9 Babynestchen im Test

Bindungsangst

ÖKO-TEST Jahrbuch Kleinkinder für 2014 | | Kategorie: Kinder und Familie | 10.01.2014

9 Babynestchen im Test

In vielen Babynestchen stecken keine oder nur wenig Schadstoffe. Doch unproblematisch sind die Polsterungen trotzdem nicht: Die Befestigungssysteme bergen ein Verletzungsrisiko.

So bequem wie in Mamas Bauch wird es für Babys nach der Geburt nicht mehr. Vorher gibt es Fruchtwasser gegen Erschütterungen wie Papas Dauertätscheln, gegen Lärm und die lästige Schwerkraft. Licht verliert auf dem Weg durch Hautschichten das Grelle. Vielleicht ist es der gut gemeinte Versuch, Neugeborenen wenigstens ein bisschen vergangene Behaglichkeit zu erhalten, der Eltern veranlasst, das erste Kinderbett mit einem Babynestchen auszustatten. Denn die nackten Gitterstäbe wirken wenig einladend. "Es gibt Kinder, die eine Begrenzung suchen wie zum Ende der Schwangerschaft, zum Beispiel Kopfkontakt auch im Bettchen während des Schlafens. So robben sie sich gegen das Kopfteil des Bettes oder auch gegen die Stäbe. Das ist ein Relikt aus der Zeit im Mutterleib", weiß Hildegard Jorch. Sie hat 1985 die Elterninitiative zum Plötzlichen Säuglingstod in Nordrhein-Westfalen, 1990 den Bundesverband der Gemeinsamen Elterninitiative Plötzlicher Säuglingstod (GEPS) mitgegründet und ist derzeit Vorsitzende in NRW und Präsidentin der GEPS-Deutschland. Seit Jahrzehnten beschäftigt sich die Mutter von sechs Kindern mit der Schlafumgebung für Kleinkinder und Kinderunfällen. Sie ist eine anerkannte Expertin für sichere Schlafumgebung. Was sie vehement ablehnt: Bettumrandungen mit Füllung. Für Jorch bergen wattierte oder geschäumte Babynestchen prinzipiell die Gefahr, dass ein Baby sein Gesicht oder sein Köpfchen darin vergräbt und durch die damit verbundene Rückatmung und Überwärmung das Risiko für den Plötzlichen Säuglingstod nachweislich deutlich steigt.

Bänder haben für Jorch ebenfalls nichts an Babynestchen verloren, da sich Babys in kurzen Bändern mit den Fingerchen verheddern können. Von längeren Bändern gehe eine akute Strangulationsgefahr aus. Und an den Stäben fixierte gepolsterte oder geschäumte Bettnestchen sind noch aus einem anderen Grund gefährlich: "Wenn Babys anfangen zu stehen, sich hochzuziehen, können derartige Bettumrandungen gefährliche Steighilfen werden, die einen Sturz aus dem Kinderbett ermöglichen können." Wer unbedingt eine Bettumrandung haben möchte, dem rät Hildegard Jorch: "Wenn Eltern ein Babynest im Kinderbett anbringen wollen, dann nur eines aus sehr dünnem Stoff, das sich von außen mit Klettverschlüssen befestigen lässt und welches ein Baby niemals ins Bett hineinziehen oder in dem es sich verheddern kann. Der Stoff soll auch nur 20 bis 30 Zentimeter hoch sein, da auch eine solche Bettumrandung nur in den ersten Lebenswochen sinnvoll ist."

Wir wollten wissen, wie gut Babynestchen sind, die Eltern in den Geschäften kaufen können, und haben neun Produkte in die Labore geschickt.

Das Testergebnis

... ist ordentlich: Drei Babynestchen schneiden mit "sehr gut" ab, die Note "gut" haben wir drei Mal vergeben. Bei drei Modellen reicht es für ein "befriedigend".

Schlecht für das Immunsystem: Einen erhöhten Gehalt an Dibutylzinn entdeckte ein Labor in der Bettumrandu...

Wir haben diese Produkte für Sie getestet

Testverfahren

So haben wir getestet

Der Einkauf

Wir haben Babynestchen im Fachgeschäft und im Internet gekauft. Babynestchen bestehen in der Regel aus einem Baumwoll- oder Polyesteroberstoff sowie Füllungen aus Polyestervlies, PU-Schaum oder Baumwolle. Alle 9 Produkte im Test werden mit Bändern an den Gitterstäben des Kinderbetts befestigt. Im Design sind die Modelle allerdings umso vielfältiger. Es gibt sie breit und schmal, länger und kürzer, in knalligen Farben, dezenten Tönen, schneeweiß und auch mit Applikationen. Wir haben all diese Variationen im Test berücksichtigt. Und: Auch Babynestchen aus Bio-Baumwolle schickten wir in die Labore.

Die Inhaltsstoffe

Die Fragen lauten: Was steckt im Oberstoff, was in der Füllung? Da Bettnestchen Babyartikel sind und Babys besonders empfindlich, haben wir die Bettumrandungen einem umfangreichen Testprogramm unterzogen. Gefärbte Produkte ließen wir auf Farbstoffbestandteile untersuchen, die krebserregend sind oder die Haut reizen können. Da einige Hersteller giftige zinnorganische Verbindungen als Katalysatoren bei der Herstellung von Polyurethanschäumen einsetzen, untersuchten die Labore Modelle mit PU-Schaumstofffüllungen auf diese Schadstoffe. Ist Polyester im Einsatz, steckt dort oft das schädliche Halbmetall Antimon drin, weil es als Katalysator in der Produktion eingesetzt wird. Außerdem durchliefen alle Bettumrandungen ein Materialscreening. Damit lassen sich auch Weichmacher aufspüren.

Die Bewertung

Babynestchen heißen so, weil sie für den Schlafplatz gemacht sind, der auf Mamas Bauch folgt. Stundenlanger Hautkontakt von Neugeborenen mit dem Stoff ist ausdrücklich vorgesehen. Deshalb haben Anbieter schadstofffreie Produkte zu vertreiben. Wo das nicht der Fall ist, werten wir ab. Gefahrenquellen wie zu lange Befestigungsbänder sorgen ebenfalls für Notenabzug.