Quecksilber in Thunfisch: Wie belastet sind die Dosen wirklich?

Magazin Juli 2025: Schmerzsalbe | Autor: Jil Eichhorn/Michelle Sensel/Hannah Pompalla | Kategorie: Essen und Trinken | 31.07.2025

Quecksilber in Thunfisch: Wir haben 29 Produkte auf Quecksilber und Methylquecksilber untersuchen lassen.
Foto: YARUNIV Studio/Shutterstock

Thunfisch liefert wichtige Nährstoffe – und die Art "Echter Bonito" zählt zu den wenigen Fischarten, deren Verzehr Umweltverbände unter bestimmten Umständen noch für vertretbar halten. Doch es ist schon lange bekannt, das Dosen-Thunfisch mit Quecksilber belastet sein kann. Wir wollten wissen: Wie groß ist das Problem wirklich? 

  • Fische und Meeresfrüchte können mit Methylquecksilber – einer Form des giftigen Schwermetalls Quecksilber – belastet sein.
  • Wir haben Thunfische im Labor auf den Gesamtgehalt an Quecksilber und spezifisch auf das organische Methylquecksilber untersuchen lassen.
  • Testkandidaten sind 29 Thunfischprodukte, bevorzugt in Dosen verpackt. Dabei wählten wir ausschließlich Produkte mit Angaben wie "in eigenem Saft und Aufguss". 

Thunfisch gehört zu den Fischen, die in Deutschland am häufigsten gegessen werden, und zwar am liebsten aus der Dose. Allerdings zählt er laut dem Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) auch zu den Fischarten, bei denen je nach Alter und Größe vergleichsweise hohe Gehalte an Methylquecksilber gemessen werden – einer Form des giftigen Schwermetalls Quecksilber, die hauptsächlich in Fisch und Meeresfrüchten vorkommt.

Aber wie geraten diese Stoffe eigentlich ins Meer beziehungsweise in die Fische? Und wie schädlich sind sie?

Wie gefährlich ist Quecksilber für den Menschen?

Quecksilber kommt natürlicherweise in der Natur vor, gelangt aber auch zum Beispiel beim Verbrennen von Kohle und Heizöl in die Umwelt. Es handelt sich um ein hochgiftiges Schwermetall für Mensch und Natur.

Hohe Dosen können für den Menschen tödlich sein, aber auch niedrige Mengen können das Nervensystem und vermutlich auch Herz, Immunsystem und den Fortpflanzungszyklus schädigen. Es wird in Leber, Nieren und Gehirn gespeichert und nur langsam über die Nieren ausgeschieden. 

Methylquecksilber entsteht erst im Wasser. Bestimmte Bakterien wandeln das Quecksilber dort in Methylquecksilber um. Wasserorganismen nehmen es auf, die dann wiederum von bestimmten Fischen gefressen werden. Es gelangt also über die Nahrungskette im Meer auf unsere Teller.

Nehmen wir Methylquecksilber über die Nahrung auf, kann es in hohen Mengen im Magen-Darm-Trakt landen, sich darüber im Körper verteilen und alle Organen erreichen. Weil es auch die Blut-Hirn-Schranke gut überwindet, ist es möglich, dass Methylquecksilber auch ins zentrale Nervensystem gelangt. Dieses kann bei chronischer Belastung angegriffen werden. 

Konservierter Thunfisch lässt sich vielfältig zubereiten und erfreut sich großer Beliebtheit. Doch wie steht es um eine mögliche Belastung mit Quecksilber bzw. Methylquecksilber? Wir haben 29 Produkte darauf untersuchen lassen.
Konservierter Thunfisch lässt sich vielfältig zubereiten und erfreut sich großer Beliebtheit. Doch wie steht es um eine mögliche Belastung mit Quecksilber bzw. Methylquecksilber? Wir haben 29 Produkte darauf untersuchen lassen. (Foto: Andrey Starostin/Shutterstock)

Quecksilber in Thunfisch: Wie schlagen sich Saupiquet, Aldi & Co.?

Doch wie stark ist konservierter Thunfisch aus dem Handel wirklich belastet? Um das herauszufinden, haben wir 29 Produkte ins Labor geschickt und sie auf den Gesamtgehalt an Quecksilber und spezifisch auf das organische Methylquecksilber untersuchen lassen.

Das Ergebnis: Quecksilber wies das Labor in allen Produkten in Spuren nach. Bei den Methylquecksilbergehalten sind wir jedoch auf Mengen gestoßen, die wir als "erhöht" bewerten.

Methylquecksilber gefährdet Föten und Säuglinge

Bei unserer Beurteilung der gemessenen Laborwerte von Methylquecksilber haben wir uns an der tolerierbaren wöchentlichen Aufnahmemenge (TWI) der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) orientiert. 

Der Wert wird empfohlen, weil Methylquecksilber besonders giftig für das sich entwickelnde Nervensystem und das Gehirn ist und die neurologische Entwicklung ungeborener Kinder und Säuglinge stören kann. Deshalb rät das BfR vor allem Schwangeren und Stillenden auch dazu, Fischarten mit hohen Methylquecksilbergehalten zu meiden.

Die detaillierten Testergebnisse finden Sie im ePaper: 

Quecksilber in Thunfisch: Jetzt Ergebnisse als ePaper kaufen!

