Spaghetti-Test: Labor findet Glyphosat und Mineralölbestandteile

Magazin März 2024: Spaghetti | Autor: Birgit Hinsch/Sarah Becker/Heike Baier/Lena Wenzel | Kategorie: Essen und Trinken | 18.03.2024

Wie schlagen sich die Spaghetti-Marken in unserem Test?
Foto: Marian Weyo/Shutterstock

25 von 30 Spaghetti-Marken sind in unserem Test mit "sehr gut" empfehlenswert. Doch leider sehen Bio-Produkte nicht gut aus: Die höchsten Gehalte an Mineralölbestandteilen, die einzige Abwertung wegen Schimmelpilzgiften und der größte Glyphosatrückstand – alles das fand sich in Bio-Spaghetti.

  • Im Test: 37 klassische Spaghetti aus Hartweizengrieß, darunter 20 Bio-Produkte. 
  • Mit Bestnote schneiden 25 Spaghetti-Marken ab. 
  • Schade: Vor allem Bio-Produkte fallen negativ auf. 
  • Kritik üben wir für vor allem an enthaltenen Mineralölbestandteilen und Glyphosatrückständen. 

Ungewöhnlich hohe Gehalte an Mineralölbestandteilen in Spaghetti: Dieses Testergebnis hat uns überrascht. Denn üblicherweise sind Teigwaren nicht in der Höhe belastet.

In Produkten wie Olivenöl oder Butter sind wir schon häufiger auf hohe Mineralölrückstände gestoßen. Denn die Stoffgemische reichern sich gern in fetthaltigen Produkten an – ob sie nun aus Druckfarben von Verpackungen oder aus Schmierfetten von Produktionsanlagen in die Lebensmittel gelangen. Aber in einem Produkt wie Spaghetti mit Fettgehalten um die ein bis zwei Prozent? Damit haben wir nicht gerechnet.    

Spaghetti-Test: Mineralölbestandteile entdeckt 

Konkret wies das Labor gesättigte Mineralölkohlenwasserstoffe (MOSH/MOSH-Analoge) nach. Zweimal bewerten wir die Gehalte als "stark erhöht", sechsmal als "erhöht". Betroffen sind vor allem Bio-Produkte.

Zu Erklärung: MOSH/MOSH-Analoge sind Erdölbestandteile, die sich im menschlichen Fettgewebe und in Organen anreichern. Im Körper stellen sie die wohl größte Verunreinigung dar. Welche Folgen das hat, ist bislang ungeklärt.

Sowohl Kinder als auch Erwachsene lieben Spaghetti.
Sowohl Kinder als auch Erwachsene lieben Spaghetti. (Foto: Katrinshine/Shutterstock)

Pestizidrückstände in getesteten Spaghetti

Und dann das Thema Pestizide. Zunächst die gute Nachricht: Im Gegensatz zum Spaghetti-Test vor drei Jahren fanden wir dieses Mal weniger Spritzgifte. Nur acht der 37 getesteten Produkte enthalten Spuren eines Pestizids und/oder eines Wirkverstärkers – in drei Fällen handelt es sich um den Unkrautvernichter Glyphosat.

Im letzten Test dagegen steckte in mehr als der Hälfte der Spaghetti Glyphosat. Bitter allerdings: Auch in einem Bio-Produkt stieß das Labor auf Glyphosat. Auch wenn wir diesen Gehalt noch als Spur bewerten, liegt er doch deutlich über dem Orientierungswert, den der Bundesverband Naturkost und Naturwaren (BNN) zur Beurteilung von Pestizidrückständen in Bio-Ware heranzieht.

Glyphosat in Spaghetti mit Bio-Siegel

Der BNN-Wert bezieht sich allerdings auf Rohware, hier den Weizen, und nicht auf verarbeitete Produkte wie Spaghetti. Für eine Umrechnung haben wir uns am Vorgehen des Chemischen und Veterinäruntersuchungsamts (CVUA) Stuttgart orientiert und den Verarbeitungsfaktor für Weizenmehl angesetzt: Auf diese Weise lässt sich schließen, dass der Glyphosat-Gehalt im für die betroffenen Bio-Spaghetti verarbeiteten Weizen sogar noch höher gewesen sein dürfte.

