Zarte Haferflocken im Test: Labor stößt auf Schimmelpilzgifte und Pestizide

Magazin Oktober 2024: Haferflocken | Autor: Lisa Hitschler/Heike Baier/Lena Wenzel | Kategorie: Essen und Trinken | 07.10.2024

Haferflocken im Test: Wir haben 35 Produkte überprüft.
Foto: ÖKO-TEST

Haferflocken sind ein gesunder Sattmacher. Erfreulich, dass in unserem Test von zarten Haferflocken viele mit Bestnote abschneiden. Es gibt aber auch Probleme: In einigen Produkten hat das Labor Schimmelpilzgifte und mehrere Pestizidrückstände gefunden. 

  • Egal ob zart oder Feinblatt oder kernig: Haferflocken sind immer Vollkorn.
  • Wir haben 35-mal Haferflocken geprüft, darunter viele Bio-Produkte. Die Haferflocken sind als zart, blütenzart, extra zart, Fein-, Zart- oder Kleinblatt ausgelobt. 
  • Das Ergebnis ist erfreulich: 21 von 35 zarten Haferflocken schneiden mit "sehr gut" ab. 
  • In einigen Produkten sind wir auf die Schimmelpilzgifte T-2 und HT-2 gestoßen. Minuspunkte gibt es auch für mehrere nachgewiesene Pestizidrückstände. 

Haferflocken sind beliebt – das Getreide passt in Müsli, Kuchen und Pfannkuchen. Außerdem sind sie reich an Ballaststoffen und liefern jede Menge essenzielle Aminosäuren, Vitamine und Mineralstoffe wie Magnesium oder Zink.  

Zarte Haferflocken im Test: Kölln, Lidl, Aldi & Co. im Vergleich

Nach unserem Test können wir auch viele zarte Haferflocken für den Einkauf empfehlen. Wie so häufig sind wir aber gleichzeitig auf Probleme gestoßen: Einige Haferflocken kritisieren wir, weil das von uns beauftragte Labor darin Schimmelpilzgifte und/oder mehrere Pestizidrückstände gefunden hat.

Unser größter Kritikpunkt in diesem Test ist die Belastung mit den Schimmelpilzgiften T-2 und HT-2. Diese vorwiegend von Fusarien-Pilzen gebildeten Toxine wirken unter anderem zellgiftig, können den Verdauungstrakt angreifen und das Immunsystem schwächen.

Labor findet Schimmelpilzgifte in Haferflocken

Die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) hat deshalb eine maximale Tagesdosis empfohlen, bis zu der die Aufnahme von T-2/HT-2 über einen längeren Zeitraum noch als gesundheitlich tolerabel gilt – einen sogenannten TDI. An diesem orientieren wir uns – der Grund: der aktuell gültige Grenzwert, den alle Produkte einhalten, lässt höhere Gehalte zu. Das ist in unseren Augen aber abgekoppelt von toxikologischen Erkenntnissen.

Bei sechs zarten Haferflocken-Produkten im Test würde eine erwachsene, 60 Kilogramm schwere Person bereits mehr als die Hälfte der noch als unbedenklich geltenden Tagesdosis ausschöpfen, wenn sie davon täglich eine 40-Gramm-Portion vertilgt. Solche Gehalte ordnen wir bereits als "erhöht" ein, denn ein halb so schweres Kind hätte mit einer gleich großen Portion Haferflocken die maximal noch vertretbare Dosis an T-2/ HT-2 bereits überschritten. Zweimal wird der TDI im Test sogar überschritten.

Bio-Haferflocken im Test sind weniger betroffen 

Auffallend ist: Es sind überwiegend Haferflocken aus konventionellem Anbau, die ein verschärftes Problem mit Schimmelpilzgiften haben. Doch was ist der Grund für dieses Muster, das wir auch schon in vergangenen Tests gesehen hatten?

Fusariengifte entstehen abhängig von bestimmten Witterungsbedingungen bereits auf dem Feld – und im Gegensatz zu konventionellen Landwirten dürfen Bio-Bauern sie nicht mit Fungiziden bekämpfen. Eine mögliche Erklärung könnte die im Öko-Landbau übliche Praxis der Fruchtfolge sein: Denn laut Saaten-Union, einem Verband deutscher Pflanzenzüchter, reduzieren bestimmte Fruchtfolgen das Fusarien-Risiko.

Keinen signifikanten Zusammenhang sehen wir zwischen den Anbauregionen und den T-2/HT-2-Gehalten: Belastete Produkte kommen sowohl aus Deutschland als auch aus anderen europäischen Staaten wie Finnland oder Dänemark.

Zarte Haferflocken im Test: Ergebnisse als ePaper kaufen

Kritik an mehreren Pestizidrückständen in Haferflocken

Neben den Schimmelpilzgiften haben wir noch einen dicken Minuspunkt: In einigen zarten Haferflocken im Test wies das Labor Mehrfachrückstände von Spritzmitteln nach. Auch wenn wir die Gehalte nur als Spuren bewerten, sehen wir die Mehrfach-Belastungen kritisch. Denn mögliche Wechselwirkungen der Pestizide untereinander sind aus unserer Sicht noch nicht ausreichend erforscht. Für Belastungen mit zwei und mehr Pestiziden ziehen wir deshalb eine Note ab.

