Wer den Begriff "hypoallergen" liest, könnte denken, dass das Kosmetikprodukt keine allergische Reaktionen auslöst. Doch das stimmt so nicht. Denn es können trotzdem allergene Inhaltsstoffe enthalten sein.
Der Grund: Die Werbeauslobung "hypoallergen" ist nicht gesetzlich bindend definiert. In einem EU-Dokument von 2017 hat eine Arbeitsgruppe zwar eine Art Leitlinie formuliert, die gewissermaßen als Orientierungshilfe für die Kosmetikhersteller dienen soll – im Sinne einer "Best Practice"-Anwendung. Sie ist aber nicht Teil einer verbindlichen EU-Verordnung. Die Hersteller sind also nicht dazu verpflichtet, sie einzuhalten.
Begriff "hypoallergen" ist nicht gesetzlich bindend definiert
Laut Definition der Arbeitsgruppe sollte bei Kosmetika, die als "hypoallergen" beworben werden, das Vorhandensein bekannter Allergene oder Allergen-Vorstufen vollständig vermieden werden. Dazu gehören Stoffe und Gemische, die:
- vom wissenschaftlichen Ausschuss für Verbrauchersicherheit (SCCS) oder früheren Ausschüssen zur Bewertung der Sicherheit kosmetischer Inhaltsstoffe als Sensibilisatoren eingestuft wurden;
- von anderen offiziellen Risikobewertungsausschüssen als Hautsensibilisatoren identifiziert wurden;
- nach den neuen Kriterien der CLP-Verordnung in die Kategorie 1, Unterkategorie 1A oder Unterkategorie 1B der Hautsensibilisatoren eingestuft werden;
- vom Unternehmen auf Basis einer Prüfung von Verbraucherbeschwerden als potenziell sensibilisierend erkannt wurden;
- generell in der wissenschaftlichen Literatur als Sensibilisatoren anerkannt sind;
- für die relevante Daten zu ihrem sensibilisierenden Potenzial fehlen.
Konkrete Inhaltsstoffe werden jedoch nicht im EU-Dokument aufgeführt. Zudem wird sogar betont, dass der Begriff "hypoallergen" nicht garantiert, dass keinerlei Risiko einer allergischen Reaktion besteht. Ein Produkt sollte auch nicht den Eindruck erwecken, dass dies der Fall ist.
Hypoallergen bedeutet "weniger allergen als Vergleichsprodukte"
Somit wäre es ein Irrtum zu glauben, dass ein "hypoallergenes" Kosmetikum auf keinen Fall eine allergische Reaktion beziehungsweise eine Sensibilisierung durch ein Allergen zur Folge haben kann.
Bereits im April 2022 stellte die Kommission für kosmetische Mittel, die das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) berät, treffend fest: "Der Begriff ‚hypoallergen‘ kann von Verbrauchern so interpretiert werden, dass ein entsprechendes Produkt keine Allergien auslöst. Tatsächlich bedeutet der Begriff aber ‚weniger allergen als Vergleichsprodukte‘."
Ist "hypoallergen" deklariert, kann es also trotzdem vorkommen, dass im Produkt Stoffe enthalten sind, die ein allergenes Potenzial haben. Dazu gehört zum Beispiel das feuchtigkeitsspendende Lanolin. Dabei handelt es sich sogar um einen bekannten Allergieauslöser: Lanolin kann freie Wollwachsalkohole enthalten, die bei empfindlichen Personen allergische Reaktionen auslösen können.
Aus Sicht von ÖKO-TEST ist die Auslobung als "hypoallergen" missverständlich. Deshalb werten wir sie aus Gründen des vorbeugenden Verbraucherschutzes ab. Wir kritisieren die Aussage zum Beispiel in unserem Test von Brustwarzensalben, Deorollern ohne Aluminium sowie Wind- und Wettercremes.
Allergieauslösende Inhaltsstoffe meiden: Tipps
Wer allergieauslösende, hautreizende Substanzen meiden will, kommt nicht drum herum, einen Blick auf die Liste der Inhaltsstoffe zu werfen. Denn Verbraucherinnen und Verbraucher können sich nicht auf die Werbeaussage "hypoallergen" verlassen.
Es bietet sich an, Kosmetika mit DAAB-Siegel zu bervorzugen. Dieses wird vom Deutschen Allergie- und Asthmabund (DAAB) vergeben. Es garantiert – nach eigener Aussage –, dass das Produkt frei von potenten Allergieauslösern und Duftstoffen ist.
Um das Label zu erhalten, müssen die Produkte konkret frei sein von:
- Duftstoffen, Aromastoffen und ätherischen Ölen
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Konservierungsstoffen und Farbstoffen, die als Kontaktallergene bekannt sind
- Stark reizenden Inhaltsstoffen, die beispielsweise bereits in geringen Mengen Irritationen der Schleimhäute, Augen oder Haut auslösen können.
- Anderen Inhaltsstoffen, die als Kontaktallergene bekannt sind (zum Beispiel Lanolin, Kolophonium etc.).
Naturkosmetik ist nicht frei von Allergenen
Übrigens: Naturkosmetik ist aus unserer Sicht zwar grundsätzlich die bessere Wahl, weil sie prinzipiell weniger bedenkliche Stoffe für Mensch und Natur enthält als konventionelle Kosmetik. Für Personen mit empfindlicher Haut ist sie aber nicht ganz unproblematisch.
Denn mit den eingesetzten Stoffen natürlichen Ursprungs können sich in Naturkosmetikproduken viele potenzielle Allergene befinden – insbesondere pflanzliche Duftstoffe, die ein allergenes Potenzial haben und deklarationspflichtig sind. Es ist also auch hier wichtig, sich die Inhaltsstoffliste genauer anzusehen.
Welche Duftstoffe Sie zum Beispiel besser meiden sollten, lesen Sie hier:
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