"Ein solcher Gehalt deutet stark auf eine nicht zulässige Anwendung des Pestizids oder auf eine Vermischung mit konventioneller Ware hin", sagt uns Marc Wieland vom CVUA Stuttgart.

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Lebensraum von Vögeln und Insekten wird zerstört

Über kein Pestizid wurde in den vergangenen Jahren so erbittert gestritten wie um Glyphosat, das die EU gerade für weitere zehn Jahre zugelassen hat: Die Internationale Agentur für Krebsforschung (IARC) schätzt den Wirkstoff als wahrscheinlich krebserregend ein, die Europäische Chemikalienagentur (ECHA) nicht.

Unbestritten ist, dass das Totalherbizid den Lebensraum von Insekten und Vögeln zerstört und erheblich zum Verlust von Biodiversität beiträgt. Wir ordnen Glyphosat unter den besonders bedenklichen Pestiziden ein. Eins ist sicher: Wer Bio kauft, erwartet Lebensmittel ohne Pestizide – und ganz bestimmt ohne Glyphosat.  

Kritik an HT2-Toxinen in Bio-Spaghetti 

Auch Schimmelpilzgifte haben wir in Spaghetti mit Bio-Siegel gefunden. Das Labor maß einen auffälligen Gehalt an HT2-Toxinen. Die wirken zellgiftig und schädigen das Immunsystem. Ganz unkritisch ist das nicht.

Denn immerhin schöpft eine 125-Gramm-Portion des betroffenen Produkts die noch als unbedenklich geltende tägliche Aufnahmemenge (TDI) für eine 60 Kilo schwere Person fast komplett aus.

Neben der Kritik lässt sich aber auch Positives herausheben: Von 37 Spaghetti-Marken im Test schneiden 25 mit Bestnote ab, darunter auch Bio-Produkte. Zwar fallen Bio-Spaghetti im Vergleich zu den konventionellen in diesem Test negativer auf, aber natürlich betrifft das nicht alle Testkandidaten. 

Auch in Fusilli steckten Problemstoffe

Im Frühjahr 2022 waren Mineralölbestandteile und Glyphosat auch ein Problem in unserem Fusilli-Test. Diese Stoffe haben aus unserer Sicht nichts in Pasta zu suchen. Es sind aber auch viele Fussili empfehlenswert. Klicken Sie hier, um mehr zu erfahren: Fusilli im Test

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Wir haben diese Produkte für Sie getestet

Testverfahren

Für diesen Test haben wir 37 klassische Spaghetti aus Hartweizengrieß eingekauft. Bei Discountern, in Bio-Läden, Super- und Drogeriemärkten bezahlten wir für 500 Gramm Pasta Preise zwischen 79 Cent und 2,69 Euro. Dadurch dass es von großen Marken häufig auch eine Bio-Variante gab, kommen wir auf einen relativ hohen Anteil von 20 Bio-Produkten. In Speziallaboren ließen wir die Spaghetti auf verschiedene Pestizide und Wachstumsregulatoren analysieren, darunter Glyphosat und dessen Abbauprodukt Aminomethylphosphonsäure (AMPA) sowie Glufosinat. Zu den untersuchten Parametern gehörten auch Mineralölbestandteile, das Schwermetall Cadmium sowie ein großes Spektrum an Schimmelpilzgiften von Deoxynivalenol (DON) bis zu HT-2 Toxinen.

Sämtliche Verpackungen ließen wir auf chlorierte Verbindungen überprüfen. Chlorierte Verbindungen und Cadmium konnten nicht bzw. nur in unbedenklichen Spuren nachgewiesen werden.

War auf den Spaghetti-Packungen ein Nutri-Score ausgelobt, rechneten wir diesen nach. Zudem schauten wir, ob eine realistische Portionsgröße angegeben ist. Wir prüften auch, ob die Anbieter den Ballaststoffgehalt ihres Produktes deklarieren. Aus unserer Sicht handelt es sich dabei um eine wertvolle Information, die auch den Vergleich etwa mit Vollkorn-Spaghetti ermöglicht.

Bewertungslegende 

Soweit nicht abweichend angegeben, handelt es sich bei den hier genannten Abwertungsgrenzen nicht um gesetzliche Grenzwerte, sondern um solche, die von ÖKO-TEST festgesetzt wurden. Die Abwertungsgrenzen wurden von ÖKO-TEST eingedenk der sich aus spezifischen Untersuchungen ergebenden Messunsicherheiten und methodenimmanenter Varianzen festgelegt. MOSH/MOSH-Analoge beinhalten gegebenenfalls auch POSH (Polyolefin Oligomeric Saturated Hydrocarbons) und PAO (Poly Alpha Olefins). Bei Richt- und Orientierungswerten sowie Verarbeitungsfaktoren handelt es sich um rechtlich nicht bindende Werte, die eingehalten werden sollten, während rechtlich bindende Grenzwerte eingehalten werden müssen.

Bewertung Testergebnis Inhaltsstoffe: Unter dem Testergebnis Inhaltsstoffe führt zur Abwertung um vier Noten: ein gemessener Gehalt an MOSH/MOSH-Analogen der Kettenlängen C17 bis C35 von mehr als 4 mg/kg (in der Tabelle: "stark erhöht"). Zur Abwertung um jeweils zwei Noten führen: a) ein gemessener Gehalt an MOSH/MOSH-Analogen der Kettenlängen C17 bis C35 von mehr als 2 bis 4 mg/kg (in Tabelle: "erhöht"); b) ein gemessener Summengehalt von T2- und HT2-Toxinen, der zu einer Ausschöpfung von mehr als 50 Prozent des von der EFSA 2017 festgelegten TDI von 0,02 μg/kg Körpergewicht und Tag führt (in der Tabelle: "erhöht"). Für die Berechnung sind wir von einer 125-Gramm-Portion unzubereiteter Spaghetti und einem Körpergewicht von 60 Kilogramm ausgegangen. Zur Abwertung um eine Note führt: ein bis zwei als besonders bedenklich eingestufte Pestizide in gemessenen Gehalten von mehr als 0,01 mg/kg (hier: Glyphosat). Bei der Einstufung haben wir uns unter anderem an der Liste der hochgefährlichen Pestizide des Pestizid Aktions-Netzwerks (PAN), Stand 3/2021, orientiert. Steht bei konkret benannten Analyseergebnissen "nein", bedeutet das unterhalb der Bestimmungsgrenze der jeweiligen Testmethode.

Bewertung Weitere Mängel: Unter dem Testergebnis Weitere Mängel führt zur Abwertung um zwei Noten: Nachweis eines für Bio nicht zugelassenen Pestizids in einem Bio-Produkt in einem Gehalt von mehr als 0,01 mg/kg. Zur Abwertung um jeweils eine Note führen: a) Packungsangabe einer unrealistisch kleinen Portionsgröße von ca. 80 Gramm (ca. 6 Portionen pro 500-g-Packung); b) keine Angabe des Ballaststoffgehalts in der Nährwerttabelle auf der Verpackung. Diese Angabe ist rechtlich nicht verpflichtend, kann dem Verbraucher jedoch eine wertgebende Information zum Produkt geben.

Das Gesamturteil beruht auf dem Testergebnis Inhaltsstoffe. Ein Testergebnis Weitere Mängel, das "befriedigend" ist, verschlechtert das Gesamturteil um eine Note. Ein Testergebnis Weitere Mängel, das "gut" ist, verschlechtert das Gesamturteil nicht.  

Testmethoden 

Mineralölbestandteile: nach DIN EN 16995:2017-08 mod.; die Modifikation betrifft die Verseifung und eine andere Matrix; Messung mittels LC-GC/FID. Pestizid-Screening: GC-MS und LC-MS/MS Glyphosat/Aminomethylphosphonsäure (AMPA)/Glufosinat: LC-MS/MS. Mepiquat, Chlormequat: LC-MS/MS Cadmium: DIN EN 15763:2010-04 (nach Aufschluss gemäß DIN EN 13805:2014-12)Mykotoxine: LC-MS/MS (Bestimmung im homogenisierten Probenmaterial aus drei Packungen); LC-FLD (teilautomatisiert) für Ochratoxin APVC/PVDC/chlorierte Verbindungen in der Verpackung: Röntgenfluoreszenzanalyse

Einkauf der Testprodukte: November 2023 

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