Zwölf gekühlte Gnocchi im Test

Jahrbuch für 2018 | Autor: Birgit Hinsch | Kategorie: Essen und Trinken | 19.10.2017

ÖKO-TEST hat 12 gekühlte Gnocchi im Labor untersuchen lassen.
Foto: Pixel-Shot/Shutterstock

Fertiggnocchi aus dem Kühlregal versprechen eine schnelle Mahlzeit. Aber kann man sie auch bedenkenlos essen? Rundum empfehlen können wir nur zwei Gnocchiprodukte. Bio ist bestenfalls "gut", weil alle Marken zu viel Salz enthalten.

Zugegeben, kaum jemand nimmt sich heute die Zeit und stellt Gnocchi noch aufwendig selbst her. Wie praktisch ist es da, dass Supermärkte und sogar Bio-Läden entsprechende Fertigprodukte anbieten. Verbraucher finden die Gnocchi in der Kühlung oder als Trockenprodukt im Pasta-Regal. Ebenfalls praktisch: Man braucht die fertige Kartoffelware nicht sofort in die Pfanne werfen. Selbst die gekühlten Produkte halten sich zwei bis drei Wochen im Kühlschrank.

ÖKO-TEST testet Gnocchi aus dem Kühlregal

Ein Nachteil sind natürlich die umfangreichen Plastikverpackungen, ohne die es bei Fertiglebensmitteln nicht geht und die die Müllberge weiter anwachsen lassen. Und wie steht um die Zutaten? Der Begriff "nach italienischer Art" macht schon klar, dass die Fertigrezeptur mit dem Original aus Italien wenig zu tun hat. Die Kartoffeln etwa kommen in Form von Flocken oder Stärke ins Produkt. Eier sind als Volleipulver zugesetzt.

Fehlen noch Zusatzstoffe, ohne die es ebenfalls nicht geht. Emulgatoren etwa erhöhen die Belastbarkeit des Teigs für die maschinelle Verarbeitung. Säureregulatoren sorgen für einen genau eingestellten Säuregrad und Antioxidationsmittel stabilisieren die helle Kartoffelfarbe. Immerhin: Bio-Gnocchi kommen mit deutlich weniger Zusatzstoffen aus.

Wir haben zwölf gekühlte Fertiggnocchi in die Labore geschickt und unter anderem auf Pestizide und Mineralöl untersuchen lassen.

Das Testergebnis: So schneiden die Gnocchi ab

Abgesehen davon, dass wir Fertiglebensmittel nicht so gern empfehlen, schneiden zwei Produkte mit "sehr gut" und sechs mit "gut" ab. Das Schlusslicht bildet mit einem "ausreichend" das Produkt einer großen deutschen Handelskette.

In dem Produkt wies das Labor Chlorpropham nach. Das Mittel wird eingesetzt, um ein Auskeimen der Kartoffeln während der Lagerung zu unterbinden. Der Stoff ist jedoch alles andere als harmlos. So gilt Chlorpropham laut europäischem Gefahrstoffrecht als vermutlich krebsauslösend. Es kann zudem Atemwege und Haut reizen und baut sich obendrein nur sehr langsam ab.

Das kann insbesondere die Anwender beeinträchtigen, da das Mittel im geschlossenen Kartoffellager versprüht wird. Aber auch Verbraucher sollten Rückstände möglichst nicht aufnehmen. Bio-Erzeuger setzen auf Alternativen, etwa das Reifegas Ethylen, das beispielsweise Äpfel natürlicherweise verströmen.

Zu viel Salz in den Gnocchi

Alle Bio-Gnocchi und drei konventionelle Produkte enthalten zu viel Salz. Legt man die Empfehlung der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) für einen angemessenen Salzverzehr zugrunde, dann liefert eine Portion von 250 Gramm dieser Produkte schon mehr als die Hälfte der Menge, die Verbraucher pro Tag nicht überschreiten sollten.

Zu viel Salz kann das Risiko für Bluthochdruck erhöhen. Nach der DGE sollte die Ernährung täglich höchstens sechs Gramm Salz enthalten. Tatsächlich liegt die durchschnittliche Salzaufnahme in Deutschland bei rund neun Gramm.

