Wundschutzcreme-Test: Mineralölbestandteile gehören nicht auf Babyhaut

Jahrbuch Kinder und Familie für 2024 | Autor: Heike Baier/Christine Throl/Hannah Pompalla | Kategorie: Kinder und Familie | 07.12.2023

Wir haben 22 Wundschutzcremes für Babys getestet. Welche Produkte sind empfehlenswert?
Foto: G.Tbov/Shutterstock

Wundschutzcremes sollen die empfindliche Haut am Babypo schützen und pflegen. Unser Test zeigt: Viele Produkte sind "sehr gut". Völlig unverständlich dagegen: Drei Cremes sind mit besonders bedenklichen Mineralölbestandteilen verunreinigt.

  • Wir haben 22 Wundschutzcremes für Babys getestet. Neun davon sind Cremes mit Naturkosmetik-Zertifikat.
  • Das Ergebnis: 15 Produkte sind mit "sehr gut" rundum empfehlenswert.
  • Notenabzüge gibt es vor allem für Fette aus Erdöl, besonders bedenkliche Mineralölrückstände, Parfüm und ein umstrittenes Antioxidans.

Aktualisiert am 7.12.2023 | In der Windel muss die Haut von Babys so einiges aushalten: wenig Luft, viel Wärme, Feuchtigkeit, Harn- und andere Reizstoffe. Da kann es schon mal zu wunden Stellen oder sogar zu einer Windeldermatitis kommen. Spezielle Wundschutzcremes können bei Wundsein helfen – oder dem Wundsein vorbeugen. 

Der wichtigste Wirkstoff der meisten Wundschutzcremes in diesem Test ist Zinkoxid. Die mineralische
Verbindung ist aus mehreren Gründen günstig im Windelbereich: Sie bildet eine Barriere und schützt den Po dadurch vor den oft reizenden Ausscheidungen des Babys.

Zudem kann sie gut Feuchtigkeit binden und die Haut quasi trocken legen. Schließlich besitzt sie auch leicht antiseptische Eigenschaften und fördert die Wundheilung.

Wie oft sollte Wundschutzcreme benutzt werden? 

Aber muss eine Wundschutzcreme deshalb "nach jedem Windelwechsel" auf den Babypo geschmiert werden, wie es eine Reihe von Cremes im Test auf ihre Verpackungen schreiben? Nein. "Ein gesunder Babypopo braucht nicht jeden Morgen eine Zinkschutzsalbe drauf", sagt Natalia Garcia Bartels, auf Kinder spezialisierte Dermatologin und Dozentin an der Berliner Charité.

Zinkoxid in höheren Konzentrationen kann die Haut auf Dauer auch austrocknen. Dennoch gibt es Fälle, wo eine Vorbeugung sinnvoll sein mag: Viele Kinder reagieren auf bestimmte Lebensmittel oder während des Zahnens mit wundem Po, da kann eine rechtzeitig aufgetragene Wundschutzcreme durchaus gute Dienste leisten.

Fast jedes Baby ist einmal von einem wunden Po betroffen. Spezielle Wundschutzcremes sollen dagegen helfen.
Fast jedes Baby ist einmal von einem wunden Po betroffen. Spezielle Wundschutzcremes sollen dagegen helfen. (Foto: New Africa/Shutterstock)

Wundschutzcreme-Test: Wie gut sind Penaten, Weleda & Co.?

Wir haben 22 Wundschutzcremes für Babys eingekauft und ins Labor geschickt. Die Bilanz: 15 Produkte räumen die Bestnote "sehr gut" ab. Ein schönes Ergebnis.

Weniger schön ist, was die drei schlechtesten Cremes im Test Babys dünner Haut zumuten. Zwei Produkte fallen mit "mangelhaft", eine Wundschutzcreme mit "ungenügend" durch. Doch wo liegt das Problem?

Labor findet bedenkliche Mineralölrückstände

In den drei durchgerasselten Wunschutzcremes für Babys im Test hat das beauftragte Labor aromatische Mineralölkohlenwasserstoffe gefunden, abgekürzt MOAH. Zu dieser Stoffgruppe gehören auch Verbindungen, die krebserregend oder erbgutschädigend sind, und wir können nicht ausschließen, dass auch diese problematischen Kandidaten in den Cremes stecken.

MOAH können über die Haut aufgenommen werden, so viel weiß man bereits. Unklar ist hingegen noch, ob der Körper sie wieder ausscheidet oder ob sie sich dort anreichern

Wundschutzcreme-Test: Jetzt Ergebnisse als ePaper kaufen

Mineralöl in Wundschutzcremes: Woher kommt es?

Wir meinen: So oder so haben diese Verbindungen auf Babyhaut rein gar nichts verloren. Zumal Hersteller diese Schadstoffe gut vermeiden könnten, denn es ist ziemlich klar, wo sie herkommen: Aus den Paraffinen, die bei den drei Schlusslichtern ganz vorne in der Rezeptur stehen, also mengenmäßig wichtigster Bestandteil sind.

