Senf im Test: Wie gut sind Born, Thomy & Co.?

ÖKO-TEST Jahrbuch für 2025 | Autor: Birgit Hinsch/Sarah Becker/Julia Dibiasi/Cordula Posdorf | Kategorie: Essen und Trinken | 30.10.2024

Senf im Test: Wir haben 23 mittelscharfe Senfe getestet
Foto: Andrew Balcombe/Shutterstock

Egal ob als würzige Beilage oder als Zutat für Soßen und Dressings: Senf lässt sich vielfältig einsetzen. Umso erfreulicher, dass wir nach unserem Test viele mittelscharfe Senfe empfehlen können. In einigen Produkten sind wir jedoch auf bedenkliche Inhaltsstoffe gestoßen. 

  • Im Test: 23 mittelscharfe Senfe, darunter acht Bio-Produkte.
  • Mit "sehr gut" schneiden acht Produkte ab. Ein Senf fällt mit "mangelhaft" durch den Test.
  • Vor allem Bisphenol F, Erucasäure und Glyphosat sorgen für Notenabzüge
  • Sensorik: Bei manchen Senfen kritisieren die Experten eine fehlende Schärfe. Ein Produkt bewerten sie wiederum als "zu scharf für mittelscharf".

Aktualisiert am 30.10.2024 | Ganze 774 Gramm – so viel Senf hat jede und jeder Deutsche im Durchschnitt 2022 gegessen. Aber was steckt drin im Senf – also außer Senfkörnern? Das wollten wir genau wissen und haben deswegen 23 mittelscharfe Senfe ins Labor geschickt.

Senf im Test: Wie gut sind Born, Thomy & Co.? 

Das Testergebnis: Acht Produkte sind mit "sehr gut" rundum empfehlenswert, darunter auch zwei günstige Eigenmarken. Einige Senfe landen jedoch nur im Mittelfeld. Testverlierer ist ein Produkt, das nur mit "mangelhaft" abschneidet. Die Hauptkritikpunkte in diesem Test: Bisphenol F, Erucasäure und Glyphosat.

Senf lässt sich in der Küche vielseitig einsetzen, so zum Beispiel für Salatdressings. Doch welche Produkte sind empfehlenswert? Wir haben 23 mittelscharfe Senfe getestet.
Senf lässt sich in der Küche vielseitig einsetzen, so zum Beispiel für Salatdressings. Doch welche Produkte sind empfehlenswert? Wir haben 23 mittelscharfe Senfe getestet. (Foto: sarocha wangdee/Shutterstock)

Was ist der Unterschied zwischen Bisphenol F und Bisphenol A?

Bei Bisphenol F (BPF) drängt sich zunächst die Frage auf: Ist BPF das Gleiche wie die bekannte Massenchemikalie Bisphenol A (BPA)? Nicht ganz. Aber es ähnelt dem Stoff in seiner chemischen Struktur.

Die Europäische Chemikalienagentur (ECHA) sieht für Bisphenol F die Kriterien für eine hormonelle Wirkung in der Umwelt erfüllt – vor allem belegt durch Studien an Fischen. Im Gegensatz zu BPA, bei dem der Verdacht naheliegt, dass es nicht nur hormonschädlich wirkt, sondern auch das menschliche Immunsystem beeinträchtigt, fehlen für BPF jedoch wichtige Daten, um dessen Auswirkungen auf die menschliche Gesundheit einschätzen zu können.

ÖKO-TEST bewertet Bisphenol F so

Deshalb fehlt bisher auch ein entsprechender TDI – also eine Mengenangabe, wie viel BPF ein Mensch täglich aufnehmen kann, ohne gesundheitliche Risiken befürchten zu müssen – auf europäischer Ebene. Das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) befürwortet deswegen, den 2023 von ihm herausgegebenen TDI für BPA für die gesundheitliche Bewertung heranzuziehen – was wir tun.

Da es sich hierbei lediglich um eine Annäherung handelt, werten wir nur ab, wenn der TDI tatsächlich zu mehr als 100 Prozent ausgeschöpft wird und ziehen moderate zwei statt den üblichen vier Noten ab. Das betrifft bei einer angenommenen Verzehrmenge von 10 Gramm pro Tag bezogen auf einen 60 Kilogramm schweren Erwachsenen fünf Senfe im Test.

