Pflanzliche Proteine: Was sind die Vorteile?

Magazin März 2021: Gesund mit Eiweiß | Autor: Simonetta Zieger | Kategorie: Essen und Trinken | 13.03.2021

Pflanzliche Proteine können aus verschiedenen Quellen stammen.
Foto: Rimma Bondarenko/Shutterstock

Pflanzliche Kost ist hip. Doch heißt pflanzlich auch reich an Proteinen? Ja. Pflanzen liefern viel gesundes Eiweiß. Das ist gut für Körper, Umwelt und Klima. 

  • Eine Ernährung auf Pflanzenbasis bringt nicht nur gesunde Proteine, sondern auch andere gesundheitsförderliche Inhaltsstoffe auf den Tisch. 
  • Die meisten pflanzlichen Proteine enthalten Hülsenfrüchte, Vollkornprodukte, Nüsse, Saaten und Pseudogetreide, wie Amaranth.
  • Mit einer rein pflanzlichen Ernährung kann der menschliche Proteinbedarf abgedeckt werden.

Pflanzliche Proteine sind keine Mangelware. Die Versorgung mit Eiweißen ist in einer ausgewogenen, pflanzenbetonten Ernährung kein Problem. Ganz im Gegenteil: Pflanzliche Lebensmittel liefern ausgesprochen gesunde Proteine. Doch was unter Veganern und Vegetariern längst bekannt ist, trifft immer noch auf Vorurteile.

Wofür braucht der menschliche Körper überhaupt Proteine? Die Antwort lautet: Für weit mehr als nur für starke Muskeln. Denn körpereigene Proteine spielen unter anderem auch eine wichtige Rolle bei der Abwehr von Infektionen, dem Bau von Bindegewebe sowie beim Sauerstofftransport.

So vielfältig wie ihre Aufgaben sind auch die Proteine selbst. Die Basis für Proteine bilden 21 Aminosäuren. Diese ordnen sich zu Gruppen an und bilden so Proteine. Acht dieser 21 Aminosäuren sind dabei für den Menschen besonders wichtig. Denn der Körper kann sie nicht selbst bilden. Die Menschen müssen diese essenziellen Aminosäuren deshalb über die Nahrung aufnehmen. 

Pflanzliche Proteine liefern genügend Eiweiß für den Muskelaufbau.
Pflanzliche Proteine liefern genügend Eiweiß für den Muskelaufbau. (Foto: ViDI Studio/Shutterstock)

Wie gesund sind pflanzliche Proteine?

Obwohl tierische Proteine in Punkto Proteinqualität und Verdaulichkeit die Nase vorn haben, spricht einiges dafür, dass pflanzliche Proteine gesünder sind als ihre tierischen Pendants. So beobachteten Wissenschaftler der Harvard Chan School of Public Health im Jahr 2016 in einer Kohortenstudie mit über 130.000 Teilnehmern, dass ein hoher Verzehr tierischen Proteins eher zum Tod aufgrund von Herz-Kreislauf-Erkrankungen führte als eine Kost, die reich an Pflanzenproteinen war. Wurden tierische Proteinquellen durch pflanzliche Proteine ersetzt, sank hingegen die generelle Sterblichkeit.

Ein anderes Forscherteam um Maryam Farvid konnte in einer Studie mit knapp 89.000 Frauen außerdem einen Zusammenhang zwischen dem Konsum von rotem Fleisch im jungen Erwachsenenalter und einer höheren Prävalenz von Brustkrebs nachweisen. Hülsenfrüchte und Nüsse verringerten hingegen das Brustkrebs-Risiko.

Was aber macht tierische Lebensmittel scheinbar so riskant und pflanzliche Proteine so gesund? Die Erklärung liegt weniger in den Proteinen selbst als vielmehr in der Gesamtheit der Lebensmittel, in denen sie vorkommen. So beeinflussen die gesättigten Fette sowie hohe Mengen Salz und Nitrit in verarbeitetem roten Fleisch die Gesundheit nachteilig. So wurde in oben genannten Studien oft der Konsum von rotem Fleisch und verarbeiteten Fleischprodukten untersucht. Fisch und Geflügelfleisch zeigten diese Effekte nicht.  

Ernährung auf Pflanzenbasis bringt mehr als gesunde Proteine

"Wenn wir pflanzliche Lebensmittel essen, nehmen wir nicht nur hochwertige Proteine, sondern auch andere gesundheitsförderliche Substanzen auf. Allen voran Mineralstoffe wie Kalium, Calcium und Magnesium. Aber auch Ballaststoffe, Vitamine und sekundäre Pflanzenstoffe", sagt der Arzt Ludwig Manfred Jacob, der sich mit pflanzenbetonten Ernährungsformen beschäftigt.

Eine Ernährung auf Pflanzenbasis bringt also viel mehr als gesunde Proteine auf den Tisch. Dass die "biologische Wertigkeit" der pflanzlichen Proteine niedriger ist als die der tierischen Pendants, spielt in der Praxis nur eine kleine Rolle.

Auch mit einer veganen Ernährung lässt sich der Proteinbedarf decken.
Auch mit einer veganen Ernährung lässt sich der Proteinbedarf decken. (Foto: RossHelen/Shutterstock)

Wo sind pflanzliche Proteine drin?

Die meisten pflanzlichen Proteine enthalten Hülsenfrüchte, Vollkornprodukte, Nüsse, Saaten und Pseudogetreide, wie Amaranth. Für den Ernährungswissenschaftler und Autor Niko Rittenau gehören deswegen vor allem Hülsenfrüchte und daraus hergestellte Produkte auf jeden veganen Teller. Dazu zählen Linsen, Bohnen, Lupinen, Erbsen und Kichererbsen genauso wie Sojabohnen und daraus hergestellte Produkte.

