- Wir haben 33 naturtrübe Apfelsäfte getestet, darunter 16 mit Bio-Siegel.
- Auffällig: In fünf geprüften Apfelsäften finden die von uns beauftragten Laborexperten das Spritzgift Mepiquat, das im Obstbau in der EU verboten ist.
- Fast alle Apfelsäfte im Test überzeugen im Geschmack.
Aktualisiert am 13.10.2022 | Wie kommt das Spritzgift Mepiquat in den Apfelsaft? Geläufig ist der Einsatz des Mittels eigentlich im konventionellen Getreideanbau, wo es für den Wuchs kürzerer und somit stabilerer Halme sorgt. Auch für Obstbauern kann Mepiquat nützlich sein. Es fördert die Fruchtbildung und verhindert das vorzeitige Abfallen der Früchte, mit anderen Worten: Es kann den Ertrag steigern.
Apfelsaft im Test: Verbotenes Spritzgift gefunden
Allerdings ist Mepiquat auf europäischen Obstplantagen verboten, weshalb auf EU-Ebene ein niedriger Grenzwert gilt: Nicht mehr als 0,02 Milligramm Mepiquat dürfen in einem Kilo Äpfel messbar sein.
Drei naturtrübe Apfelsäfte im Test reißen diesen "Rückstandshöchstgehalt" und wir ziehen dafür die rote Karte. Weitere Produkte schöpfen den Grenzwert zu rund 60 Prozent aus. Gegenüber dem Ergebnis unseres Apfelsaft-Tests vor zwei Jahren hat sich das Bild damit deutlich eingetrübt. Damals waren fast alle Säfte empfehlenswert, kein Produkt fiel durch.

Wie kommt die Bewertung des Spritzgifts zustande?
Apfel und Apfelsaft sind eigentlich zweierlei, warum nehmen wir also den Grenzwert für die Frucht? Auf dem Weg vom Apfel zum Saft können sich Spritzmittel theoretisch verdünnen oder anreichern – beides ist möglich und lässt sich normalerweise durch einen "Verarbeitungsfaktor" errechnen. Da ein solcher für Apfelsaft nicht existiert, halten wir es so wie die Untersuchungsämter:
Das niedersächsische Landesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit LAVES schreibt uns, dass es bei der Beurteilung von Apfelsaft oder Apfelmus davon ausgeht, dass die Konzentration von Pflanzenschutzmitteln in etwa vergleichbar ist mit der Frucht. Das Amt nimmt deshalb den Wert für Äpfel und beruft sich unter anderem auf Angaben der Fruchtsaftindustrie, der zufolge Rückstandsgehalte im Saft "nahe der Frucht" liegen.
Das ist in unseren Augen sogar noch großzügig: Geht man davon aus, dass für eine Charge Apfelsaft viele verschiedene Landwirte ihre Äpfel zugeliefert haben, ließe sich auf die jeweils belastete Rohware sogar ein sehr viel höherer Gehalt zurückrechnen.
Auffällig in unserem Test: Für alle drei naturtrübe Apfelsäfte, die den EU-Grenzwert reißen, kamen die Äpfel ausschließlich aus Polen.
Wechselwirkungen noch zu wenig erforscht
Laut Europäischer Chemikalienagentur ECHA wirkt sich Mepiquat langfristig schädlich auf Wasserorganismen aus. Wie bei allen Spritzgiften sind seine Wechselwirkungen mit anderen Pestiziden bisher zu wenig erforscht. Ein Anbieter im Test bezeichnet den Fund des Mittels in seinem Apfelsaft als "bedauerlich" und verspricht Korrekturmaßnahmen.
Nach Recherchen des Unternehmens sei Mepiquat durch Abdrift von benachbarten Ölsaaten- oder Getreidefeldern auf die Äpfel gelangt. Ob es sich tatsächlich überall um Verwehungen handelt oder das Mittel von einzelnen Apfelbauern absichtlich gespritzt wurde, können wir nicht klären. Im Jahr 2001 fielen am Bodensee Obstbauern auf, die Mepiquat illegal eingesetzt hatten.
Spuren von Pestiziden in naturtrüben Apfelsäften
Was ist ansonsten aufgefallen? 17 naturtrübe Apfelsäfte im Test enthalten ein oder mehrere Pestizide. Wenn auch nur in so geringen Mengen, dass wir sie als "Spuren" einordnen und nicht abwerten. Einzige Ausnahme: Einmal fand das beauftragte Labor das Pestizid Acetamiprid, für das wir trotz des geringen Gehalts eine Note abziehen.
Acetamiprid schadet Bienen und Insekten, deshalb handelt es sich in unseren Augen um ein besonders bedenkliches Pestizid.

Wie schmecken die Apfelsäfte im Test?
Wir haben ausschließlich naturtrübe Direktsäfte getestet: Ohne Filtrieren kommt der Saft hier nach der Presse direkt in die Flasche. Die Hersteller setzen dafür teilweise über 20 verschiedene Apfelsorten ein, wie sie uns mitteilen, und rund zwei Drittel verwenden Äpfel von Streuobstwiesen.
Das beeinflusst einen guten Geschmack, denn der entsteht durch ein ausgewogenes Verhältnis von Zucker und Säure. Bis auf eine Ausnahme überzeugten alle Säfte im Geschmack. So lautet das Urteil der geschulten Sensoriker, die in unserem Auftrag sämtliche Produkte verkosteten. Eine weitere gute Nachricht aus dem Test: Insgesamt schneiden 21 Apfelsäfte im Test mit Bestnote ab.
Übrigens: Apfelsaft hat einen relativ hohen Zuckergehalt. Daher Apfelsaft in Maßen genießen. Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung empfiehlt, einen Teil Apfelsaft mit drei Teilen Wasser zu verdünnen.
Diesen Test haben wir zuletzt im ÖKO-TEST Magazin 9/2022 veröffentlicht. Aktualisierung der Testergebnisse/Angaben für das Jahrbuch für 2023 sofern die Anbieter Produktänderungen mitgeteilt haben oder sich aufgrund neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse die Bewertung von Mängeln geändert oder wir neue/zusätzliche Untersuchungen durchgeführt haben.
Das könnte Sie auch interessieren: Wir haben Apfelmus und Apfelmark getestet. Positiv fällt auf, dass es Apfelmus jetzt auch ohne Zuckerzusatz gibt. Negativ: Das von uns beauftragte Labor stößt mehrfach auf Pestizide. Mehr dazu lesen Sie, wenn Sie auf den folgenden Kasten klicken:
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