Hafermilch-Test: Sind Alpro, Oatly & Co. ein guter Milchersatz?

Jahrbuch Kinder und Familie für 2024 | Autor: Julia Dibiasi/Lisa-Marie Karl/Lena Wenzel | Kategorie: Essen und Trinken | 07.12.2023

Alpro, Oatly, Rewe: Diese Haferdrinks können wir empfehlen.
Foto: ÖKO-TEST

Für Hafermilch leiden keine Kühe. Und im Vergleich zu Kuhmilch hat sie eine bessere Umweltbilanz. Doch überzeugen auch Inhaltsstoffe und Geschmack der Pflanzenmilch? Unser Test von 36 Haferdrinks gibt Antworten.  

  • Wir haben 36 Haferdrinks, darunter 31 Bio-Produkte, zur Überprüfung ins Labor geschickt.
  • Das Ergebnis: Die Mehrheit der überprüften Produkte ist empfehlenswert. 
  • In der Kritik stehen beispielsweise überflüssige Vitaminzusätze und zugesetzte künstliche Phosphate.
  • Auffällig: Ein Produkt fällt wegen der Belastung mit Schimmelpilzgiften durch. 
  • Wissenswert: Auf den Verpackungen steht nie "Hafermilch". Das liegt daran, dass die Hersteller in Produktnamen für rein pflanzliche Produkte kein "-milch" schreiben dürfen. Wir sprechen weiter von Hafermilch, weil das dem normalen Sprachgebrauch entspricht. 

Aktualisiert am 7.12.2023 | Hafer lässt sich regional anbauen – und die Herstellung von Hafermilch verbraucht im Vergleich zu Kuhmilch viel weniger Wasser und Landfläche. Außerdem hat sie einen besseren CO2-Fußabdruck als Kuhmilch.

Das Institut für Energie- und Umweltforschung Heidelberg (ifeu) rechnet vor: Vom Feld bis ins Supermarktregal wird für ein Kilo Hafermilch etwa 0,3 Kilo CO2 frei, für dieselbe Menge Kuhmilch ist es mit rund 1,4 Kilo CO2 viermal so viel. Also alles super? Nicht ganz.  

Oatly, Alpro & Co.: Hafermilch im Test

Wir haben 36 Haferdrinks zu Preisen von 0,95 bis 3,05 Euro pro Liter getestet, darunter 31 Bio-Produkte. Die Prüfung von Geschmack und Geruch haben alle Produkte bestanden – und viele sind top in Sachen Inhaltsstoffe. Doch es gibt auch Haferdrinks, die wir kritisieren. 

Die Herstellung von Hafermilch verbraucht im Vergleich zu Kuhmilch weniger Wasser und Landfläche.
Die Herstellung von Hafermilch verbraucht im Vergleich zu Kuhmilch weniger Wasser und Landfläche. (Foto: Dima Sobko/Shutterstock)

Besonders auffällig: Einmal hat das von uns beauftragte Labor eine Konzentration von Schimmelpilzgiften gemessen, die die tolerierbare tägliche Aufnahmemenge (TDI) übersteigt.

Der TDI ist kein gesetzlicher Grenzwert. Er ist toxikologisch begründet und beschreibt die Menge eines Stoffes, die über die gesamte Lebenszeit pro Tag aufgenommen werden kann, ohne spürbare Auswirkungen auf die Gesundheit.

Diese Inhaltsstoffe sind in Hafermilch unerwünscht

Das Schimmelpilzgift T-2/HT-2 kann unter anderem den Verdauungstrakt schädigen und das Nerven- und Immunsystem stören. Die gemessene Konzentration war so hoch, dass bereits 250 Milliliter, also ein Glas Hafermilch ausreichen würde, um die tägliche Menge von T-2/HT-2 zu überschreiten, die die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) für einem 60 Kilo schweren Erwachsenen noch für tolerierbar hält.

Kommen wir zu den Zusätzen: Den Zusatz von Vitaminen und Mineralstoffen in Lebensmitteln sieht ÖKO-TEST in der Regel kritisch. Denn ein Großteil der Vitamine und Mineralien, die der menschliche Körper täglich braucht, lässt sich prima mit einer herkömmlichen gesunden Ernährung aufnehmen.