Wie BPF in den getesteten Senf gelangt sein könnte

Damit aus Senfsaat Senf wird, werden die Körner gereinigt, gemahlen und mit Wasser, Essig, Salz und Gewürzen zur sogenannten Maische angesetzt. Das BfR vermutet, dass das natürlich in heller Senfsaat vorkommende Glucosinalbin in Kombination mit dem Essig zu Bisphenol F (BPF) reagiert, wovon auch einige Hersteller im Test nach eigenen Angaben ausgehen.

Was das Problem von hohen Erucasäure-Gehalten ist

Kommen wir zur Erucasäure, die wir insgesamt dreimal im Test kritisieren. Von Natur aus enthält Senfsaat und damit auch fertiger Senf Erucasäure – eine Fettsäure des in den Körnern enthaltenen Senföls. Das Problem: Laut BfR können hohe Gehalte eine Verfettung des Herzens begünstigen und den Herzmuskel schwächen. Die Schäden gelten als reversibel, können sich also wieder zurückbilden.

Um Orientierung zu bieten, wie viel Erucasäure ein Erwachsener täglich aufnehmen kann, ohne gesundheitliche Risiken befürchten zu müssen, hat die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) 2016 einen TDI für Erucasäure festgelegt. Demnach kann eine 60 Kilogramm schwere Person bis zu 420 Milligramm Erucasäure pro Tag tolerieren.

Bei einer Portion Senf täglich schöpfen drei Produkte diesen Wert zu mehr als der Hälfte aus. Aber, und das sind die guten Nachrichten: Kein getesteter Senf überschreitet den TDI. Auch den seit 2019 geltenden Grenzwert für Erucasäure in Senf halten alle Hersteller ein.

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Weniger Glyphosat in Senfen als 2021

Was das Labor allerdings gefunden hat: In vier Senfen im Test wurden Rückstände von Glyphosat nachgewiesen. Das ist ein deutlicher Rückgang im Vergleich zum unserem letzten Senf-Test im Jahr 2021. Damals wurden in zehn mittelscharfen Senfen Glyphosat-Rückstände nachgewiesen. 

Wir stufen das Pestizid als besonders bedenklich ein. Denn, obwohl die EU es gerade erst für weitere zehn Jahre zugelassen hat, räumte die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) bei der Risikobewertung von Glyphosatrückständen in Lebensmitteln und deren möglichen Gesundheitsrisiken Datenlücken ein.

Außerdem stuft die Internationale Agentur für Krebsforschung (IARC) den Unkrautvernichter weiter als "wahrscheinlich krebserregend" beim Menschen ein. Genauso wie das Pestizid- Aktions-Netzwerk Deutschland, das Glyphosat immer noch für "hochgefährlich" hält. Die Europäische Chemikalienagentur (ECHA) hingegen hält eine Einstufung von Glyphosat als krebserregend nicht für gerechtfertigt. Wir kritisieren zudem, dass die breite Anwendung von Glyphosat die Artenvielfalt bedroht.

(Foto: ÖKO-TEST)

Kann Senf im Geschmackstest überzeugen?

Wir wollten natürlich auch wissen, wie der Senf schmeckt. Deswegen haben wir alle Senfe von Experten sensorisch beurteilen lassen. Während die meisten überzeugten, gab es bei zehn Senfen kleinere Auffälligkeiten. So wird beispielsweise bei sechs Produkten die fehlende Schärfe bemängelt, während ein Senf als "zu scharf für mittelscharf" bewertet wird.

In einem Fall werten wir zudem zugesetztes natürliches Aroma ab. Schließlich schaffen es andere Hersteller auch ohne zugesetztes Aroma, dass ihr Senf "sehr gut" schmeckt.

Umweltbelastende Stoffe in Deckeldichtungen

Die Verpackungen der Senfe haben wir auf PVC/PVDC/chlorierte Verbindungen prüfen lassen. Bei vier Produkten gab es positive Befunde in den Deckeldichtungen. Da diese Verbindungen die Umwelt belasten, Weichmacher enthalten können und es inzwischen PVC-freie Deckel gibt, werten wir ab.

Auch die in vielen Produkten nachgewiesenen BPA-Spuren könnten aus den Deckeln stammen. Eine Kontamination der Zutaten während der Lagerung ist ebenfalls denkbar. Die BPA-Spuren sind jedoch so gering, dass wir sie als unbedenklich einschätzen.  

Wie kommt die Schärfe in den Senf?

