die alternativen Materialien wirklich weniger belastet als PVC sind, schickten wir acht Beläge aus Kautschuk- und anderen Kunststoffmaterialien, die alle den Blauen Engel tragen, in die Labore und unterzogen sie einem aufwendigen Prüfprogramm auf Schadstoffe und Oberflächenspannung.
So schneiden die acht Beläge im Test ab
In Bezug auf die Schadstoffbelastung sind vier elastische Bodenbeläge mit dem Blauen Engel eine gute Wahl. Und selbst die Produkte, die nur "mangelhaft" oder "ungenügend" abschneiden, enthalten deutlich weniger Schadstoffe als PVC-Böden. Allerdings laden sich alle Kunststoff- und Kautschukmaterialien ordentlich elektrostatisch auf.
Im Gegensatz zu PVC-Böden enthalten die Testprodukte so gut wie keine Weichmacher. Lediglich ein Hersteller setzt Ersatzweichmacher ein. Diese sind noch nicht ausreichend erforscht. Aus keinem untersuchten Bodenbelag gasten flüchtige organische Verbindungen (VOC) aus. Und in den Kautschukmaterialien waren keine krebserregenden Nitrosamine nachweisbar.
In den vier Kunststoffbelägen aus Polyurethan, Polyolefin und PET stecken die zinnorganischen Verbindungen Dibutylzinn oder Dioktylzinn, die das Immun- und Hormonsystem schädigen können. Beide sind mittlerweile in Produkten für Endverbraucher verboten, so auch in Bodenbelägen. Allerdings gilt das erst ab sehr hohen Gehalten. Die gemessenen Werte liegen deutlich darunter.
Die zinnorganischen Verbindungen werden zum Beispiel als Katalysatoren oder Stabilisatoren eingesetzt. Der Belag Takiron Wels enthält außerdem Anthracen, einen polyzyklischen aromatischen Kohlenwasserstoff (PAK). Er ist sehr umweltschädlich, reichert sich über die Nahrungskette im Menschen an und steht auf der Kandidatenliste der Europäischen Chemikalienagentur (ECHA) für besonders besorgniserregende Stoffe.
Bodenbeläge im Test sind oft elektrisch geladen
Beim Begehen und Benutzen können sich auf allen untersuchten Böden durch die Reibung ganz ordentliche elektrostatische Oberflächenspannungen aufbauen. Gemessen wurden bei alltäglicher Reibung bis zu 10.000 Volt - da stehen einem sprichwörtlich die Haare zu Berge.
Selbst wenn diese Beläge leitfähig verlegt werden - also so, dass die Spannungen abgeleitet und abgebaut werden können -, treten wahrscheinlich immer noch relevante und lang andauernde Oberflächenspannungen auf. Sie wirken sich ungünstig auf das Raumklima aus; Staub und Reizstoffe wirbeln vermehrt durch die Luft.
Kein Material im Test kann die Spannung gut ableiten. In Bezug auf die elektrostatischen Eigenschaften waren die PVC-Beläge, die wir vor zwei Jahren getestet hatten, zum überwiegenden Teil besser. Hier haben die Hersteller also noch Nachholbedarf.
Das sind die Herstellerreaktionen
Vorwerk und Windmöller erklärten, dass nach heutigem Stand der Technik zinnorganische Verbindungen "in sehr geringen Mengen" als Katalysatoren in Polyurethanen verwendet werden. Trotz aller Bemühungen sei bislang noch kein vollständiger Verzicht auf diese Verbindungsklasse möglich, ergänzte Vorwerk. Alternativen würden jedoch geprüft.
Das bedeutet der Blaue Engel für elastische Bodenbeläge
Das Umweltzeichen steht für emissionsarme Produkte. Allerdings gelten erst nach vier Wochen Auslüften strenge Werte für die Raumluft. Nur krebserzeugende, ausgasende Stoffe werden stark begrenzt. In Kautschukmaterialien dürfen keine krebserregenden Nitrosamine nachweisbar sein.
Ansonsten sind Phthalate als Weichmacher und halogenorganische Verbindungen in der Rezeptur tabu, ebenso Stoffe, die als besonders besorgniserregend eingestuft sind. Als Verunreinigungen können sie jedoch noch im Material stecken. Insgesamt bietet der Blaue Engel eine Orientierung bei der Wahl eines Produkts, aber keine Gewähr für einen schadstofffreien Bodenbelag, wie auch unser Testergebnis zeigt.
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