Zahnpasta-Test: Immer noch Titandioxid in 13 von 48 Zahncremes

ÖKO-TEST Jahrbuch für 2024 | Autor: Hanh Friedrich/Marieke Mariani/Lena Wenzel | Kategorie: Kosmetik und Mode | 12.10.2023

Zahnpasta im Test: Wie gut sind Elmex, Meridol, Oral B & Co.?
Foto: ÖKO-TEST

In Zahnpasten für Erwachsene ist Fluorid der wichtigste Inhaltsstoff gegen Karies. Unerwünscht dagegen ist das Weißpigment Titandioxid, das inzwischen in Lebensmitteln verboten ist. Auch ein Tensid, das die Schleimhäute reizen kann, hat in Zahncremes nichts verloren. Dennoch sind wir im Zahnpasta-Test darauf gestoßen. 

  • Wir haben 48 Universalzahncremes getestet, davon 17 Produkte mit Naturkosmetikzertifizierung.
  • Eine empfehlenswerte Zahnpasta soll vor Karies schützen und ohne umstrittene Substanzen auskommen: Das schaffen 18 von 48 Produkten in unserem Test.
  • Universalzahncremes ohne Zink sind auch für Kinder ab einem Alter von sechs Jahren geeignet.
  • Seit dem Verbot von Titandioxid in Lebensmitteln ist der Stoff auch in Kosmetik, die im Mund landet, verpönt. Die Kosmetikbranche reagiert, aber längst nicht alle Zahncreme-Rezepturen sind schon umgestellt.
  • 19 Zahnpasten im Test fallen mit "mangelhaft" oder "ungenügend" durch, darunter namhafte Marken. 

Aktualisiert am 12.10.2023 | Mit der Kosmetikbranche ist es so eine Sache. Sie bewegt sich häufig erst, wenn es gar nicht mehr anders geht. Aber wann ist dieser Punkt erreicht? Ganz einfach: Wenn eine entsprechende gesetzliche Regelung erlassen wird. Oder wenn’s ans Geld geht. Wo Verbraucherschützer oft jahrelang auf Granit beißen, kann ein einziger Shitstorm binnen kürzester Zeit grundlegende Veränderungen auslösen.

Titandioxid als Problem in Zahnpasta

Im Fall von Titandioxid in Zahncreme ist dieser verbraucherseitige Druck da. Der Weißmacher wurde 2022 aufgrund seiner möglicherweise erbgutverändernden Wirkung in Lebensmitteln verboten.

Ohne den lauten Aufschrei besorgter Eltern kleiner Kinder, die Zahnpasta täglich zu einem großen Teil verschlucken, hätte es vermutlich noch eine Weile gedauert, bis die Substanz großflächig den Rückzug aus den Rezepturen angetreten hätte.

Bestes Beispiel – oder Gegenbeispiel – sind Lippenstifte. Auch sie enthalten Titandioxid und werden in nicht unerheblicher Menge verschluckt. Doch weil unter den Verbraucherinnen bislang keine Skandalstimmung herrscht, zogen sich die Kosmetikhersteller in unserem letzten Test schmallippig darauf zurück, dass Titandioxid in Kosmetik ja weiterhin erlaubt sei.

Elmex, Meridol, Oral B & Co.: Wir haben 48 Zahnpasten getestet.
Elmex, Meridol, Oral B & Co.: Wir haben 48 Zahnpasten getestet. (Foto: Prostock-studio/Shutterstock)

13 von 48 Zahnpasten im Test enthalten Titandioxid

Anders bei den Universalzahncremes in diesem Test: In 13 der 48 getesteten Zahnpasten ist das Weißpigment zwar noch enthalten. Viele Hersteller haben ihre Rezepturen jedoch bereits umgestellt oder meldeten uns zurück, sie in naher Zukunft umstellen zu wollen.

Ob das nun daran liegt, dass die Kosmetikbranche den Verbraucherschutz plötzlich für sich entdeckt hat, dass sie in absehbarer Zeit mit einem Verbot rechnet oder dass Pasten mit CI 77891/Titanium Dioxide schlicht zum Ladenhüter geworden sind – begrüßenswert ist die Entwicklung allemal.

