Aktualisiert am 18.01.2018 | Woher stammt das Fleisch für unsere Chicken Nuggets? Wie haben die Hühner gelebt und wie steht es um die Inhaltstoffe? Wir wollten es genau wissen und haben 14 Proben ins Labor geschickt und von den Herstellern einen umfangreichen Fragebogen beantworten lassen.
Das Ergebnis: Antibiotikaresistente Keime, Fettschadstoffe, Mineralöl, außerdem miserable Bedingungen, unter denen die meisten Hühner gelebt haben – Kein einziges Produkt schafft es auf ein "sehr gut" oder "gut".
Die besten Produkte schneiden, was die Inhaltsstoffe betrifft, mit einem "befriedigend" ab, können das aber – bis auf ein Bio-Produkt – im Gesamturteil nicht halten, weil das Testergebnis Tierhaltung und Transparenz so katastrophal schlecht ausfällt.
Chicken Nuggets im Test: Tierhaltung und Transparenz
Auf ein "gut" in Sachen Tierhaltung und Transparenz schafft es nur ein Bio-Produkt im Test. Die meisten konventionellen Produkte rasseln durch. Der Grund: Neben den miesen Bedingungen, unter denen die Hühner in den engen Megaställen irgendwo auf der Welt gelebt haben, war nur einer der konventionellen Hersteller bereit, die Karten wirklich offen auf den Tisch zu legen.
Zwar antworteten viele, einige auch sehr konkret, auf unseren langen Fragebogen zu den Haltungsbedingungen. Als es aber darum ging, die Angaben zu belegen und für uns transparent zu machen, schreckten fast alle zurück – obwohl wir absolute Vertraulichkeit zugesichert hatten. Viele wollten nicht einmal die Namen der Mästereien nennen, was aber nun einmal eine Grundvoraussetzung zur Überprüfung der Angaben ist.
Wenig aussagende Pressemitteilungen
Zwei Fastfoodketten im Test täuschten nicht einmal ein Interesse an den Fragen zur Haltung der Hühner vor. Sie schickten uns lediglich nichts bis wenig sagende Pressemitteilungen, ohne konkret auf unsere Fragen einzugehen. Ganz nach oben auf die Agenda scheinen es die Themen Tierwohl und Transparenz bei den beiden nicht geschafft zu haben.
Eine andere Fastfoodkette hat zumindest konkret geantwortet. Belege blieb uns aber auch diese schuldig. Auch das ist zu wenig.
Masthähnchen leben nur wenige Wochen
Die meisten Hersteller haben zumindest konkret auf unsere Fragen geantwortet. Das ist natürlich nicht viel, zeigt aber, dass sie das Thema wahrnehmen. Die zweite gute Nachricht gleich hinterher – einfach, weil es danach keine mehr gibt: Den Masthähnchen werden die Schnäbel in der Regel nicht gekürzt. Der Grund dafür ist die Überleitung zu den schlechten Nachrichten – die Tiere leben einfach nicht lange genug, um Aggressionen zu entwickeln.
Die Nicht-Bio-Tiere im Test haben zwischen 28 und 48 Tagen gelebt. In diesen wenigen Wochen nahmen sie bis zu drei Kilogramm zu – von rund 40 Gramm Schlüpfgewicht auf 1,4 bis 3,2 Kilogramm. Die Bio-Hühner sind mit 53 bis 67 Tagen nicht viel älter geworden. Das liegt an einer Lücke in der Öko-Verordnung.
Eigentlich müssen Bio-Hühner mindestens 81 Tage leben, aber eben nur eigentlich. Handelt es sich nicht um "schnell wachsende" Rassen, dürfen sie auch früher zum Schlachter.
Bauernhofidylle ist hier ganz weit weg
Die Rassebezeichnungen Cobb 500, Ross 308 und Ross ET lassen erahnen, dass Postkarten-Bauernhofidylle hier ganz weit weg ist. Bei den Rassen, die alle konventionellen Hersteller im Test "verwenden", handelt es sich um sogenannte schnell wachsende Rassen, die wenig überraschend vor allem eins sollen: schnell wachsen.
Sie stammen aus den Laboren einiger weniger Zuchtfirmen, die weltweit agieren. Hoher Fleischansatz, gute Futterverwertung und eine möglichst kurze Mastzeit mit möglichst hohen täglichen Zunahmen sind das Ziel – Skelettschäden, Bewegungsunfähigkeit und ein fehlendes Sättigungsgefühl die Folgen.
Kein Tageslicht für die meisten Hühner
Bis zu 136.960 Hühner lebten in den Herden in Europa, Brasilien oder Thailand; die Besatzdichten geben die Hersteller mit bis zu 39 Kilogramm Lebendgewicht pro Quadratmeter an. Mehr ist ohnehin nicht erlaubt. Tageslicht sahen die meisten der Hühner aus dem Test keins; auch Auslauf blieb allein den Bio-Hühnern vorbehalten. Ebenso wenig gewährten die konventionellen Mäster ihren Tieren einen strukturierten Stall, beispielsweise mit Strohballen und Sitzstangen.
Viel fressen = viel wachsen. Deswegen bekommen die Tiere ein möglichst fett- und proteinreiches Futter, meist in Form von Pellets. Auch gentechnisch veränderte Organismen landen in vielen konventionellen Futtertrögen; in den allermeisten Fällen handelt es sich dabei um Soja.
