Pesto-Test: Viele grüne Pestos mit Mineralöl und Pestiziden belastet

Magazin Juni 2020: Das beste Wasser aus Ihrer Region | Autor: Hanh Nguyen/Meike Rix | Kategorie: Essen und Trinken | 08.06.2020

Pesto-Test: Wir haben 20 grüne Pestos überprüft.
Foto: ÖKO-TEST

Jeden Tag Nudeln mit grünem Pesto? Unsere Testergebnisse sprechen eher dagegen. 12 von 20 Produkten sind so stark mit Mineralöl und Pestiziden belastet, dass sie durchfallen.

  • Neun grüne Pestos im Test sind "ungenügend", drei weitere "mangelhaft". Damit raten wir von mehr als der Hälfte der getesteten Produkte ab. 
  • Die Testverlierer sind entweder sehr stark mit Mineralöl verunreinigt oder enthalten ein Gemisch aus Pestiziden – oder gleich beides. 
  • Die beiden besten Pestos im Test schneiden gerade einmal "befriedigend" ab.

Mamma mia! Gutes italienisches Essen hätten wir uns anders vorgestellt – denn Mineralöl steht sicher nicht in Mamas Originalrezept. Doch Verunreinigungen mit Mineralölbestandteilen sind in allen Pestos im Test ein Problem. In acht Produkten sind die Gehalte an gesättigten Kohlenwasserstoffen (MOSH/MOSH-Analoga) aus unserer Sicht sogar "sehr stark" erhöht. Das Problem: MOSH reichern sich im menschlichen Fettgewebe und in Organen an.

Ebenfalls achtmal hat das Labor aromatische Kohlenwasserstoffe (MOAH) nachgewiesen. Und zur Gruppe der MOAH gehören auch Substanzen, die Krebs erregen können.

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    Pesto-Test: Woher stammt das Mineralöl in Pestos? 

    Mineralöl kann auf unterschiedlichen Wegen ins Pesto gelangen, zum Beispiel durch Schmieröle an Produktionsanlagen oder über einzelne Ausgangszutaten. Viele Lebensmittel sind mit Mineralöl belastet. So haben wir in Tests im Jahr 2019 Mineralöl in den Pestozutaten Parmesan und Olivenöl gefunden. Olivenöl kann schon bei der Ernte mit Schmierölen aus Erntemaschinen in Kontakt kommen und später auch in den Ölmühlen. Weitere mögliche Eintragswege sind etwa Pestizide auf Basis von Paraffinöl und Abgase.

    Nun machen Mineralölbestandteile in Lebensmitteln nicht unmittelbar krank. Wir empfehlen aber, zu Produkten zu greifen, die möglichst wenig davon enthalten. Und wir sehen die Hersteller in der Pflicht, die Belastung weiter zu reduzieren. Das heißt: Die Hersteller müssen nachforschen, aus welchen Quellen die Belastungen stammen und dann ihre Produktionsprozesse ändern.

    Nudeln mit Basilikum-Pesto: Die grünen Gläschen sind bei vielen Menschen beliebt.
    Nudeln mit Basilikum-Pesto: Die grünen Gläschen sind bei vielen Menschen beliebt. (Foto: vanillaechoes/Shutterstock)

    Pestizide als Problem in Pestos im Test 

    Auch Pestizide sind ein großes Problem in grünen Pestos. Nur fünf getestete Produkte sind frei von Pestiziden, in allen anderen hat das Labor jeweils eine Mischung mehrerer Spritzgifte gefunden. Alle gemessenen Pestizidgehalte sind zwar für sich genommen nach EU-Sicherheitsbewertungen gesundheitlich unbedenklich. Dennoch sehen wir auch geringe Mengen von Pestiziden in Lebensmitteln kritisch. Vor allem, wenn eine Vielzahl von Pestiziden im Pesto steckt. Denn: Die Wechselwirkungen verschiedener Substanzen sind kaum erforscht.

    Und es gibt weitere Gründe, die für Lebensmittel ganz ohne Pestizide sprechen: Die Menschen, die das Basilikum anbauen, bekommen möglicherweise mehr von den Pestiziden ab. Außerdem gefährden Pestizide Öko-Systeme vor Ort. Ihre Abbauprodukte können sogar in die Mineralwasserreserven vordringen.

    Die meisten Einzelsubstanzen hat das Labor in einer bekannten Pesto-Marke nachgewiesen, darunter das Insektengift Deltamethrin. Deltamethrin gefährdet unter anderem Bienen, ebenso wie Acetamiprid, das im grünen Pesto einer anderen Marke enthalten ist.

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    Pestizide, gesättigte und aromatische Kohlenwasserstoffe sind die Hauptgründe, weshalb 60 Prozent der getesteten Basilikum-Pestos mit "mangelhaft" oder "ungenügend" durchfallen. Besser als "befriedigend" schneidet kein Produkt ab.

    Weichmacher in zwei grünen Pestos 

    Was ist außerdem aufgefallen? In zwei grünen Pestos im Test hat das beauftrage Labor den als fortpflanzungsgefährdend eingestuften Weichmacher Diethylhexylphthalat (DEHP) nachgewiesen. DEHP kann zum Beispiel aus Schläuchen oder Kanistern in der Produktion oder beim Transport der Rohstoffe stammen.

    Die Mengen, die Verbraucher mit den beiden Pestos davon aufnehmen, sind zum Glück gering. Unserer Meinung nach sind die Hersteller aber gefordert, solche problematischen Weichmacher ganz von Lebensmitteln fernzuhalten.

    Pesto auf einem belegten Brötchen: Wir haben 20 Pestos getestet. Das Ergebnis: Viele sind nicht zu empfehlen.
    Pesto auf einem belegten Brötchen: Wir haben 20 Pestos getestet. Das Ergebnis: Viele sind nicht zu empfehlen. (Foto: Polozov arts/Shutterstock)

    Positiv in Sachen Weichmacher: Mehr als die Hälfte der Hersteller verzichtet in den Deckeldichtungen auf PVC. Denn derartige Deckeldichtungen enthalten Weichmacher, die vor allem in fetthaltige Lebensmittel übergehen können. So hat das Labor auch Spuren an Weichmachern in fünf Basilikum-Pestos gefunden, deren Deckel noch chlorierte Verbindungen enthalten.

    So schmecken die grünen Pestos im Test 

    Und wie schmecken die grünen Pestos im Test? Nach dem strengen Urteil der von uns beauftragten Sensorikexperten sind die meisten Pestos geschmacklich in Ordnung und frei von Fehlern wie einem dumpfen oder schimmeligen Geschmack. Alle konnten mit einer mindestens deutlichen Basilikumnote aufwarten.

    Wie säuerlich oder süß man sein Basilikum-Pesto mag, ist individuell unterschiedlich, weshalb wir es in der Tabelle nur als Information aufgeführt, aber nicht bewertet haben. Die leicht bittere Note in zwei getesteten Pestos fällt dagegen negativ auf. Drei Produkte waren vom Mundgefühl her zudem deutlich faserig, das Pesto einer Marke sogar stark zäh-faserig.

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    Testverfahren

    Wir haben 20 grüne Pestos mit Basilikum, Hartkäse und Pinienkernen oder Nüssen in Discountern, Super- und Bio-Märkten eingekauft. Die Produkte tragen Namen wie "alla Genovese", "verde", "Ligure" oder "basilico". Die Preisspanne reicht von 99 Cent bei Supermarkt- und Discountereigenmarken bis zu sechs Euro für 190 Gramm des teuersten Bio-Pestos. Insgesamt stammen vier der Pestos aus kontrolliert ökologischer Erzeugung.

    Spezialisierte Labore haben Produkte auf Pestizidrückstände, Mineralölbestandteile, Fettschadstoffe und Weichmacher analysiert. Die Dichtungen der Deckel ließen wir auf chlorierte Verbindungen untersuchen.

    Zudem wurden die Proben von geschulten Sensorikprüfern verkostet. Die Experten beurteilten Aussehen, Geschmack, Geruch und Mundgefühl. Für das Gesamturteil ist die Bewertung der Inhaltsstoffe ausschlaggebend. Einzelne kleine Mängel in der Sensorik haben keinen Einfluss auf das Gesamturteil. Erst wenn das Testergebnis Sensorik schlechter als "gut" ist, erfolgen auch in der Gesamtnote Abzüge.