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Ausnahme für Calcium und Vitamin B12 in Haferdrinks 

Eine Ausnahme bildet das Vitamin B12, das in ausreichender Menge nur in Nahrungsmitteln tierischen Ursprungs vorkommt. Wer auf tierische Lebensmittel verzichtet, hat daher in der Regel ein Defizit an Vitamin B12. Das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) empfiehlt Veganerinnen und Veganern deshalb, auf Nahrungsergänzungsmittel oder auf mit Vitamin B12 angereicherte Lebensmittel zurückzugreifen.

Deshalb werten wir den Zusatz von Vitamin B12 in diesem Test nicht ab. Auch zugesetztes Calcium tolerieren wir ohne Notenabzug, da Hafermilch oft als Ersatz für Kuhmilch auf dem Speiseplan steht und Kuhmilch ein klassischer Calciumlieferant ist.

Vitamin D und B2 als Zusatz sind überflüssig 

Anders sehen wir das bei zugesetztem Vitamin D und B2. Denn Vitamin D kann der Körper bei Kontakt der Haut mit Sonnenlicht selbst bilden, B2 steckt in pflanzlichen Lebensmitteln, unter anderem in Erbsen und Brokkoli. Trotzdem ist manchen Produkten Vitamin D zugesetzt, zweien auch Vitamin B2.  

Wir bemängeln außerdem zugesetzte künstliche Phosphate. Denn große Mengen an Phospaten können den Nieren schaden.

Tipp: Hafermilch enthält in der Regel weniger Eiweiß als Kuhmilch. Wer nach einer proteinreicheren Pflanzenmilch sucht, wählt einen Drink aus oder mit Soja.

Zuckergehalte von Hafermilch sind unterschiedlich 

Hafermilch schmeckt oft süßer als Kuhmilch. Doch die Zuckergehalte von Hafermilch variieren. Ein Blick in die Nährwertkennzeichnungen zeigt: Die Zuckergehalte der Marken im Test liegen zwischen null und rund sechs Prozent. Das macht beim täglichen Kosum von Hafermilch schon einen Unterschied, da zu viel Zucker als ungesund gilt.

Deshalb werben einige Hersteller auch mit Aussagen rund um das Thema Zucker. Doch dafür gibt es Regeln. Regel Nummer eins: Wenn Hersteller ihre Drinks mit dem Claim "ohne Zucker" bewerben, dürfen diese nicht mehr als 0,5 Gramm Zucker pro 100 Milliliter Hafermilch enthalten. So sieht es die europäische Health-Claims-Verordnung vor. In unserem Test sind einige Produkte – zu Recht – so ausgelobt.

Das bedeutet "ohne Zuckerzusatz"

Regel Nummer zwei: Wenn eine Hafermilch hingegen die Auslobung "ohne Zuckerzusatz" oder "ungesüßt" trägt, dann empfiehlt die Health-Claims-Verordnung den Zusatz "Enthält von Natur aus Zucker", wenn die Produkte dennoch zuckerhaltig sind.

Denn die Auslobung "ohne Zuckerzusatz" bedeutet tatsächlich nur, dass die Hersteller keinen Zucker in die Hafermilch geschüttet haben. Das heißt im Umkehrschluss jedoch nicht, dass ein Produkt nicht trotzdem viel Zucker enthalten kann.

Hersteller lenken Fermentationsprozess

Woher der Zucker dann kommt? Durch einen biologischen Verarbeitungsprozess: die Fermentation. Dabei wird der gemahlene Hafer in Wasser eingerührt und mit Enzymen versetzt. Diese wandeln dann die im Hafer enthaltene Stärke in Zucker um. Je länger die Hersteller diesen Prozess laufen lassen, desto mehr Zucker entsteht.

Es ist deshalb in diesen Fällen zwar richtig, dass die Produzenten der Hafermilch keinen Zucker von außen zugesetzt haben. Aber so ganz trifft es die Formulierung "Enthält von Natur aus Zucker" am Ende doch nicht. Denn den Fermentationsprozess, der für den "natürlichen" Zuckergehalt verantwortlich ist, steuern ja die Hersteller.

