20 Kinderlebensmittel mit Zucker im Test

Wir sind sauer

Jahrbuch Kleinkinder 2015 | Kategorie: Kinder und Familie | 09.01.2015

20 Kinderlebensmittel mit Zucker im Test

Mahlzeiten für die ganz Kleinen sind oft mit Vitaminen angereichert und mit Werbeversprechen aufgemotzt. Sie sollen gesund wirken, in Wahrheit enthalten viele aber jede Menge versteckten Zucker.

Die dreijährige Alina mag es gerne süß. Schon zum Frühstück bevorzugt sie Nutellabrötchen und Kakao. Im Kindergarten isst sie Obst zur Wurststulle und trinkt Apfelsaftschorle. Nach dem Mittagessen muss es ein Fruchtquark sein. Später isst sie oft noch ein paar Kekse oder auch mal ein Stück Kuchen. Auch Brüderchen Fritz ist ein "Süßer". Obwohl mit seinen vierzehn Monaten gerade dem Breikostalter entwachsen, isst er weiche, süße Speisen immer noch gern: süßen Grießbrei aus der Packung etwa oder einen Früchteriegel und gemustes Obst zwischendurch.

Rechnet man aus, was die beiden an Zucker verspeisen, dürfte die Überraschung groß sein. So nimmt Alina mit 20 g Nuss-Nougat-Creme, 200 ml Kakaogetränk, 250 ml Apfelsaftschorle, 50 g Fruchtquark und vier Keksen sage und schreibe 44 g Zucker zu sich. Umgerechnet auf Würfelzucker sind das stattliche 14,5 Stück, was schon einem kleinen Zuckertürmchen gleichkommt. Bei Fritz liefern 200 g Fertiggrießbrei und ein Früchteriegel 18,5 g Zucker bzw. gut sechs Stück Würfelzucker.

Welche Lebensmittel Kleinkinder in welchen Mengen optimalerweise essen sollten, hat das Forschungsinstitut für Kinderernährung (FKE) erarbeitet. Danach sollte zugesetzter Zucker maximal sieben Prozent der Energiezufuhr ausmachen. Das bedeutet, dass für Einjährige 14,9 g Zucker bzw. knapp fünf Stück Würfelzucker pro Tag gerade noch akzeptabel sind. Zwei- bis Dreijährige sollten mit 16,6 g Zucker bzw. fünfeinhalb Stücken Würfelzucker auskommen. Für Säuglinge gibt es noch keine Empfehlungen.

Wir wollten wissen, wie es um den Zuckergehalt von Fertigprodukten für kleine Kinder steht. Im Test: 20 Produkte, die meist für Babys ab dem sechsten Lebensmonat angeboten werden. Einbezogen wurden auch Kinderquarks. Im Labor wurde gemessen, wie viel Zucker in den Produkten enthalten ist. Anschließend wurden die Gehalte mit der tolerierten Zuckermenge für Einjährige verglichen.

Das Testergebnis

Mit peppigen Werbeaussagen werden Zuckerbomben verschleiert. Einige Produkte sind so süß, dass bereits eine einzige Portion ausreicht, um das tägliche Zuckerlimit fast ganz auszuschöpfen - und das trotz wortreicher Auslobungen.

Süßer Spitzenreiter ist die für Kinder ab dem siebten Monat ausgelobte Zwischenmahlzeit Bebivita Frucht & Joghurt Pfirsich-Maracuja. Ein Gläschen schöpft unglaubliche 89 Prozent der täglichen Zuckertoleranz aus. Auch die anderen getesteten Zwischenmahlzeiten sind viel zu zuckerhaltig.

Zucker im Baby- und Kleinkindertee ist ein Unding. Während einige Anbieter nach Kritik von ÖKO-TEST gezuckerte Tees aus dem Programm genommen haben, hat Hersteller Bebivita den Zuckergehalt in seinem Früchtetee deutlich reduziert. Allerdings hat ein einjähriges Kind auch bei der aktuellen Rezeptur mit einer "großen" 200-ml-Tasse bereits ein Viertel der täglich tolerierten Zuckermenge zu sich genommen, ohne auch nur einen Bissen gegessen zu haben. Eine halb so große "kle...

Wir haben diese Produkte für Sie getestet

Testverfahren

So haben wir getestet

Der Einkauf

In den Test aufgenommen wurden insgesamt 20 zuckerhaltige Produkte, die von Babys und Kleinkindern gegessen werden. Der größte Teil umfasst Fertigbreie aus dem Glas, Breie in Pulverform zum Anrühren mit Wasser, Instanttees und Babykekse, wie sie von Babykostherstellern wie Nestlé, Hipp oder Milupa angeboten werden. Häufig produzieren diese Hersteller auch in Bio-Qualität, fast jedes vierte Produkt in unserem Test ist zertifiziert. Klassische Bio-Lebensmittelhersteller sind allerdings kaum vertreten, von ihnen fanden unsere Einkäufer kein entsprechendes Angebot. In den Test aufgenommen haben wir auch Kinderquarkmahlzeiten von Danone und Co. Diese Produkte sind zwar streng genommen keine Kleinkinderlebensmittel, richten sich aber in Aufmachung, Portionsgröße oder Namensgebung eindeutig auch an kleine Kinder.

Die Werbeaussagen

Schaut man sich die Packungen der Breie, Pulver und Tees genauer an, fällt auf, dass sich etliche mit wohlklingenden Auslobungen schmücken. Mal geht es um reichliche Vitamin- und Mineralstoffzusätze, mal um die Hochwertigkeit der Zutaten und ein anderes Mal um die Bekömmlichkeit. Wir haben uns die augenfälligsten Botschaften auf der Frontseite der Verpackungen näher angesehen und den Zuckergehalten gegenübergestellt.

Die Zuckergehalte

Im Labor ließen wir die Produkte auf Glucose (Traubenzucker), Fructose (Fruchtzucker), Saccharose (Haushaltszucker) und Maltose (Zweifachzucker aus zwei Teilen Traubenzucker) analysieren. Nicht ins Visier genommen haben wir den Zucker aus der Milch (Laktose), da Milch prinzipiell wertvoll ist und Laktose ein natürlicher Bestandteil der Milch ist. Analytisch erfasst wurden sämtliche Zuckerarten, die den Produkten zugesetzt sind. Diese Zuckerarten findet man in der Zutatenliste unter den Begriffen Zucker, Traubenzucker, Fruchtzucker - oder unter den jeweiligen Fachbezeichnungen. Zucker ist allerdings auch in Glucose-Fructose-Sirup, Reissirup und in geringen Mengen in Maltodextrin enthalten. Doch auch Früchte liefern gewisse Mengen an Glucose, Fructose und Saccharose. Die gemessenen Zuckergehalte speisen sich somit auch aus den Fruchtanteilen. Wir haben daher geprüft, wie viel Frucht denn überhaupt in den Produkten steckt, die oft so plakativ mit gesunden Obstabbildungen bedruckt sind.

Die Bewertung

Weil der Fokus unseres Tests auf dem Zuckergehalt lag, haben wir kein Gesamturteil vergeben. Dennoch stehen die Zuckergehalte nicht im luftleeren Raum. Wir haben sie vielmehr mit den Empfehlungen des Forschungsinstituts für Kinderernährung verglichen, die für Kinder ab einem Jahr herausgegeben werden. Fazit: Viele Mahlzeiten entpuppen sich als regelrechte Zuckerbomben, obwohl sie auf den ersten Blick einen ganz "gesunden" Eindruck machen.

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