- Im Test: 20 Salben, Gele und Cremes gegen Schmerzen an Muskeln und Gelenken – darunter 19 rezeptfreie Arzneimittel und ein Medizinprodukt.
- Die Mittel, die wir in Apotheken und Drogerien eingekauft haben, enthalten sowohl gängige synthetische Wirkstoffe wie Ibuprofen oder Diclofenac als auch pflanzliche wie Campher, Capsaicin, Arnika oder Extrakt aus Beinwellwurzel.
- Für die Produkte zahlten wir – einheitlich auf 50 Milliliter beziehungsweise Gramm umgerechnet – zwischen 1,43 und 36,20 Euro.
- Ein pharmazeutischer Chemiker hat die enthaltenen Wirkstoffe auf der Basis aktueller veröffentlichter Studien bewertet. Außerdem prüften wir die Produkte auf problematische Inhaltsstoffe.
- Fünf Schmerzgele im Test sind "sehr gut" – sie enthalten wirksame Stoffe und sind weitgehend frei von umstrittenen Substanzen.
Der Ischias jagt plötzlich einen fiesen Schmerz vom Kreuz übers Gesäß bis ins Bein? Beim Wandern umgeknickt – und nun ist das Sprunggelenk geschwollen und pocht schmerzhaft? Und die Schulter tut sowieso schon seit Wochen immer mal wieder weh? Beschwerden wie diese kennt fast jede und jeder. Doch statt sich deswegen in ärztliche Behandlung zu begeben, greifen viele erst einmal zu einem Schmerzgel – in der Hoffnung auf rasche Linderung.
Diclo-ratiopharm, Kytta, Voltaren & Co.: Schmerzsalben und Schmerzgele im Test
Wie verbreitet das Prinzip Selbstmedikation dabei ist, zeigt eine Erhebung des Instituts für Demoskopie Allensbach von 2024: Danach gaben 18 Prozent der Befragten an, in den zurückliegenden drei Monaten ein rezeptfreies Medikament gegen Gelenk- und Muskelbeschwerden wie Rückenschmerzen oder Verspannungen verwendet zu haben. Elf Prozent setzten die Mittel nach Sportverletzungen wie Verstauchungen, Prellungen oder Zerrungen ein.
Wir haben 20 Salben, Gele und Cremes gegen Schmerzen an Muskeln und Gelenken unter die Lupe genommen – darunter 19 rezeptfreie Arzneimittel und ein Medizinprodukt.
Arzneimittel vs. Medizinprodukt
Zur Begriffsklärung: Arzneimittel entfalten ihre Wirkung durch pharmakologische, immunologische oder Stoffwechseleffekte. Sie müssen seit 1978, also seit Inkrafttreten des neugefassten Arzneimittelgesetzes, ein aufwendiges Zulassungsverfahren durchlaufen, um ihre Wirksamkeit, Qualität und Unbedenklichkeit zu belegen.
Ausgenommen davon: Bestandsarzneimittel. Diese galten auch ohne Vorlage klinischer Studien als zugelassen, wenn sie zu diesem Zeitpunkt vor immerhin fast fünf Jahrzehnten bereits im Verkehr waren. In unserem Test fallen die Salben mit Arnika, Campher oder Beinwellwurzelextrakt in diese Kategorie. Rezeptfrei sind nur Arzneimittel mit Wirkstoffen erhältlich, die laut Bundesverband der Pharmazeutischen Industrie "über ein ausgezeichnetes Nutzen- und ein geringes Risikoprofil verfügen und dies jahrelang gezeigt haben".
Medizinprodukte haben dagegen eine zumeist physikalische Wirkweise und können mit einer CE-Kennzeichnung auf den Markt gebracht werden. Die dafür erforderliche Konformitätsbewertung, die das Unternehmen selbst beantragt, nimmt eine Prüf- und Zertifizierungsstelle vor. Dabei soll unter anderem nachgewiesen werden, dass das einzelne Produkt sicher und leistungsfähig ist.

Schmerzsalben und Schmerzgele mit Arnika, Ibuprofen & Co.
So viel zur Einordnung. Doch was können die Wirkstoffe, die in den Schmerzsalben und Schmerzgelen enthalten sind? Und wie unterscheiden sie sich? Diese Fragen klärt ein Gutachten, das wir bei Professor Manfred Schubert-Zsilavecz vom Institut für Pharmazeutische Chemie der Goethe-Universität Frankfurt am Main in Auftrag gegeben haben. Darin bewertet er die Testkandidaten auf der Basis aktueller veröffentlichter Studien.