Unter den nachgewiesenen Pestiziden ist auch immer wieder Glyphosat, das im Haferanbau wieder auf dem Vormarsch zu sein scheint. Glyphosat ordnen wir als besonders bedenklich ein. Die Gründe: Der Unkrautvernichter trägt erheblich zum Verlust von Biodiversität bei und auch der Verdacht auf eine krebserregende Wirkung ist noch nicht vollends ausgeräumt.

Kernige Haferflocken bei ÖKO-TEST 

2022 haben wir kernige Haferflocken unter die Lupe genommen. In diesem Test trübten Schimmelpilzgifte, Pestizide und Mineralölbestandteile das Image der gesunden Haferflocken. Er brachte aber auch viele empfehlenswerte Marken zum Vorschein: 

Beta-Glucane in Haferflocken

Übrigens: Unter den zahlreichen gesunden Inhaltsstoffen von Haferflocken ist ein Grüppchen in den vergangenen Jahren besonders ins Rampenlicht geraten: die Beta-Glucane. Beta-Glucane gehören zu den löslichen Ballaststoffen und sollen den Cholesterinspiegel senken. Auch diverse Produkte in unserem Test werben mit diesem Vorzug – schließlich gilt zu viel Cholesterin im Blut als Risikofaktor für koronare Herzerkrankungen.

Doch gibt es diese cholesterinsenkende Wirkung auch wirklich? Ja, für diese Aussage gibt es tatsächlich wissenschaftliche Beweise. Deshalb dürfen die Hersteller sie laut Health-Claims-Verordnung auch auf die Packung von Haferflocken schreiben. Vorausgesetzt sie fügen hinzu, dass die Wirkung erst ab drei Gramm Beta-Glucanen pro Tag eintritt.

Diesen Hinweis drucken auch alle Hersteller im Test auf die Packung. Gut zu wissen: 40 Gramm Haferflocken – die Menge, die wir als Tagesportion annehmen – enthalten etwa 1,5 Gramm Beta-Glucan, genügen für eine Senkung des Cholesterinspiegels also noch nicht. Es braucht eine zweite Portion Haferflocken oder besser noch: Gerste, die ebenfalls voller Beta-Glucane steckt.

Weiterlesen auf oekotest.de:

Wir haben diese Produkte für Sie getestet

Testverfahren

In Supermärkten, Bio-Läden und bei Discountern haben wir 35- mal Haferflocken eingekauft, die als zart, blütenzart, extra zart, Fein-, Zart- oder Kleinblatt ausgelobt waren. Das vergleichsweise große Angebot an Bio-Haferflocken schlägt sich auch im Testfeld nieder: Mit 21 Haferflocken tragen fast zwei Drittel ein Bio-Siegel. Die Preise der Produkte lagen zwischen 79 Cent und 5,98 Euro pro 500 Gramm.

Spezialisierte Labore analysierten alle Produkte auf Schimmelpilzgifte wie Zearalenon, Deoxynivalenol, T-2/HT-2 und Aflatoxine, ferner auf Pestizide und Wachstumsregulatoren einschließlich Glufosinat, Glyphosat sowie dessen Abbauprodukt Aminomethylphosphonsäure (AMPA). Untersuchungen auf mögliche Belastungen mit Mineralölbestandteilen sowie auf die Schwermetalle Cadmium und Nickel fanden ebenfalls statt. In einem als glutenfrei ausgelobten Produkt im Test lag der analytisch ermittelte Glutengehalt unter der gesetzlich verankerten Schwelle von 20 mg/kg.

Die Deklarationen der Haferflocken sahen wir uns dahingehend an, ob die Anbieter auf der Verpackung den Ballaststoffgehalt der Produkte angeben, ob sie mit Selbstverständlichkeiten werben, ob sie gesundheitsbezogene Angaben machen, die gegen die Health-Claims-Verordnung verstoßen, oder aber Umweltauslobungen ohne nähere Erklärung.

Bewertungslegende 

Soweit nicht abweichend angegeben, handelt es sich bei den hier genannten Abwertungsgrenzen nicht um gesetzliche Grenzwerte, sondern um solche, die von ÖKO-TEST festgesetzt wurden. Die Abwertungsgrenzen wurden von ÖKO-TEST eingedenk der sich aus spezifischen Untersuchungen ergebenden Messunsicherheiten und methodenimmanenter Varianzen festgelegt, zugrunde gelegt werden die gemessenen Gehalte. Steht bei konkret benannten Analyseergebnissen "nein", bedeutet das "unterhalb der Bestimmungsgrenze" der jeweiligen Testmethode. Bei Richt- und Orientierungswerten sowie Verarbeitungsfaktoren handelt es sich um rechtlich nicht bindende Werte, die eingehalten werden sollten, während rechtlich bindende Grenzwerte eingehalten werden müssen. Die tolerierbare tägliche Aufnahmemenge (TDI) ist ein Schätzwert, wie viel von einem Stoff lebenslang pro Tag ohne gesundheitliche Folgen aufgenommen werden kann. Zur Bestimmung des TDI wurde ein durchschnittliches Körpergewicht eines Erwachsenen von 60 Kilogramm und eine 40-g-Portion Haferflocken zugrunde gelegt.