Kritisches Sulfit in Gnocchi im Test

Kartoffeln können braun werden - das wissen alle, die die Knollen nach dem Schälen längere Zeit an der Luft haben liegen lassen. Hersteller mögen diesen natürlichen Oxidationsvorgang nicht, vielleicht weil sich helle Kartoffelprodukte besser verkaufen lassen.

Einige von ihnen setzen deshalb das Antioxidationsmittel Sulfit zu, das das Braunwerden verhindert. Auf den Zutatenlisten findet sich die Schwefelverbindung unter der Bezeichnung Natriummetabisulfit oder E 223. Sulfit kann bei empfindlichen Menschen Kopfschmerzen, Übelkeit oder Allergien hervorrufen. Wir werten den Zusatz deshalb ab.

Diese Zusatzstoffe sind in den Gnocchi enthalten

In zwei Bio-Produkte steckt Rosmarinextrakt, der dank des pflanzeneigenen Inhaltsstoffs Carnosolsäure auch ein bisschen antioxidativ wirkt. Nach Brancheninformationen stehe aber die geschmacksgebende Wirkung im Vordergrund.

In einem Gnocchi-Produkt stecken natürliche Aromen. So natürlich wie sie auf den ersten Blick erscheinen, sind sie aber nicht. Die Aromen werden lediglich auf der Basis natürlicher Rohstoffe durch physikalische, mikrobiologische oder enzymatische Verfahren hergestellt. Im Produkt sorgen sie für mehr Geschmack - überflüssig, wenn ausreichend hochwertige Zutaten enthalten sind.

Andere Gnocchi enthalten einen erhöhten Gehalt an gesättigten Mineralölen (MOSH) oder gesättigten Polyolefinen (POSH). Genauer lassen sich die beiden Gruppen gesättigter Kohlenwasserstoffe im Labor nicht trennen. Von MOSH ist bekannt, dass sie sich im menschlichen Körper anreichern und im Tierversuch zu Schäden an verschiedenen Organen geführt haben. POSH sind toxikologisch noch nicht bewertet. Da sie sich schon in der Analyse nicht sicher von MOSH trennen lassen, ist es wahrscheinlich, dass sie sich ähnlich verhalten.

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Wir haben diese Produkte für Sie getestet

Testverfahren

Der Einkauf: Das Angebot an halbfrischen Pastavarianten im Kühlregal wächst unaufhörlich. Wir haben uns auf ungefüllte Gnocchi konzentriert und insgesamt zwölf Marken eingekauft. Vier Produkte stammen aus ökologischer Erzeugung.

Die Inhaltsstoffe: Kartoffeln, Weizenmehl, Grieß und Eier - das sind die wichtigsten Zutaten. Wir ließen die Produkte daher auf Pestizide, das Keimhemmungsmittel Chlorpropham und bedenkliche Schwermetalle prüfen. Des Weiteren interessierte uns der Salzgehalt. Gerade Hersteller von Fertiggerichten setzen die würzende Zutat oft allzu großzügig ein - ein Problem, da vorgefertigte Produkte immer häufiger verzehrt werden, was die ohnehin schon hohe durchschnittliche Salzaufnahme weiter steigern kann. Weil in der industriellen Produktion außerdem mit einem Eintrag von Mineralöl zu rechnen ist, wurden die Produkte auch auf diese Kontaminate untersucht. Die mikrobiologische Qualität war ein weiterer wichtiger Teil des Testprogramms.

Die Weiteren Mängel: Hier lag das Augenmerk vor allem auf freiwilligen Packungsangaben. Werben die Hersteller beispielsweise mit dem Hinweis "ohne Geschmacksverstärker", obwohl geschmacksverstärkende Zusatzstoffe für diese Produktgruppe gar nicht eingesetzt werden dürfen, ist das eine Werbung mit Selbstverständlichkeiten.

Die Bewertung: Am häufigsten kritisieren wir einen zu hohen Salzgehalt von mehr als der Hälfte der empfohlenen Tageshöchstmenge. Das werten wir als "erhöht" ab. Zu weiteren Notenabzügen führen die Funde des krebsverdächtigen Keimhemmungsmittels Chlorpropham und der Zusatz von allergieauslösenden Schwefelverbindungen. An den Verpackungsangaben haben wir nur wenig zu bemängeln.