"Zum einen sind sie kulinarisch vielfältig einsetzbar und äußerst preiswert. Zum anderen enthalten sie eine hohe Konzentration der essenziellen Aminosäure Lysin", sagt Rittenau. Das ist wichtig, weil Lysin in wenig anderen pflanzlichen Lebensmitteln in so großer Menge vorkommt.

Pflanzliche Proteine in Nüssen, Saaten und Samen

Grundsätzlich enthält aber jedes pflanzliche Lebensmittel einen bestimmten Anteil Eiweiß, da dieses in allen Pflanzenzellen vorkommt. Doch während Gemüsesorten wie Gurken, Zucchini, Karotten und Feldsalat maximal zwei Gramm Protein je 100 Gramm Produkt liefern, überzeugen gegarte Hülsenfrüchte wie Linsen mit fünfmal so viel Eiweiß.

Weitere gute Quellen sind Vollkornbrot und Vollkornnudeln. Spitzenreiter in Sachen Proteingehalt sind allerdings Nüsse, Saaten und Samen. 20 bis 30 g je 100 g Lebensmittel sind hier keine Seltenheit. Da sie aber viel Energie liefern, fallen die Portionsgrößen besser kleiner aus. Hülsenfrüchte und Vollkornprodukte hingegen können in viel größeren Mengen den Speiseplan bereichern. Sie können maßgeblich zur Proteinversorgung beitragen.

Proteine aus tierischem Ursprung verbrauchen viel mehr Ressourcen als pflanzliche Proteine.
Proteine aus tierischem Ursprung verbrauchen viel mehr Ressourcen als pflanzliche Proteine. (Foto: oticki/Shutterstock)

Bedarf mit pflanzlichen Proteinen decken?

Die Deutschen essen mehr Eiweiß als sie müssten. So empfiehlt die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) für gesunde, normalgewichtige Menschen zwischen 19 und 65 Jahren täglich 0,8 Gramm Protein pro Kilogramm Körpergewicht. Auch bei Menschen, die sich vegan ernähren, liegt die Proteinzufuhr über dem Referenzwert. Das zeigen zahlreiche Studien.

In ihrer Ende 2019 veröffentlichten Übersichtsarbeit schlussfolgern F. Mariotti und C. Gardner daher, dass eine vegetarische Ernährung ausreichend hochwertiges Protein liefere. Ein grundsätzliches Proteinproblem für Veganer sieht auch der Ernährungswissenschaftler Markus Keller nicht.

Veganer müssen auf ihre Proteinzufuhr achten

"Auch mit einer veganen Ernährung kann der Proteinbedarf gedeckt werden", sagt Markus Keller. Die Proteinzufuhr von Veganern in Studien liege allerdings unter der von Vegetariern oder Mischköstlern. Bei manchen Veganern, insbesondere jungen Frauen, sei jedoch teilweise auch eine Zufuhr unter dem Referenzwert beobachtet worden. Das sei aber vor allem dann aufgetreten, wenn insgesamt auch zu wenig Nahrungsenergie zugeführt wurde, erläutert Keller die Studien.

Im Umkehrschluss bedeutet das: Wer sich ausgewogen vegetarisch oder vegan ernährt und dabei genug isst, erreicht auch locker die empfohlene Proteinmenge – ohne zusätzliche Proteinpulver.

Hülsenfrüchte sind eine wichtige Quelle für pflanzliche Proteine.
Hülsenfrüchte sind eine wichtige Quelle für pflanzliche Proteine. (Foto: Peangdao/Shutterstock)

Wie nachhaltig sind pflanzliche Proteine?

Während Getreide, Hülsenfrüchte und Gemüse direkt als menschliche Nahrung dienen, benötigt die Zucht, Haltung und Mast von Nutztieren weitaus mehr Ressourcen und produziert dabei hohe Mengen umweltschädlicher Klimagase. Statt pflanzliche Proteine direkt zu essen, verfüttern die Menschen es an Hühner, Schweine und Rinder. Diese wandeln es – mit Verlusten – in tierisches Protein um.

Um tierische Proteine aus Fleisch, Milchprodukten und Eiern zu erzeugen, braucht es daher ein Vielfaches der Energie, des Wassers sowie der Fläche, die für die Proteine aus pflanzlichen Lebensmitteln notwendig sind.

Der Ernährungswissenschaftler Markus Keller erläutert, was das für den Wasserverbrauch von tierischen und pflanzlichen Proteinen bedeutet. "Im Schnitt entfallen 98 % des verbrauchten Wassers bei der Produktion von Rindfleisch auf den Anbau der Futtermittel", sagt er.

Bezogen auf den Proteingehalt bedeute das: Je 1.000 Liter Wasser könnten etwa 10–30 g Protein aus Rindfleisch erzeugt werden. "Im Vergleich zu Pflanzenprotein ist das wenig", sagt Keller. Denn mit 1.000 Liter Wasser ließen sich beispielsweise auch etwa 12–50 g Protein aus Reis, 50–150 g aus Weizen und sogar 90–150 g aus Linsen gewinnen. 

Hochrechnungen der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen FAO verdeutlichen zusätzlich den enormen Flächenbedarf: Während 77 % der landwirtschaftlich genutzten Flächen für den Anbau von Futtermitteln sowie als Weideland für Tiere genutzt werden, tragen daraus produziertes Fleisch und Milchprodukte gerade mal 18 % zur weltweiten Energieversorgung und 37 % zur globalen Proteinversorgung bei. Der Rest wird über pflanzliche Lebensmittel direkt gedeckt, welche auf 23 % der globalen Flächen erwirtschaftet werden.

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