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Zahnpasta ohne Fluorid? Besser nicht 

Titandioxid ist aber nicht das einzige Problem der Zahnpasten im Test. Einen großen Marktanteil haben vor allem im Naturkosmetiksegment Zahncremes ohne Fluorid.

Gemäß der Leitlinie der Zahnmediziner – "Kariesprophylaxe bei bleibenden Zähnen – grundlegende Empfehlungen" – ist die schützende Wirkung von Fluorid vor Karies allerdings eindeutig belegt, weshalb die Zähne täglich mit einer Zahnpasta geputzt werden sollten, die mindestens 1.000 Milligramm pro Kilogramm (mg/kg oder ppm) Fluorid enthält.

Daran gibt es auch aus unserer Sicht nichts zu rütteln. Zahnpasten ohne Fluorid schneiden deshalb nicht besser als "mangelhaft" ab.

Kritik an Blei in Zahnpasten ohne Fluorid

In einem Großteil der fluoridfreien Naturkosmetikpasten hat das beauftragte Labor das problematische Schwermetall Blei in Mengen nachgewiesen, die über dem vom Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) als technisch vermeidbar definierten Wert liegen.

Blei kann sich im Körper anreichern und gilt als nervengiftig. Schon geringe Mengen können zu Kopfschmerzen, Abgeschlagenheit und Gewichtsabnahme führen.

Arsen in einer Zahncreme im Test 

Einmal ist das von uns beauftragte Labor außerdem auf Arsen gestoßen – und zwar in Mengen über dem vermeidbaren Wert. Arsen kann in anorganischer Form bereits in geringen Dosen Krebs auslösen und bei langfristiger Aufnahme Entwicklungs- und Nervenstörungen verursachen.

Über natürliche, mineralische Rohstoffe wie Kaolin (Tonerde) oder Aluminiumsilikat können solche Halb- und Schwermetalle als Verunreinigungen ins Produkt gelangen. Die Hersteller sind verpflichtet, diese Mengen durch ein angemessenes Qualitätsmanagement so gering wie möglich zu halten.

Agressive Tenside können Mundschleimhäute reizen 

Kommen wir zu aggressiven Tensiden. Verletzungen der Mundschleimhaut sind unangenehm. Eine Zahncreme sollte Schleimhautdefekte nicht auch noch durch aggressive Inhaltsstoffe fördern. Das Tensid Natriumlaurylsulfat sorgt in 14 Zahnpasten im Test zwar für einen schönen Schaum, der dabei hilft, den heruntergeputzten Schmutz abzutransportieren. Er kann aber auch die empfindlichen Mundschleimhäute reizen.

Wissenschaftliche Untersuchungen deuten darauf hin, dass Natriumlaurylsulfat auch die Entstehung von Aphthen begünstigt. Das sind schmerzhafte, milchig-weiß belegte Entzündungen der Schleimhaut.

Außerdem kritisieren wir in zehn Produkten PEG-Verbindungen, die Haut und Schleimhaut durchlässiger für Fremdstoffe machen können.

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Unpräzise Deklaration auf Zahnpasten im Test 

Ansonsten ist im Test aufgefallen, dass die Deklaration oft zu unpräzise ist. Heißt es auf einer Zahnpasta im Test mit im Schnitt 1.400 ppm Fluorid pauschal, dass Kinder unter sechs Jahren eine erbsengroße Menge verwenden sollen, ist das aus unserer Sicht zu undifferenziert. Diese Menge ist für kleine Kinder zu hoch.

Für Kinder bis sechs Jahren empfehlen Kinderärzte und Kinderzahnärzte Zahncreme mit einem Fluoridgehalt von 1.000 ppm – vom ersten Zahn bis zum zweiten Geburtstag in reiskorngroßer, danach in erbsengroßer Menge.

Auch Zahnpasten mit Zink sind aus unserer Sicht nur für Erwachsene geeignet und sollten eine entsprechende Auslobung tragen. Kinder und Jugendliche nehmen schon ausreichend Zink über Lebensmittel auf.

Meridol, Elmex & Co.: Welche Zahnpasta ist die beste?

