- Sechs Veggie-Würstchen im Test sind empfehlenswert: Ein Produkt schneidet mit Bestnote ab, fünf weitere mit "gut".
- Auffällig: In vielen vegetarischen und veganen Bratwürsten stecken Aromen und Mineralöl.
- Mit "mangelhaft" oder "ungenügend" fallen sieben Fleischersatzprodukte durch.
Aktualisiert am 09.09.2021 | Für die Gesundheit, fürs Klima und fürs Tierwohl ist weniger Fleisch auf dem Speisezettel immer ein guter Plan. Gilt das auch für Bratwürstchen? Kommt drauf an. Wie gut die Bilanz wirklich ausfällt, hängt vor allem davon ab, womit die Hersteller das Fleisch ersetzen.
Wir haben 19 vegetarische und vegane Bratwürste getestet. Die Mehrheit besteht hauptsächlich aus Tofu oder Sojaeiweiß, in einigen Marken bilden das Weizeneiweiß Seitan, Süßlupinen oder Gemüse die Grundlage.
Mineralöl in vegetarischen und veganen Bratwürsten
Und gleich vorneweg: Unter dem Strich stehen nur wenige gute Noten. Insgesamt sieben Veggie-Würstchen fallen mit "mangelhaft" oder "ungenügend" durch. Denn leider trüben Schadstoffe die gute Gesundheitsbilanz der fleischfreien Würstchen.
Viele wertvolle Pflanzenproteine sind unbestritten ein Pluspunkt. Negativ zu Buche schlagen aber vor allem die im Labor gefundenen Mineralölbestandteile: 16 der 19 veganen und vegetarischen Bratwürste waren mit gesättigten Mineralölkohlenwasserstoffen (MOSH) verunreinigt. Drei davon sogar in einer Menge, die wir als "stark erhöht" betrachten.

Das Problem? MOSH können sich im Körperfett sowie in Leber oder Lymphknoten anreichern. In einem Fall fand das beauftragte Labor zusätzlich aromatische Mineralölkohlenwasserstoffe (MOAH), unter denen sich auch krebserregende Verbindungen befinden können.
In fünf Veggie-Würstchen wurden Pestizid-Spuren entdeckt
Die Mineralöleinträge sind ein Problem, das wir bereits in früheren Tests von Fleischersatzprodukten festgestellt haben. Es betrifft auch die Bio-Würstchen im Test. Die Verunreinigungen können etwa aus dem Schmieröl von Produktionsanlagen oder dem Formen der Würste stammen.
Das beauftragte Labor hat zudem in fünf Produkten Spuren von Pestiziden gefunden. Noten haben wir für bedenkliche Stoffe, wie das vermutlich krebserregende Pestizid Chlorpropham, abgezogen. Seine Anwendung ist in Deutschland seit Ende 2020 verboten.
Wie schmecken die Fleischersatzprodukte?
Kommen wir zum Geschmack der vegetarischen und veganen Bratwürste im Test. Von einem Bratwürstchen – auch von einem fleischlosen – erwarten Verbraucherinnen und Verbraucher, dass es würzig schmeckt und dass es einen gewissen Biss hat.
Geschmacklich können alle Veggie-Würstchen in unserem Test überzeugen, das bescheinigten Sensorik-Experten nach der Verkostung.
In einigen Veggie-Würstchen steckt zu viel Salz
Doch in einigen vegetarischen und veganen Bratwürsten steckt aus unserer Sicht zu viel Salz. Dauerhaft hoher Salzkonsum kann Bluthochdruck verursachen. Und damit das mit dem Geschmack und dem halbwegs Knackigen klappt, enthalten die Produkte einiges an Zusatzstoffen: Viele Hersteller helfen etwa mit Aromen, glutaminsäurehaltigem Hefeextrakt oder "Würze" nach.
"Würze" hat allerdings wenig mit Gewürzen zu tun: Dahinter verbergen sich Eiweißhydrolysate, also chemisch behandelte und gespaltene Proteine. Solche Zusätze sehen wir kritisch, denn unser Geschmacksempfinden kann sich daran gewöhnen und der natürliche Geschmackssinn verloren gehen. Zudem lässt sich guter Geschmack auch mit natürlichen Zutaten und Gewürzen erzeugen – die Mehrheit der Bio-Würstchen führt es vor.

