Senf-Test: So gut sind Löwensenf, Thomy & Co.

Magazin Juni 2021: Gesund Grillen | Autor: Birgit Hinsch/ Meike Rix | Kategorie: Essen und Trinken | 17.11.2022

Senf im Test: Welche Marken konnten überzeugen?
Foto: ÖKO-TEST

Senf gehört zur Bratwurst wie die Mayonnaise auf die Pommes. In unserem Test sind neun Senfe mit "sehr gut" empfehlenswert. Gleichzeitig enthalten aber auch viele Produkte Rückstände des bedenklichen Unkrautvernichtungsmittels Glyphosat. 

  • Mit Bio fahren Sie bestens: Alle Bio-Senf-Marken im Test sind frei von Glyphosat.
  • Erstmals ließen wir die Produkte im Test auf den Problemstoff Bisphenol F untersuchen. Dieser entsteht aus einem natürlicherweise in gelben Senfsaaten enthaltenen Inhaltsstoff. Das Problem: Er steht gleichzeitig im Verdacht hormonell wirksam zu sein.
  • Auffällig: Der Senfanteil von zwei getesteten Produkten liegt unter den Vorgaben der Branchenrichtlinie.

Aktualisiert an 17. November 2022 | Senf versüßt – besser: verschärft – den Sommer. Er schmeckt prima in Salatdressings und zu allen Arten von Grillgut und Würstchen. Nebenbei können Senföle sogar Krebs vorbeugen. Die antikanzerogene Wirkung sei in verschiedenen experimentellen Modellen erforscht, erklärt Professor Bernhard Watzl vom Max-Rubner-Institut.

Kann Senf dann sogar die krebserregende Wirkung etwa von stark gegrilltem Fleisch "neutralisieren"? "Das wurde in keiner Studie untersucht", schränkt der Experte ein. Aber: "Je mehr solcher Inhaltsstoffe in der Ernährung vorhanden sind, um so eher können sie krebserregende Stoffe eliminieren."

Senf im Test: Zehn erhalten die Bestnote 

Umso wichtiger, dass der Senf selbst nicht mit gesundheitsschädlichen Rückständen belastet ist. Nach Untersuchung von Inhaltsstoffen und Geschmack von 20 mittelscharfen Senfen können wir zehn mit "sehr gut" rundum empfehlen.

Zur Bratwurst ist Senf besonders beliebt.
Zur Bratwurst ist Senf besonders beliebt. (Foto: Christin Klose/Shutterstock)

Glyphosat in der Hälfte der überprüften Senfe

Auffällig im Test: Ein Großteil der Senfsorten enthält Rückstände von Glyphosat. Dabei handelt es sich um ein Herbizid, das in der konventionellen Landwirtschaft verbreitet gegen Unkräuter eingesetzt wird.

Von der Internationalen Krebsforschungsagentur (IARC) wird Glyphosat als "wahrscheinlich krebserregend für den Menschen" eingestuft. Andere Behörden wie die Europäische Chemikalienagentur (ECHA) sehen dagegen keinen Krebsverdacht.

Zwar liegen die Gehalte, die wir gefunden haben, nur im Spurenbereich. Wir finden aber: Zur Sicherheit sollte Glyphosat schlicht gar nicht in Lebensmitteln vorkommen.

So reagierten Hersteller auf die Testergebnisse  

Zwei Senfproduzenten teilten uns mit, Glyphosat sei nur deshalb in ihrem Senf, weil es mittlerweile in der Umwelt schon ubiquitär verbreitet sei. Die festgestellten Werte erklärt das unserer Meinung nach nicht.

Die beiden Hersteller erklärten außerdem, die Senfpflanze würde durch das Totalherbizid Glyphosat absterben, weshalb der Einsatz nicht üblich sei. Doch genau das ist eine mögliche Anwendung von Glyphosat: Landwirte können damit die Pflanzen vor der Ernte totspritzen, um die Reifung und den Erntezeitpunkt zu steuern.  

Je schärfer der Senf, desto mehr braune Senfsaat enthält er.
Je schärfer der Senf, desto mehr braune Senfsaat enthält er. (Foto: Dani Vincek/Shutterstock)

Vermutlich hormonell wirksamer Stoff in Senfen enthalten 

Ein bisher wenig bekannter Problemstoff dagegen ist Bisphenol F. Es ist in allen Senfen im Test nachweisbar. Bisphenol F ist chemisch ähnlich aufgebaut wie das hormonell wirksame Bisphenol A, das etwa in der Innenbeschichtung von Konservendosen vorkommen kann. Erste Hinweise deuten darauf hin, dass auch Bisphenol F auf das Hormonsystem wirkt.

Im Senf stammt der Stoff aber nicht aus Verpackungen, sondern bildet sich wahrscheinlich im Herstellungsprozess aus einem natürlicherweise in gelben Senfsaaten enthaltenen Inhaltsstoff. Die in den meisten Produkten festgestellten Spurengehalte sind unproblematisch. Als "erhöht" kritisieren wir jedoch den Gehalt in einem Senf im Test. Gesetzliche Grenzwerte für Bisphenol F gibt es nicht.

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Geschmacklich überzeugen alle Senfe im Test  

In der Sensorikprüfung schneiden alle Produkte mit Bestnote ab. Die Prüfer haben keine Fehlnoten oder Abweichungen gefunden. Trotzdem schmecken alle ein bisschen anders. Besonders positiv sind Proben mit frischen Senfnoten aufgefallen, die an Meerrettich erinnern und dem Senf einen Extra-Kick geben.