Wir finden: Eine gute Zahnpasta soll vor Karies schützen und ohne umstrittene Stoffe auskommen: Das schaffen 18 Zahnpasten im Test. Sie schneiden mit "sehr gut" oder "gut" ab und sind damit empfehlenswert. 

RDA-Wert: Zu viel Abriebkraft schadet

Übrigens: Ihren Reinigungseffekt erzielen Zahnpasten unter anderem über Schleifkörper. Die Abriebkraft wird mithilfe des RDA-Wertes (Relative Dentin Abrasion) angegeben. Ein idealer Wert für die tägliche Anwendung liegt zwischen 30 und 70. In diesem Bereich hat die Zahnpasta eine ausreichende Reinigungswirkung, ohne den Zahnschmelz zu schädigen. Geputzt werden sollte dabei mit weicher bis mittlerer Zahnbürstenstärke.

In speziellen Whitening-Zahncremes, die Rauchern, Tee-, Kaffee- oder Rotweintrinkern einen aufhellenden Effekt versprechen, liegt der RDA-Wert allerdings oft deutlich darüber – teilweise bei 100 oder mehr. Ein so starker Abrieb kann den Zahnschmelz nachhaltig angreifen. Eine harte Zahnbürste verstärkt den Effekt.

Erlaubt sind in der Europäischen Union Zahncremes mit einem RDA-Wert von bis zu 250. Leider ist der Wert auf den wenigsten Zahncremepackungen vermerkt. Hier hilft das Internet: Manche Hersteller geben ihn auf ihrer Website an, auch einige Zahnärzte stellen online Listen mit den RDA-Werten der gängigen Zahnpasten zur Verfügung.  

Zahnpasta im Test: Tipps für den Einkauf 

ÖKO-TEST Ratgeber: 

  • Zahncremes für Erwachsene sollten den wichtigsten Inhaltsstoff gegen Karies enthalten: Fluorid. 
  • Lassen Sie Zahnpasta im Regal liegen, wenn Natriumlaurylsulfat (Sodium Lauryl Sulfate) deklariert ist.
  • Jugendliche und Kinder mit bleibenden Zähnen können die Zahncreme der Eltern mitbenutzen – wenn diese kein Zink enthält. Der Grund: Zu viel Zink über längere Zeit kann das Immunsystem schwächen, und Kinder und Jugendliche überschreiten die empfohlene Menge schneller als Erwachsene. In Zahncremes wird Zink wegen seiner antibakteriellen Wirkung eingesetzt.

Diesen Test haben wir zuletzt im Ratgeber Kosmetik & Wellness 2023 veröffentlicht. Aktualisierung der Testergebnisse/Angaben für das Jahrbuch für 2024 sofern die Anbieter Produktänderungen mitgeteilt haben oder sich aufgrund neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse die Bewertung von Mängeln geändert oder wir neue/zusätzliche Untersuchungen durchgeführt haben.

Weiterlesen auf oekotest.de

Wir haben diese Produkte für Sie getestet

Testverfahren

In unserem Test haben wir 48 Universalzahncremes untersucht, davon 17 Produkte mit Naturkosmetikzertifizierung. Die Preise bewegen sich, umgerechnet auf 75 Milliliter, zwischen 39 Cent und 5,99 Euro pro Tube.

Im Labor ließen wir die Pasten auf halogenorganische Verbindungen und Elemente – darunter Blei, Cadmium, Chrom, Kupfer und Arsen sowie Zink und Aluminium – analysieren. Per Deklaration erfassten und bewerteten wir den Fluoridgehalt, Titandioxid (CI 77891), PEG/PEG-Derivate, Natriumlaurylsulfat (in der Inhaltsstoffliste: Sodium Lauryl Sulfate; SLS), Zinksalze (in der Inhaltsstoffliste: Zinc Gluconate, Zinc Lactate, Zinc Chloride, Zinc Oxide, Zinc Citrate, Zinc Sulfate) sowie synthetische Polymere. Bei Zahncremes mit diesen Zinkverbindungen kontrollierten wir, ob auf der Verpackung der Anwendungshinweis "Nur für Erwachsene" angegeben ist. Zudem prüften wir die deklarierten Altersempfehlungen im Hinblick auf die eingesetzte Fluoridmenge.

