Jüngst sorgen mit pflanzlichen Giftstoffen, sogenannten Tropanalkaloiden, verunreinigte Lebensmittel immer wieder für Schlagzeilen. Die Drogeriekette Dm etwa ruft derzeit das "Paleo Müsli" der Eigenmarke "dmBio" wegen eines entsprechenden Fundes zurück. Im Mai nahmen Netto, Edeka und Marktkauf Popcorn der Marken "Gut & Günstig" und "American Style" wegen erhöhter Belastungen aus den Regalen. Die Drogerie Rossmann warnte erst 2017 vor einem Pfefferminztee mit erhöhtem Gehalt. Auch in unserem Test von Fertigpopcorn wies ein beauftragtes Labor die Alkaloide in etlichen Packungen nach – zum Teil in stark erhöhten Mengen. Mehr dazu lesen sie hier.
Tropanalkaloide können Benommenheit, Sehstörungen und Halluzinationen auslösen
Unter Tropanalkaloiden verstehen Fachleute eine große Gruppe pflanzlicher Giftstoffe. Sie kommen beispielsweise natürlich in Nachtschattengewächsen wie Stechapfel, Bilsenkraut und Tollkirsche vor. Insgesamt wurden in Pflanzen bisher mehr als 200 der Gifte identifiziert. Umfassend erforscht sind etwa Atropin und Scopolamin, die auch als Arzneimittelwirkstoffe genutzt werden.
Tropanalkaloide gelten zum Teil als hochgiftig. Typische Vergiftungssymptome sind etwa Benommenheit, Kopfschmerzen und Übelkeit. Einige der Stoffe beeinflussen bereits in kleinsten Mengen die Herzfrequenz und das zentrale Nervensystem. Sie können zu vorübergehenden gesundheitlichen Beschwerden wie etwa Sehstörungen, erweiterten Pupillen, Mundtrockenheit oder Müdigkeit führen. In höheren Dosierungen können Tropanalkaloide psychotische Reaktionen und Halluzinationen auslösen.
In Bezug auf Lebensmittel erklärte das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) 2013, dass Kleinkinder und Säuglinge durch den Verzehr mit Tropanalkaloiden verunreinigten Getreideprodukten am meisten gefährdet sind. Es bestanden laut BfR damals aber keine konkreten Anhaltspunkte für eine gesundheitliche Beeinträchtigung von Säuglingen, Kleinkindern und Erwachsenen durch einen Verzehr. Die Datenlage sei allerdings unbefriedigend und gesundheitliche Beeinträchtigungen bei Grenzwertüberschreitungen grundsätzlich möglich.
Mitgeernteter Stechapfel gilt als mögliche Quelle für Tropanalkaloide
Doch wie gelangen Tropanalkaloide ausgerechnet in Müsli oder Popcorn? Experten gehen davon aus, dass Mähdrescher Ackerunkräuter wie Stechapfelpflanzen miternten, die etwa auf Maisfeldern wachsen. Dabei könnte Pflanzensaft der Nachtschattengewächse austreten und das Getreide verunreinigen. Abschließend geklärt ist die Ursache aber noch nicht. Popcorn-Hersteller versicherten uns gegenüber, man habe das Problem durch Verbesserungen im Anbau und durch Rohwarenkontrollen in den Griff bekommen.
Wir haben vorsorglich Popcorn von 18 verschiedenen Marken eingekauft und ins Labor geschickt. Immerhin 14 Produkte können wir mit "sehr gut" empfehlen. Vier Maissnacks sind jedoch deutlich bis sehr stark mit Tropanalkaloiden belastet. Details dazu in unserer September-Ausgabe.
Tropanalkaloide erstmals in Getreidebreien für Babys auffällig
Vor einigen Jahren fanden Untersuchungsbehörden die Tropanalkaloide erstmals in Getreidebreien für Babys und Kleinkinder. Betroffen waren vor allem Produkte aus Hirse und Buchweizen. Verantwortlich dafür waren in diesen Fällen eben mitgeerntete Samen des Stechapfels. Da die nachgewiesenenen Mengen nicht selten in einem gesundheitlich problematischen Bereich lagen, legte die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit EFSA einen Grenzwert für Getreidebeikost fest.
In unserem Test Getreidebreie für Babys von 2017 waren Tropanalkaloide zum Glück nicht nachweisbar – allerdings krebserregendes Arsen. Details dazu und welche Breie wir empfehlen können lesen Sie hier.