Es gibt unterschiedliche Senfsaaten – darunter Gelbsenfsaat und Braunsenfsaat.

  • Dunkle Senfsaat – woraus schwarzer und brauner Senf hauptsächlich bestehen – ist relativ scharf. Das liegt unter anderem am enthaltenen Allylsenföl, das beim nassen Vermahlen der dunklen Senfsaat entsteht und für die kribbelige Schärfe in der Nase sorgt.
  • Helle Senfsaat ist milder im Geschmack. Bei der Herstellung eines mittelscharfen Senfes kommt es deshalb auf das Mischungsverhältnis der beiden Saaten an, während für einen scharfen Senf meist nur Braunsenfsaaten verwendet werden.

Die Unterschiede der Senfsaaten setzen sich auch in Bezug auf deren gesundheitliche Wirkung fort. So ist das in heller Senfsaat enthaltene Glucosinalbin aufgrund der Bisphenol F-Bildung eher nachteilig, während sich das in Braunsenfsaat enthaltene Sinigrin (ebenfalls ein sekundärer Pflanzenstoff) aufgrund der belegten entzündungshemmenden Eigenschaften positiv auswirkt.

Diesen Test haben wir zuletzt im ÖKO-TEST Magazin 5/2024 veröffentlicht. Aktualisierung der Testergebnisse/Angaben für das Jahrbuch für 2025 sofern die Anbieter Produktänderungen mitgeteilt haben oder sich aufgrund neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse die Bewertung von Mängeln geändert oder wir neue/zusätzliche Untersuchungen durchgeführt haben.

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Wir haben diese Produkte für Sie getestet

Testverfahren

Wir haben 23 mittelscharfe Senfe getestet, darunter acht Bio-Produkte. Wenn es von großen Marken eine konventionelle und eine Bio-Variante gab, haben wir beide gekauft. Zudem griffen wir zu Senf in Gläsern oder Kunststoffbechern, Tubensenf blieb außen vor. Eingekauft haben wir in Discountern, Super- und Bio-Märkten, zu Preisen zwischen 0,45 und 3,44 Euro pro 250 Gramm bzw. Milliliter.

Fachlabore analysierten die Produkte auf Bisphenole, Erucasäure, Glyphosat, Mineralölbestandteile sowie gentechnisch veränderte Organismen; die beiden Letztgenannten fanden sich nicht in den Produkten. Darüber hinaus ließen wir die salz- und fettfreie Trockenmasse bestimmen – ein Parameter zur Beurteilung der Senfqualität. Hinzu kam eine Prüfung auf mögliche Keime, die aber unauffällig war. Geschulte Prüfer beurteilten die Senfe schließlich in Hinblick auf das Aussehen, den Geruch, Geschmack und die Konsistenz.

Die Verpackung ließen wir im Labor auf PVC/PVDC/chlorierte Verbindungen analysieren. Packungsangaben wie den Nutri-Score überprüften wir, und in den Zutatenlisten schauten wir nach umstrittenen Inhaltsstoffen, etwa Aromen.

Bewertungslegende 

Produkte mit dem gleichen Gesamturteil sind in alphabetischer Reihenfolge aufgeführt. Soweit nicht abweichend angegeben, handelt es sich bei den hier genannten Abwertungsgrenzen nicht um gesetzliche Grenzwerte, sondern um solche, die von ÖKO-TEST festgesetzt wurden. Die Abwertungsgrenzen wurden von ÖKO-TEST eingedenk der sich aus spezifischen Untersuchungen ergebenden Messunsicherheiten und methodenimmanenter Varianzen festgelegt. Steht bei konkret benannten Analyseergebnissen "nein", bedeutet das unterhalb der Bestimmungsgrenze der jeweiligen Testmethode.