Thunfisch mit relativ kurzer Lebensdauer

Für unseren Test haben wir die Art Echter Bonito, auch Skipjack genannt, ausgewählt. Er wird zum Großteil für Thunfischprodukte in Dosen verwendet, zählt anders als Gelbflossen- oder Blauflossenthunfisch aber nicht zur Gattung Thunnus, sondern zu Katsuwonus.

Deshalb liest man auf den Verpackungen auch seinen wissenschaftlichen Namen "Katsuwonus pelamis" und nicht etwa "Thunnus". Die Besonderheit: Er ist unter den kommerziell wichtigsten Thunfischen die kleinste Art mit einer relativ kurzen Lebensdauer.

Ältere und größere Raubfische sind stärker belastet

Das könnte erklären, warum wir in diesem Test wenige aus unserer Sicht kritische Gehalte gemessen haben. Denn die höchsten Methylquecksilberwerte werden laut BfR grundsätzlich in großen und älteren Raubfischen wie Hai, Schwertfisch und eben älterem Thunfisch gemessen – sie konnten schließlich im Laufe ihres Lebens viele belastete Meereslebewesen fressen.

Der vergleichsweise kleine Echte Bonito hat dafür weniger Zeit. Auch das BfR hat in einer Studie vergleichsweise niedrigere Gehalte bei Thunfisch aus der Konserve gemessen. Ganz ohne kommt er dennoch nicht aus, wie auch unser Test zeigt.

Greenpeace: Fangmengen übersteigen Empfehlungen

Übrigens: Der Echte Bonito steht auf der mittlerweile sehr kurzen "Guter Fisch"-Liste, die von der Deutschen Umwelthilfe, dem Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung, dem Naturschutzbund und dem WWF erstellt wurde. Er zählt also je nach Fanggebiet und verwendeten Fanggeräten zu den wenigen Fischarten, die die Verbände noch als empfehlenswert einstufen, wenn man Fisch konsumieren möchte.

Die Umweltschutzorganisation Greenpeace weist aber darauf hin, dass, auch wenn der Echte Bonito vielerorts zwar noch nicht als überfischt gelte, die Fangmengen dennoch oft die Empfehlungen überstiegen und die Fische kleiner würden.

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Wir haben diese Produkte für Sie getestet

Testverfahren

Wir haben 29 Thunfischprodukte in (Bio-)Supermärkten, Onlineshops und im Großhandel eingekauft – bevorzugt in Dosen verpackt. Dabei wählten wir ausschließlich Produkte mit Angaben wie "in eigenem Saft und Aufguss" und ließen Produkte mit Öl oder Zusätzen wie Gemüse im Regal. Bei allen Thunfischen im Test handelte es sich ausschließlich um die Art Echter Bonito/Skipjack (Katsuwonus pelamis). Gezahlt haben wir zwischen 1,29 und 4,49 Euro pro Dose oder Beutel.

In einem spezialisierten Labor ließen wir alle Produkte auf Quecksilber und Methylquecksilber untersuchen. Um die Auslastung des Quecksilberhöchstgehalts zu bestimmen, haben wir den Fischanteil aus der Füllmenge der jeweiligen Dose und dem Abtropfgewicht berechnet. Bei der Bewertung der Methylquecksilbergehalte sind wir davon ausgegangen, dass Verbraucherinnen und Verbraucher den gesamten Inhalt einer Dose oder eines Beutels innerhalb einer Woche verzehren. Um die Ausschöpfung der tolerierbaren wöchentlichen Aufnahmemenge (TWI) zu berechnen, haben wir entsprechend das Gesamtgewicht der einzelnen Dosen/Frischebeutel als Portion herangezogen.

Bewertungslegende

Soweit nicht abweichend angegeben, handelt es sich bei den hier genannten Abwertungsgrenzen nicht um gesetzliche Grenzwerte, sondern um solche, die von ÖKO-TEST festgesetzt wurden. Die Abwertungsgrenzen wurden von ÖKO-TEST eingedenk der sich aus spezifischen Untersuchungen ergebenden Messunsicherheiten und methodenimmanenter Varianzen festgelegt, zugrunde gelegt werden die gemessenen Gehalte. Bei Richt- und Orientierungswerten handelt es sich um rechtlich nicht bindende Werte, die eingehalten werden sollten, während rechtlich bindende Grenzwerte eingehalten werden müssen.

Die tolerierbare wöchentliche Aufnahmemenge (TWI) ist ein Schätzwert, wie viel von einem Stoff lebenslang pro Woche ohne gesundheitliche Folgen aufgenommen werden kann.

Bewertung Testergebnis Quecksilber: Unter dem Testergebnis Quecksilber führt zu Abwertung um zwei Noten: ein gemessener Gehalt an Methylquecksilber, der den TWI der EFSA von 1,3 μg/kg Körpergewicht zu mehr als 50 bis 100 Prozent ausschöpft (in Tabelle: "erhöht"). Zugrunde gelegt haben wir ein Körpergewicht von 60 Kilogramm und eine wöchentliche Portion von einer Dose.

Testmethoden

Quecksilber: DIN EN 15763 : 2010-04 (nach Aufschluss mittels DIN EN 13805 : 2014-12) (Bestimmung im homogenisierten Probenmaterial aus drei Dosen/Packungen).

Methylquecksilber: IC-ICP-MS (Bestimmung im homogenisierten Probenmaterial aus drei Dosen/Packungen).

Einkauf der Testprodukte: April bis Mai 2025.

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