Mit Rauchen aufhören: Wann Nikotinpflaster, Kaugummis & Co. helfen

Magazin Januar 2023: Alkoholfreier Sekt | Autor: Hannah Pompalla/Heike Baier/Christine Throl | Kategorie: Gesundheit und Medikamente | 26.01.2023

Nikotinersatzprodukte im Test: Welche Marken überzeugen?
Foto: ÖKO-TEST/nookniicks

Wann, wenn nicht 2023? Mit dem Rauchen aufhören, das lohnt sich immer. Nikotinhaltige Pflaster, Kaugummis und Sprays können dabei eine wirksame Unterstützung sein. Acht Nikotinersatzprodukte schneiden in unserem Test mit "sehr gut" ab.

  • Wir haben zwölf Nikotinersatzprodukte getestet: Pflaster, Kaugummis, Lutschtabletten, Sprays und ein Inhalator, allesamt rezeptfreie Arzneimittel.
  • Acht Produkte sind mit Bestnote rundum empfehlenswert.
  • Minuspunkte gibt es für die umstrittenen Hilfsstoffe BHT (Butylhydroxytoluol) und Titandioxid.

Aktualisiert am 26.01.2023 | Endlich Aufhören mit dem Rauchen! Das gehört zu den häufigsten Vorsätzen für das neue Jahr – und vermutlich auch zu den am schnellsten gebrochenen. Warum nur ist der Schlussstrich so verdammt schwer?

Weil die Abhängigkeit von der Zigarette auf vielen verschiedenen Ebenen stattfindet. Auf der sozialen, auf der psychologischen oder einfach, weil das Bier ohne Zigarette nur halb so gut schmeckt.

Und schließlich sind gerade stärkere Raucher auch körperlich süchtig – nach dem in Zigaretten enthaltenen Nikotin. Auf dieser körperlichen Ebene setzen Nikotinersatzpräparate an.

Nikotinersatzprodukte-Test: Nicorette, Nicotinell & Co. im Vergleich

Kaugummis, Lutschtabletten, Sprays und Pflaster mit unterschiedlichen Nikotin-Gehalten gibt es in der Apotheke ohne Rezept: Zwölf solcher Arzneien haben wir auf ihre Wirksamkeit anhand von Studien begutachten lassen und die Beipackzettel auf bedenkliche oder umstrittene Hilfsstoffe überprüft.

Acht Nikotinersatzprodukte schneiden in der Endnote mit "sehr gut" ab. Außerdem erfreulich: Für alle Nikotinersatzprodukte ist die Wirksamkeit ausreichend belegt und sie können die Chance, die Raucherkarriere zu beenden, erhöhen.

Das attestieren unsere beiden Berater, Professor Manfred Schubert-Zsilavecz und Dr. Mario Wurglics vom Institut für Pharmazeutische Chemie der Universität Frankfurt, in ihrem wissenschaftlichen Gutachten zur Studienlage der Testprodukte.

Nikotinpflaster sind vor allem für stark nikotinabhängige Menschen geeignet: Die Pflaster halten den Nikotinspiegel konstant.
Nikotinpflaster sind vor allem für stark nikotinabhängige Menschen geeignet: Die Pflaster halten den Nikotinspiegel konstant. (Foto: Andrey_Popov/Shutterstock)

Problemstoffe in Nikotinkaugummis und -tabletten

Jetzt stellt sich die Frage: Warum haben nicht auch die vier übrigen Kaugummis bzw. Lutschtabletten die Bestnote bekommen? Die Antwort: Weil sie umstrittene Hilfsstoffe enthalten wie das hormonverdächtige BHT (Butylhydroxytoluol) oder das Weißpigment Titandioxid. 

Titandioxid ist in Lebensmitteln seit August dieses Jahres EU-weit verboten, da es in Verdacht geraten ist, das Erbgut zu schädigen. In Arzneimitteln ist es bislang noch erlaubt. Die Pharmaunternehmen sind jedoch angehalten, den Stoff so zügig wie möglich durch Alternativen zu ersetzen.

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Darum macht Rauchen so schnell abhängig

Es ist nicht leicht, mit dem Rauchen aufzuhören. Denn mit dem schnellen Glück aus der Zigarette kann der Nikotinersatz nicht ganz mithalten: Inhaliert die rauchende Person das Nikotin direkt aus dem Glimmstängel, dann erreicht es innerhalb von sieben bis zehn Sekunden ihr Gehirn.

Dort sorgt es für das große Wohlgefühl durch die Freisetzung von Botenstoffen wie Dopamin, Serotonin und Endorphinen. Nikotin wirkt vielfältig: Es hellt die Stimmung auf, beruhigt, dämpft das Hungergefühl und verbessert die Aufmerksamkeit.