Wie gesund sind Veggie-Bratwürste?
Am Ende sind vegane und vegetarische Würstchen — wie die meisten Fleischersatzprodukte — eben hoch verarbeitete Lebensmittel. Wie sie im Vergleich untereinander aus ernährungsphysiologischer Sicht dastehen, dafür liefert der Nutri-Score erste Anhaltspunkte.
Wir haben den Nutri-Score, wo möglich, anhand der Nährwertangaben auf den Verpackungen errechnet und führen ihn im ePaper und im Magazin auf. Diese neu eingeführte Ampelkennzeichnung hat zwar viele Schwächen, erlaubt aber einen schnellen Vergleich gerade von hoch verarbeiteten Lebensmitteln: Auf einer Skala von A bis E bildet der Score unter anderem die Menge und Qualität der Fette oder die Menge an Proteinen und Ballaststoffen ab.
Knapp die Hälfte der Produkte landet bei "C", sechs bei "B", und nur zwei erhalten die beste Kennzeichnung "A". Das liegt vor allem an einem vergleichsweise hohen Ballaststoffgehalt.
Kükentöten für vegetarische Bratwurst?
Und wie steht es mit dem Tierwohl? Fünf Produkte im Test sind vegetarisch, nicht vegan. Sie binden die Wurstmasse mit Ei, meist als Konzentrat eingesetzt. Mengenmäßig ist das oft gar nicht so wenig, der Anteil an konzentrierten Eiklarpulvern beträgt bis zu knapp zehn Prozent.
Wir wollten wissen: Wie werden die Hühner gehalten, von denen die Eier stammen? Wurden im Rahmen der Zucht der Legehennen die männlichen Küken getötet? Einzig ein Hersteller im Test verarbeitet Eier mit dem AMA-Gütesiegel aus österreichischer Bio-Freilandhaltung, die mehr Auslauf und die Aufzucht von Bruderhähnen vorsieht.
Die übrigen Anbieter verwenden Eipulver aus Freiland- oder in einem Fall auch aus der noch schlechteren Bodenhaltung. Das Töten männlicher Eintagsküken können sie alle nicht ausschließen.

Die Klima-Frage: Sind Veggie-Würstchen besser?
Immer mehr Menschen verzichten auf Fleisch – dem Klima zuliebe. Und auf diesem Feld punkten die Veggie-Würstchen tatsächlich. Wie sehr, das hängt von den jeweiligen Zutaten ab: Leider schreiben die wenigsten Hersteller auf ihre Verpackung, woher die verwendeten Pflanzenrohstoffe stammen.
Gerade beim Sojaanbau wäre das aber ein wichtiger Punkt: Die Hülsenfrucht – Basiszutat bei einer Mehrheit der Produkte im Test - genießt in puncto Umweltschutz nicht den besten Ruf. In den Hauptanbauländern USA und Brasilien werden noch immer riesige Flächen von Grünland oder Wald in Ackerflächen umgewandelt; auch Regenwälder, die große Mengen CO₂ binden können und eine wichtige Rolle im weltweiten Klimaschutz spielen.
Kein Würstchen in unserem Test hat aber Regenwald auf dem Gewissen: Bei den konventionellen Produkten stammt das Soja überwiegend aus China oder USA, die Bio-Hersteller beziehen es aus europäischem Anbau, wie unsere Nachfrage ergab.
Soja als Futtermittel in der Fleischproduktion
Gut so. Allerdings landen ohnehin über drei Viertel der weltweiten Sojaernte als Futtermittel in der Fleischproduktion. Das wichtigste Argument also zuletzt: Die Fleischproduktion ist so ineffizient und verschlingt so große Mengen Pflanzenfutter, dass es allemal klima- und ressoucenschonender ist, diese Pflanzen direkt zu essen anstatt den Umweg über das Tierfutter zu nehmen.
Egal, ob es sich um Sojabohnen, Weizeneiweiß oder Lupinen handelt. Denn um eine Kalorie aus Fleisch zu erzeugen, braucht es im Durchschnitt sieben pflanzliche Kalorien.
Diesen Test haben wir zuerst im ÖKO-TEST Magazin 06/2021 veröffentlicht. Aktualisierung der Testergebnisse/Angaben für den Ratgeber Kinder und Familie 2021 sofern die Anbieter Produktänderungen mitgeteilt haben oder sich aufgrund neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse die Bewertung von Mängeln geändert oder wir neue/zusätzliche Untersuchungen durchgeführt haben.
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