Begutachtet wurden folgende Wirkstoffe:
- Wirkstoffe wie Ibuprofen, Diclofenac, Felbinac oder Piroxicam, die zu den nichtsteroidalen Antirheumatika (NSAR) gehören. Das heißt, sie enthalten kein Kortison.
- Die Kombination aus Nonivamid und Nicoboxil.
- Die Kombination aus Campher, ätherischen Ölen sowie Menthol oder Alkohol.
- Arnikablütentinktur
- Beinwellwurzel-Fluidextrakt
- Capsaicin
- Salicylsäure
Welche Schmerzsalben und Schmerzgele in unserem Test wirksame Stoffe enthalten und weitgehend frei von umstrittenen Substanzen sind, lesen Sie im ePaper:
Problematische Inhaltsstoffe
Denn wir haben die Produkte nicht nur auf der Basis aktueller veröffentlichter Studien bewertet, sondern auch auf Problemstoffe untersucht. Wir kritisieren:
- Aromatische Mineralölkohlenwasserstoffe (MOAH): Unter ihnen können sich krebserregende Verbindungen befinden.
- Diclofenac: Die halogenorganische Verbindung stellt ein echtes Umweltproblem dar. Sie wird in auffallend hohen Konzentrationen in Oberflächengewässern nachgewiesen, wo sie neben Wasserpflanzen und Algen insbesondere Fische schädigt.
- Delta-3-Caren: ist als starkes Allergen eingestuft.
- Hydroxycitronellal: kann Allergien auslösen.
- Salicylsäure: ist in der EU als fruchtbarkeitsschädigend eingestuft und steht im Verdacht, wie ein Hormon zu wirken.
- Propyl- und Butylparaben: stehen ebenfalls unter Hormonverdacht.
Allergene Duftstoffe sollten auf Schmerzsalben deklariert sein
Kritisch sehen wir es auch, wenn allergene Duftstoffe wie Limonen und Linalool zwar in großen Mengen in den Schmerzsalben und Schmerzgelen analysiert wurden, aber in der Packungsbeilage nicht deklariert sind – mit der Begründung, dies sei bei Medizinprodukten nicht verpflichtend und für Arzneimittel nur, sofern der Duftstoff als Hilfsstoff eingesetzt werde.
Arzneimittelrechtlich mag das so sein. Wir aber behaupten mal kühn, dass es Menschen, die empfindlich darauf reagieren, ziemlich egal ist, woher der entsprechende Duftstoff stammt. Und dass ihnen juristische Haarspaltereien wenig nützen, wenn sie in der Hoffnung auf Schmerzlinderung eine allergische Überraschung erleben.
Schmerzsalben und Schmerzgele richtig anwenden
Zuguterletzt geben wir ein paar Tipps zum Umgang mit Schmerzsalben und Schmerzgelen: Sie sollten die Produkte nur auf gesunder Haut anwenden, nicht auf Wunden, Ekzemen, Schleimhäuten oder an den Augen. Und: Nur lokal auftragen. Wischen Sie Reste der Salben nach dem Auftragen erst mit einem Papiertuch ab, bevor Sie sich die Hände waschen. Das Tuch dann über den Restmüll entsorgen. So wird der Eintrag von Wirkstoffen in die Umwelt minimiert.
Während der und bei geplanter Schwangerschaft sowie in der Stillzeit dürfen keine Schmerzsalben angewendet werden – wenn nur nach ärztlicher Rücksprache.
Außerdem wichtig: Schmerzsalben nach dem angegebenen Verfallsdatum nicht mehr nutzen. Die meisten Produkte in unserem Test sind nach Anbruch sechs Monate lang haltbar. Notieren Sie am besten das Datum der ersten Anwendung auf der Schachtel.
Vorsicht ist bei der Lagerung im Kühlschrank geboten. Die Wirkung der Salbe wird möglicherweise dadurch eingeschränkt.
Weiterlesen auf oekotest.de:
- Diätshakes im Test: Die meisten Shakes zum Abnehmen fallen durch
- Isotonische Getränke: 13 von 23 Sportgetränken fallen im Test durch
- Energydrinks: Koffeinkick mit Bisphenol A – Fast alle Produkte fallen durch
- Früchtemüsli im Test: Bis zu 17 Pestizide in einem Müsli
- Körnerbrötchen zum Aufbacken: Inhaltsstoffe sind teils problematisch
- Zarte Haferflocken im Test: Pestizide und Schimmelpilzgifte sind ein Problem