Fünf Hersteller gaben an, dass die von ihnen verarbeiteten Hühner kein GVO-Futter bekommen haben – glaubhaft nachgewiesen hat das aber keiner. In der Bio-Tierhaltung ist Genfutter verboten. Auch Kokzidiostatika – das sind Medikamente gegen die von Mästern gefürchtete Krankheit Kokzidiose – bekommen Bio-Hühner nicht übers Futter.
Antibiotika in der Haltung erlaubt
Antibiotika sind hingegen in beiden Haltungsformen erlaubt, wenn auch unter strengeren Vorgaben in der Öko-Haltung. Die meisten Hersteller räumen ein, dass die Tiere in ihrem kurzen Leben erkrankten und Antibiotika bekommen haben.
Wir kritisieren, wenn Hersteller uns nicht nachweisen, welche Wirkstoffe sie gegen welche Krankheiten eingesetzt haben. Denn die Verwendung sogenannter Reserveantibiotika sollte in Ställen absolut tabu sein. Dabei handelt es sich um Medikamente, die im Englischen treffend "last resort" genannt werden: Reserveantibiotika bekommen Menschen, wenn andere Antibiotika bereits nicht mehr wirken.
Chicken Nuggets im Test: So steht's um Inhaltsstoffe
Jeweils einmal sind wir im Test auf methicillinresistente Staphylokokkus aureus (MRSA), ESBL-positive E.-coli-Bakterien und ESBL-positive Serratia fonticola gestoßen. Allen diesen Keimen ist gemein, dass einige Antibiotika gegen sie nicht mehr wirken, was die Medizin vor große Probleme stellt.
Die ESBL-bildenden E. coli gelten als besonders problematisch: Sie können Enzyme bilden, die ein breites Spektrum wichtiger Antibiotika unwirksam machen. Zudem können sie die Resistenzeigenschaften auf andere Bakterien übertragen.
Die Chicken Nuggets einer Fastfoodkette waren mit Enterobakterien belastet. Hinter dem Begriff steht eine Vielzahl von Bakterien, von denen viele typische Darmbewohner sind. Das ist nicht nur eklig – eine hohe Belastung mit diesen Keimen kann bei empfindlichen Menschen auch Durchfallerkrankungen verursachen.
Listerien steckten in den Chicken Nuggets eines Herstellers im Test. Dieser typische Fleisch- und Rohmilchkeim kann besonders für Schwangere und ihre ungeborenen Babys gefährlich werden.
Das Problem mit pflanzlichen Ölen
Pflanzliche Öle in der Panade machen die Nuggets nicht nur zu Kalorienbomben. Sie sind oft auch mit Fettschadstoffen wie 3-MCPD- und Glycidyl-Fettsäureestern belastet. Im Magen-Darm-Trakt spalten sich diese Ester in 3-MCPD und Glycidol auf.
Die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (Efsa) stuft Glycidol als erbgutschädigend und möglicherweise krebserregend ein. 3-MCPD hat in Tierstudien die Nieren geschädigt und in hohen Dosen zu gutartigen Tumoren geführt.
Mineralöl in Chicken Nuggets im Test
Wie in vielen anderen Lebensmitteln gibt es auch in Chicken Nuggets ein Mineralölproblem. Vier Produkte sind mit den gesättigten Kohlenwasserstoffen MOSH/POSH verunreinigt. MOSH können sich im Körper anreichern und Organe wie die Leber schädigen. POSH sind bisher nur unzureichend untersucht und lassen sich im Labor nicht voll von MOSH trennen.
Aber wie kommen diese Verunreinigungen überhaupt in Chicken Nuggets rein? Sie können etwa aus Verpackungen aus Recyclingpapier stammen; Mineralöl kann aber auch bereits in der maschinellen Produktion in die Lebensmittel gelangen. POSH können zum Beispiel aus Kunststoffverpackungen übergehen.
Unerwünschte Zutaten in Chicken Nuggets im Test
Neben unerwünschten Keimen und Verunreinigungen kritisieren wir auch Zutaten und Zusatzstoffe, die die Hersteller den Produkten ganz bewusst zufügen. So steckt in fünf Produkten zu viel Salz. Zwei Hersteller verwenden unnötige Phosphate. Zu viel von dem meist als Konservierungsmittel eingesetzten Stoff kann den Nieren schaden und das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen erhöhen. Aromen, ob "natürlich" oder nicht, sowie Geschmacksverstärker wie Glutamat und Würze sollen eine Qualität vortäuschen, die die natürlichen Zutaten von allein nicht hergeben.
Auch "Weitere Mängel" fanden sich zuhauf. Allen voran eine Fastfoodkette: Sie teilte uns trotz mehrfacher Nachfrage nicht konkret mit, welche Zusatzstoffe und ob Aromen in den Chicken Nuggets stecken. Der Labortest zeigte daraufhin: Aroma und Glutamat sind nachweisbar.
Andere Hersteller tricksen mit allzu kleinen Portionsgrößen und rechnen anhand derer die Fett- und Salzgehalte klein; wiederum andere beziehen die Nährwerte auf das tiefgefrorene, nicht zubereitete Produkt, das natürlich weniger fettig als das in der Fritteuse oder Pfanne zubereitete ist.
Diesen Test haben wir bereits im ÖKO-TEST Magazin 11/2017 veröffentlicht. Aktualisierung der Testergebnisse/Angaben für das Jahrbuch Kleinkinder für 2018 sofern die Anbieter Produktänderungen mitgeteilt haben oder sich aufgrund neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse die Bewertung von Mängeln geändert oder wir neue/zusätzliche Untersuchungen durchgeführt haben.
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