    Bewertungslegende

    Bewertung Testergebnisse Inhaltsstoffe: Unter dem Testergebnis Inhaltsstoffe führt zur Abwertung um vier Noten: ein sehr stark erhöhter Gehalt an gesättigten Mineralölkohlenwasserstoffen und deren Analoga (MOSH und MOSH-Analoga) der Kettenlängen C17 bis C35 von mehr als 4 mg/kg. Zur Abwertung um jeweils zwei Noten führen: a) ein stark erhöhter Gehalt an gesättigten Mineralölkohlenwasserstoffen und deren Analoga (MOSH und MOSH-Analoga) der Kettenlängen C17 bis C35 von mehr als 2 bis 4 mg/kg; b) der Nachweis von aromatischen Mineralölkohlenwasserstoffen (MOAH), sofern nicht schon für einen Gehalt von MOSH/MOSH-Analoga um mehr als zwei Noten abgewertet wurde; c) erhöhte Weichmachergehalte (hier: Diethylhexylphthalat über dem spezifischen Migrationslimit von 1,5 mg/kg Lebensmittel); d) 10 bis 14 Pestizide in Spuren. Zur Abwertung um jeweils eine Note führen: a) ein erhöhter Gehalt an gesättigten Mineralölkohlenwasserstoffen und deren Analoga (MOSH und MOSH-Analoga) der Kettenlängen C17 bis C35 von mehr als 1 bis 2 mg/ kg; b) 5 bis 9 Pestizide und/oder Synergisten (Wirkverstärker) in Spuren; c) 1 bis 2 als besonders bedenklich eingestufte Pestizide in Gehalten von mehr als 0,01 mg/kg Pesto (hier: Acetamiprid, Deltamethrin); d) zugesetztes "Aroma" und/oder "natürliches Aroma".

    Bewertung Testergebnis Sensorik: Unter dem Testergebnis Sensorik führt zur Abwertung um zwei Noten: ein Mangel im Mundgefühl beschrieben als "Basilikum stark zäh-faserig". Zur Abwertung um jeweils eine Note führen: a) ein als "leicht bitter" beschriebener Geschmackseindruck; b) ein Mangel im Mundgefühl beschrieben als "Basilikum deutlich faserig". Gab es bei den Geruchs- und Geschmacksbeschreibungen der einzelnen Merkmale geringe Unterschiede (zum Beispiel "deutlich" versus "stark"), haben wir die Geschmacksnote aufgeführt.

    Bewertung Testergebnis Weitere Mängel: Unter dem Testergebnis Weitere Mängel führt zur Abwertung um eine Note: PVC/PVDC/chlorierte Verbindungen in der Deckeldichtung. Steht bei konkret benannten Analyseergebnissen "nein", bedeutet das "unterhalb der Bestimmungsgrenze" der jeweiligen Testmethode.

    Das Gesamturteil beruht auf dem Testergebnis Inhaltsstoffe. Ein Testergebnis Sensorik, das "befriedigend" oder "ausreichend" ist, verschlechtert das Gesamturteil um eine Note. Ein Testergebnis Sensorik oder Weitere Mängel, das "sehr gut" oder "gut" ist, ändert das Gesamturteil nicht.

    Testmethoden 

    Fettgehalt: Nach ASU L 08.00-6 : 1980, modifiziert.
    3-MCPD-Ester / Glycidylester: Fettsäuregebundenes 3-MCPD und Glycidol nach DGF C-VI 18 (10), modifiziert. Die Modifikation betrifft eine andere Matrix und die vorherige Abtrennung des Fettes. Berechnung der 3-MCPD-Ester als 3-MCPD und der Glycidylester als Glycidol.
    Pestizide: Pestizidscreening für Lebensmittel mit hohem Fettgehalt mittels GC-MS nach § 64 LFGB L00.00-34 : 2010-09, modifiziert sowie mittels LC-MS/MS nach § 64 LFGB L 13.04-5 : 2013-08, modifiziert.
    Weichmacher: Flüssigextraktion. Anschließend LC-MS/MS.
    MOSH / MOSH-Analoge / MOAH: Nach DIN EN 16995 : 2017, modifiziert. Die Modifikation betrifft die Verseifung und eine andere Matrix.
    Sensorik: Beurteilung nach ASU L 00.90-16 : 2006. Nach Einzelprüfungen werden die Einzelergebnisse in der Gruppe diskutiert und ein gemeinsames Gesamtergebnis erarbeitet.
    PVC/PVDC/chlorierte Verbindungen: Röntgenfluoreszenzanalyse.

    Einkauf der Testprodukte: Februar 2020

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