Schon nach 30 Minuten lässt seine Wirkung jedoch nach. Die nächste Zigarette muss her, damit der Nikotinspiegel konstant bleibt. Bleibt sie aus, machen sich Entzugssymptome breit wie Gereiztheit, Unruhe oder Konzentrationsschwäche.

Mit dem Rauchen aufzuhören, ist nicht gerade leicht. Nikotinersatzprodukte wie Nikotinkaugummis, Nikotinpflaster & Co. können zumindest die Erfolgschancen erhöhen.
Mit dem Rauchen aufzuhören, ist nicht gerade leicht. Nikotinersatzprodukte wie Nikotinkaugummis, Nikotinpflaster & Co. können zumindest die Erfolgschancen erhöhen. (Foto: fongbeerredhot/Shutterstock)

Mit Rauchen aufhören: Wie wirkt Nikotinersatz?

Genau an der Stelle kommen unsere Testprodukte ins Spiel. Ihr Prinzip: Sie ersetzen das Nikotin aus den nicht gerauchten Zigaretten und lassen sich in ihrer Dosierung schrittweise herunterfahren. So federn sie zumindest für die erste schwere Zeit eines Rauchstopps die körperlichen Entzugssymptome ab.

Mit dem klaren Vorteil, dass diese Präparate nur das Nikotin ersetzen, nicht aber die rund 4.000 weiteren, teilweise krebserregenden Schadstoffe aus der Zigarette. Ihr Nachteil: Das Nikotin aus Pflaster, Kaugummi & Co. gelangt sehr viel langsamer in den Organismus als aus der Zigarette.

Für wen eignen sich Nikotinpflaster?

Nikotinpflaster bleiben jeweils 16 bis 24 Stunden auf der Haut kleben. Ihr Pluspunkt ist, dass sie den Nikotinspiegel konstant halten und auf diese Weise unkontrolliert aufflackernde Entzugssymptome vermeiden.

Pflaster eignen sich vor allem für stark Nikotinabhängige und lassen sich nach Bedarf mit Kaugummis oder Lutschtabletten kombinieren. Das erhöht die Erfolgsaussichten laut unseren Gutachtern zusätzlich um bis zu 36 Prozent.

Wie gut helfen Nikotintabletten und Nikotinkaugummis?

Das Nikotin aus Kaugummis, Tabletten, Sprays und Inhalern geht schneller ins Blut als aus Pflastern. Sie werden den Tag über je nach Bedarf gelutscht, gekaut oder gesprüht. Damit vermitteln sie Anwendern das Gefühl, die Nikotinzufuhr selbst kontrollieren zu können und geben dem jetzt unterbeschäftigten Mund etwas zu tun.

Allerdings bergen diese Produkte auch selbst ein gewisses Suchtpotenzial. Je stärker Raucher von Nikotin abhängig sind, desto mehr profitieren sie von einer Unterstützung durch Nikotinersatzprodukte.

Studie zu Erfolgsaussichten mit Nikotinersatz

Wunder sind dennoch nicht zu erwarten: Schaffen es ohne Nikotinersatz-Therapie elf von 100 Personen, mindestens zwölf Monate mit dem Rauchen aufzuhören, sind es mit Nikotinersatz 17 von 100, hat das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) auf Basis der aktuellen Studienlage errechnet.

Die Nikotinersatzpräparate steigern die Erfolgsaussichten eines Rauchstopps also um gut die Hälfte. Immerhin.

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Tipps zur Raucherentwöhnung

Rauchen aufhören ist nicht einfach. Das rät ÖKO-TEST:

  • Informieren Sie sich: Wichtiger als ein Nikotinpflaster ist ein starker Wille. Wenn Sie es alleine nicht schaffen, lassen Sie sich beraten. Gratis-Infos und viele Tipps finden Sie auf rauchfrei-info.de
  • Rauchstopp beginnt im Kopf: Versuchen Sie, Ihr rauchfreies Leben nicht als Leid und Verzicht zu sehen, sondern als Gewinn an Gesundheit, Unabhängigkeit und Lebensqualität.
  • Nikotin-Dosierung anpassen: Wenn Sie sich für ein Mittel zur Raucherentwöhung entscheiden, achten Sie auf die unterschiedlichen Dosierungen. Passen Sie diese der Höhe Ihres Zigarettenkonsums an.
  • Nikotinpflaster reizen häufig die Haut: Kleben Sie diese am besten jeden Tag an eine andere Stelle.
  • Gut zu wissen: E-Zigaretten werden von den aktuellen Therapie-Leitlinien zur Tabakentwöhnung nicht empfohlen. Mit ihnen inhaliert der Raucher nämlich ebenfalls einige gefährliche Substanzen – wenn auch nicht so viele wie beim Tabak. Und ihre gesundheitlichen Langzeitfolgen sind bisher weitgehend unerforscht.

