Aktualisiert am 7.1.2011 | An die drei Wochen Urlaub am Mittelmeer, als ich sieben Jahre alt war, habe ich eine Erinnerung, die alle anderen überstrahlt: das kleine, aufblasbare "Surfbrett". Es hatte einen blauen und einen roten Streifen und konnte eigentlich nur ein, bestenfalls zwei Kinder tragen.
Meine Freundinnen und ich verbrachten trotzdem ganze Tage damit, zu versuchen, zu dritt darauf zu sitzen oder – noch besser – zu stehen. Immer, wenn wir es fast geschafft hatten, flutschte das "Brett" weg oder sank oder es kam eine Welle, die uns alle drei plus Unterlage einmal kräftig würfelte. Es war einer der besten Urlaube.
Leider haben sich Luftmatratzen und ähnliche Produkte in vergangenen Tests fast immer als hoch schadstoffbelastet erwiesen. Doch hat sich die Lage mittlerweile gebessert?
Luftmatratzen im Test: Fast alle fallen durch
Um das herauszufinden, haben wir 13 Luftmatratzen in die Labore geschickt. Das Ergebnis: Bis auf eine Matratze fallen alle mit "ungenügend" durch. Obwohl die bedenklichen Phthalatweichmacher inzwischen in Spielzeug gesetzlich reglementiert sind, wurden sie in einigen Produkten wieder in rauen Mengen nachgewiesen. Und die von von uns beauftragten Labore deckten noch allerlei andere Probleme auf.
Bedenkliche PAK in Luftmatratzen entdeckt
In jeweils vier Luftmatratzen im Test stecken erhöhte und stark erhöhte Gehalte an polyzyklischen aromatischen Kohlenwasserstoffen (PAK). Viele PAK gelten als krebserregend. Sie können über die Haut aufgenommen werden. In Produkten mit Hautkontakt haben sie deshalb nichts zu suchen, schon gar nicht, wenn fast der ganze Körper mit der Luftmatratze in Berührung kommt.
Drei Luftmatratzen enthalten wiederum große Mengen des bedenklichen Weichmachers Diisononylphthalat (DINP). Die untersuchten Mischproben aus Matratzenmaterial und Ventil bestanden zu 20 bis über 30 Prozent aus DINP. In einem Fall wurden auch noch mehr als 0,1 Prozent des als fortpflanzungsgefährdend eingestuften Phthalats DEHP nachgewiesen. DINP darf in Spielzeug, das in den Mund genommen werden kann, DEHP in Spielzeug generell nicht zu mehr als 0,1 Prozent enthalten sein.
Sind Luftmatratzen Spielzeug? Klare Regelung fehlt
Welche Luftmatratzen als Spielzeug gelten und welche nicht, ist allerdings nicht klar geregelt. Manche Untersuchungsbehörden würden die Frage nach der Größe der Luftmatratze beurteilen, andere schauen sich die Aufmachung an und ob das Produkt etwa in einer Spielwarenabteilung angeboten wird.
Wir sind der Ansicht, dass alle Luftmatratzen im Test für Kinder ansprechend sind. Unabhängig von der Frage, ob gegen Gesetze verstoßen wird oder nicht, werten wir die stark erhöhten Gehalte an den bedenklichen Phthalaten deshalb um fünf Noten ab.
Immerhin: Anders als noch vor fünf Jahren stecken Phthalate nicht mehr in allen PVC-Luftmatratzen. Acht Prüflinge waren frei davon. Die Anbieter haben auf alternative Weichmacher wie DINCH oder DEHT umgestellt. Diese sind im Vergleich die bessere Alternative, allerdings lösen auch sie sich wieder aus dem Kunststoff und die Wirkung auf Mensch und Umwelt ist noch nicht hinreichend klar.
Stoff in Luftmatratzen im Test kann zu Nevenstörungen führen
Ein weiterer Kritikpunkt: Aus neun Luftmatratzen im Test löste sich Phenol, das zu Nervenstörungen führen kann. Das Lösemittel Isophoron kritisieren wir in acht Produkten. Im Zusammenhang mit Babybüchern hat das Bundesinstitut für Risikobewertung bereits 2002 festgestellt, dass man ein krebserzeugendes Potenzial von Isophoron nicht ausschließen kann und es in Spielzeug so weit wie möglich reduziert werden soll.
Außerdem auffällig: Die mit Baumwolle beschichtete Gummimatratze, die wir auf der Suche nach weniger schadstoffträchtigen Materialien mit in den Test genommen hatten, entpuppte sich als große Enttäuschung. Zwar ist das betroffene Produkt tatsächlich frei von Phthalaten. Dafür ist es am stärksten mit PAK belastet, darunter die besonders kritische Leitsubstanz Benzo(a)pyren. Außerdem löste sich im Labor das bedeutende Allergen 2-Mercaptobenzothiazol.
Wichtiger Hinweis fehlt bei einigen Luftmatratzen
Nur eine Luftmatratze schneidet in unserem Test nicht katastrophal ab. In puncto Inhaltsstoffe bekommt sie nur für PVC/PVDC/chlorierte Kunststoffe und den alternativen Weichmacher DINCH Punktabzug.
Gäbe es nicht auch noch einen Kritikpunkt bei der Deklaration, hätten wir ihr sogar ein Gesamturteil "befriedigend" gegeben. Auf der Luftmatratze fehlt uns – wie auf einigen anderen auch – der sinnvolle Hinweis, dass Kinder sie nur unter Aufsicht und nur in flachem Wasser benutzen sollten. Dass die Warnung in der Bedienungsanleitung auftaucht, reicht aus unserer Sicht nicht aus.
Diesen Test haben wir zuletzt im ÖKO-TEST Magazin 6/2010 veröffentlicht. Aktualisierung der Testergebnisse/Angaben für das Jahrbuch Kleinkinder für 2011 sofern die Anbieter Produktänderungen mitgeteilt haben oder sich aufgrund neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse die Bewertung von Mängeln geändert oder wir neue/zusätzliche Untersuchungen durchgeführt haben
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