Im Folgenden finden Sie einen Einlick in das Thema "Mit Tofu die Welt retten" – den gesamten Artikel aus unserem Spezial Vegetarisch und Vegan 2022 gibt es als ePaper im Shop.
Wer sich bei Tisch als Tofu-Esser outet, bekommt meist einiges zu hören: Soja sei extrem schlecht für die Umwelt. Für den Anbau in Monokulturen würde tropischer Regenwald vernichtet und die Pflanze intensiv mit Glyphosat gespritzt. Auch würde Gentechnik auf dem Teller landen.
Und tatsächlich: In den Erzeugerländern wie Brasilien und Argentinien weichen täglich Wälder dem Sojaanbau, und es wird, wie in der Savanne Cerrado, wertvoller artenreicher Trockenwald zerstört. Auch kommt gentechnisch verändertes Saatgut in den Boden, und das wird intensiv mit dem Unkrautvernichter Glyphosat gespritzt.
Doch "extrem schlecht für die Umwelt" ist deswegen nicht Tofu, sondern in erster Linie Fleisch. Denn die so erzeugten Sojabohnen landen fast ausschließlich im Futtertrog von Schweinen und Geflügel.
Sojabohnen für Tofu stammen meist aus Europa
Sojaöl wird auch für Kosmetik und Körperpflegemittel genutzt und ist Teil des Agrosprits. Nur sechs Prozent der globalen Sojaernte landen auf dem Teller als Tofu, Sojasoße und Bohne – vor allem in Asien, wo Soja eine lange Tradition in der Küche hat, so der WWF-Bericht Der Sojaboom – Auswirkungen und Lösungswege.
Tofu und Fleischalternativen aus oder mit Soja, die wir in Deutschland und Europa essen, werden hingegen vor allem aus europäischem, zu einem wachsenden Teil auch aus heimischem Soja hergestellt. Oft ist es Bio und immer frei von Gentechnik.
"Wer sich daraus hergestellte Produkte schmecken lässt, unterstützt die heimische oder europäische Bio-Landwirtschaft und entscheidet sich gegen Gentechnik", erklärt Dr. Markus Keller, Leiter des Forschungsinstituts für pflanzenbasierte Ernährung (IFPE) in Biebertal bei Gießen.
Jeder Deutsche isst pro Jahr rund 55 Kilo Fleisch
Wir können also ohne schlechtes Gewissen zum Tofu greifen. Ja, wir sollten es sogar tun, betont Markus Keller. Denn wir essen viel zu viel Fleisch und andere tierische Lebensmittel wie Käse, Joghurt, Milch und Quark. 55 Kilogramm Fleisch und Wurst kommen statistisch gesehen bei jedem Deutschen jährlich auf den Teller. Das ist zwar etwas weniger als noch vor einigen Jahren, aber immer noch zu viel.
In Tieren ausgedrückt summiert sich der Konsum im Laufe eines Menschenlebens auf eine ganze Herde, nämlich auf 715 Zwei- und Vierbeiner, also Rinder, Kälber, Schweine, Schafe, Ziegen, Hühner, Enten, Gänse und Puten, errechnete der Agrarökonom Dr. Jonas Luckmann von der Humboldt-Universität zu Berlin für die Heinrich-Böll- Stiftung.
Menschen werden für neue Sojaflächen vertrieben
Und dieser Konsum bringt fünf (Haupt-)Probleme mit sich. Oft kein Thema ist, dass die für unseren Konsum benötigten landwirtschaftlichen Flächen anderswo nicht vom Himmel fallen.
In der brasilianischen Savanne Cerrado werden beispielsweise seit vielen Jahren Menschen für neue Sojaflächen von ihrem Grund und Boden vertrieben, notfalls mit Gewalt, kritisiert der Weltagrarbericht. Die damit verbundene Landflucht führt zu Verelendung der Menschen und fördert das Wachstum der Slums in den Städten.
Wie sehr wir über unsere Verhältnisse und auf Kosten anderer leben, warum die pflanzliche Ernährung der Schlüssel für eine lebenswerte Zukunft ist und welche Rolle Tofu als gesundes Nahrungsmittel hat, lesen Sie im Artikel "Die Welt retten – mit Tofu?". Zudem erklären die Ernährungswissenschaftler Dr. Markus Keller und Annette Sabersky im Interview, warum der hohe Fleischkonsum nicht mehr zeitgemäß ist – und was jeder tun kann.
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