Bewertungslegende

Unter dem Testergebnis Inhaltsstoffe führt zur Abwertung um jeweils eine Note: a) ein als besonders bedenklich eingestufter Wirkstoff (hier: das Keimhemmungsmittel Chlorpropham) in einer Menge von mehr als 0,01 mg/kg Frischkartoffel, berechnet unter Berücksichtigung eines Umrechnungsfaktors für getrocknetes Gemüse von 7 (laut Bundesverband Naturkost Naturwaren [BNN], Stand: Januar 2017) und unter der Annahme, dass der gemessene Gehalt an Chlorpropham zu 100 Prozent aus dem Kartoffelanteil stammt. Ist der Kartoffelanteil als "rehydrierte Kartoffel" angegeben, entfiel der Trocknungsfaktor; b) ein Salzgehalt von mehr als drei Gramm pro 250-g-Portion ("erhöht"); c) ein Gehalt an gesättigten Kohlenwasserstoffen (MOSH/POSH) der Kettenlängen C17 bis C35 von mehr als 0,5 bis 2 mg/kg ("erhöht"); d) Antioxidationsmittel Natriummetabi-sulfit/Sulfit; e) Zusatz von natürlichen Aromen. Unter dem Testergebnis Weitere Mängel führt zur Abwertung um eine Note: Werbung mit Selbstverständlichkeiten (hier: "ohne Geschmacksverstärker", teils mit dem Zusatz "laut Gesetz", wenn Geschmacksverstärker für diese Produktgruppe nicht zugelassen sind). Das Gesamturteil beruht auf dem Testergebnis Inhaltsstoffe. Ein Testergebnis "Weitere Mängel", das "befriedigend" oder "ausreichend" ist, verschlechtert das Gesamturteil um eine Note.

Testmethoden

Pestizide: LC/MS/MS nach LFGB L00.00-113; GC/MS für Lebensmittel mit hohem Wassergehalt. Elemente: Totalaufschluss in der Mikrowelle; Elementbestimmung mittels ICP-MS. Gesamtkeimzahl, aerob: DIN EN ISO 4833-2:2014. Weitere Keime: Enterobacteriaceen (ISO 21528-2:2004); E. coli (DIN ISO 16640-1:2009); präsumtive Bacillus cereus (ASU L00.00-33:2006 mod. (Modifikation betrifft die Verwendung eines anderen Selektivagars); koagulase-positive Staphylokokken (ASU L00.00-55:2004); Hefen (ISO 21527-2:2008); Salmonellen (ASU L00.00-20:2008); Listeria monocytogenes (ASU L00.00-22). Mineralöl und andere gesättigte Kohlenwasserstoffe: LC-GC/FID; analysiert wurden MOSH/POSH der Fraktionen C16 bis C50 sowie MOAH der Fraktionen C24 bis C50. Natrium: Aufschluss nach DIN EN 13805:2014; Messung nach ASU L00.00-144:2003 mod. (Modifikation betrifft ICP-MS statt ICP-OES); Salzäquivalente: berechnet nach LMIV. Schutzgasmessung: elektrometrisch. PVC/PVDC/chlorierte Verbindungen in der Verpackung: Röntgenfluoreszenzanalyse.

Einkauf der Testprodukte: Januar 2017.


Tests und deren Ergebnisse sind urheberrechtlich geschützt. Ohne schriftliche Genehmigung des Verlages dürfen keine Nachdrucke, Kopien, Mikrofilme oder Einspielungen in elektronische Medien angefertigt und/oder verbreitet werden.

Diesen Test haben wir bereits im ÖKO-TEST Magazin April 2017 veröffentlicht. Aktualisierung der Testergebnisse/Angaben für das Jahrbuch für 2018 sofern die Anbieter Produktänderungen mitgeteilt haben oder sich aufgrund neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse die Bewertung von Mängeln geändert oder wir neue/zusätzliche Untersuchungen durchgeführt haben.

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