US-Studie warnt: Putzmittel können Atemwege belasten

Autor: dpa / Redaktion (lp) | Kategorie: Gesundheit und Medikamente | 25.02.2022

Putzen ist wichtig, doch Putzmittel sind laut einer neuen US-Studie nicht unbedenklich.
Foto: Shutterstock / Aldona90

Putzen hilft gegen Krankheitskeime, könnte aber selbst zum Gesundheitsrisiko werden. Forscher berichten in einer neuen Studie davon, dass Putzmittel die Atemwege durch Schadstoffpartikel belasten können. 

Büros, Sportstudios und Geschäfte, aber auch Privathaushalte sind in den vergangenen zwei Jahren vermutlich besonders intensiv geputzt und desinfiziert worden. Durch das Saubermachen soll die Übertragung von Keimen, Bakterien und Viren verhindert werden.

Doch handelsübliche Reinigungsmittel zur Desinfektion von Oberflächen in Innenräumen können einer Studie zufolge kleine Schadstoffpartikel in die Atemwege von Menschen einbringen – und zwar in einem Ausmaß, das beim Einatmen von Autoabgasen in Straßenschluchten entstehe oder sogar darüber liege. Das berichten US-amerikanische Wissenschaftler im Fachblatt "Science Advances".

Stoffe in Putzmitteln laut weiterer Studien schädlich

Dass Putzmittel nicht nur sauber machen, sondern unter Umständen auch gesundheitsschädlich wirken könnten, haben bereits mehrere Studie nahegelegt. So stellte eine 2018 veröffentlichte norwegische Langzeitstudie fest, dass Menschen, die sehr viel putzen, eine schwächere Lunge hätten als solche, die nie sauber machten. Den stärksten Abfall der Lungenfunktion beobachteten die Wissenschaftler der Universität Bergen bei professionellen Reinigungskräften.

Eben jene standen auch im Fokus einer belgischen Studie, die ein Jahr zuvor berichtete, dass das Sterberisiko männlicher Reinigungsfachkräfte deutlich höher sei als etwa das von Büroangestellten.

Die Forscher gingen sogar noch einen Schritt weiter und folgerten: Privatpersonen könnten sogar noch gefährdeter sein, da sie wenig über entsprechende Sicherheitsmaßnahmen wüssten sowie die Produkte falsch anwenden oder bedenkenlos kombinieren würden.

Handschuhe beim Putzen unerlässlich

Zu den grundlegendsten Vorsichtsmaßnahmen gehöre, so die Autoren der belgischen Untersuchung, das Tragen von Handschuhen. Dass allerdings nicht nur direkter Hautkontakt problematisch sein könnte, legt die Studie eines Teams um die Chemikerin Colleen Rosales nun nahe, die zum Zeitpunkt der Arbeit an der Indiana University forschte.

Die Wissenschaftler konzentrierten sich auf die primären und sekundären Emissionen der Putzmittel und dabei insbesondere auf solche, die "natürlich" nach Zitrusfrüchten oder Pinie riechen. Derartige Reiniger enthalten häufig Monoterpene, welche die Hauptbestandteile ätherischer Öle bilden. Zu den bekanntesten gehören Limonene, Alpha- und Beta-Pinen sowie Campher. Wie die Forscher beschreiben, setzen diese Mittel flüchtige organische Verbindungen (engl. VOC für Volatile Organic Compounds) frei. So werden gas- und dampfförmige Stoffe organischen Ursprungs in der Luft beschrieben.

VOC können aus zahlreichen Quellen stammen. Einige davon können Sinnesreizungen, Kopfschmerzen, aber auch Organschäden und selbst Krebs verursachen, wie aus einer Auflistung der US-Umweltschutzbehörde EPA hervorgeht. Zudem könnten VOC oxidieren, heißt es in der Studie, was zur Entstehung spezifischer sekundärer organischer Aerosole (SOA) führen könnte, darunter Peroxide, Alkohole, Carbonyle und Carbonsäuren.

Um diese primären und sekundären Emissionen zu messen, richteten Rosales und ihre Kollegen einen Testraum ein, der mit einer Größe von gut 20 Quadratmetern einem typischen Büro entsprechen sollte. Dieser wurde mit einem handelsüblichen, auf Monoterpenen basierendem Putzmittel eine knappe Viertelstunde gewischt und gereinigt, während die Wissenschaftler kontinuierlich die Raumluft analysierten.

Nanopartikel gelangen tief in die Lunge

Auf Grundlage ihrer Raumluft-Analyse errechneten die Forscher, dass eine Person, die einen derartigen Reiniger nutzt, zu Beginn des Wischens etwa 30 bis 40 Mikrogramm primäre flüchtige organische Verbindungen pro Minute einatmet. Hinzu kämen dann 0,1 bis 0,7 Mikrogramm sekundärer organischer Aerosole, welche durch die Reaktion des Produkts mit der Raumluft entstünden. Massemäßig sei das nicht viel, doch viele der entstandenen Partikel bewegten sich im Nanogrößen-Bereich und könnten so gesundheitliche Relevanz haben, da sie dazu in der Lage seien, in tiefste Regionen der Lunge vorzudringen.

Die Belastung mit solchen Nanoteilchen führte zu Dosiswerten in den Atemwegen, die größer oder vergleichbar seien mit denen, die man durch das Einatmen von verkehrsbedingten Aerosolen in städtischen Straßenschluchten erhalte, heißt es in der Studie.

Die Autoren betonen indes selbst, dass bislang wenig über das toxikologische Profil dieser Teilchen in Innenräumen bekannt sei. Trotz dieser Unsicherheiten bestehe Anlass zur Sorge für Menschen, die etwa aufgrund ihrer Tätigkeit als Hausmeister oder Gebäudereiniger viel Arbeitszeit mit der Reinigung von Oberflächen in Innenräumen verbrächten.

"Darüber hinaus wird die Exposition am Arbeitsplatz und in Privathaushalten, die zu gesundheitlichen Beeinträchtigungen führt, wahrscheinlich durch die verstärkte chemische Desinfektion von Innenraumoberflächen während der derzeitigen Coronavirus-Pandemie beeinflusst", schreiben die Autoren weiter.

Intelligentes Lüften, bei dem die Ozonwerte draußen beachtet würden, könnte indes helfen, die Ansammlung von Teilchen zu reduzieren. Lesen Sie auch: Richtig lüften gegen Coronaviren

Weiterlesen auf oekotest.de: