- Im Test: 23 mittelscharfe Senfe, darunter acht Bio-Produkte.
- Das Fazit: Acht Produkte schneiden mit Bestnote ab. Ein Senf fällt mit "mangelhaft" durch den Test.
- Minuspunkte gibt es vor allem für Bisphenol F, Erucasäure und Glyphosat.
- Auffällig: Bei manchen Senfen bemängelten die Sensorik-Experten eine fehlende Schärfe. Ein Produkt bewerten sie wiederum als "zu scharf für mittelscharf".
Ganze 774 Gramm – so viel Senf hat jede und jeder Deutsche im Durchschnitt 2022 gegessen. Aber was steckt drin im Senf – also außer Senfkörnern? Das wollten wir genau wissen und haben deswegen 23 mittelscharfe Senfe ins Labor geschickt.
Born, Thomy & Co.: Senf im Test
Das Testergebnis: Acht Produkte sind mit "sehr gut" rundum empfehlenswert, darunter auch zwei günstige Eigenmarken. Einige Senfe landen jedoch nur im Mittelfeld. Testverlierer ist ein Produkt, das nur mit "mangelhaft" abschneidet. Die Hauptkritikpunkte in diesem Test: Bisphenol F, Erucasäure und Glyphosat.
Was ist das Problem bei Bisphenol F?
Bei Bisphenol F (BPF) drängt sich zunächst die Frage auf: Ist BPF das Gleiche wie die bekannte Massenchemikalie Bisphenol A (BPA)? Nicht ganz. Aber es ähnelt ihm in seiner chemischen Struktur.
Die Europäische Chemikalienagentur (ECHA) sieht für Bisphenol F die Kriterien für eine hormonelle Wirkung in der Umwelt erfüllt – vor allem belegt durch Studien an Fischen. Im Gegensatz zu BPA, bei dem der Verdacht naheliegt, dass es nicht nur hormonschädlich wirkt, sondern auch das menschliche Immunsystem beeinträchtigt, fehlen für BPF jedoch wichtige Daten, um dessen Auswirkungen auf die menschliche Gesundheit einschätzen zu können.
So bewertet ÖKO-TEST den Stoff
Deshalb fehlt bisher auch ein entsprechender TDI – also eine Mengenangabe, wie viel BPF ein Mensch täglich aufnehmen kann, ohne gesundheitliche Risiken befürchten zu müssen – auf europäischer Ebene. Das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) befürwortet deswegen, den 2023 vom BfR herausgegebenen TDI für BPA für die gesundheitliche Bewertung heranzuziehen – was wir tun.
Da es sich hierbei lediglich um eine Annäherung handelt, werten wir nur ab, wenn der TDI tatsächlich zu mehr als 100 Prozent ausgeschöpft wird und ziehen moderate zwei statt den üblichen vier Noten ab. Das betrifft bei einer angenommenen Verzehrmenge von 10 Gramm pro Tag bezogen auf einen 60 Kilogramm schweren Erwachsenen fünf Senfe im Test.
Wie kommt BPF in den getesteten Senf?
Damit aus Senfsaat Senf wird, werden die Körner gereinigt, gemahlen und mit Wasser, Essig, Salz und Gewürzen zur sogenannten Maische angesetzt. Das BfR vermutet, dass das natürlich in heller Senfsaat vorkommende Glucosinalbin in Kombination mit dem Essig zu Bisphenol F (BPF) reagiert, wovon auch einige Hersteller im Test nach eigenen Angaben ausgehen.
Erucasäure kann Verfettung des Herzens begünstigen
Kommen wir zur Erucasäure, die wir insgesamt dreimal im Test kritisieren. Von Natur aus enthält Senfsaat und damit auch fertiger Senf Erucasäure – eine Fettsäure des in den Körnern enthaltenen Senföls. Das Problem: Laut BfR können hohe Gehalte eine Verfettung des Herzens begünstigen und den Herzmuskel schwächen. Die Schäden gelten als reversibel, können sich also wieder zurückbilden.
Um Orientierung zu bieten, wie viel Erucasäure ein Erwachsener täglich aufnehmen kann, ohne gesundheitliche Risiken befürchten zu müssen, hat die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) 2016 einen TDI für Erucasäure festgelegt. Demnach kann eine 60 Kilogramm schwere Person bis zu 420 Milligramm Erucasäure pro Tag tolerieren.
