Warten auf den Tag X
Die große Unbekannte
Welche Sorgen, welche Hoffnungen verbinden Schwangere mit der Geburt? Werdende Mütter, ein Vater, Ärztinnen und Hebammen erzählen von typischen Ängsten, übertrieben sorgfältiger Vorbereitung - und vom Vertrauen darauf, dass schon alles gut gehen wird.
Es ist Charlottes 35. Schwangerschaftswoche. In der Wohnung ist alles vorbereitet, nur das Bettchen muss noch aufgebaut werden. Die 29-Jährige will alles fertig haben, wenn es losgeht. Ihr erstes Kind - ein großes Abenteuer für die Kulturmanagerin aus Süddeutschland und ihren Partner. Charlotte fühlt sich wohl in der Schwangerschaft; der Geburt sieht sie mit gemischten Gefühlen entgegen: "Im Moment mischen sich ein bisschen Sorge und manchmal leicht aufkeimende Panik mit viel Vorfreude - und immer wieder mit einer gewissen Gelassenheit, über die ich mich selbst ein wenig wundere."
In der Zeit, in der ein Baby im Bauch heranwächst, beschäftigen sich werdende Eltern zwangsläufig mit dem "Tag X". Sie stellen sich typische Fragen: Wie und wo soll das Kind zur Welt kommen? Welche Risiken gibt es dabei für Mutter und Kind? Oder: Was kann man gegen die gefürchteten Schmerzen während der Wehen tun? Professorin Maritta Kühnert, Leitende Oberärztin der Geburtshilfe und Perinatalmedizin an der Uniklinik Marburg, ist seit mehr als 30 Jahren im Geschäft. Dabei erlebt sie Frauen, die die Geburt ganz unterschiedlich angehen. Was ihr auffällt: "Werdende Mütter lesen oft viel zu viel - und das völlig ungefiltert."
Es sind ja vor allem Horrorgeschichten, die im Internet kursieren oder die immer wieder erzählt werden. "Schwangere sind hochsensibel, sie sind nah am Wasser gebaut, erleben alles viel intensiver; natürlich überfordert sie das." Die Ärztin rät Frauen, lieber persönlich über ihre Ängste zu sprechen: mit Freundinnen, mit Hebammen, mit Ärzten.
Um Horrorgeschichten von Geburten kommt man als Schwangere tatsächlich kaum herum, das erlebt auch Charlotte: "Es gibt immer jemanden, der dir erzählt, wie katastrophal es bei ihr gelaufen ist." Sie will gar nicht die Augen vor dem verschließen, was passieren kann. "Aber detailreiche, blutig ausgeschmückte Geschichten aus dem Kreißsaal sind wirklich nicht das, was eine Schwangere gern hören möchte."
Nun gibt es sie aber: Paare, die eine ziemlich schlimme erste Geburt hinter sich haben - und sich trotzdem für ein zweites Kind entscheiden. So wie Timm, 36, und seine Frau. Von dem Moment an, als sie ihm vor gut zwei Jahren sagte, dass es losgeht, bis die Tochter der beiden per Kaiserschnitt auf die Welt geholt wurde, dauerte es 40 Stunden. "Ich hätte nicht gedacht, dass es so heftig werden würde", erinnert sich Timm. "Meine Frau hat phasenweise sehr gelitten, und ich stand hilflos daneben, konnte ihr nur Mut zusprechen. Sonst nichts."
Mit Frauen, die bereits traumatische Geburten erlebt haben, hat Babett Ramsauer, Leitende Oberärztin der Geburtsmedizin am Vivante...