Ratgeber: Waldkindergarten

Wetterfest

Ratgeber Kleinkinder 2015 | | Kategorie: Kinder und Familie | 11.09.2015

Ratgeber: Waldkindergarten

Spielzeug gibt es nicht, dafür viel Freiheit: Im Waldkindergarten werden Kinder zu Naturforschern und Schöpfern ihrer eigenen Spielwelt.

Im Wald sind die Zwerge los. Zwei werfen sich voller Wonne in das trockene Buchenlaub, einer gerät in Aufregung über einen merkwürdigen kleinen Tannenzapfen. Ein Vierter hält stolz einen Ast hoch, etwa doppelt so lang wie er selbst, und sein Blick verrät, dass er diesen Schatz nicht wieder hergeben will.

Ja, im Wald geschieht Merkwürdiges. Kleine Kinder beschäftigen sich stundenlang mit nichts - wobei dieses "Nichts" aus vielen Dingen besteht, die die Natur einfach so für jedermann zur Verfügung stellt: Bäume und Bäche, Matsch und Sand, Federn und Blätter. Die Kids rennen, rutschen, hüpfen, balancieren, klettern und buddeln mehrere Stunden am Tag. Und machen sich dabei so richtig schön dreckig. Die Kleinen sind bei Kälte, Hitze, Schnee, Regen und Nebel draußen in der Natur, obwohl dort Begegnungen mit Zecken, Wildschweinen, giftigen Pflanzen und gassigehenden Hunden ziemlich wahrscheinlich sind. Und die Eltern finden das alles auch noch gut.

"Die Kinder werden später nie wieder die Möglichkeit haben, so viel Zeit an der frischen Luft zu verbringen und so intensiv die Jahreszeiten zu erleben", unterstreicht Frauke Richter, Mutter der kleinen Lilli. So wie die Dresdnerin entdecken immer mehr Eltern die Vorteile des Waldkindergartens. Die ersten Freiluftkindergärten wurden vor gut 20 Jahren in Deutschland eröffnet. Inzwischen gibt es hierzulande etwa 1.500 solcher Kindergartengruppen. Die Idee stammt aus Skandinavien, wo Vorschulknirpse schon seit den 1970er-Jahren die Möglichkeit haben, den lieben langen Tag mit ihren Erzieherinnen in der freien Natur zu verbringen.

Mehr Interessenten als Plätze

Einer der Tummelplätze für Waldkinder ist die Dresdner Heide. In dem großen stadtnahen Waldgebiet unterhält der Kindergarten "Waldkinder" zwei Gruppen à 20 Kinder. Jedes Jahr, wenn einige Kinder in die Schule wechseln, werden maximal sechs Plätze pro Gruppe frei. Viel zu wenige für den Geschmack der Eltern, die sich für ihre Kinder vor allem viel Freiheit versprechen. Von den Eltern verlangt die Vorschuleinrichtung aber Engagement - die meisten Waldkindergärten sind Elterninitiativen - und Disziplin. Erste Pflicht der Waldkindereltern: Wetterbericht hören und das Kind entsprechend anziehen. Die Matschhose gehört zum Standardoutfit. Außerdem unverzichtbar: Pünktlichkeit. Wer zu spät zum Treffpunkt am Waldrand kommt, wo die Erzieherin morgens den Tag mit einer Flötenmelodie einleitet, muss kreuz und quer den Wald absuchen, um die Kindergartengruppe zu finden. Denn die ist jeden Tag an einem anderen Ort. Wo, das bestimmen die Kinder ganz demokratisch. Geht es heute zum Bach? Oder doch lieber zum Kletterbaum? Auch die Heidelbeersträucher stehen auf der Vorschlagsliste.

Jeder Waldkindergartentag endet am Bauwagen. Die einzige "feste" Unterkunft, die bei Kälte und Dauerregen als Unterschlupf dient und auch beheizt werden kann, liegt versteckt im Wald. Für die Eltern, die ihre Kinder um 16 ...