Filzstifte im Test: Nur fünf Filzstift-Sets sind "sehr gut"

ÖKO-TEST Jahrbuch Kleinkinder für 2011 | Autor: Roman Goll | Kategorie: Kinder und Familie | 07.01.2011

Filzstifte im Test: Wir haben 19 Sets getestet.
Foto: Antonio Gravante/Shutterstock

Kinder malen gerne – ganz besonders mit Filzstiften. Aber durch die Wegwerfgriffel entsteht nicht nur jede Menge Plastikmüll, zum Teil stecken sie auch noch voller übler Substanzen. Nach unserem Test können wir nur fünf von 19 Filzstift-Sets empfehlen.

Aktualisiert am 7.1.2011 | Kinder mögen es am liebsten knallig bunt – deshalb greifen sie gerne zu Filzstiften, denn deren Farben leuchten besonders kräftig. Bei Erstklässlern sind die Fasermaler fester Bestandteil des Startpakets und auch kleinere Kinder verwenden sie gerne zum Kritzeln oder Malen.

Sind Filzstifte ein Fall für den Sondermüll oder gibt es Marken, mit denen Eltern ihre Kinder getrost malen lassen können?

Filzstifte im Test: Ergebnis fällt schlechter aus

Wir wollten es wissen und haben 19 Filzschreibersets eingekauft. Wir ließen die Stifte in einer umfangreichen Schadstoffprüfung unter anderem auf giftige Schwermetalle, gesundheitsschädliche Lösemittel und Konservierungsstoffe durchchecken.

Das Testergebnis: Unterm Strich hat sich das Ergebnis im Vergleich zum letzten großen ÖKO-TEST Filzstifte im Jahr 2001 sogar etwas verschlechtert. Waren damals noch 14 von 20 Produkten ohne größere Mängel, trifft dies heute nur noch auf ein Viertel der Stifte zu.

Cadmiumgehalt in Filzstift über Grenzwert

In vier Stiften stecken giftige Schwermetalle – allerdings in den Ummantelungen, was deren Einsatz umso fragwürdiger macht, da die Farbe der Hülle absolut keinen Einfluss darauf hat, wie schön ein Stift schreibt oder nicht.

In einem Produkt, das wir im Frühjahr 2010 einkauften, wurde in der roten Stifthülse sowie in der Verpackung Cadmium nachgewiesen. Cadmium ist im Tierversuch krebserregend und wirkt laut Bundesinstitut für Risikobewertung wahrscheinlich auch beim Menschen kanzerogen.

Der Grenzwert der Chemikalien-Verbotsverordnung von 100 Milligramm pro Kilogramm wird um ein Vielfaches überschritten. Ein derart belasteter Stift hätte gar nicht verkauft werden dürfen. Wie so etwas auch noch einem bekannten Anbieter passieren kann, ist uns schleierhaft. Auch in weiteren roten Stiften des Anbieters, die ÖKO-TEST im Anschluss des Tests auf Leserwunsch hin untersuchen ließ, bestätigte sich dieser Wert. Inzwischen ist der Stift wenigstens aus dem Internetauftritt der betroffenen Firma verschwunden.

Labor stößt auf "stark erhöhte" Bleigehalte

In vereinzelten Fällen ist das von uns beauftragte Labor außerdem auf "stark erhöhte" beziehungsweise "erhöhte" Bleigehalte gestoßen. Hinzu kommt: Beim Anknabbern und Verschlucken besteht die Gefahr einer Bleiaufnahme, da ein Teil des giftigen Schwermetalls in Magensäure löslich ist.

Trotzdem: Laut EU-Spielzeugrichtlinie – unter die auch Filzstifte fallen – gelten die betroffenen Produkte als verkehrsfähig. Zum Vergleich: In die USA darf Spielzeug mit deutlich geringeren Bleigehalten nicht mehr importiert werden.

Weitere Problemstoffe in Filzstiften im Test

Was ist noch in unserem Filzstifte-Test aufgefallen?

  • In zwölf Filzstift-Marken stecken halogenorganische Verbindungen. Viele Vertreter dieser umstrittenen Stoffgruppe gelten als allergieauslösend, fast alle reichern sich in der Umwelt an.
  • Das von uns beauftragte Labor ist auf problematische Mengen von Diethylenglykol gestoßen. Die ölig süßliche Flüssigkeit dient dazu, die Filzstiftspitze feucht zu halten – leider nicht ohne Nebenwirkungen: Die Dämpfe und die Flüssigkeit reizen die Augen, bei längerem Kontakt auch die Haut.
  • Ein Filzstift-Set enthält erhebliche Gehalte des Farbstoffbestandteils Anilin, der sich im Tierversuch als krebserzeugend erwiesen hat. Die laschen Grenzwerte der Spielzeugrichtlinie werden zwar nicht überschritten. Trotzdem hat Anilin unserer Ansicht nach in Malutensilien für Schul- und Kindergartenkinder absolut nichts verloren.