Andere schmecken leicht süß oder nach Kräutern. Unterschiede gibt es auch in der Schärfe: Das Spektrum reicht von leicht bis stark scharf. Den Experten zufolge ist das für mittelscharfen Senf normal und, so wie die liebste Würstchensorte, Geschmackssache.

Weniger Geschmackssache als ein Qualitätsmerkmal ist dagegen, wie hoch der Senfanteil im Produkt ist. Eine spezielle Branchenrichtlinie legt fest, wie der Senf beschaffen sein soll. In unserem Test liegen zwei Produkte knapp unter der angegebenen Mindestgrenze.

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Wir haben diese Produkte für Sie getestet

Testverfahren

Im Test: 20-mal mittelscharfer Senf, darunter bekannte Marken, Eigenmarken der Discounter und Supermärkte sowie Bio-Produkte. Die Preise liegen zwischen 0,29 und 3,47 Euro pro 250 Milliliter Senf.

Im Fokus der Laboranalysen standen Rückstände des Unkrautvernichters Glyphosat sowie erstmals die Untersuchung auf Bisphenol F. Diese Verbindung ähnelt der Industriechemikalie Bisphenol A, entsteht jedoch vermutlich auf natürliche Weise bei der Senfherstellung. Das Untersuchungsamt Stuttgart hatte Bisphenol F 2015 in Senf erstmals nachgewiesen. In weiteren Untersuchungen ließen wir prüfen, inwieweit Qualitätsvorgaben zum Senfanteil eingehalten sind und woher die gelbe Farbe stammt: aus dem Gewürz Kurkuma oder dem Farbstoff Curcumin? Bei allen Produkten im Test war Ersteres der Fall. Weil sich gentechnisch veränderte Bestandteile aus Gen-Raps in Senfpflanzen einkreuzen können, ließen wir die Senfe auch auf Gentechnik prüfen. Anders als in vergangenen Tests sind dieses Mal alle Produkte frei davon. Die Beurteilung von Aussehen, Geruch und Geschmack durch erfahrene Sensorikprüfer rundete das Prüfprogramm ab.

Bewertungslegende

Bewertung Testergebnis Inhaltsstoffe: Unter dem Testergebnis Inhaltsstoffe führt zur Abwertung um zwei Noten: ein Gehalt an Bisphenol F, der den für Bisphenol A festgelegten TDI von 4 µg/kg Körpergewicht zu mehr als 50 % bis 100 % ausschöpft (in der Tabelle "erhöht"). Zugrunde gelegt haben wir eine 10-g-Portion und ein Körpergewicht von 60 kg. Zur Abwertung um jeweils eine Note führen: a) ein besonders bedenkliches Pestizid in einem Gehalt von mehr als 0,01 mg/kg (hier: Glyphosat); b) eine salz- und fettfreie Trockenmasse, die den in der BLL-Richtlinie für die Beurteilung von Senf festgelegten Wert von mindestens 12 g/100 g knapp unterschreitet (in der Tabelle: "Senfgehalt knapp zu niedrig"); c) zugesetztes Aroma. Steht bei konkret genannten Analyseergebnissen "nein", bedeutet das unterhalb der Bestimmungsgrenze der jeweiligen Testmethode.

Bewertung Testergebnis Weitere Mängel: Unter dem Testergebnis Weitere Mängel führt zur Abwertung um eine Note: PVC/ PVDC/chlorierte Verbindungen in der Deckeldichtung.

Das Gesamturteil beruht auf dem Testergebnis Inhaltsstoffe. Ein Testergebnis Weitere Mängel, das "gut" ist, verschlechtert das Gesamturteil nicht.

Testmethoden

Testmethoden: Gentechnisch veränderte Bestandteile: qualitative Real-time PCR; geprüft wurde auf rapsspezifische GVO. Glyphosat: LC/MS/MS. Bisphenole: LC-MS/MS (geprüft wurde auf die Bisphenole A und F). Sporen mesophiler Sporenbildner aerob: Plattengussverfahren; die Bestätigung verdächtiger Kolonien erfolgte mittels Mikroskopie und biochemischer Bestätigungsreaktionen. Salz- und fettfreie Trockenmasse (Trockensubstanz): Trockenmasse (ASU 07.00-3:2008, modifiziert*); Gesamtfett (ASU L08.00-6:1980, modifiziert*), Kochsalz (potentiometrisch), Wasser, salz- und fettfreie Trockenmasse (jeweils berechnet); *die Modifikation bezieht sich auf eine andere Matrix. Allylisothiocyanat und Curcuminoide (Bisdemethoxycurcumin, Demethoxycurcumin, Curcumin): jeweils per RP-UPLC-DAD nach Extraktion der Proben gegen Referenzen. Sensorische Prüfung von Aussehen/Mundgefühl/Textur, Geruch und Geschmack: ASU L00.90-16:2006. Nach Einzelprüfungen wurden die Einzelergebnisse in der Gruppe diskutiert und ein gemeinsames Gesamtergebnis erarbeitet. PVC/PVDC/chlorierte Verbindungen in der Verpackung: Röntgen­fluoreszenzanalyse.

Einkauf der Testprodukte: Februar 2021

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