Weiterlesen auf oekotest.de:

Wir haben diese Produkte für Sie getestet

Testverfahren

Wir haben zwölf Nikotinersatzprodukte in der Apotheke eingekauft: Pflaster, Kaugummis, Lutschtabletten, Sprays und einen Inhalator, allesamt rezeptfreie Arzneimittel. Die Produkte sollen Raucher bei der Entwöhnung unterstützen und die Entzugssymptome lindern. Dabei haben wir Produkte mit mittleren Nikotindosen ausgewählt, die je nach Schwere der Nikotinabhängigkeit in unterschiedlichen Phasen der Entwöhnung einsetzbar sind. Unsere wissenschaftlichen Berater, Professor Manfred Schubert-Zsilavecz und Dr. Mario Wurglics vom Institut für Pharmazeutische Chemie der Universität Frankfurt, haben für uns Studien zur Nikotinersatztherapie gesichtet: Wie wirksam sind die Produkte? Welche unerwünschten Wirkungen können sie haben? Informieren die Beipackzettel über alle nötigen Warn- und Gebrauchshinweise? Anhand des Beipackzettel haben wir überprüft, ob die Produkte bedenkliche oder umstrittene Hilfsstoffe wie Titandioxid oder eventuell hormonwirksames BHT enthalten. Ein spezialisiertes Labor hat in unserem Auftrag die Verpackungen und Pflaster auf chlorierte Verbindungen untersucht. Damit ein Arzneimittel eine sehr gute Bewertung erhält, sollte in unseren Augen primär seine Wirksamkeit durch entsprechende Studien belegt sein. Außerdem sollte es die Anwender nicht unnötig mit problematischen Hilfsstoffen belasten.

Bewertungslegende

Soweit nicht abweichend angegeben, handelt es sich bei den hier genannten Abwertungsgrenzen nicht um gesetzliche Grenzwerte, sondern um solche, die von ÖKO-TEST festgesetzt wurden. Die Abwertungsgrenzen wurden von ÖKO-TEST eingedenk der sich aus spezifischen Untersuchungen ergebenden Messunsicherheiten und methodenimmanenter Varianzen festgelegt.

Bewertung Testergebnis Hilfsstoffe: Unter dem Testergebnis Hilfsstoffe führt zu Abwertung um zwei Noten: Titandioxid. Zur Abwertung um eine Note führt: Butylhydroxytoluol (BHT).

Bewertung Testergebnis Weitere Mängel: Unter dem Testergebnis Weitere Mängel führt zur Abwertung um eine Note: PVC/PVDC/chlorierte Verbindungen in der Verpackung.

Das Gesamturteil beruht auf dem Testergebnis Wirksamkeitsbelege & Beipackzettel. Ein Testergebnis Hilfsstoffe, das "befriedigend" oder "ausreichend" ist, verschlechtert das Gesamturteil um eine Note. Testergebnisse Hilfsstoffe oder Weitere Mängel, die "gut" sind, verschlechtern das Gesamturteil nicht.

Testmethoden

Wirkungsbelege und Beipackzettel: Begutachtung durch Gutachter.
Weitere Hilfsstoffe: nach Deklaration.
PVC/PVDC/ chlorierte Verbindungen: Röntgenfluoreszenzanalyse.
TK-Kräuter
Blei, Cadmium: Aufschluss nach DIN EN 13805:2014. Messung mit ICP-MS nach DIN EN 15763:2010.
Enterobacteriaceen: nach ASU L 00.00-133/2:2019-12.
Escherichia coli: nach ASU L 00.00-132/1:2021-03.
Gesamtkeimzahl, aerob: nach DIN EN ISO 4833-2:2014-05.
Listeria monocytogenes: nach ASU L 00.00-22:2018-03.
Perchlorat / Chlorat: LC-MS/MS; (entspricht Methode des EU Reference Laboratory for Pesticides für Perchlorat/Chlorat (QuPPe-Method) mit zusätzlichem Aufreinigungsschritt).
Pestizid-Screening: GC-MS/MS und LC-MS/MS nach DIN EN 15662:2018-07.
präsumtive Bacillus cereus: ASU L 00.00-33: 2021-03.
PVC/PVDC/chlorierte Verbindungen in der Verpackung: Röntgenfluoreszenzanalyse.
Pyrrolizidinalkaloide: LC-MS/MS.
Salmonellen: nach ASU L 00.00-20:2021-07.

Einkauf der Testprodukte: August 2022.

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