Tipps zu Filzstiften

Das rät ÖKO-TEST:

  • Folienschreiber mit Aufschriften wie "permanent", "Allesmarker" oder "Whiteboardstifte" sind für Kinderhände tabu. Sie enthalten schnell verdunstende, organische Lösungsmittel. Kinder unter fünf Jahren malen ohnehin besser mit Kreide, Buntstiften, Wasserfarben oder Wachsmalstiften.
  • Die meisten Fasermaler haben Kappen mit Luftschlitzen. So ist sichergestellt, dass ein Kind nicht erstickt, falls die Kappe versehentlich heruntergeschluckt wird und im Atemweg hängen bleibt. Entsprechende Stifte erfüllen die Sicherheitsanforderungen der Norm ISO 11 540.

Diesen Test haben wir zuletzt im ÖKO-TEST Magazin 5/2010 veröffentlicht. Aktualisierung der Testergebnisse/Angaben für das Jahrbuch Kleinkinder für 2011 sofern die Anbieter Produktänderungen mitgeteilt haben oder sich aufgrund neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse die Bewertung von Mängeln geändert oder wir neue/zusätzliche Untersuchungen durchgeführt haben.

Weiterlesen auf oekotest.de:

Wir haben diese Produkte für Sie getestet

Testverfahren

Der Einkauf: Das Angebot an Filzschreibern ist üppig und die Preisspanne enorm: Ein einzelner Stift ist schon ab acht Cent zu haben, Markenprodukte kosten dagegen ein Vielfaches. Aber sind die Stifte bekannter Hersteller auch wirklich besser als die günstigeren Modelle? Wir wollten es wissen und waren deshalb nicht nur in Schreib- und Spielwarengeschäften, in Drogerien, bei Karstadt und Co. unterwegs, sondern auch bei Discountern und in "Ein-Euro-Läden". Im Einkaufswagen landeten 19 Filzstiftsets, größtenteils mit dicker Spitze oder zwei Strichbreiten, mit denen sowohl Kindergarten- als auch Grundschulkinder gerne malen.

Problematische Inhaltsstoffe: Klar, dass Schreib- und Malutensilien für Kinder schadstofffrei sein sollten. Ganz besonders, weil an den Stiften und Kappen zwischendurch immer mal gekaut und gelutscht wird. Deshalb ließen wir Stifthülsen, Tinten und Verpackungen auf problematische Substanzen untersuchen. Bei einigen Analysen konzentrierten sich unsere Prüfer exemplarisch auf die Farben Blau, Grün, Rot, Gelb und Schwarz, weil mit ihnen besonders viel gemalt wird und weil sich auch viele andere aus diesen grundlegenden Farben zusammensetzen. Ganz oben auf der Fahndungsliste stand das krebserzeugende Lösemittel Benzol, vor dem im Jahr 2008 sogar die EU warnte, nachdem Untersuchungsämter wegen giftiger Filzstifte Alarm geschlagen hatten. Dass in Filzstiften jede Menge Chemie stecken kann, ist aber für ÖKO-TEST nichts Neues: Auch mit Krebs erregendem Anilin und dem bedenklichen Feuchthaltemittel Diethylenglykol hatten wir es in unserem letzten Test Filzstifte im Jahr 2001 zu tun. Lösliche halogenorganische Verbindungen fanden wir zum Beispiel vor fünf Jahren in den Farben von Wachsmalstiften. Und da war es nahe liegend, dass sie auch in Filzstiften eingesetzt werden. Aber auch Stoffe, die auf dem deutschen Markt schon lange kein Problem mehr zu sein schienen, etwa Cadmium, nahmen wir erneut ins Visier. Das giftige Schwermetall hatte ÖKO-TEST zuletzt vor rund 20 Jahren in Filzschreibern nachgewiesen. Wir lassen trotzdem nicht locker.

Die Bewertung: Filzstifte gelten allgemein als Spielzeug, das bestätigen die Hersteller, indem sie ein CE-Zeichen aufdrucken. Keine Frage, dass giftiges Blei in solchen Produkten für Kinder nichts zu suchen hat - möchte man meinen. Doch Experten sind sich einig: Die Bleigrenzwerte in der europäischen Spielzeugrichtlinie sind viel zu lasch. Aus diesem Grund bewertet ÖKO-TEST auch deutlich strenger als der Gesetzgeber. Produkte, die nicht verkehrsfähig sind - egal, ob wegen ihres Schadstoffgehaltes oder wegen einer fehlenden Herstelleradresse - können nur mit "ungenügend" bewertet werden. Nicht untersucht wurden die Funktion und Langlebigkeit der Filzstifte. Wichtig war uns, dass keine schädlichen Stoffe eingesetzt werden. Deshalb basiert das Gesamturteil auf dem Testergebnis Inhaltsstoffe.