Bei einer Portion Senf täglich schöpfen drei Produkte diesen Wert zu mehr als der Hälfte aus. Aber, und das sind die guten Nachrichten: Kein getesteter Senf überschreitet den TDI. Auch den seit 2019 geltenden Grenzwert für Erucasäure in Senf halten alle Hersteller ein.
Weniger Glyphosat als im Jahr 2021 gefunden
Was das Labor allerdings gefunden hat: In vier Senfen im Test wurden Rückstände von Glyphosat nachgewiesen. Das ist ein deutlicher Rückgang im Vergleich zum unserem letzten Senf-Test im Jahr 2021. Damals wurden in zehn mittelscharfen Senfen Glyphosat-Rückstände nachgewiesen.
Wir stufen das Pestizid als besonders bedenklich ein. Denn, obwohl die EU es gerade erst für weitere zehn Jahre zugelassen hat, räumte die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) bei der Risikobewertung von Glyphosatrückständen in Lebensmitteln und deren möglichen Gesundheitsrisiken Datenlücken ein.
Außerdem stuft die Internationale Agentur für Krebsforschung (IARC) den Unkrautvernichter weiter als "wahrscheinlich krebserregend" beim Menschen ein. Genauso wie das Pestizid- Aktions-Netzwerk Deutschland, das Glyphosat immer noch für "hochgefährlich" hält. Die Europäische Chemikalienagentur (ECHA) hingegen hält eine Einstufung von Glyphosat als krebserregend nicht für gerechtfertigt. Wir kritisieren zudem, dass die breite Anwendung von Glyphosat die Artenvielfalt bedroht.
Wie schmeckt der Senf im Test?
Wir wollten natürlich auch wissen, wie der Senf schmeckt. Deswegen haben wir alle Senfe von Experten sensorisch beurteilen lassen. Während die meisten überzeugten, gab es bei zehn Senfen kleinere Auffälligkeiten. So wird beispielsweise bei sechs Produkten die fehlende Schärfe bemängelt, während ein Senf als "zu scharf für mittelscharf" bewertet wird.
In einem Fall werten wir zudem zugesetztes natürliches Aroma ab. Schließlich schaffen es andere Hersteller auch ohne zugesetztes Aroma, dass ihr Senf "sehr gut" schmeckt.
Umweltbelastende Stoffe entdeckt
Die Verpackungen der Senfe haben wir auf PVC/PVDC/chlorierte Verbindungen prüfen lassen. Bei fünf Produkten gab es positive Befunde in den Deckeldichtungen. Da diese Verbindungen die Umwelt belasten, Weichmacher enthalten können und es inzwischen PVC-freie Deckel gibt, werten wir ab.
Auch die in vielen Produkten nachgewiesenen BPA-Spuren könnten aus den Deckeln stammen. Eine Kontamination der Zutaten während der Lagerung ist ebenfalls denkbar. Die BPA-Spuren sind jedoch so gering, dass wir sie als unbedenklich einschätzen.
So kommt die Schärfe in den Senf
Es gibt unterschiedliche Senfsaaten – darunter Gelbsenfsaat und Braunsenfsaat.
- Dunkle Senfsaat – woraus schwarzer und brauner Senf hauptsächlich bestehen – ist relativ scharf. Das liegt unter anderem am enthaltenen Allylsenföl, das beim nassen Vermahlen der dunklen Senfsaat entsteht und für die kribbelige Schärfe in der Nase sorgt.
- Helle Senfsaat ist milder im Geschmack. Bei der Herstellung eines mittelscharfen Senfes kommt es deshalb auf das Mischungsverhältnis der beiden Saaten an, während für einen scharfen Senf meist nur Braunsenfsaaten verwendet werden.
Die Unterschiede der Senfsaaten setzen sich auch in Bezug auf deren gesundheitliche Wirkung fort. So ist das in heller Senfsaat enthaltene Glucosinalbin aufgrund der Bisphenol F-Bildung eher nachteilig, während sich das in Braunsenfsaat enthaltene Sinigrin (ebenfalls ein sekundärer Pflanzenstoff) aufgrund der belegten entzündungshemmenden Eigenschaften positiv auswirkt.
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