Bewertung Testergebnis Inhaltsstoffe: Unter dem Testergebnis Inhaltsstoffe führen zur Abwertung um jeweils zwei Noten: a) ein gemessener Gehalt an Erucasäure, der den von der EFSA 2016 festgelegten TDI von 7 mg/kg Körpergewicht und Tag zu mehr als 50 bis 100 Prozent ausschöpft (in Tabelle "erhöht"); b) ein gemessener Gehalt an Bisphenol F, der den vom BfR 2023 festgelegten TDI für Bisphenol A von 0,2 μg/kg Körpergewicht und Tag zu mehr als 100 Prozent ausschöpft (in Tabelle "stark erhöht"). Für die Berechnungen haben wir eine Portion von 10 g Senf und ein Körpergewicht von 60 kg zugrunde gelegt. Zur Abwertung um jeweils eine Note führt: a) ein bis zwei als besonders bedenklich eingestufte Pestizide in gemessenen Gehalten von mehr als 0,01 mg/kg (hier: Glyphosat). Dabei orientieren wir uns an der Liste der hochgefährlichen Pestizide des Pestizid-Aktions-Netzwerks (PAN), insbesondere der in Gruppe 2 oder Gruppe 3 als sehr bienentoxisch oder sehr bioakkummulierend und sehr persistent in Wasser, Böden oder Sedimenten genannten Stoffe sowie Einstufungen von Pestiziden in der EU-Datenbank oder CLP-Verordnung (ECHA) als kanzerogen oder reproduktionstoxisch; b) natürliches Aroma.

Bewertung Testergebnis Sensorik: Unter dem Testergebnis Sensorik führt zur Abwertung um jeweils eine Note: a) eine Abweichung, die auf den Geschmack und/oder den Geruch zurückzuführen ist (in Tabelle: "aromaarm", "Würzung nicht abgestimmt", "fehlende Schärfe", "wenig scharf", "zu salzig", "zu scharf für mittelscharf"); b) eine Abweichung, die auf die Konsistenz zurückzuführen ist (in Tabelle: "zu dünn").

Bewertung Testergebnis Weitere Mängel: Unter dem Testergebnis Weitere Mängel führt zur Abwertung um eine Note: PVC/PVDC/chlorierte Verbindungen in der Verpackung (hier: Deckeldichtung).

Das Gesamturteil beruht auf dem Testergebnis Inhaltsstoffe. Ein Testergebnis Sensorik, das "befriedigend" oder "ausreichend" ist, verschlechtert das Gesamturteil um eine Note. Ein Testergebnis Sensorik oder ein Testergebnis Weitere Mängel, das "gut" ist, verschlechtert das Gesamturteil nicht.

Testmethoden

MOAH, MOSH, MOSH-Analoge: nach DIN EN 16995:2017-08 mod.; die Modifikation betrifft die Verseifung und eine andere Matrix. Glyphosat/Glufosinat/Aminomethylphosphonsäure (AMPA): LC-MS/MS
Erucasäure: Fettsäureverteilung nach Fettextraktion mittels DGF C-VI 10a (00) und 11d (19): 2013/2019
Gesamtfett: Gravimetrisches Verfahren nach Säureaufschluss
Wasser: Gravimetrisches Verfahren nach Trocknung bei 103 °C
Salz- und fettfreie Trockenmasse: Differenzrechnung. Kochsalz: Titration
Mesophile Sporenbildner anaerob: Keimzählverfahren
Bisphenol A/Bisphenol F/Bisphenol S: LC-MS/MS
GVO: GS053 Laurical canola modification und GS195 35S/oxy modification (Navigator canola): EFGT 09.178 (2021-08); GS125 NOS terminator und GS128 PAT(SYN) gene: EFGT 09.182 (2020-11); GS007 EPSPS modification: EFGT 09.182 (2020-11); GSAB2 AgroBorder II: EFGT 09.121 (2017-02); GS03K ubi/gat modification: GS-P-09.095 (2014-03); GS0CS OCS terminator: EFGT 09.178 (2021-08)
Sensorik: Beschreibende Prüfung mit anschließender Qualitätsbewertung auf der 5-Punkte-Skala; Methode § 64 LFGB L 00.90-14:2019-03, mod., PV 00748, Organoleptik (Modifikation: Umfang des Prüfpanels, keine Probenverschlüsselung, keine Ermittlung der Intensitätseigenschaften, keine Aufzeichnung und Angabe des Prüfklimas, verkürzter Prüfbericht)
PVC/PVDC/chlorierte Verbindungen in der Verpackung: Röntgenfluoreszenzanalyse

Einkauf der Testprodukte: Januar 2024.

Diesen Test haben wir zuletzt im ÖKO-TEST Magazin 5/2024 veröffentlicht. Aktualisierung der Testergebnisse/Angaben für das Jahrbuch für 2025 sofern die Anbieter Produktänderungen mitgeteilt haben oder sich aufgrund neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse die Bewertung von Mängeln geändert oder wir neue/zusätzliche Untersuchungen durchgeführt haben.

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