Hafermilch: Mehr Transparenz auf der Verpackung 

Um hier mehr Klarheit auf die Verpackung zu bringen, hat der Arbeitskreis Lebensmittelchemischer Sachverständiger der Länder und des Bundesamtes für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (ALS) eine neue Formulierung festgelegt, die für Produzenten und Überwachungsbehörden bei Kontrollen verbindlich ist:

Wenn Hersteller mit dem Claim "ohne Zuckerzusatz" werben, die Hafermilch aber "natürlichen" Zucker enthält, dann sollen die Produzenten mit dem Hinweis "Enthält Zucker aus der Haferfermentation" erklären, wo der Zucker im Getränk herkommt.

Gute Regel, finden wir. Leider haben sie noch nicht alle Hersteller in unserem Test umgesetzt, weshalb wir bei einigen Haferdrinks eine Note unter den Weiteren Mängeln abziehen.  

Wie schmeckt die Pflanzenmilch im Test?

Ob mehr oder weniger süß ist Geschmackssache. Unangenehm riechen oder schmecken sollte aber keine Hafermilch. An den meisten Drinks hatten die beauftragten Sensoriker nichts zu beanstanden. Kleine sensorische Mängel waren eine "leichte Bitternote" und ein "wässriger" Geschmack. Für diese Auffälligkeiten ziehen wir je eine Note ab.

Laut Zutatenliste stecken in zwei Haferdrinks im Test natürliche Aromen. Wir meinen, das Aufpeppen des Geschmacks mit Zusatzstoffen ist überflüssig. Dass Hafermilch auch ohne Aromen gut schmeckt, beweist die Mehrzahl der Drinks im Test.

Diesen Test haben wir zuletzt im Spezial Vegetarisch & Veganveröffentlicht. Aktualisierung der Testergebnisse/Angaben für das Jahrbuch Kinder und Familie für 2024 sofern die Anbieter Produktänderungen mitgeteilt haben oder sich aufgrund neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse die Bewertung von Mängeln geändert oder wir neue/zusätzliche Untersuchungen durchgeführt haben.

Weiterlesen auf oekotest.de:

Wir haben diese Produkte für Sie getestet

Testverfahren

Wir haben 36 Haferdrinks zu Preisen von 0,95 bis 3,05 Euro pro Liter getestet, darunter 31 Bio-Produkte. Eingekauft haben wir in Discountern, Drogerie- und Supermärkten. In spezialisierten Labo ren ließen wir in Produkten, die als "glutenfrei" ausgelobt waren, den tatsächlichen Glutengehalt bestimmen. Ebenso ließen wir die Zuckergehalte von Hafermilch, die als "ungesüßt", "ohne Zuckerzusatz" oder "ohne Zucker" ausgelobt waren, überprüfen.

In mit Calcium angereicherten Haferdrinks ließen wir auch den Calciumgehalt bestimmen. In allen Drinks überprüften die Laborexperten den Salzgehalt. Mit auf dem Prüfprogramm standen zudem die Schwermetalle Cadmium und Nickel sowie eine umfangreiche Liste von Pestiziden. Auch auf eine Reihe von Schimmelpilzgiften und Rückstände von Desinfektionsmitteln – Perchlorat und Chlorat – ließen wir testen. Wir haben zudem prüfen lassen, ob die Verpackungen chlorierte Kunststoffe enthalten. Ein Expertenteam beurteilte schließlich im Labor Geruch und Geschmack der Drinks.

Bewertungslegende 

Soweit nicht abweichend angegeben, handelt es sich bei den hier genannten Abwertungsgrenzen nicht um gesetzliche Grenzwerte, sondern um solche, die von ÖKO-TEST festgesetzt wurden. Die Abwertungsgrenzen wurden von ÖKO-TEST eingedenk der sich aus spezifischen Untersuchungen ergebenden Messunsicherheiten und methodenimmanenter Varianzen festgelegt.

