Aktualisiert am 17.10.2019; Einkauf Testprodukte Jun 2018 | Echte Kräuterteemischungen ohne zugesetzte Aromen liegen im Trend. Wir haben 23 Produkte aus dem konventionellen und ökologischen Anbau auf problematische Inhaltsstoffe prüfen lassen und die Hersteller befragt, was sie tun, um akzeptable Arbeitsbedingungen in den Ernteländern sicherzustellen.
Die gute Nachricht zuerst: Giftige Pflanzenstoffe sind in den Kräutertees in diesem Test kein Thema. In bisherigen Teetests waren sie häufig ein Problem. 13 Produkte weisen überhaupt keine dieser Stoffe auf und die anderen sind nur sehr gering belastet. Pyrrolizidinalkaloide - kurz PA - können die Leber schädigen und gelten als erbgutschädigend und krebsauslösend. Grenzwerte gibt es nicht, jedoch eine sogenannte maximale Aufnahmemenge. Die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) hat diese kürzlich überarbeitet. Bezogen auf diese Menge liegen alle PA-Gehalte, die das Labor festgestellt hat, im Spurenbereich.
Kräutertee im Test: Pestizide als großes Problem
Viele Pestizide: Die Produkte von Bünting und Holzapfel kassieren dafür am meisten Notenabzüge. Besonders negativ fällt der Teehandelskontor Bremen Kräutertee Kräutermond (Holzapfel) auf. Zwei der gefundenen Spritzgifte sind besonders bedenklich: Carbendazim gilt als schädlich für die Fruchtbarkeit und Chlorpyrifos ist stark bienengiftig. Auch krebsverdächtiges Anthrachinon fand das Labor in diesem Tee in einer größeren Menge. Dieser Stoff, der früher als Pestizid erlaubt war, gelangt heute vermutlich während der Trocknung oder umweltbedingt in Teeprodukte.
Ist das noch Bio? Auch Bio kann mit Pestiziden belastet sein. Oft handelt es sich nur um Spuren. Nicht so bei zwei Bio-Tees im Test. Sie schneiden sogar schlechter ab als viele konventionelle. Kann das noch Bio sein? Ja. Denn die Regeln des Bundesverbandes Naturkost Naturwaren halten beide Produkte ein.
Kräuterteeanbau: Arbeitsbedingungen und Löhne
Aus aller Welt: Kräuterteemischungen bestehen aus einer Vielzahl von Zutaten. Fünf bis zwölf verschiedene Kräuter haben wir in den Testprodukten gezählt. Fast immer dabei: Pfefferminze, Melisse und Zitronengras. Seltener enthalten: Zutaten wie Grünhafer, Silberlindenblüten oder Sonnenhutkraut. Die Zutaten kommen aus aller Welt und meist von vielen Produzenten.
Faire Arbeitsbedingungen? Anders als Tee, der meist auf großen Plantagen wächst, kommen die Kräuter für unsere Kräutertees oftmals aus weit verstreut liegenden kleinbäuerlichen Betrieben. Manche Pflanzen stammen auch aus Wildsammlung. Zugleich liegen die Marktpreise häufig unter den Produktionskosten. Für die Menschen bedeutet dies, dass sie und ihre Familien von dem Anbau kaum leben können. Die großen Teefirmen müssen sich daher dafür einsetzen, dass die Produzenten zumindest gesetzliche Mindestlöhne erhalten und grundlegende Arbeitnehmerrechte, wie sie in den Kernarbeitsnormen der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) verankert sind, zum Alltag gehören.
Elementar sind darüber hinaus langfristige Handelsbeziehungen. Nur so haben Kleinbauern Planungssicherheit und können sich finanziell stabilisieren. Zertifizierungsstandards wie Fairtrade, Fairwild, Naturland oder UTZ tragen daher auch im Kräuterteeanbau zu Verbesserungen der Lebens- und Arbeitsbedingungen bei.
Lieferkette und Transparenz von Kräutertees im Test
Immerhin: Auf unsere Fragen nach Kernarbeitsnomen und Mindestlöhnen haben alle Anbieter geantwortet. Einige von ihnen verweisen jedoch lediglich auf einen Lieferantenkodex und legen keine unabhängigen, produktbezogenen Nachweise vor. Das ist zu wenig, das werten wir als fehlenden Nachweis.
Die aussagekräftigsten Belege erhielten wir zu den Produkten von vier Anbietern im Test. Dabei zeigte sich, dass vielfältige Lieferantenbeziehungen und Transparenz sich nicht ausschließen müssen: Ein Anbieter etwa schickte für seinen Kräuter-Tee Zertifikate von 25 Produzenten aus 11 Ländern. Drei andere ließen die Testcharge bis in den Ursprung extern überprüfen. Danach enthalten diese drei Kräutertees zwischen knapp 50 und 84 Prozent zertifizierte Zutaten.
Pestizide in Bio-Produkten
Pestizide können auch durch Verwehungen aus der konventionellen Landwirtschaft - die sogenannte Abdrift - in Bio-Produkte gelangen. Deshalb hat der Bundesverband Naturkost Naturwaren (BNN) eine Leitlinie zur Beurteilung entwickelt. Er hat einen Orientierungswert von 0,01 Milligramm pro Kilogramm Lebensmittel (mg/kg) festgelegt. Liegt der Gehalt darüber, könnte ein unzulässiger Einsatz von Pestiziden oder eine technisch vermeidbare Verunreinigung dahinter stecken.
Die Besonderheit bei getrockneten Produkten wie Kräutertee: Hier müssen Laborbefunde mittels eines Trocknungsfaktors auf die frische Ausgangsware zurückgerechnet werden. Der Grund: Man möchte ja die mögliche Anwendung im Anbau beurteilen. Und diese führt in der Regel zu Konzentrationen oberhalb von 0,01 mg/kg. Auf einem anderen Blatt steht die Beurteilung der Tees nach den gesetzlichen Rückstandshöchstmengen. Sie gelten auch für Bio-Produkte. Da diese Grenzwerte für Kräutertee meist auf einem sehr niedrigen Niveau liegen, kommt es vor, dass wir für Bio-Kräutertees Noten abziehen, obwohl sie den BNN-Orientierungswert einhalten. Erst wenn dieser überschritten ist, beurteilen Untersuchungsämter die Bezeichnung "Bio" als irreführend.
Diesen Test haben wir erstmals im ÖKO-TEST Magazin 10/2018 veröffentlicht. Aktualisierung der Testergebnisse/Angaben für das Jahrbuch 2020, sofern die Anbieter Produktänderungen mitgeteilt haben oder sich aufgrund neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse die Bewertung von Mängeln geändert oder wir neue/zusätzliche Untersuchungen durchgeführt haben.
Weiterlesen auf oekotest.de: