Endlich ist der Mietvertrag unterschrieben. Eine bezahlbare Altbauwohnung, das war der Traum von Lena und Patrick. Dass sie renovierungsbedürftig ist, nehmen sie gerne in Kauf. Verschlissene Blümchentapeten an den Wänden, ein in die Jahre gekommener Teppichboden ... Das junge Paar ist froh, dass sie die erste gemeinsame Wohnung nach ihren Wünschen gestalten können. Doch ganz so einfach ist es für die Do-it-yourselfer dann doch nicht.
Universalkleister für Raufasertapete im Test
Schnell tut sich die erste Hürde auf: Die alten Tapeten gehen schwer runter, das treibt sie fast zum Wahnsinn. Und dann bröckelt da noch an einigen Stellen der Putz. Zum Glück ist Papa erreichbar, mit jahrzehntelanger Erfahrung als Heimwerker, der Bescheid weiß: Der Untergrund muss glatt sein, bevor sie mit dem Tapezieren loslegen können, also müssen alle Löcher geschlossen und die Unebenheiten glatt gespachtelt werden.
Die Wahl fällt auf Raufaser, die ist preiswert und praktisch. Über Farben kann man später noch entscheiden. Patrick fährt nach der Arbeit in den Baumarkt. Zusammen mit anderen Hobbyhandwerkern hastet er an endlosen Regalfluchten vorbei auf der Suche nach Tapeten, Kleister, Tapezierbürste und den anderen notwendigen Utensilien. Das kostet Zeit, da er sich nicht auskennt.
Endlich: das Kleisterregal. Er greift hastig ein Markenprodukt, ein Universalkleister - da kann eigentlich nichts schiefgehen. Auf jeden Fall ist der Kleister für Raufaser geeignet, das ist die Hauptsache. Uff, die zweite Hürde ist genommen.
Das kann beim Tapezieren schief gehen
Die nächste folgt: Zu Hause angekommen, prüft Lena die Einkäufe und liest die Anleitung: Stark saugende Untergründe mit Tiefengrund vorbereiten oder vorkleistern? Die Fragezeichen auf Patricks Gesicht sprechen Bände. Soll er am nächsten Morgen noch mal zum Baumarkt fahren und eine Grundierung besorgen? Aber die muss trocknen, sagt ihm der gesunde Menschenverstand.
Dann müssten sie das Tapezieren noch einmal verschieben. Das wirft den ganzen Zeitplan durcheinander. Also entscheiden sich die beiden ganz pragmatisch, die Wand vorzukleistern. Die Menge an Kleister müsste dafür ja wohl reichen.
Am nächsten Morgen geht's los: Tapeziertisch aufgebaut, alle Hilfsmittel bereitgelegt. Nun kann der Kleister angerührt werden, in zwei Eimern, denn der Kleister für das Vorkleistern muss stärker verdünnt werden. Patrick, der schnell zur Sache kommen will, kippt den Inhalt der Schachtel in einem Rutsch in den ersten Eimer Wasser. Er rührt. Doch die Klumpen, die sich gebildet haben, lösen sich nicht auf.
An der vierten Hürde wäre das Projekt fast gescheitert. Durch den erneuten Notruf an Papa kann es jedoch erfolgreich fortgesetzt werden: Er kommt und hilft den beiden. Neuer Kleister muss angerührt und der misslungene Versuch in einem Behältnis im Hausmüll entsorgt werden. So einfach, wie manche glauben, ist Tapezieren also nicht.
Damit Sie nicht wahllos einen Tapetenkleister aus dem Regal greifen, hat ÖKO-TEST zwölf verschiedene, für Raufaser geeignete Produkte eingekauft und einem Praxistest unterzogen. Und wir wollten auch wissen, ob neben den üblichen Klebestoffen - Zellulose und Stärke - auch problematische Stoffe eingesetzt werden.
Das Testergebnis: So schneiden die Tapetenkleister im Test ab
Unterm Strich sind die meisten Tapetenkleister in Ordnung. Vier schneiden sogar mit "sehr gut" ab - weder am Kleister selbst noch an der Deklaration ist hier groß etwas auszusetzen.
In vielen Tapetenkleistern konnten unsere beauftragten Labore Konservierungsmittel/Fungizide nachweisen. Eingesetzt werden beispielsweise quartäre Ammoniumverbindungen, die Haut und Schleimhäute reizen und die Augen schädigen können. Wenn die Haut nicht ganz intakt ist, können die Substanzen auch in den Körper gelangen und möglicherweise weiteren Schaden anrichten.
Auch die nachgewiesenen Glykole, meist 2-Phenoxyethanol, haben eine leichte biozide Wirkung. Laut Aussagen einiger Hersteller sind damit Vorprodukte wie das eingesetzte Kunstharz konserviert. Andere Hersteller setzen den Stoff primär als Lösungsvermittler und Filmbildungshilfsmittel ein.
In etlichen Produkten wurden Isothiazolinone als Konservierungsmittel gefunden, die ein geringeres sensibilisierendes Potenzial als die chlorierten Verbindungen aus dieser Gruppe haben, weshalb wir sie nicht abwerten.
Praxistest: Wie gut kleben die Tapeten mit Tapetenkleister?
Unsere Praxistester waren mit den Klebeeigenschaften der untersuchten Produkte vollauf zufrieden. Allen Produkten wurde "sehr gutes" Kleben attestiert. Dennoch hatten sie am Kleister einiges auszusetzen.
Schwierig zu verarbeiten war das einzige Granulat im Test. Es ließ sich schwer anrühren, war sehr zäh und schlecht zu verteilen. Wie der Hersteller mitteilte, bestehe der Vorteil gegenüber Pulver darin, dass das Granulat quasi staubfrei sei und sich die Inhaltsstoffe nicht wie bei den pulvrigen Kleistern entmischen könnten, sondern stabil blieben - das sei vor allem für Profis ein Plus. Auch bei einigen anderen Kleistern war die Konsistenz nicht ganz optimal, dann aber eher zu dünn.
Nur auf wenigen Packungen finden sich Angaben, wie lange der angerührte Kleister haltbar ist: ein beziehungsweise drei Tage bei zwei Produkten, in denen keine Konservierungsmittel nachweisbar waren, und sieben Tage bei einem dritten Tapetenkleister.
Tapetenkleister ohne Warnhinweis für Allergiker
Für Tapetenkleister gibt es leider keine Regelungen oder Empfehlungen, dass Isothiazolinone für Allergiker deklariert werden sollten - ganz im Gegensatz zu Farben und Lacken, wo sogar eine Hotline für Allergiker angegeben wird, wie es der Verband der deutschen Lackindustrie und der Blaue Engel fordern. Warum Tapetenkleister anders behandelt wird, ist für ÖKO-TEST unverständlich, das müsste geändert werden.
Diesen Test haben wir erstmals im ÖKO-TEST Magazin 1/2011 veröffentlicht. Aktualisierung der Testergebnisse/Angaben für den Ratgeber Bauen & Wohnen 2014, sofern die Anbieter Produktänderungen mitgeteilt haben oder sich aufgrund neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse die Bewertung von Mängeln geändert oder wir neue/zusätzliche Untersuchungen durchgeführt haben.
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