Bewertungslegende

Bewertung Testergebnis Inhaltsstoffe: Unter dem Testergebnis Inhaltsstoffe führt zur Abwertung um fünf Noten: mehr als 100 mg/kg Cadmium in einer Filzstifthülle aus Polypropylen (PP). Zur Abwertung um vier Noten führt: mehr als 5 mg/kg Anilin. Zur Abwertung um drei Noten führen: zwei bedenkliche Schwermetalle, darunter ein stark erhöhter Gehalt von mehr als 1.000 mg/kg Blei und/oder mehr als 13,5 mg/kg gelöstes Blei.

Zur Abwertung um jeweils zwei Noten führen: a) ein stark erhöhter Gehalt von mehr als 1.000 mg/kg Blei und/oder mehr als 13,5 mg/kg gelöstes Blei; b) zwei problematische Glykolverbindungen, darunter mehr als 10.000 mg/kg Diethylenglykol. Zur Abwertung um jeweils eine Note führen: a) ein erhöhter Gehalt von mehr als 100 bis 1.000 mg/kg Blei und/oder mehr als 0,8 mg/kg gelöstes Blei; b) halogenorganische Verbindungen; c) PVC/PVDC/chlorierte Kunststoffe im Produkt.

Bewertung Testergebnis Weitere Mängel: Unter dem Testergebnis Weitere Mängel führt zur Abwertung um fünf Noten: mehr als 100 mg/kg Cadmium in einer Verpackung aus PP. Zur Abwertung um eine Note führt: PVC/PVDC/chlorierte Kunststoffe in der Verpackung.

Das Gesamturteil beruht auf dem Testergebnis Inhaltsstoffe. Es kann nicht besser sein als "ungenügend", wenn die gesetzlichen Grenzwerte nicht eingehalten werden.

Testmethoden

Schwermetalle: a) Röntgenfluoreszenzanalyse; b) Herstellen einer Probe und Durchführung der Extraktion gemäß EN 71 Teil 3, Zugabe der internen Standards (Rhodium und Rhenium), Elementbestimmung mittels ICP-MS. Lösliche halogenorganische Verbindungen: Heißextraktion mittels Reinstwasser; Binden der organischen Halogene an Aktivkohle; Verbrennung der Aktivkohle im Sauerstoffstrom; microcoulometrische Bestimmung des Halogengehalts. PVC/PVDC/chlorierte Kunststoffe: Röntgenfluoreszenzanalyse. Bei folgenden Analysen wurden jeweils die Farben Schwarz, Blau, Grün, Rot und Gelb (falls vorhanden) untersucht: Glykole (Alkohole, Ester): GC/MS nach Extraktion mit Dichlormethan. Glykole (Diole): GC/MS nach Extraktion und Derivatisierung. Aromatische Amine: Prüfung auf Amine nach reduktiver Spaltung; Analytik entsprechend § 64 LFGB 82.02-2 Prüfung ohne vorherige Extraktion DIN EN 14362-1 (Juni 2004); bei Hinweisen auf 4-Aminoazobenzol zusätzliche Prüfung entsprechend § 64 LFGB 82.02-9 (September 2006), Bestimmungsgrenze 5 mg/kg; 1. Methode GC/MS, 2. Methode TLC; zusätzliche Prüfung auf Anilin und Xylidine.

Einkauf der Testprodukte: Februar bis März 2010.

Diesen Test haben wir zuletzt im ÖKO-TEST Magazin 5/2010 veröffentlicht. Aktualisierung der Testergebnisse/Angaben für das Jahrbuch Kleinkinder für 2011 sofern die Anbieter Produktänderungen mitgeteilt haben oder sich aufgrund neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse die Bewertung von Mängeln geändert oder wir neue/zusätzliche Untersuchungen durchgeführt haben.

Tests und deren Ergebnisse sind urheber- und leistungsschutzrechtlich geschützt. Sie dürfen ohne schriftliche Genehmigung des Verlags in keiner Form (elektronisch) vervielfältigt, verbreitet, verwertet, öffentlich wiedergegeben oder zugänglich gemacht oder in Datenbanken aufgenommen sowie auf elektronischen Datenträgern gespeichert werden. Der Verlag behält sich die Nutzung der Beiträge iSv § 44b UrhG vor.