Paraffine sind meist aus Erdöl hergestellt, und wenn sie im Herstellungsprozess nicht gründlich genug aufgereinigt wurden, bleiben Kontaminationen von MOAH darin zurück – quasi als Gruß aus der Vergangenheit.

Die Hersteller hätten es also selbst in der Hand, gut aufgereinigte Paraffinqualitäten zu verwenden. Wenigstens ihre Babyprodukte sollten ihnen das wert sein.

Wunder Babypo: Lieber mit natürlichen Ölen pflegen

Auch aus anderen Gründen sehen wir die Erdöl-Fette kritisch: Sie integrieren sich nicht so mühelos ins Gleichgewicht der Haut wie natürliche Öle.

Immerhin verwenden die meisten Hersteller der Wundschutzcremes im Test natürliche Öle und Wachse. Zum Beispiel Sojaöl, Sonnenblumenöl, Mandelöl, Bienenwachs oder Sheabutter. Gemeinsam mit Zinkoxid bilden diese Fette auf der beanspruchten Haut in der Windelregion eine Barriere gegen Nässe und die häufig hautreizenden Ausscheidungen des Babys.

Hinzu kommen in den Rezepturen meist Inhaltsstoffe, die die Wundheilung fördern sollen: Calendula- oder Kamillenblüten-Extrakt, Panthenol und vor allem Zinkoxid.

Unnötiges Parfüm in Wundschutzcremes im Test

Die Haut von Babys und Kleinkindern ist besonders sensibel, weil ihre Barrierefunktion in den ersten Jahren noch nicht voll ausgereift ist. Wenn sie wund, rissig oder auch nur aufgeweicht ist, macht sie das noch durchlässiger.

Da ist es eine in unseren Augen völlig überflüssige Belastung, wenn Wundschutzcremes auch noch Parfüm oder ätherisches Öl enthalten. Gut ein Viertel der Anbieter im Test parfümieren ihre Cremes jedoch.

Einige Parfüms enthalten gar Duftstoffe mit allergenem Potenzial. Wozu? Der Duft schmeichelt nur der Elternnase, danach verschwindet er in der Windel. Wir ziehen für Parfüm eine Note ab und führen allergene Duftstoffe wie Farnesol oder Geraniol zur Info in der Tabelle auf.

Stoff beeinträchtigt möglicherweise die Schilddrüse

Was ist außerdem aufgefallen? Der Testverlierer mixt zu Parfüm und MOAH-haltigen Paraffinen auch noch das Antioxidans Butylhydroxytoluol (BHT) unter. Wir kritisieren diesen Stoff, weil er unter Verdacht steht, die Schilddrüsenfunktion zu beeinträchtigen. Nicht umsonst gibt es neuerdings in der EU einen Grenzwert für BHT in Kosmetika. 

Wundschutzcremes: Tipps zur Anwendung

Das empfiehlt ÖKO-TEST:

  • Eine gesunde Babyhaut braucht nicht nach jedem Windelwechsel eine Wundschutzcreme. Lieber nach Bedarf anwenden und dabei möglichst dünn auftragen.
  • Wundschutzcreme möglichst nur auf gereizte Hautpartien und ein Stückchen darüber hinaus auftragen.
  • Das beste Mittel gegen einen wunden Popo: Regelmäßig wickeln und dabei viel Luft an die Haut lassen.

Diesen Test haben wir zuletzt im ÖKO-TEST Spezial Mein Baby 2023 veröffentlicht. Aktualisierung der Testergebnisse/Angaben für das Jahrbuch Kinder und Familie für 2024 sofern die Anbieter Produktänderungen mitgeteilt haben oder sich aufgrund neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse die Bewertung von Mängeln geändert oder wir neue/zusätzliche Untersuchungen durchgeführt haben.

Weiterlesen auf oekotest.de:

Wir haben diese Produkte für Sie getestet

Testverfahren

Wir haben 22 Wundschutzcremes für Babys eingekauft – in Drogeriemärkten, Bio-Läden, Apotheken und im Onlinehandel. Sie dienen zur Beruhigung und Vorbeugung von Hautirritationen und Rötungen im Windelbereich. Neun Cremes haben ein Naturkosmetik-Zertifikat. Für das teuerste Produkt bezahlten wir 16,43 Euro pro 75 Milliliter, die gleiche Menge der günstigsten Creme kostete nur 97 Cent.

Anhand der Deklaration überprüften wir, ob die Cremes umstrittene PEG/PEG-Derivate oder das eventuell hormonaktive Antioxidans Butylhydroxytoluol (BHT) enthalten. In spezialisierten Laboren ließen wir alle Produkte auf weitere problematische Stoffe analysieren, darunter Formaldehyd/-abspalter, halogenorganische Verbindungen sowie bedenkliche oder allergieauslösende Duftstoffe. In Produkten mit deklarierten Paraffinen ließen wir den Anteil an potenziell krebserregenden aromatischen Mineralölkohlenwasserstoffen (MOAH) bestimmen; enthielt eine Wundschutzcreme Alkohol, suchte das Labor nach dem Vergällungsmittel DEP. 20 der 22 getesteten Cremes im Test enthalten den mineralischen Wirkstoff Zinkoxid: Bei ihnen ließen wir nachmessen, wie hoch der Anteil an Nanopartikeln ist und überprüften somit, ob die Anbieter korrekt deklarieren. Denn wenn mehr als 50 Prozent der Zinkoxid-Teilchen in Nanogröße vorliegen, müssen die Kosmetikhersteller dies durch den Zusatz "(nano)" auf der Liste der Inhaltsstoffe kenntlich machen.