Bewertung Testergebnis Inhaltsstoffe: Unter dem Testergebnis Inhaltsstoffe führt zur Abwertung um vier Noten: ein gemessener Gehalt für die Summe an T-2/HT-2-Toxin, der den TDI der EFSA von 0,02 μg/kg Körpergewicht zu mehr als 100 Prozent ausschöpft (in Tabelle: "T-2/HT-2 stark erhöht"). Zugrunde gelegt haben wir ein Körpergewicht von 60 Kilogramm und eine Portion von 250 Millilitern. Zur Abwertung um jeweils eine Note führen: a) Zusatz von anderen Vitaminen als B12 (hier: Vitamin B2, Vitamin D); b) phosphathaltige Zusätze (hier: Tricalciumphosphat, Calciumphosphat, Kaliumphosphat); c) der Zusatz von (natürlichem) Aroma; d) Pestizide in gemessenen Gehalten, die den EU-Rückstandshöchstgehalt zu mehr als 10 Prozent bis 50 Prozent (bei einem EU-Rückstandshöchstgehalt von ≥0,1 mg/kg) in Hafer ausschöpfen (in Tabelle: "Chlormequat leicht erhöht"). Unter dem Testergebnis Sensorik führt zur Abwertung um eine Note: Mangel im Geschmack, beschrieben als "leichte Bitternote" oder "wässrig".

Bewertung Testergebnis Weitere Mängel: Unter dem Testergebnis Weitere Mängel führt zur Abwertung um zwei Noten: fehlender erklärender Hinweis, dass der Haferdrink Zucker enthält, wenn das Produkt die Angabe "ohne Zuckerzusatz" (sowie jegliche Angaben, die für die Verbraucher voraussichtlich dieselbe Bedeutung haben, hier: "no added sugar") trägt. Zur Abwertung um jeweils eine Note führen: a) fehlender erklärender Hinweis "Enthält Zucker aus der Haferfermentation", wenn das Produkt die Angabe "ohne Zuckerzusatz" und den Hinweis "Enthält von Natur aus Zucker" (sowie jegliche Angaben, die für die Verbraucher voraussichtlich dieselbe Bedeutung haben, hier: "ungesüßt") trägt; b) PVC/PVDC/chlorierte Verbindungen in Deckeldichtung.

Das Gesamturteil beruht auf dem Testergebnis Inhaltsstoffe. Ein Testergebnis Weitere Mängel, das "befriedigend" ist, verschlechtert das Gesamturteil um eine Note. Ein Testergebnis Weitere Mängel, das "gut" ist, verschlechtert das Gesamturteil nicht.  

Testmethoden 

Dichte: mittels Biegeschwinger.
Glucose, Fructose, Saccharose, Maltose: LC-RI beziehungsweise LC-PAD.
Zucker, gesamt: berechnet.
Calcium, Natrium: Aufschluss nach DIN EN 13805:2014-12. Messung nach ASU L 00.00-144:2019-07.
Salzäquivalente: berechnet gemäß LMIV nach der Formel: Salz = Natrium × 2,5 unter Berücksichtigung der analysierten Dichte.
Cadmium: Aufschluss nach DIN EN 13805:2014-12. Messung mit ICP-MS nach DIN EN 15763:2010-04.
Nickel: Aufschluss nach DIN EN 13805:2014-12. Messung mit ICP-MS nach DIN EN 15763:2010-04 modifiziert. Die Modifikation betrifft die Erweiterung der Analyten auf Nickel.
Gliadin/Gluten: ELISA.
Mykotoxine: LC-MS/MS (Bestimmung im homogenisierten Probenmaterial aus drei Packungen).
Pestizid-Screening: GC-MS/MS und LC-MS/MS nach DIN EN 15662:2018-07.
Glyphosat: LC-MS/MS.
Chlormequat/Mepiquat: nach ASU L 00.00-76:2008-12.
Chlorat/Perchlorat: LC-MS/MS.
Sensorik: Expertengutachten mit drei Prüfern nach DIN 10975:2005-04.
PVC/PVDC/chlorierte Verbindungen in der Verpackung: Röntgenfluoreszenzanalyse.

Einkauf der Testprodukte: Juli und August 2023 

Diesen Test haben wir zuletzt im Spezial Vegetarisch & Veganveröffentlicht. Aktualisierung der Testergebnisse/Angaben für das Jahrbuch Kinder und Familie für 2024 sofern die Anbieter Produktänderungen mitgeteilt haben oder sich aufgrund neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse die Bewertung von Mängeln geändert oder wir neue/zusätzliche Untersuchungen durchgeführt haben.

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