Tee geht durch viele Hände, bevor er in der Tasse dampft. Das gilt besonders für den Grünen. Denn der kommt häufig aus China, einem Land, in dem der Teeanbau – anders als in Indien oder Kenia – traditionell eher kleinteilig ist: Eine Bauernfamilie, die ihr Haus in der Regel mitten in der Farm hat, wirtschaftet für sich selbst und liefert immer wieder kleine Erträge bei einer Kooperative ab. Die Rechte, ein bestimmtes Stück Land bewirtschaften zu dürfen, werden oft von Generation zu Generation weitervererbt.
Klingt nach Idylle – für die Importeure kann aber genau das ein großes Problem sein. Denn wenn tausend Landwirte an eine Sammelstelle liefern, kann kaum zurückverfolgt werden, wer geschlampt hat, wenn mit dem Tee etwas nicht stimmt. Zu hohe Pestizidmengen auf einem Feld? In der Mischung geht's unter! Erfassung der Warenlieferung per Computer? Systematische Pestizidanalysen? Fehlanzeige! Teils arbeite man noch so, wie man es in Deutschland aus den 1950er- und 1960er-Jahren kenne.
Das alles erzählt uns der Mitarbeiter eines großen Deutschen Tee-Importeurs, der seinen Namen aber nicht in ÖKO-TEST lesen will. Denn in der Branche ist man vorsichtig und zurückhaltend geworden. Besonders wenn es um Pestizidrückstände geht. Die Idealvorstellung des anonymen Importeurs: Es sollen gar keine Pestizidrückstände im Tee sein.
Nachfrage nach grünem Tee steigt
Aber keinen Einsatz von Pestiziden zu verlangen oder zumindest Analysenberichte zu jedem Tee, wäre eine Illusion: In einem Markt mit weltweit steigender Nachfrage ist kein Händler darauf angewiesen nach Deutschland zu liefern. Importeure aus anderen Ländern stellen solche Fragen gar nicht erst.
Die Konsequenz des von uns befragten Importeurs: Er hat fast sein komplettes China-Geschäft auf Bio-Ware umgestellt (selbst wenn dieser Tee nachher auch in konventionellen Mischungen verschwindet) und lässt trotzdem jedes Warenmuster in Deutschland erst auf Pestizide testen, bevor die komplette Lieferung bestellt wird. Sicher ist sicher.
Strahlenbelastung? Es gibt drängendere Probleme
Ein ganz neues Ostasien-Problem besteht seit vergangenem Frühjahr: Wie sieht es mit der Radioaktivität aus? Noch im vergangenen Jahr stammte Japan-Tee fast ausnahmslos aus den Ernten vor Fukushima. Jetzt erst gehen die Vorräte langsam, aber sicher zur Neige – und der Tee der Ernte 2011 kommt in die Regale.
Kein einfaches Procedere. Denn wer heute Lebensmittel aus Japan in die EU einführt, hat diese erst anzumelden und gegebenenfalls Bescheinigungen vorzulegen. Zusätzliche Kontrollen sollen zudem dafür sorgen, dass keine verstrahlte Ware zu uns kommt. Bei einem Anbieter im Test, der neuerdings Japan-Tees der neuen Ernte im Sortiment hat, setzt man nach eigenen Angaben auf intensive zusätzliche Analysen, selbst wenn die Tees aus Gegenden im Süden Japans kommen, weitab von Fukushima.
Anderswo in der Branche überlegt man dagegen, ob sich der Handel mit Japan-Tee nach Fukushima überhaupt noch lohnt, erklärt ein anderer Anbieter. Das Hauptproblem sei aber nicht die Strahlung, sondern vielmehr die Pestizidproblematik. Japanische Tees seien hier immer wieder auffällig gewesen. Ein Verzicht auf Japan-Tee wäre ohnehin nur für Kenner ein Verlust. Den hochpreisigen Grünen aus Japan findet man fast nur im Fachgeschäft.
Grüner Tee im Test: Messmer, Rewe & Co. im Vergleich
Wir wollten wissen, ob Sie den Grünen Tee, den Sie derzeit kaufen können, bedenkenlos trinken können und haben eingekauft: 22 Grüntees, einige davon auch aromatisiert. In verschiedenen Laboren ließen wir die Produkte untersuchen – bei Proben, die aus verdächtigen Gegenden kamen oder bei denen keine Herkunft angegeben war, auch auf radioaktive Belastung.
Tee gehört zu den Lebensmitteln, die relativ häufig mit Schadstoffen belastet sind. Nach unserem Test können wir zumindest sieben Produkte empfehlen. Fünf Tees fallen hingegen mit "ungenügend" beziehungsweise "mangelhaft" durch. Der große Rest schneidet nur mittelmäßig ab.
Pestizide in grünem Tee im Test entdeckt
Im Teeanbau ist der Einsatz von Pestiziden offenbar nach wie vor verbreitet. Als wir im Herbst 2008 Tees untersuchten, sind gleich mehrere Produkte durchgefallen, weil darin Pestizidmengen jenseits der erlaubten Höchstmenge steckten.