Schließlich interessierten wir uns auch dafür, ob sich die Anbieter in unserem Test um eine umweltfreundliche Verpackung bemühen: Wenn Hersteller nicht nachwiesen, dass sie mindestens 30 Prozent Rezyklat für ihre Verpackung verwenden oder wenn sie einen zusätzlichen aus unserer Sicht unnötigen Umkarton einsetzen, ziehen wir unter den weiteren Mängeln eine Note ab. 

Bewertungslegende

Soweit nicht abweichend angegeben, handelt es sich bei den hier genannten Abwertungsgrenzen nicht um gesetzliche Grenzwerte, sondern um solche, die von ÖKO-TEST festgesetzt wurden. Die Abwertungsgrenzen wurden von ÖKO-TEST eingedenk der sich aus spezifischen Untersuchungen ergebenden Messunsicherheiten und methodenimmanenter Varianzen festgelegt.

Bewertung Testergebnis Inhaltsstoffe: Unter dem Testergebnis Inhaltsstoffe führt zur Abwertung um zwei Noten: MOAH. Zur Abwertung um jeweils eine Note führen: a) Parfüm/ätherische Öle; b) mehr als ein Prozent Paraffine; c) BHT.

Bewertung Testergebnis Weitere Mängel: Unter dem Testergebnis Weitere Mängel führt zur Abwertung um eine Note: a) ein Anteil von Rezyklaten (Post-Consumer-Rezyklat, PCR) von weniger als 30 Prozent in Relation zum Gesamtgewicht der Kunststoffverpackung, keine Angabe hierzu und/oder kein ausreichender Nachweis auf unsere Anfrage hierzu; b) Umkarton, der kein Glas schützt.

Das Gesamturteil beruht auf dem Testergebnis Inhaltsstoffe. Ein Testergebnis Weitere Mängel, das "befriedigend" ist, verschlechtert das Gesamturteil um eine Note. Ein Testergebnis Weitere Mängel, das "gut" ist, verschlechtert das Gesamturteil nicht.

Aus rechtlichen Gründen weisen wir darauf hin, dass wir die (vom Hersteller versprochenen) Wirkungen der Produkte nicht überprüft haben.

Testmethoden

Testmethoden (je nach Zusammensetzung der Produkte):
Deklarationspflichtige Duftstoffe: DIN EN 16274:2011, GC-MS. Nach Zugabe von Wasser und organischem Lösungsmittel werden die Allergene durch Flüssig-Flüssig-Extraktion aus den Proben extrahiert. Ein Aliquot des organischen Extrakts wird mit GC-MS analysiert.
Diethylphthalat/Polyzyklische Moschus- und Nitromoschus-Verbindungen/Cashmeran: Extraktion mit TBME, GC-MS.
Halogenorganische Verbindungen: a) Heißwasserextraktion mit anschließender Zentrifugation und Membranfiltration, Festphasenanreicherung (SPE), Binden der organischen Halogene an Aktivkohle, Verbrennung der Aktivkohle im Sauerstoffstrom, microcoulometrische Bestimmung des Halogengehalts; b) Extraktion mit Essigester, Verbrennung des Extrakts im Sauerstoffstrom, microcoulometrische Bestimmung des Halogengehalts.
Elemente: Totalaufschluss in der Mikrowelle, Bestimmung mittels ICP-MS.
Formaldehyd/-abspalter: saure Wasserdampfdestillation, Derivatisierung mit Acetylaceton, Ausschütteln mit n-Butanol und Bestimmung mittels Fotometrie. ok
Mineralölkohlenwasserstoffe (MOAH, MOSH/MOSH-Analoge): LC-GC/FID.
Nanomaterial: Untersuchung auf Zinkoxid-Partikel mittels SingleParticle ICP/MS nach Herstellung einer Dispersion mittels Ultraschall VialTweeter.
Elemente: Totalaufschluss in der Mikrowelle, Bestimmung mittels ICP-MS. ok
Weitere Inhaltsstoffe: per Deklaration.

Einkauf der Testprodukte: November – Dezember 2022.

Diesen Test haben wir zuletzt im ÖKO-TEST Spezial Mein Baby 2023 veröffentlicht. Aktualisierung der Testergebnisse/Angaben für das Jahrbuch Kinder und Familie für 2024 sofern die Anbieter Produktänderungen mitgeteilt haben oder sich aufgrund neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse die Bewertung von Mängeln geändert oder wir neue/zusätzliche Untersuchungen durchgeführt haben.

Tests und deren Ergebnisse sind urheberrechtlich geschützt. Ohne schriftliche Genehmigung des Verlags dürfen keine Nachdrucke, Kopien, Mikrofilme oder Einspielungen in elektronische Medien angefertigt und/oder verbreitet werden.

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