- Im Test: 21 Küchenrollen, die wir im Onlinehandel, in Super-, Drogerie- und Biomärkten gekauft haben. Dabei wählten wir vorzugsweise Produkte aus Recyclingpapier.
- Rund die Hälfte schneidet mit Bestnote ab. Bedenken Sie aber: Bei Küchenrollen handelt es sich immer noch um ein Wegwerfprodukt. Für die normale Reinigung ist ein Putzlappen ökologischer.
- Wir bemängeln es, wenn Hersteller ihre Küchenrollen aus frischem Zellstoff produzieren. Recyclingpapier schont Ressourcen.
- Auffällig: Das von uns beauftragte Labor ist in den Küchenrollen mehrfach auf die Bisphenole BPA und BPS gestoßen.
Mal eben das Fett aus der Pfanne aufsaugen oder die verschüttete Milch wegwischen: Küchenkrepp steht immer bereit und ist aus unserem Alltag kaum noch wegzudenken. Doch Küchenrolle ist und bleibt ein Wegwerfprodukt, das nach einmaligem Einsatz im Restmüll landet.
Wir finden deshalb: Wenn wir solche Produkte testen, wollen wir nicht nur wissen, wie gut sie in der Praxis funktionieren und wie es mit ihrer Schadstoffbelastung aussieht. Berücksichtigt werden sollte auch, ob sich die Anbieter um einen sparsamen Verbrauch von Ressourcen bemühen. So viel vorneweg: Von 21 getesteten Produkten schneidet rund die Hälfte mit "sehr gut" empfehlen.
Küchenpapier aus frischem Holz muss nicht sein
Doch nicht alle Produkte überzeugen uns: Ein Grund dafür ist, dass einige Produkte im Test entweder komplett oder mehrheitlich aus Zellstoff hergestellt sind. Zellstoff bedeutet, dass das betreffende Küchenpapier aus frischem Holz produziert wurde. Nach nur einem Verwendungszyklus landet es im Restmüll und wird damit unwiederbringlich dem Papierkreislauf entzogen. Dabei könnte man aus altem Papier theoretisch über 25 Mal wieder neues Papier herstellen.
Hinzu kommt, dass der in den Testprodukten verwendete Zellstoff teilweise extrem lange Transportwege hinter sich hat: Für seine Herstellung fielen nach Auskunft der Anbieter unter anderem Bäume in Brasilien, Kolumbien, Südafrika, Mosambik, China oder Russland. In einigen dieser Staaten ist die illegale Abholzung geschützter Wälder noch immer ein Problem.

Küchenrollen aus Altpapier sind umweltfreundlicher
Einige der Länder gehören sogar zu denen, die ein hohes Entwaldungsrisiko haben: Die EU-Kommission hat im Zuge ihres geplanten Entwaldungsgesetzes EUDR gerade das lange erwartete Benchmarking veröffentlicht. Es zeigt, dass jeder zweite Anbieter dieses Tests zumindest einen Teil seines Zellstoffs aus einem oder mehreren Risikoländern bezieht.
Dabei müsste die Verwendung von Zellstoff für Wegwerfprodukte gar nicht sein, denn mit einem funktionierenden Altpapierkreislauf gibt es in Deutschland eine alternative Rohstoffquelle, die sehr viel ökologischer ist. Die Verwendung von Recyclingpapier schont gegenüber dem Einsatz frischen Zellstoffs nicht nur Waldflächen.
Sie spart laut einer Berechnung des Umweltbundesamts gegenüber der Papierherstellung aus Frischfaser auch 78 Prozent Wasser, 68 Prozent Energie und 15 Prozent der CO₂-Emissionen ein. Im Test stellen zwölf Hersteller ihre Küchenrollen zu 100 Prozent aus Recyclingfasern her.
BPA und BPS in Küchenrollen im Test nachgewiesen
Der Test zeigt aber noch ein weiteres Problem: Küchenpapiere kommen gelegentlich auch in Kontakt mit Lebensmitteln – zum Beispiel, um das Öl vom Bratgut aufzusaugen oder Fleisch abzutupfen. Wir ließen deshalb analysieren, ob die Küchenpapiere Schadstoffe ans Essen abgeben können. Zunächst die gute Nachricht: Potenziell krebserregende Rückstände aus Nassverfestigungschemikalien, die im letzten Test aus dem Jahr 2021 noch für Abzüge sorgten, fanden sich in keinem Produkt mehr.
Die weniger gute: In fast allen Küchenrollen unseres Tests hat das Labor die als reproduktionstoxisch eingestuften Verbindungen Bisphenol A (BPA) und Bisphenol S (BPS) nachgewiesen. Für den von uns im Labor nachgestellten Lebensmittelkontakt zeigt sich: Aus den Recyclingküchenrollen lösten sich deutlich höhere Gehalte als aus den Zellstoffvarianten. Das ist plausibel, denn Bisphenole können unter anderem durch fälschlicherweise im Altpapier entsorgte Kassenzettel in den Recyclingstrom gelangen.
Gehen Bisphenole aus der Küchenrolle in Lebensmittel über?
Doch wie sieht dieser von uns nachgestellte Lebensmittelkontakt aus? Für den Gebrauch von Küchenpapier sind im Alltag sehr unterschiedliche Szenarien denkbar. Daher mussten wir für die Simulation im Labor eine Vielzahl von Annahmen treffen.