Auch jetzt haben wir noch bis zu 14 verschiedene Spritzmittel in einem Produkt nachgewiesen. Das ist eindeutig zu viel, auch wenn es sich in den meisten Fällen nur um Spuren handelt. Erhöhte Mengen haben wir dagegen in aromatisiertem Tee gefunden – teils liegen sie sogar über den Werten, die eigentlich derzeit in Tee erlaubt wären.
Allerdings gibt es für aromatisierte Tees keine gesetzlichen Höchstmengen für das Produkt, sondern nur für die Zutaten, also etwa für Zitronenschalen oder Blüten. Da hier die zulässigen Gehalte aber über denen von Tee liegen können, kann es sein, dass in einem aromatisierten Tee dem Gesetz nach viel höhere Pestizidmengen stecken dürfen als in einem reinen Tee.
Doch ein Teebeutel ist ein Teebeutel – ob aromatisiert oder nicht. Deshalb haben wir uns auch bei aromatisiertem Tee an den gesetzlichen Vorgaben für nicht aromatisierten Tee orientiert.
Viele Grüntees enthalten Mineralölrückstände
Grüner Tee mit Öl? In 17 Produkten wies das von uns beauftragte Labor Rückstände von Mineralöl nach. Dieses kann sich aus Druckfarben lösen, die zum Beispiel in Recyclingkartons stecken. Bei der Frage, was Mineralöl im Körper anrichten kann, ist die Forschung aber noch sehr am Anfang. Beim Tee ist es sogar wahrscheinlich, dass nur ein geringer Teil – oder auch gar nichts – in den Tee übergeht. Trotzdem: Mineralöl im Tee ist eine unerwünschte Verunreinigung, die vermeidbar ist, wie mehrere Hersteller zeigen.
Spuren von radioaktiven Teilchen nachgewiesen
Radioaktive Teilchen: Könnte der grüne Tee nach Fukushima radioaktiv belastet sein? Dies haben wir bei allen Tees, die aus betroffenen Regionen stammen könnten, prüfen lassen. Tatsächlich wurden in einigen Proben Spuren von solchen radioaktiven Teilchen gefunden, wie sie nur bei atomarer Kernspaltung entstehen. Dass die Teilchen aus Fukushima stammen, ist damit aber noch nicht gesagt.
Viel wahrscheinlicher ist sogar, dass es sich um Überbleibsel früherer Atombombentests handelt – eine schwache Hintergrundbelastung kann auch noch nach Jahrzehnten in vielen Regionen der Welt in Lebensmitteln nachweisbar sein. Auf jeden Fall liegen die Mengen in den untersuchten Produkten aber sehr weit unter den Grenzen, ab denen Lebensmittel beanstandet werden.
Kritik an Aroma-Zusätzen in grünen Tees
Aroma aus dem Labor: Wenn ein Tee aromatisiert wird, sollte das mit Fruchtextrakten, Kräutern oder Blüten geschehen. Das ist nur bei den untersuchten Produkten von zwei Anbietern im Test der Fall.
Auf anderen Tees verrät schon die Zutatenliste, dass "natürliches Aroma" oder schlicht "Aroma" enthalten ist – also Stoffe aus einer sehr großen Gruppe von Substanzen, hinter denen sich zumeist synthetische oder biotechnologisch gewonnene Aromen verstecken, in der Regel aber keine Fruchtauszüge.
War dagegen in der Zutatenliste von "natürlichem Zitronenaroma mit anderen natürlichen Aromen", "Himbeeraroma" oder Ähnlichem die Rede, haben wir im Labor prüfen lassen, was drinsteckt. Das Ergebnis: Es waren jedes Mal auch synthetische bzw. biotechnologisch gewonnene Aromen mit im Tee.
Grünen Tee richtig zubereiten: Tipps
Tee in die Kanne, heißes Wasser drauf – fertig? Nein! Ganz so einfach ist die Zubereitung von Grünem Tee leider nicht. Durch falsche Zubereitung kann man sich den Genuss schnell verderben. Teilweise drucken die Hersteller Zubereitungsempfehlungen auf die Packungen, die sinnvoll sind, weil manche Tees eine besondere Zubereitung erfordern. Ein paar Grundregeln gelten aber für jeden Grünen Tee:
- Grünen Tee nicht mit sprudelnd kochendem Wasser übergießen. Grüner Tee enthält Bitterstoffe, die sich sonst zu stark herauslösen. Darum das Wasser nach dem Kochen erst einige Minuten abkühlen lassen. Teilweise geben die Hersteller auch Temperaturempfehlungen an. Bei sehr feinen Grüntees kann auch mal eine Temperatur von nur 60 Grad empfohlen werden.
- Auch die Ziehzeit kann von Tee zu Tee variieren. Bei Grünem Tee ist sie in der Regel kürzer als bei Schwarztee. Probieren Sie ruhig mal eine kurze Ziehzeit von zwei Minuten aus.
- PS: Im Gegensatz zu Schwarztee können die Grüntee-Blätter durchaus noch ein zweites Mal aufgegossen werden.
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