Bei den Herstellern baten wir um produktbezogene Belege zum Anteil von recyceltem Plastik in den Kunststofftuben und -spendern. Auch ob ein unnötiger Umkarton zusätzlichen Müll verursacht war Teil unserer Prüfung.

Bewertungslegende 

Soweit nicht abweichend angegeben, handelt es sich bei den hier genannten Abwertungsgrenzen nicht um gesetzliche Grenzwerte, sondern um solche, die von ÖKO-TEST festgesetzt wurden. Die Abwertungsgrenzen wurden von ÖKO-TEST eingedenk der sich aus spezifischen Untersuchungen ergebenden Messunsicherheiten und methodenimmanenter Varianzen festgelegt.

Bewertung Testergebnis Inhaltsstoffe: Unter dem Testergebnis Inhaltsstoffe führen zur Abwertung um jeweils vier Noten: a) eine Zahncreme ohne Fluorid (vgl. Leitlinie der Zahnmediziner "Kariesprophylaxe bei bleibenden Zähnen – grundlegende Empfehlungen"); b) ein gemessener Gehalt von mehr als 0,5 mg/kg Blei und/oder 0,5 mg/kg Arsen. Zur Abwertung um jeweils zwei Noten führen: a) Titandioxid; b) PEG/PEG-Derivate; c) Natriumlaurylsulfat; d) die halogenorganische Verbindung Chlorhexidindicgluconat.

Bewertung Testergebnis Weitere Mängel: Unter dem Testergebnis Weitere Mängel führen zur Abwertung um zwei Noten: synthetische Polymere (hier: PVP, PVM/MA Copolymer, Carbomer) in der Rezeptur. Zur Abwertung um jeweils eine Note führen: a) Umkarton, der kein Glas schützt; b) ein Anteil von Rezyklaten (Post-Consumer-Rezyklat, PCR) von weniger als 30 Prozent in Relation zum Gesamtgewicht der Kunststoffverpackung, keine Angabe hierzu und/oder kein ausreichender Nachweis auf unsere Anfrage; c) Zusatz eines Zinksalzes, aber der ausgeschriebene Hinweis "nur für Erwachsene" fehlt; d) Anwendungshinweise/-empfehlungen für Kinder bis 6 Jahre bei einer Zahncreme mit einem Fluoridgehalt von mehr als 1.000 ppm.

Das Gesamturteil beruht auf dem Testergebnis Inhaltsstoffe. Ein Testergebnis Weitere Mängel, das "mangelhaft" oder "ungenügend" ist, verschlechtert das Gesamturteil um zwei Noten. Ein Testergebnis Weitere Mängel, das "befriedigend" oder "ausreichend" ist, verschlechtert das Gesamturteil um eine Note. Ein Testergebnis Weitere Mängel, das "gut" ist verschlechtert das Gesamturteil nicht.

Testmethoden 

Halogenorganische Verbindungen: a) Heißwasserextraktion mit anschließender Zentrifugation und Membranfiltration, Festphasenextraktion (SPE), Binden der organischen Halogene an Aktivkohle, Verbrennung der Aktivkohle im Sauerstoffstrom, microcoulometrische Bestimmung des Halogengehalts; b) Extraktion mit Essigester, Verbrennung des Extrakts im Sauerstoffstrom, microcoulometrische Bestimmung des Halogengehalts.
Elemente: Totalaufschluss in der Mikrowelle, Bestimmung mittels ICP-MS.
Weitere Inhaltsstoffe: per Deklaration.

Einkauf der Testprodukte: Dezember 2022 - Januar 2023 

Diesen Test haben wir zuletzt im Ratgeber Kosmetik & Wellness 2023 veröffentlicht. Aktualisierung der Testergebnisse/Angaben für das Jahrbuch für 2024 sofern die Anbieter Produktänderungen mitgeteilt haben oder sich aufgrund neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse die Bewertung von Mängeln geändert oder wir neue/zusätzliche Untersuchungen durchgeführt haben.

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