Bei der Entscheidung für den "Versuchsaufbau" haben wir uns an der Methode eines in der Bisphenolanalytik führenden Landesuntersuchungsamts orientiert: Wir haben beispielhaft nachempfunden, was passiert, wenn ein fettiges Lebensmittel einen Tag lang im Kühlschrank mit dem Küchenpapier in Berührung kommt.
Für die Berechnungen haben wir jeweils angenommen, dass eine 60 Kilogramm schwere Person pro Tag Lebensmittel in einer Menge verzehrt, die etwa mit einem halben Bogen Küchenkrepp in Kontakt waren. Das entspricht laut einer Übersichtsstudie der European Tissue Paper Association (ETS) der durchschnittlichen Pro-Kopf-Exposition.

Küchenrollen: Lebensmittelkontakt sollte vermieden werden
Das Ergebnis: Sämtliche Küchenrollen mit Altpapier(anteilen) überschreiten unter den von uns gewählten Bedingungen die von der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) empfohlene, noch als gesundheitlich unbedenklich geltende maximale Tagesdosis (TDI) für BPA.
Für das weniger gut erforschte BPS gibt es noch keinen TDI. Nach aktuellem Wissensstand hat es aber ein ähnliches Risikoprofil wie BPA. Deshalb lehnen wir uns bei der Einschätzung der Gehalte an diesen TDI an: Alle Produkte mit oder aus Altpapier und zwei Frischfaser-Küchentücher toppen die Schwelle für BPS.
Unsere Testbedingungen treffen jedoch nicht auf jeden Lebensmittelkontakt zu – denn wie Küchenpapier genutzt wird, kann stark variieren. Hinzu kommt, dass in der alltäglichen Realität Küchenrolle meistens zum Wischen und Saubermachen genutzt wird. Wir entschieden uns deshalb, die Bisphenolgehalte zwar aus Informationszwecken im Test-PDF zu vermerken, auf einen Notenabzug jedoch zu verzichten.
Gleichwohl raten wir, Küchenpapier aus Recyclingfasern vorsorglich besser nicht in Berührung mit Lebensmitteln zu bringen oder diesen Kontakt möglichst kurz zu halten und sehen es kritisch, wenn Produkte mit Bisphenolgehalten über unserer TDI-Schwelle durch entsprechende Piktogramme auf ihren Verpackungen grünes Licht für einen Lebensmittelkontakt geben. Dafür ziehen wir bei zwei Küchenrollen unter den Weiteren Mängeln Punkte ab.
Alle Küchenrollen überzeugen im Praxistest
Doch wir wollten nicht nur wissen, wie es um die Schadstoffe steht, sondern auch, wie gut die Küchenrollen in der Praxis funktionieren: Ein Labor stellte für uns die Saugfähigkeit und Widerstandskraft der Tücher auf die Probe.
Sowohl in trockenem, als auch in nassem Zustand sollten sie reißfest sein und einer punktuellen Belastung standhalten. Alle Papiere erwiesen sich dabei als ziemlich stabil: Sowohl bei den Recyclingprodukten als auch bei denen aus Frischfaser glänzte etwa die Hälfte mit "sehr gut", der Rest mit "gut".
Darf Küchenrolle in den Biomüll?
Und wie entsorgt man benutzte Küchenrolle richtig? Auch wenn auf einer Küchenrollenverpackung steht, diese sei "Zu 100 Prozent biologisch abbaubar": Grundsätzlich in die Biotonne dürfen die Tücher nicht. Das erlaubt die Bioabfallverordnung nur dann, wenn sie in kleinem Umfang als Verpackung von Küchenabfällen dienen.
Lässt die Deklaration aus unserer Sicht darauf schließen, dass die Tücher grundsätzlich in die Biotonne dürfen, aber ein Hinweis auf die Bioabfallverordnung fehlt, werten wir ab.
Wissen: Gegen illegale Entwaldung
Zehn Millionen Hektar Wald verschwinden jährlich von der Erde, schätzt die UNO – unter anderem, um auf diesen Flächen Kaffee, Soja oder Kakao für den europäischen Markt anzubauen. Nun will die EU ihren Beitrag dazu leisten, diese Entwicklung nicht weiter anzuheizen, und plant die Verordnung für entwaldungsfreie Lieferketten, kurz EUDR.
Diese besagt, dass europäische Unternehmen ab Ende 2025 Rohstoffe wie Holz, Kakao, Kaffee, Soja oder Palmöl nur noch in die EU importieren dürfen, wenn sie nachweisen, dass für deren Anbau seit 2020 kein Wald gerodet wurde. So zumindest der Stand bis Redaktionsschluss – durch die Zollverhandlungen mit den USA könnte die EUDR jedoch weiter unter Druck geraten.
Geht sie durch, müssten auch Importeure von Zellstoff eine entwaldungsfreie Lieferkette nachweisen. "Der Handel mit Holz und Holzprodukten wird damit nicht verboten", ordnet Immo Fischer vom WWF ein. "Aber es darf kein Naturwald mehr in Agrarflächen oder Plantagenwälder umgewandelt werden, und auch dem Import von illegal gefälltem Holz aus Schutzgebieten wird damit ein Riegel vorgeschoben." Denn ein Drittel des weltweiten Holzhandels sei laut Fischer noch immer illegal.
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