Bewertung Testergebnisse Inhaltsstoffe: Unter dem Testergebnis Inhaltsstoffe führt zur Abwertung um vier Noten: ein gemessener Gehalt für die Summe an T-2- und HT-2-Toxin, der den TDI der EFSA von 0,02 μg/kg Körpergewicht zu mehr als 100 Prozent ausschöpft (in Tabelle: "T-2/HT-2 stark erhöht"). Zur Abwertung um zwei Noten führt: ein gemessener Gehalt für die Summe an T-2- und HT-2-Toxin, der den TDI der EFSA von 0,02 μg/kg Körpergewicht zu mehr als 50 bis 100 Prozent ausschöpft (in Tabelle: "T-2/HT-2 erhöht"). Zur Abwertung um jeweils eine Note führen: a) ein bis zwei als besonders bedenklich eingestufte Pestizide in gemessenen Gehalten von mehr als 0,01 mg/kg. Dabei orientieren wir uns an der Liste der hochgefährlichen Pestizide des Pestizid-Aktions-Netzwerks (PAN), Stand: März 2021, insbesondere der in Gruppe 2 oder Gruppe 3 als sehr bienentoxisch oder sehr bioakkumulierend und sehr persistent in Wasser, Böden oder Sedimenten genannten Stoffe sowie an Einstufungen von Pestiziden in der EU-Datenbank oder der CLP-Verordnung (ECHA) als kanzerogen oder reproduktionstoxisch (hier: Glyphosat); b) ein Mehrfachrückstand von zwei bis sechs Pestiziden und/oder Wirkverstärkern.

Bewertung Testergebnis Weitere Mängel: Unter dem Testergebnis Weitere Mängel führt zur Abwertung um zwei Noten: Werbung mit Selbstverständlichkeiten ohne Hinweis auf gesetzliche Regelungen, wobei gesetzlich vorgeschriebene Eigenschaften oder selbstverständliche Umstände als etwas Besonderes hervorgehoben werden, obwohl vergleichbare Produkte diese ebenso aufweisen. Zur Abwertung um jeweils eine Note führen: a) Werbung mit Selbstverständlichkeiten mit Hinweis auf gesetzliche Regelungen, wobei gesetzlich vorgeschriebene Eigenschaften oder selbstverständliche Umstände als etwas Besonderes hervorgehoben werden, obwohl vergleichbare Produkte diese ebenso aufweisen; b) keine Angabe des Ballaststoffgehalts in der Nährwerttabelle auf der Verpackung. Diese Angabe ist rechtlich nicht verpflichtend, kann dem Verbraucher jedoch eine wertgebende Information zum Produkt geben.

Das Gesamturteil beruht auf dem Testergebnis Inhaltsstoffe. Ein Testergebnis Weitere Mängel, das "befriedigend" ist, verschlechtert das Gesamturteil um eine Note. Ein Testergebnis Weitere Mängel, das "gut" ist, verschlechtert das Gesamturteil nicht.  

Testmethoden 

Pestizid-Screening: LC-MS/MS; GC-MS nach § 64 LFGB L00.00-34: 2010-09, mod. (Bestimmung im homogenisierten Probenmaterial aus drei Packungen).

Mineralölbestandteile: nach DIN EN 16995:2017-08 mod.; LC-GC/FID (Bestimmung im homogenisierten Probenmaterial aus drei Packungen).

Cadmium, Nickel: Aufschluss nach DIN EN 13805:2014-12. Messung mit ICP-MS nach DIN EN 15763:2010-04 mod. (Bestimmung im homogenisierten Probenmaterial aus drei Packungen).

Mykotoxine, Aflatoxine: LC-MS/MS (Bestimmung im homogenisierten Probenmaterial aus drei Packungen).

Glyphosat/Aminomethylphosphonsäure (AMPA)/Glufosinat: LC-MS/MS (Bestimmung im homogenisierten Probenmaterial aus drei Packungen).

Chlormequat/Mepiquat: LC-MS/MS (Bestimmung im homogenisierten Probenmaterial aus drei Packungen).

Gluten: ELISA [Sandwich ELISA] (Bestimmung im homogenisierten Probenmaterial aus drei Packungen).

Einkauf der Testprodukte: Mai bis Juli 2024 

Tests und deren Ergebnisse sind urheberrechtlich geschützt. Ohne schriftliche Genehmigung des Verlags dürfen keine Nachdrucke, Kopien, Mikrofilme oder Einspielungen in elektronische Medien angefertigt und/oder verbreitet werden.